-
Verfahren zur Herstellung von Werkstücken aus Grauguß mit eutektischer
Graphitausbildung Die Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von
Werkstücken aus grauem Gußeisen mit »eutektischer Graphitstruktur«.
-
Der Gefügeaufbau des Gußeisens, insbesondere die Ausbildung des Graphits
im Gußeisen, ist von erheblicher Bedeutung für die Eigenschaften der hergestellten
Erzeugnisse. Um diese hinsichtlich der Gefügeausbildung hinreichend scharf kennzeichnen
zu können, sind die verschiedenen Ausbildungsformen in »U.S.A.-A.F.S. and U.S.A.-A.S.T.M.
Graphite Flake Classification in Gray Cast Iron« festgelegt worden; dieser Einteilung
entsprechen die vom Verein deutscher Gießereifachleute zur Annahme empfohlenen @>Gefügerichtreihen
für Graphitausbildung in Grauguß« (vgl. »Gießerei«, 38 [1951], S.355 bis 359). Die
sogenannte eutektische Graphitausbildung der nach dem Verfahren der Erfindung hergestellten
Erzeugnisse entspricht dem Typ D der vorgenannten Klassifizierungen (»Graphite Flake
Type Chart No. D« bzw. >Type D« gemäß Bild 4 auf S. 356 der angeführten Veröffentlichung).
-
Da sich die Produkte mit unterschiedlicher Graphitausbildung weitgehend
in ihren Eigenschaften unterscheiden, ist es wünschenswert, durch Ermittlung geeigneter
Darstellungsbedingungen, gegebenenfalls unter Zusatz geeigneter Fremdsubstanzen,
die Ausbildung einer gewünschten Ausscheidungsform in reproduzierbarer Weise zu
sichern, um damit den Erzeugnissen bestimmte und gleichbleibende Eigenschaften zu
verleihen.
-
Es hat sich nun gezeigt, daß ein Zusatz von Titan in metallischer
Form, etwa als Ferrotitan oder als Ferro-Silicium-Titan, zur Gußeisenschmelze eine
Verfeinerung des graphitischen Gefüges der Produkte zur Folge hat. Diese Tatsache
ist seit langem unter anderem aus den folgenden Literaturstellen bekannt: Piwowarsky
in i,Stahl und Eisen«, 43 (1923), S. 1491, und 45 (1925), S. 289; Comstock in »Trans.
Am. Foundrym. Soc.«, 41 (1933), S. 278; Starkweather in :Trans. Am. Foundrym. Soc.«,
45 (1938), S. 816.
-
Die Gefügeausbildung des nach derartigen Verfahren erhaltenen Graugusses
zeigt in den meisten Fällen eine verfeinerte, gewöhnlich geflockte Form des Graphits
gemäß -Graphite Flake Chart No. A« der ersterwähnten Klassifizierung bzw. »Typ A«
gemäß Bild 1 der zweitgenannten Gefügerichtreihen. Sie unterscheidet sich weitgehend
von der eütektischen Graphitausbildung.
-
Will man jedoch Graüguß mit rein eutektischer Ausscheidungsform des
Graphits erhalten, so müßte man nach einem Vorschlag von N orbury und Morgan (Journ.
Iron and Steel Irist. [1936] 1I, S. 327) nach Zusatz von metallischem Titan in Form
von Ferrotitan oder ähnlichen Legierungen die Schmelze kurzzeitig mit oxydierenden
Gasen behandeln. Ein ähnliches Verfahren ist der »British Cast Iron Research Association«
im deutschen Patent 653 969 geschützt worden. Nach dem Verfahren der Erfindung gelingt
es jedoch, auf sehr viel einfacherem Wege Gußeisen mit rein eutektischer Graphitausbildung
zu erzeugen, das sich unter anderem besonders durch Dichtigkeit und hohe Festigkeit,
durch großen Widerstand gegen Wachstum bei Erhitzung auf hohe Temperaturen in oxydierender
Atmosphäre und durch Fehlen von Schwindungshohlräumen und demgemäß große Widerstandsfähigkeit
gegenüber Druckbelastungen durch Luft oder Flüssigkeiten auszeichnet.
