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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bogenführung in einem nicht aktiven Werk einer Bogenrotationsdruckmaschine, welches mindestens einen rotierenden bogenführenden Zylinder und einen dem bogenführenden Zylinder zugeordneten Bearbeitungszylinder umfasst, die bei aktivem Werk in einer Kontaktzone aufeinander abrollen. In Druck- oder Lackwerken von Bogenrotationsdruckmaschinen wird zwischen einem den Bogen auf seiner Mantelfläche führenden Zylinder und einem weiteren, die Farbe oder den Lack übertragenden Zylinder eine Druck- oder Lackauftragszone gebildet, in der beide Zylinder im Kontakt aufeinander abrollen, wobei der bogenführende Zylinder den Bogen auf seiner Rückseite stützt und der weitere Zylinder die Farbe oder den Lack auf die zu bedruckende Bogenoberfläche aufbringt. In Bogenoffsetdruckmaschinen handelt es sich dabei um den Gegendruckzylinder und den Gummituchzylinder. Aber auch andere Bearbeitungsschritte wie Stanzen oder Prägen laufen in einer Kontaktzone zwischen einem Gegendruckzylinder und einem daran angestellten weiteren Zylinder ab.
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Im Folgenden soll der an den bogenführenden Zylinder angestellte weitere Zylinder als Bearbeitungszylinder bezeichnet werden.
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Insbesondere bei der Führung von biegesteifen Bogen in nicht aktiven Werken, z. B. nicht am Druck beteiligten Druckwerken, innerhalb von ohne Lackauftrag mitlaufenden Lackwerken oder in abgestellten Prägewerken ist das Problem zu lösen, den Bogen so durch das nicht aktive Werk zu führen, dass die in vorgeordneten Druck- oder Lackwerken aufgebrachte Druckfarbe oder der Lack im hinteren, vom bogenführenden Zylinder abspreizenden Bogenbereich nicht beim Durchlaufen der Kontaktzone zwischen bogenführendem und Bearbeitungszylinder am Bearbeitungszylinder abschmiert. Die dazu bekannten Maßnahmen (z. B.
EP 0 878 301 B1 ) sind darauf gerichtet, zunächst den Bearbeitungszylinder vom bogenführenden Zylinder abzustellen, so dass ein Spalt zwischen den Zylinderoberflächen gebildet wird, der das Aufliegen des Bearbeitungszylinders auf der frisch bedruckten oder lackierten Bogenoberfläche verhindert. Zusätzlicher Freiraum für die Bogenhinterkante wird durch das Positionieren des Zylinderkanals in der Kontaktzone und das Stillsetzen des Bearbeitungszylinders in dieser Drehwinkelposition geschaffen. Im Zylinderkanal angeordnete Glaseinrichtungen oder Leiteinrichtungen sollen den Bogen beim Durchlaufen des Druckspaltes vom Bearbeitungszylinder fernhalten.
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Aus der
DE 198 26 891 A1 ist es weiterhin bekannt, in einem nicht aktiven Werk nach dem Abstellen des Bearbeitungszylinders vom Gegendruckzylinder ein Segment des Bearbeitungszylinders zu verdrehen, um zusammen mit außerhalb der Druckzone angeordneten Bogenleitelementen eine annähernd unterbrechungsfreie Leitfläche zu bilden, die konzentrisch zum bogenführenden Zylinder angeordnet ist.
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Gemäß
DE 100 40 519 A1 werden separate Bogenleitelemente, die bei aktivem Druckwerk außerhalb der Kontaktzone gelagert sind, nach dem Abstellen des Bearbeitungszylinders in eine Rückzugsposition in die Kontaktzone hineingeschwenkt und bilden zusammen mit weiteren Bogenleitelementen nach der Druckzone ebenfalls eine konzentrische Leitfläche.
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Diese Lösungen sind jedoch insbesondere für die Verarbeitung biegesteifer Karton- oder Kunststoffbogen nicht ausreichend, weil sie das Eintauchen der abspreizenden Bogenhinterkante in den unvermeidbaren Spalt zwischen den benachbarten und auf gleicher Höhe angeordneten Bogenleitelementen und das Abschmieren der Farbe oder des Lackes an den Stirnseiten der jeweils folgenden Bogenleitelemente bzw. Markierungen im Bogenhinterkantenbereich nicht verhindern können.
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Weiterhin erfordert das Verlagern des Bearbeitungszylinders in eine Rückzugsposition, um zusätzlichen Bogenführungselementen Platz zu schaffen, aufwändige konstruktive Lösungen.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht deshalb darin, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, die mit geringem Aufwand die abschmier- und beschädigungsfreie Führung insbesondere von biegesteifen Bogen in nicht aktiven Werken ermöglichen.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die Merkmale des ersten oder zweiten Anspruchs gelöst.
