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Füllstoff für Kunstharzpasten Zur Herstellung von Filmen, Überzügen,
Preßlingen u. dgl. werden vielfach wasserfreie Kunstharzpasten in Form von Dispersionen
bzw. Suspensionen von Polyvinylharzen in einem Weichmacher verwendet, denen gegebenenfalls
ein Lösungsmittel für das Harz beigefügt sein kann. (Im letzteren Fall werden die
Pasten gelegentlich auch als >Organosolev bezeichnet, während sie ohne Lösungsmittel
als » Plastisolev in der Technik Eingang gefunden haben.) Bemerkenswert ist, daß
bei den sogenannten @Organosolen der Lösungsmittelzusatz so gewählt wird, daß das
Kunstharz nicht in gelöster Form vorliegt, sondern derart, daß sich die Harzteilchen
mit dem Lösungsmittel nur unter Erweichung und Quellen ansaugen, was ihre Dispergierung
erleichtert.
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In derartige Kunststoffpasten, ob mit oder ohne Lösungsmittel, werden
häufig Pigmente oder Füllstoffe, darunter vorzugsweise Calciumcarbonat, eingearbeitet.
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Die Einverleibung der Füllstoffe, insbesondere des Calciumcarbonats,
in die Suspensionen führte bisher insofern zu Unzuträglichkeiten, als sich hierdurch
sowohl gleich nach dem Mischen, wie insbesondere im Verlauf längerer Zeitabschnitte,
die Viskosität der Paste bis zur Unverwendbarkeit, vor allem für Überzüge und Filme,
steigerte. Diese Viskositätssteigerung beruht nicht etwa nur auf der Zufügung eines
festen Stoffes zur Suspension, wodurch diese verdickt « wird, sondern hat ihren
Grund zum großen Teil auch darin, daß die bisherigen Zusätze die Alterung des Harzes
mehr oder weniger beschleunigten.
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Die Viskosität stieg also bisher, abgesehen von ihrer Zunahme unmittelbar
beim Einbringen des Füllstoffes in die Suspension, auch nachher auf Grund der Alterung
des Kunstharzes fortlaufend in stärkerem Grad an als ohne den Zusatz.
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Es gelang nun, einen Füllstoff auf der Basis von Calciumcarbonat
zu finden, der einerseits sämtliche verlangte Funktionen eines Füllstoffes besitzt,
andererseits jedoch die Viskosität beim Zumischen verhältnismäßig wenig erhöht und
vor allem das Altern des Kunstharzes in der Suspension so gut wie gar nicht beschleunigt.
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Dieser Füllstoff besteht, allgemein gesprochen, aus natürlichem oder
durch Fällung dargestelltem Calciumcarbonat in feinverteilter Form, bei welchem
die Oberflächen der einzelnen Teilchen mit einem organischen Stoff überzogen sind,
der durch Adsorption festgehalten wird.
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Der Durchmesser der Calciumcarbonatteilchen beträgt erfindungsgemäß
durchschnittlich 1 bis 25 [t.
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Der organische Stoff, mit welchem diese Teilchen überzogen sind,
ist ein Gemisch aus Chlorparaffin mit einem Chlorgehalt von 35 bis 70% und entweder
Kolophonium oder einer freien Fettsäure oder einem Fettsäureester.
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Als Fettsäure bzw. Fettsäureester kommen erfindungsgemäß nur solche
mit einer Verseifungszahl von etwa 150 bis 200 in Betracht, was praktisch bedeutet,
daß beispielswese Öle, wie Tallöl, Baumwollsamenöl, Rizinusöl, Sojabohnenöl, oder
Fettsäuren, wie Stearinsäure, geeignet sind. Besonders bewährt haben sich Tallöl
und Baumwollsamenöl.
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Mengenmäßig betrachtet beträgt der Überzug erfindungsgemäß 0, 5 bis
6 °/0 des Füllstoffgewichtes. Der Anteil an Chlorparaffin mit einem Chlorgehalt
von 35 bis 70 0/, im Überzug beträgt vorzugsweise etwa die Hälfte des Überzugsgewichtes,
jedoch sind auch andere Anteilverhältnisse für Zwecke der Erfindung geeignet.
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Die Herstellung des Füllstoffes erfolgt zweckmäßigerweise derart,
daß man ein natürliches (z. B. aus Kalkstein, Muschelschalen od. dgl. gewonnenes
und fein vermahlenes) oder ein durch Ausfällen dargestelltes Calciumcarbonat von
entsprechender Feinheit (Teilchendurchmesser 1 bis 25 t) in der Kugelmühle oder
auf andere Art trocken mit dem Chlorparaffin (35 bis 70 0/, Cl-Gehalt) iiberzieht
und hierzu das Kolophonium oder die Fettsäure bzw. den Fettsäureester unter weiterem
Mischen zufügt, wodurch sich auf der Oberfläche der Calciumcarbonatteilchen eine
Schicht aus einem Gemisch von organischen Stoffen bildet, die durch Adsorption festgehalten
wird, ohne allzu weit in die Teilchen einzudringen.
