Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verbund-Pfeilgeschoss, insbesondere für die Panzerabwehr, gemäss dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
Zum Erreichen noch grösserer Durchschlagsleistungen werden neben den bekannten Hohlladungen (Chemische Energie/Sprenggeschoss) auch sogenannte KE (Kinetische Energie)-Geschosse eingesetzt. Bei Letzteren kommt es darauf an, dass das Geschossmaterial eine hohe Dichte aufweist, dass das Geschoss eine möglichst grosse Länge aufweist und dass es eine möglichst hohe Geschwindigkeit erreicht. Derartige Geschosse werden üblicherweise ab Hochdruck-Kanonen verschiedenen Kalibers verschossen, für die schwere Panzerabwehr vorzugsweise ab grosskalibrigen Panzerkanonen. Die zum Beschleunigen solcher Geschosse zur Verfügung stehende Energie ist selbst bei schweren Panzern beschränkt und der System-Wirkungsgrad ist mit der absehbaren Pulvertechnologie in engen Grenzen gegeben.
Auch die Länge des Geschosses ist durch Randbedingungen in der Waffe bzw. im Kampffahrzeug nicht beliebig gross wählbar. Die notwendigen Geschwindigkeiten lassen sich also letztlich nur dadurch erzielen, dass man das lange Geschoss sehr dünn und damit leicht macht.
Hier stösst man aber auf zweierlei Grenzen, indem zum einen sehr schlanke Geschosse (Längen-Durchmesserverhältnis L/D >/= 30) bereits beim Abschuss derartige Biegebeanspruchungen erleiden, dass sie brechen können, und zum anderen sie infolge von Mehrfachbrüchen ein schlechtes Verhalten in Zielen bzw. Panzerungen zeigen, welche aus mehreren, fallweise weit auseinandergezogenen Panzerplatten bestehen (Schott- bzw. Schürzenpanzerungen).
Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, zu erreichen, dass sehr schlanke Schwermetallkerne problemlos auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden können und zudem in Schott- bzw. Schürzenzielen keine Mehrfachbrüche mehr erleiden. Dies wird erfindungsgemäss erzielt durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruches 1.
Bevorzugte Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen.
Die Anwendung einer stützenden Hülse, vorzugsweise aus leichtem Werkstoff mit hohem E-Modul, gewährleistet im Verbund mit dem schlanken Kern (L/D >/= 38) genügend Biege-Widerstand dank geeigneter Dimensionierung von Kern und Hülse. Weiterhin wichtig ist die Wahl einer geeigneten Strukturierung (Sollbruchstellen bzw. Unterteilung des Kernes in der Hülse), einer geeigneten Verbindungsmethode zwischen Kern und Hülse sowie eine geeignete Wahl des Hülsenwerkstoffes auch im Hinblick auf das endballistische Verhalten. Werden weitere Massnahmen am Geschützrohr vorgenommen, um die unvermeidlichen Querbeschleunigungen zu reduzieren, erweitert dies den Anwendungsbereich von Verbund-Pfeilgeschossen nochmals.
Im Folgenden werden anhand der beiliegenden Zeichnungen der Stand der Technik sowie Ausführungsbeispiele der Erfindung näher beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1 ein herkömmliches Pfeilgeschoss,
Fig. 2 die Wirkungen des herkömmlichen Pfeilgeschosses gemäss Fig. 1,
Fig. 3 ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses mit aufgeschraubter ballistischer Haube,
Fig. 4 ein zweites Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses mit angedrehter ballistischer Spitze,
Fig. 5 ein drittes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses mit durchwegs als Gewindestab ausgebildetem Kern,
Fig. 6 ein viertes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses mit einem durchgehend glatten Kern,
Fig.
7 ein fünftes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses,
Fig. 8 die Wirkungen des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses,
Fig. 9 ein Diagramm, welches den Einfluss der Geschosslänge L und der Geschwindigkeit v auf die Durchschlagsgrenze T in Panzerstahl zeigt,
Fig. 10 den Einschusskrater eines erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses,
Fig. 11 ein Diagramm betreffend den relativen Kraterdurchmesser in Panzerstahl in Funktion der Auftreffgeschwindigkeit,
Fig. 12 eine Tabelle, die den Vergleich verschiedener Hülsen-Werkstoffe für Verbund-Pfeilgeschosse zeigt.