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Abweichend von den bekannten Lösungen für die abschmierfreie Bogenführung in nicht aktiven Werken von Druckmaschinen wird bei der vorgeschlagenen Lösung nicht die Schaffung einer möglichst spaltfreien konzentrischen Leitfläche auf gleicher Höhe angestrebt, sondern eine Abstufung der Leitflächen nach außen an den Übergangsstellen, die so beschaffen sind, dass die Bogenhinterkante beim Verlassen der vorgeordneten Leitfläche nach außen expandieren kann und dort aufgrund der kontinuierlichen Vorwärtsbewegung des Bogens bereits innerhalb der folgenden Leitfläche auftrifft, so dass eine Berührung der Stirnseite einer Leitfläche sicher vermieden werden kann.
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Die kaskadenförmige Anordnung von hintereinander liegenden Bogenleitelementen ist nicht nur für nicht aktive Werke anwendbar, sondern kann für alle Übergänge zwischen Bogenleitelementen entlang gerader oder gekrümmter Bogenwege durch die Druckmaschine genutzt werden.
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Die Realisierung des Erfindungsgegenstandes erfordert in vorteilhafter Weise weder zusätzliche Getriebe für die Positionierung von separaten Leiteinrichtungen noch aufwändige Lagerkonstruktionen für das Verschieben der Bearbeitungszylinder in eine Rückzugsposition.
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Die Erfindung soll an einem Ausführungsbeispiel für eine Bogenoffsetdruckmaschine näher erläutert werden. Die dazugehörige Zeichnung zeigt in
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1 Darstellung der Bogenhinterkantenführung in einem nicht aktiven Druck- oder Lackwerk einer Bogenoffsetdruckmaschine in Seitenansicht mit Bogenleitelementen im Kanal des Bearbeitungszylinders.
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Wie aus der 1 ersichtlich, besteht ein Druck- oder Lackwerk einer Bogenoffsetdruckmaschine im Wesentlichen aus einem rotierenden Gegendruckzylinder 1, der dem bogenführenden Zylinder, auf dem die Bogen 4 aufliegen und von Greifern 5 an ihrer Vorderkante gehalten werden, entspricht, und einem dem Gegendruckzylinder 1 zugeordneten Gummituchzylinder 2, der bei aktivem Werk in der Kontaktzone 1, 2 auf die Oberfläche des Bogens 4 einwirkt, d. h. entweder Farbe oder Lack auf den Bogen 4 überträgt. Der Gummituchzylinder 2 ist üblicherweise in vom Gegendruckzylinder 1 abstellbaren Exzenterlagern (nicht dargestellt) gelagert, um den im aktiven Werk bei angestelltem Gummituchzylinder 2 ablaufenden Druck- oder Lackierprozess bei Bedarf unterbrechen oder dauerhaft deaktivieren zu können. Zum Wechseln von Aufzügen, Folien oder Gummitüchern auf dem Gummituchzylinder 2 weist dieser einen Zylinderkanal 3 auf, der Spannelemente für den Zylinderaufzug enthält.
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Der Gegendruckzylinder 1 wird entweder über einen Antriebsräderzug oder einen Einzelantrieb angetrieben (nicht dargestellt). Gegendruckzylinder 1 und Gummituchzylinder 2 sind bei aktivem Werk derart synchronisiert, dass die Zylinderkanäle beider Zylinder einander zugeordnet sind und gleichzeitig die Kontaktzone 1, 2 durchlaufen.
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Zur Verdrehung und Stillsetzung des Gummituchzylinders 2 relativ zum Gegendruckzylinder 1 gemäß der Erfindung ist der Gummituchzylinder 2 aus dem Antriebsräderzug auskuppelbar und mit seinem Zylinderkanal 3 in die Kontaktzone 1, 2 drehbar. Bei Einzelantrieb des Gummituchzylinders wird die neue Solllage des Zylinderkanals 3 des Gummituchzylinders 2 von der Maschinensteuerung über einen mit dem Einzelantrieb zusammenwirkenden Drehwinkelgeber eingestellt.
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Innerhalb des Zylinderkanals 3 des Gummituchzylinders 2 sind Bogenleitelemente 6, z. B. parallele Leitstäbe oder Leitflächen, annähernd tangential zum Umfang angeordnet, die den Zylinderkanal 3 überspannen und die abspreizenden Bogenhinterkanten von den Spannelementen im Zylinderkanal 3 fernhalten. Diese Bogenleitelemente 6 können permanent im Zylinderkanal 3 angeordnet sein oder sind temporär einsetzbar für die Dauer der Inaktivität des Werkes.