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Zur Kontrolle des Fortschreitens des Mischungsprozesses kann der
sogenannte » Ölabsorptionswert « gewählt werden, der ein Maß für die Menge eines
Pflanzen-
öles angibt, die notwendig ist, um aus den überzogenen
Füllstoffteilchen durch Kohäsionswirkung Tabletten oder Pillen zu bilden. Zeigen
die Olabsorptionswerte für eine Anzahl aufeinanderfolgender Proben ein im wesentlichen
konstantes Minimum, so bedeutet dies, daß das Überziehen der Füllstoffteilchen mit
der Überzugsmischung zu Ende geführt ist, so daß das Mischen abgebrochen werden
kann. So wurde beispielsweise ermittelt, daß ein gefälltes Calciumcarbonat (Teilchengröße
1 bis 25 p) innerhalb 11/2 bis 2 Stunden in der Kugelmühle mit einer Mischung von
1°/o Sojabohnenöl und 1% Chlorparaffin (40% Cl) überzogen werden kann.
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Der so hergestellte Füllstoff nach der Erfindung wird durch einfaches
Einrühren in eine Polyvinylharzsuspension oder, falls dies für Spezialzwecke notwendig
ist, durch intensiveres Vermischen damit seiner Verwendung zugeführt. Er ist gleichermaßen
für Suspensionen verwendbar, bei welchen die Kunstharzteilchen in einem der üblichen
Weichmacher dispergiert sind (»Plastisole«), wie für solche, die außerdem ein Lösungsmittel
enthalten (»Organosole«).
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Die Wirkung des Überzuges der Füllstoffteilchen besteht in einer
weitgehenden Verminderung des von gleichen Mengen nicht überzogenen Füllstoffes
hervorgerufenen Viskositätsanstieges, und zwar steigt nicht nur die Viskosität sofort
nach Beimischung der Fiillstoffe weit weniger an als bei Verwendung der bekannten
Fiillstoffe in gleicher Menge, sondern auch der Verlauf der Viskositätskurve für
die Paste wird sehr viel Racher, d. h. die sonst zu beobachtende Alterungsbeschleunigung
durch den Füllstoff fällt ganz oder fast ganz weg. Die Vorteile dieser Wirkung bei
Pasten, die beispielsweise zur Verwendung als Anstriche oder Überzüge bestimmt sind,
liegen auf der Hand.
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Es sei zwecks besserem Verständnis der Wirkung der Füllstoffe nach
der Erfindung noch darauf hingewiesen, daß die Uberzugsstoffe in den mit Hilfe der
vorbehandelten Füllstoffe hergestellten fertigen Vinylharzdispersionen keinesfalls
die Funktion von Weichmachern erfüllen können. Die erfindungsgemäß anzuwendenden
Mengen sind viel zu gering, um praktisch eine Wirkung in dieser Hinsicht ausüben
zu können. Sie haften im übrigen fest an der Oberfläche des Füllmaterials und werden
nicht in der Gesamtmasse gleichmäßig verteilt.
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Die folgenden Beispiele dienen, ohne einen einschränkenden Sinn zu
besitzen, zur Erläuterung der Erfindung : Beispiel 1 A Drei Portionen zu je 100
g gefälltes Calciumcarbonat (Teilchengroße 1 bis 15 ) werden in der Kugelmühle mit
folgenden Stoffen überzogen : Portion 1 mit 1 g handelsüblichem gemahlenem Kolophonium,
Portion 2 mit 1 g Kolophonium wie oben + 1 g Chlorparaffin mit 40°/0 Chlorgehalt,
Portion 3 mit 1 g Tallöl + 1 g Chlorparaffin wie oben.
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Die Verarbeitung bis zum konstanten Olabsorptionswert dauert 1 i/2
bis 2 Stunden.
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B Jeweils 180 Teile einer durch Verreiben von 300 Teilen feingepulvertem
Polyvinylchlorid mit 240 Teilen Dioctylphthalat hergestellten Kunstharzpaste (»Plastisol«)
werden durch inniges Verrühren mit jeweils 100 Teilen der nach A hergestellten Füllstoffe
1 bis 3 vermischt.
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Aus der Tabelle geht der Verlauf der Viskositätskurve für die so
erzielten Mischungen 1 bis 3 beim Altern hervor.