Fig. 1 zeigt ein herkömmliches Geschoss, Kaliber 20-140 mm. Beim unterkalibrigen Schwermetall-Kern 1 (z.B. hochfestes W-Fe-Ni-Sintermetall) ist der Durchmesser des Kerns viel kleiner als der Durchmesser des Geschützrohres ( DIAMETER D << DIAMETER K). Das Längen/Durchmesser-Verhältnis des Kerns L/D beträgt L/D </= 30. Die Dichte beträgt rho SIMILAR 17,5 gcm<-><3> . Der Treibkäfig 2 besteht aus Alu oder FK [faserverstärkter Kunststoff] mit einer Dichte 2 bis 2,8, ist mindestens 2-teilig und führt das Geschoss im Geschützrohr 3 des Kalibers K. Er löst sich an der Rohrmündung vom Geschoss und fällt in 2, 3 oder 4 Teilen, je nach Teilung, nach kurzer Flugstrecke zu Boden. Der Kern 1 weist am hinteren Ende ein Gewinde 4 auf, auf welches ein Leitwerk 5, bestehend aus Alu, Titan oder Stahl, geschraubt ist.
Der Kern ist im mittleren Bereich mit Rillen 6 zur Befestigung des Treibkäfigs 2 versehen. Bei voller Ausnützung der verfügbaren Länge L wird das Geschoss sehr schwer, es sei denn, man mache es dünner, was einem hohen Schlankheitsgrad lambda = L/D entspricht. Eine niedrige Geschwindigkeit bedeutet aber eine relativ geringe Durchschlagsleistung (Fig. 9). Bei Schlankheitsgraden L/D >/= 30 wirken innenballistische Kräfte (Querbeschleunigungen infolge nicht ganz gerader Rohrbohrung) derart, dass sich das Geschoss an der Mündung sichtbar durchbiegt, was im Extremfall zum Bruch führen kann. Bei Schlankheitsgraden L/D >/= 30 treten beim Beschuss von bestimmten Test-Zielen Mehrfachbrüche im Geschoss auf, welche die Durchschlagsleistung stark reduzieren.
Die einzelnen Fragmente scheren sofort aus der Flugachse aus und erzeugen eigene Einschusskrater geringer Tiefe anstatt eines einzigen, sehr tiefen Einschusskanals, wie er von einem unbeschädigten Geschoss erzeugt würde.
Fig. 2 zeigt die Wirkungen des herkömmlichen Pfeilgeschosses. Der herkömmliche Pfeil 7 mit L/D >/= 30 hat die erste Platte 8 ("Schürze") durchschlagen und dabei einen doppelten Bruch erlitten; die drei Geschossfragmente erzeugen nun in der zweiten Panzerplatte 9 je einen Krater geringer Tiefe. Ein unbeschädigtes Geschoss hätte auch die zweite Panzerplatte durchschlagen (siehe Fig. 8).
Fig. 3 zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses 10 mit Kaliber 20-160 mm. Das Geschoss umfasst einen hochfesten Schwermetall-Kern 11 aus Wolfram-Sintermetall, der an beiden Enden mit je einem Gewinde 12, 13 versehen ist. Der Kern weist, wie bei allen Ausführungsbeispielen der Erfindung, ein Längen/Durchmesser-Verhältnis von L/D >/= 38 auf. Auf dem Kern 11 ist eine Stützhülse 14, vorzugsweise aus einem leichten Material mit hohem E-Modul, (z.B. Stahl, Titan, Alu oder CFK) aufgesetzt. Die Hülse kann mit dem Kern durch eine Gewindeverbindung, durch Einlöten des Kerns in die Hülse, durch Einkleben des Kerns in die Hülse, mit einem Press- bzw. Schrumpfsitz zwischen Kern und Hülse oder einer Kombination von zwei oder mehr dieser Möglichkeiten verbunden sein.
Sie alle müssen einer Axialbeschleunigung von mindestens 50 000 g widerstehen. Die versteifende Hülse 14 ist mit Rillen 15 (oder einem geeigneten Gewinde) zum Befestigen des Treibkäfigs versehen. Auf das hintere Gewinde 13 des Kerns ist ein Leitwerk 16 aus Aluminium, Titan oder Stahl aufgeschraubt. Auf das vordere Gewinde 12 des Kerns 11 ist eine ballistische Haube 17 aus Schwermetall oder einem anderen, leichteren Metall wie z.B. Stahl oder Alu aufgeschraubt. Die Gewinde-Partien dieses Ausführungsbeispieles sind gleichzeitig Sollbruch-Stellen beim Impakt auf das Ziel. Sie geben als Schwachstellen im Extremfall zuerst nach und bewahren den ungekerbten Teil vor Brüchen.