-
Während bei allen bisher angewandten Verfahren zur Beeinflussung durch
Titanzusatz das Titan in metallischer Form, meist in Form seiner Ferrolegierung,
dem Schmelzbad direkt zugeführt wurde, wird die Gußeisenschmelze nach dem Verfahren
der Erfindung ohne direkten Titanzusatz vor dem Guß in Sand- oder Metallformen mit
einer schmelzflüssigen titandioxydhaltigen Schlacke in Berührung gebracht, und z,#var
mit einer Schlacke, die mehr als etwa 1 °j, Titan in Form von Titandioxyd enthält,
neben den üblichen Bestandteilen metallurgischer Schlacken, wie Si 02, Ca 0, A12
03, Mg 0 u. dgl. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich betont, daß der genannte
Titandioxydgehalt der Schlacke das entscheidende Merkmal der Erfindung darstellt,
während die Mengenverhältnisse der sonstigen Schlackenbestandteile j e nach dem
gewünschten Erzeugnis in bekannter Weise in ziemlich weiten Grenzen variiert werden
können. Das Verfahren unterscheidet sich damit grundlegend von einem Verfahren zur
Herstellung schwefelarmer Schmelzen aus schwefelreichen Rohstoffen gemäß dem österreichischen
Patent 108109, bei dem ebenfalls titandioxydhaltige Schlacken auftreten können,
bei dem der Gehalt oder überhaupt die Anwesenheit von Titan jedoch nebensächlich,
aber das Verhältnis A1203 zu Si02 charakteristisch ist.
Da nun Titan
in der Natur wohl ausschließlich in Form oxydischer Verbindungen vorkommt, und das
nach den bislang bekanntgewordenen Verfahren - meist in Form von Legierungen - verwendete
Titan erst aus diesen Oxyden auf dem Wege der Reduktion gewonnen werden muß, bildet
die vorliegende Erfindung - ganz abgesehen von der Sicherheit hinsichtlich der Bildung
der eutektischen Graphitausbildung - eine wesentliche Vereinfachung auf dem Wege
vom Ausgangsstoff zum Enderzeugnis. Und das um so mehr, als das Titan auch bei Zusatz
in metallischer Form nicht als solches im Gußeisen erhalten bleibt, wie unter anderem
von Piwowarsky (Stahl und Eisen, 43 [1923], S.1491) gezeigt werden konnte. Durch
das Verfahren der Erfindung wird also der kostspielige Umweg von oxydischen Ausgangsstoffen
über das Metall zu wieder oxydischen Schlackenprodukten überflüssig.
-
Trotz des bzw. gerade infolge des vereinfachten Verfahrens der Erfindung
gelingt jedoch eine erhebliche Güteverbesserung der Erzeugnisse unter Ausbildung
rein eutektischer Graphitausscheidungsform, und zwar selbst bei so geringen Titangehalten
im Gußeisen wie etwa 0,05 °/o Titan. Bei sonst völlig gleichartiger Behandlung,
aber fehlender Berührung mit der titandioxydhaltigen Schlacke erhält man dagegen
Produkte mit gewöhnlicher, grober flockiger Graphitstruktur.
-
Der Grund, warum durch Berührung mit einer titandioxydhaltigen Schlacke
die eutektische Graphitausbildung erzwungen wird, ist vorerst noch nicht bekannt.
Vielleicht bildet sich aus der titandioxydhaltigen Schlacke durch Reduktion Titan,
das durch Diffusion ins Schmelzbad gelangt und als solches oder in Form von Verbindungen
zusammen mit der Schlacke eine spezielle, unbekannte Wirkung auf die Graphitisierung
bei der Erstarrung nach dem Guß ausübt, etwa durch Beeinflussung der Keimbildung
oder des Kristallwachstums.
-
Zur Veranschaulichung der Güteverbesserung der nach dem Verfahren
der Erfindung hergestellten Erzeugnisse seien nachfolgend einige Versuche geschildert
Erste Probe In einem 15-t-Kupolofen wurde Roheisen aufgeschmolzen; zur Herstellung
der Stahlkokille wurden 50 kg der Schmelze in eine frische (grüne) Sandform von
25 mm Durchmesser gegossen. Die Zusammensetzung der Probe war folgende: 3,7
% C, 1,5 °/Q Si, 0,6 °/a Mn, 0,06 °/o S, 0,240/, P.