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Viskositäten in Centipoisen-10-3
Mischungsnummer |
1 2 3 |
anfangs 60, 0 36, 0 9, 0 |
nach 24 Stunden....... 58,0 29,0 9, 5 |
nach 1 Woche ........ 74, 0 42, 0 15, 0 |
nach 2 Wochen........ 70, 0 43, 0 15, 0 |
nach 3 Wochen ........ - - 13, 0 |
nach 6 Wochen ........ - - 13, 0 |
Beispiel 2 Fünf Portionen zu je 180 g einer Kunstharzpaste nach Beispiel 1, B werden
mit je 100 Teilen Füllstoff vermischt, der aus dem bei Beispiel 1, A verwendeten
Calciumcarbonat mit folgenden Überzügen besteht: 1. 1% Kolophonium + 1% Chlorparaffin
(40% Cl).
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2. 1% Kolophonium + 5% Chlorparaffin (70% Cl).
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3. 1%Baumwollsamenöl + 1% Chlorparaffin (40 oxo Cl).
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4. 1% Tallöl + 1% Chlorparaffin (40% Cl).
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5. 0, 5 °/o Baumwollsamenöl + 0, 5 °/o Chlorparaffin (40°/0 Cl).
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(Die Prozentwerte beziehen sich auf trockenes CaCO3 ohne Überzug
gleich 100.) Die Viskositätskurve zeigt folgenden Verlauf : Viskosität in Centipoisen-10-3
# 10-3
Mischungsnummer |
1 2 3 4 5 |
anfangs ............. 24,0 24,0 12,0 7,0 13,0 |
nach 48 Stunden..... 30, 0 28, 0 15, 0 12, 0 17, 0 |
nach 3 Wochen ....... 41,0 34,0 19,0 16,0 23,0 |
nach 6 Wochen ....... 40,0 33,0 19,0 16,0 21,0 |
Beispiel 3 Fünf Portionen zu je 180 g einer Kunstharzpaste nach Beispiel 1, B werden
mit je 100 Teilen Füllstoff vermischt, der aus dem bei Beispiel 1, A verwendeten
Calciumcarbonat mit folgendern Überzügen besteht : 1. 1% Sojabohnenöl + 1% Chlorparaffin
(40% Cl).
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2. 1% Baumwollsamenöl + 1% Chlorparaffin (40% Cl).
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3. 1% Tallöl nach 1 Stunde + 1 °/o Chlorparaffin (40% Cl).
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4. 1% Chlorparaffin (40% Cl), nach 1 Stunde 1% Tallöl.
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(Die Prozentwerte beziehen sich auf trockenes CaCO3 ohne Überzug
gleich 100.) Die Viskositätskurve zeigt folgenden Verlauf : Viskosität in Centipoisen-10-3
# 10-3
Mischungsnummer |
| 1 2 3 4 1 5 |
anfangs 18, 0 15, 0 25, 0 10, 0 10, 0 |
nach 48 Stunden..... 24, 0 22, 0 43, 0-- |
nach 3 Wochen..... 34, 0 29, 0 70, 0 16, 0 17, 0 |
Beispiel 4 Drei Portionen einer Kunstharzpaste (»Organosol«) folgender Zusammensetzung
: 100 Teile Polyvinylchlorid, 65 Teile Dioctylphthalat, 2 Teile Stabilisator (organisches
Phosphat), 48 Teile Lösungsmittel (45% Xylol, 45% Leichtbenzin, 100/o Methylisobutylketon),
werden mit je 100 Teilen Füllstoff vermischt, und zwar Portion 1 mit
100
Teilen gefälltem CaCO3, Portion 2 mit 100 Teilen gefälltes CaCO3, überzogen mit
1% Baumwollsamenöl, + 1% Chlorparaffin (40% Cl), Portion 3 mit 100 Teilen gefälltem
CaCO3, überzogen mit 1 °/o Tallöl, + 1 °/o Chlorparaffin (40% Cl).
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Die Pasten zeigten gleich nach dem Zusammenmischen folgende Viskositätswerte
in Centipoise-10-3 : Mischung 1 : 15, 4 " 2 : 5, 3 "3 : 5, 9 Der zeitliche Verlauf
der Viskositätskurve wurde hier nicht beobachtet, da dieses Beispiel nur zeigen
soll, daß auch die Anfangsviskosität bei gleichen Anteilen Füllstoff durch Verwendung
von Füllstoffen gemäß der Erfindung stark herabgesetzt wird.
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PATENTANSPRVCHE : 1. Pulverförmiger Calciumcarbonatfüllstoff für
wasserfreie, weichmacherhaltige Polyvinylkunstharzpasten, dadurch gekennzeichnet,
daß die Füllstoffkörner an ihrer Oberfläche ein Gemisch aus chloriertem Paraffinwachs
mit 35 bis 70 0/, Chlor einerseits und Kolophonium, Fettsäure oder Fettsäureester
mit einer Verseifungszahl von etwa 150 bis 200 andererseits, in einer Menge von
0, 5 bis 6 0/0 des Füllstoffgewichtes adsorbiert enthalten.