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Weiterhin sind in Bogentransportrichtung vor der Kontaktzone 1, 2 die Bogenhinterkante gleitend führende Bogenleitelemente 7 angeordnet, die tangential ausgerichtet oder der Kontur des Gegendruckzylinders 1 angenähert sind.
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Zur Unterstützung eines ruhigen Bogenlaufes sind nach der Kontaktzone 1, 2 weitere tangentiale oder konzentrische Bogenleitelemente 8 angeordnet, die die aus der Kontaktzone 1, 2 herauslaufende Bogenhinterkante auffangen.
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Die der Kontaktzone 1, 2 zugeordneten Bogenleitelemente 7, 8 können beispielsweise als Bogenleitstäbe, Bogenleitbleche oder als Luftpolsterführungen ausgestaltet sein.
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Die Entfernung und Neigung der Bogenleitelemente 6 gegenüber der Mantelfläche des Gegendruckzylinders 1 wird dabei so über die Drehwinkelposition des Gummituchzylinders 2 gewählt, dass der Abstand der Bogenleitelemente 6 zum Gegendruckzylinder 1 an der Übergangsstelle zu den vorgeordneten Bogenleitelementen 7 um den Betrag von x1 größer ist als der Abstand der vorgeordneten Bogenleitelemente 7 zum Gegendruckzylinder 1 und der Abstand der Bogenleitelemente 6 an der Übergangsstelle zu den nachgeordneten Bogenleitelementen 8 um den Betrag von x2 kleiner ist als der Abstand der nachgeordneten Bogenleitelemente 8 zum Gegendruckzylinder 1, so dass die Bogenleitelemente 6, 7, 8 in Umfangsrichtung kaskaden- bzw. stufenförmig angeordnet sind.
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Zur Dämpfung des Hinterkantenschlages an der Übergangsstelle zwischen den Bogenleitelementen 6 im Zylinderkanal 3 und den der Kontaktzone 1, 2 nachgeordneten Bogenleitelementen 8 können zusätzliche Glaseinrichtungen 9, z. B. ein Blasrohr, das in radialer Richtung von oben auf den hinteren Bogenbereich gerichtet ist, nach der Kontaktzone angeordnet werden.
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Zur Wirkungsweise der erfindungsgemäßen Einrichtung:
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Soll beispielsweise beim Bedrucken biegesteifer Bogen in der Druckmaschine ein Lackwerk deaktiviert werden, d. h. dass in vorgeordneten Druckwerken bedruckte oder lackierte Bogen ohne Lackauftrag dieses Lackwerk durchlaufen, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um das Abschmieren der noch frischen Druckfarbe oder des frischen Lackes auf der Bogenoberfläche am Gummituchzylinder 2 des nicht aktiven Lackwerkes zu verhindern. Dazu wird der Gummituchzylinder 2 vom Gegendruckzylinder 1 mittels der Exzenterlager abgestellt, so dass ein schmaler Spalt von ca. 2 ... 5 mm zwischen den Zylindern in der Kontaktzone 1, 2 entsteht. Diese Abstellposition für den Bearbeitungszylinder 2 ist standardmäßig für Druckunterbrechungen und Reinigungszyklen vorgesehen und erfordert keine zusätzlichen konstruktiven Aufwendungen.
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Sofern die Bogenleitelemente 6 nicht fest zwischen den Spannelementen im Zylinderkanal 3 eingebaut sind, wird der abgestellte Gummituchzylinder 2 mit dem Antriebsräderzug oder mittels Einzelantrieb in eine für die Montage zugängliche Drehwinkelposition gedreht und nachfolgend werden die nachträglich einsetzbaren Bogenleitelemente 6 im Zylinderkanal 3 befestigt. Zur Montage sind bekannte Steck-, Schraub- oder Klemmverbindungen an einbautenfreien Stellen im Zylinderkanal 3 geeignet. Können die Spannelemente aus dem Zylinderkanal 3 ausgebaut werden, dienen die Befestigungsmittel für die Spannelemente vorteilhaft auch der Fixierung der Bogenleitelemente 6.
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Danach wird der Zylinderkanal 3 des Gummituchzylinders 2 mittels Räderzug oder Einzelantrieb in die Kontaktzone 1, 2 gedreht und anschließend der Gummituchzylinder 2 stillgesetzt. Bei Antrieb des Gummituchzylinders 2 über einen Antriebsräderzug wird der Gummituchzylinder 2 dazu ausgekuppelt.