-
Die Graphitstruktur der Probe wies sehr grobkörnigen Graphit auf,
die Zugfestigkeit betrug 14,7 kg!mm2. Zweite Probe Unmittelbar, nachdem 50 kg von
demselben geschmolzenen Metall wie oben in einen basischen elektrischen Ofen (Kapazität
250 kW) eingebracht worden waren, erfolgte die Beschickung mit reinem Ton, Sand
und Kalk in einem Verhältnis, daß man Schlacke folgender Zusammensetzung erhielt:
37,8"/, Si 02, 46,011f, Ca O, 9,8 % A12 03, 4,3 °/o Mg 0. 2,10/,)
Fe O.
-
Die geschmolzene Schlacke wurde dann 15 Minuten lang mit dem geschmolzenen
Roheisen, dessen Temperatur auf 1400°C gehalten wurde, in Berührung belassen, worauf
die Metallschmelze in dieselbe frische Sandform wie bei der ersten Probe gegossen
wurde. Die Menge der Schlacke betrug 100/, des geschmolzenen Roheisens.
-
Die Graphitstruktur der Probe war fast so grob wie beim ersten Versuch;
die Zugfestigkeit betrug 14,9kg/mm2. Dritte Probe Die Durchführung geschah im wesentlichen
wie bei der zweiten Probe. Der Unterschied lag darin, außer den genannten Bestandteilen
Titaneisenerz (Ilmenit) zuzusetzen, um der geschmolzenen Schlacke folgende Zusammensetzung
zu geben: 29,4°/o Si02, 48,3°/o Ca0, 10,2°/o Al, 0, 2,8°/0 Mg 0, 8,0°/o
Ti 0., 1,30/a Fe 0.
-
Die Graphitstruktur der Probe wies sehr feinen sogenannten eutektischen
Graphit auf; die Zugfestigkeit betrug 22,8 kg/mm2.
-
Aus diesen Versuchen ist eindeutig zu erkennen, daß die Ausbildung
der eutektischen Graphitstruktur und die Steigerung der Zugfestigkeit auf den Titandioxydgehalt
der Schlacke zurückzuführen sind (Ilmenitzusatz bei der dritten Probe).
-
Nach dem Verfahren der Erfindung kann also in jedem Fall Grauguß mit
sehr verfeinerter, sogenannter eutektischer Graphitausbildung erhalten werden, wenn
die Roheisenschmelze vor dem Guß (bei etwa 1400°C) mit einer schmelzflüssigen Schlacke
hinreichenden Titandioxydgehaltes in Berührung gebracht wird. Die Temperatur während
der Berührungsdauer kann etwa 1400'C betragen; durch Temperatursteigerung kann der
Effekt in gewissem Grade noch verstärkt werden. Außerdem ist es natürlich notwendig,
die Berührungsdauer von Metallschmelze und Schlacke sowohl der Basizität der Schlacke
und deren Gehalt an Titandioxyd als auch der Schlackenmenge anzupassen.
-
Nachfolgend als Beispiel einige Angaben über Mengenverhältnisse und
Berührungszeiten bei Verarbeitung einer geschmolzenen Schlacke von normaler Zusammensetzung
in einem 250-kW-Elektroofen
Menge der Basizität der |
geschmolzenen Schlacke geschmolzenen Berührungs- |
(Verhältnis zum ge- Ti0a Schlacke daue» |
schmolzenen GuBeisen) (Ca0/Sioz) |
°%a % °/o (Minuten) |
3 1,3 40 |
5 8 1,3 25 |
15 1,3 20 |
3 1,3 30 |
10 8 1,3 15 |
15 1,3 15 |
3 1,3 20 |
20 8 1,3 10 |
15 1,3 10 |
In allen diesen Fällen, die jedoch nur als vorzugsweise Anwendungsbeispiele zu betrachten
sind und sinngemäß weiter abgewandelt werden können, werden Erzeugnisse mit eutektischer
Graphitstruktur erhalten, die sich auf verschiedenen Anwendungsgebieten infolge
der geschilderten verbesserten Güteeigenschaften normalen Gnßeisenprodukten als
überlegen erweisen.