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Um den für die Kaskadenführung der Bogenhinterkanten erforderlichen Winkel der Bogenleitelemente 6 zur bisher üblichen Tangentiallage zu realisieren, wird dabei der Zylinderkanal 3 um einen geringen Winkel entgegen dem Uhrzeigersinn aus der Tangentiallage herausgedreht. Dadurch entstehen jeweils an den Übergangsstellen zwischen den Bogenleitelementen 6, 7, 8 nach außen versetzte Stufen, an der die Bogenhinterkante nach außen abläuft.
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Die mit ihren von Greifern fixierten Vorderkanten in die Kontaktzone 1, 2 einlaufenden biegesteifen Bogen 4 werden jeweils an ihrer abspreizenden Hinterkante mit den der Kontaktzone 1, 2 vorgeordneten Bogenleitelementen 7 auf einer zylindernahen Bahn geführt, wobei an deren Leitflächen die Hinterkanten der Bogen in spitzem Winkel entlang gleiten. Infolge der Steifigkeit der Bogen 4 legen sich diese in ihrem vorderen Bereich glatt auf die Mantelfläche des Gegendruckzylinders 1 auf und berühren somit im vorderen Bogenbereich nicht den abgestellten Gummituchzylinder 2.
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Wenn nun die Bogenhinterkante die Leitfläche der vorgeordneten Bogenleitelemente 7 verlässt, expandiert sie infolge der Eigenspannung des Bogens nach außen. Da sich der Bogen während dessen in Transportrichtung weiter bewegt, beschreibt die Bogenhinterkante eine schräg nach außen gerichtete Bahn und trifft dadurch innerhalb der folgenden – von den Bogenleitelementen 6 gebildeten – Leitfläche auf. Durch die um den Abstand x1 zurückgesetzte nachfolgende Leitfläche im Zusammenwirken mit der Bogentransportbewegung wird erfindungsgemäß der Kontakt der Bogenhinterkante mit den Leitflächen im Spaltbereich zwischen den Leitflächen aufgehoben, so dass Abschmieren oder Deformationen an den Spalten auf einfache Weise verhindert werden.
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Die Bogenhinterkante wird dann in der Kontaktzone 1, 2 von den den Zylinderkanal 3 überspannenden Bogenleitelementen 6 im Freiraum des Zylinderkanals 3 des stillgesetzten Bearbeitungszylinders 2 abschmierfrei transportiert bis zur Übergabe an die nachgeordneten Bogenleitelemente 8.
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An der ablaufenden Stufe zwischen den Bogenleitelementen 6 und 8 gleitet die Bogenhinterkante erneut frei nach außen und legt in dieser Zeit einen den Spalt zwischen den Bogenleitelementen 6 und 8 überwindenden Transportweg zurück, so dass sie auf der Bogenleitfläche/den Bogenleitstäben 8 auftrifft und nicht in den Spalt eintaucht und dadurch an den Stirnflächen der Bogenleitfläche/Bogenleitstäbe 8 abschmiert oder deformiert wird.
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Zur weiteren Verbesserung des Bogenlaufes erzeugen zusätzliche Glaseinrichtungen 9 nach der Kontaktzone 1, 2 mit Hilfe ihrer Blasluftstrahlen einen Staudruck im Spaltbereich 6, 8 oberhalb des Bogens 4, der den Bogenschlag durch die Expansion der abspreizenden Bogenhinterkante nach außen dämpft. Die Glasluftunterstützung bewirkt neben einem ruhigeren Bogenlauf beim Herauslaufen aus der Kontaktzone 1, 2 auch eine Verzögerung der Expansionsbewegung der Bogenhinterkante, so dass die überbrückbare Spaltbreite vergrößert wird.
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Die Kaskadenführung gewährleistet somit trotz geringer Freiraumbemessung in der Kontaktzone die abschmierfreie Bogenführung. Gegenüber den bekannten Lösungen mit aufwändigen Bogenführungsmitteln zum Verhindern des Abspreizens der Bogenhinterkante oder der Schaffung von ausreichenden Freiräumen für die abspreizende Bogenhinterkante über große radiale Verstellwege für den Bearbeitungszylinder ergeben sich mit der vorgeschlagenen Lösung beträchtliche Einsparungspotentiale.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- bogenführender Zylinder, Gegendruckzylinder
- 2
- Bearbeitungszylinder, Gummituchzylinder
- 3
- Zylinderkanal
- 4
- Bogen
- 5
- Greifer
- 6
- Bogenleitelemente im Zylinderkanal
- 7
- der Kontaktzone 1, 2 vorgeordnete Bogenleitelemente
- 8
- der Kontaktzone 1, 2 nachgeordnete Bogenleitelemente
- 9
- Glaseinrichtung
- X1
- Stufe zwischen den Bogenleitelementen 6 und 7
- X2
- Stufe zwischen den Bogenleitelementen 6 und 8