Fig. 4 zeigt ein zweites Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses 18. Bei diesem Ausführungsbeispiel weist der unterkalibrige Schwermetall-Kern 19, der eine Dichte rho = 17,5 gcm<-><3> und eine sehr grosse Schlankheit L/D >/= 38 aufweist, eine angedrehte ballistische Spitze 20 auf. Die Hülse 21 ist entsprechend der ballistischen Spitze ausgebildet und mit dem Kern auf eine der in Bezug auf Fig. 3 angegebenen Art verbunden. Die Hülse ist ebenfalls mit Rillen 22 zur Befestigung des nicht dargestellten Treibkäfigs versehen. Ein Leitwerk 23 ist auf ein am hinteren Ende des Kernes 19 angebrachtes Gewinde 24 aufgeschraubt.
Durch die Reduktion des Durchmesser Dw des Schwermetall-Kerns (beispielsweise von 28,3 auf 20 mm) kann, bei unveränderter Länge L, die Masse des Kern auf die Hälfte reduziert werden, was in eine massiv höhere Geschwindigkeit umgesetzt werden kann (je nach Randbedingungen um mehr als 300 m/s erhöhte Geschwindigkeit, bezogen auf z.B. 1500 m/s). Dies bedeutet eine wesentlich verbesserte Durchschlagsleistung, siehe Fig. 9. Ein Teil der Masse, die man durch Herunterdrehen des Kerns von 28,3 mm (L/D = 30 bei 850 mm Länge) auf 20 mm einspart, wird nun allerdings durch die Hülse 14, 21 wieder in Anspruch genommen. Trotzdem verbleibt ein beträchtlicher Geschwindigkeitsgewinn (siehe Fig. 12).
Der Verbund-Pfeil, gekennzeichnet durch den sehr schlanken Kern 11, 19 mit DIAMETER Dw und die Hülse mit DIAMETER DH erreicht nicht nur in Einplatten-Panzerstahlzielen, sondern auch in Schott- und Schürzenzielen verbesserte Durchschlagsleistungen, weil die stützende Hülse den Kern auch bei den extremdynamischen, endballistischen Vorgängen wirksam stützt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Pfeil sind keine Geschossbrüche mehr festzustellen.
Sollte infolge des Auftreff-Schockes im Ziele trotzdem Bruchgefahr bestehen, lässt sich mit Sollbruchstellen oder gar physischer Unterteilung des Kernes das Bruchverhalten derart steuern, dass nur Kopf- und Heckpartie brechen, siehe Fig. 6 und 7, der lange Mittelteil jedoch nicht beschädigt wird.
Die Hülse bietet auch die Möglichkeit, die Schnittstelle ("Gewinde") zum Treibkäfig optimal zu gestalten. Die klassische Kombination Wolfram- Kern/Alu-Treibkäfig funktioniert zwar sehr gut, weil die E-Moduln stark verschieden sind, damit kommen alle Rillen bzw. Gewindegänge ( &tilde& 100!) gleichmässig zum Tragen. Der Trend geht aber hin zu leichteren Treibkäfigen, vorzugsweise aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) mit ebenfalls hohem E-Modul. Eine Leichtmetall-Hülse (Titan/Alu) übernimmt dann zusätzlich die Rolle als elastisches Interface zwischen den beiden starren Werkstoffen W und CFK.
Aus Sicht der Endballistik sind Schwermetalle günstig, leichtere Werkstoffe ungünstig, wie schon das " 2ROOT rho "-Gesetz zeigt:
Die Durchschlagsleistung eines Geschosses der Länge L ist in erster Näherung
EMI6.1
rho G = Dichte des Geschossmaterials
rho Z = Dichte des Zielmaterials
Das Aufsetzen einer Hülse auf einen Schwermetallkern ist somit theoretisch von Nachteil, weil es die mittlere Dichte rho G des Geschosses herabsetzt.
Da aber Schwermetallkerne des Durchmessers DW in Panzerplatten überkalibergrosse Löcher des mittleren Durchmessers DM schlagen, kann eine aufgesetzte Hülse ( DIAMETER DH) ungehindert mit eindringen, falls der DIAMETER DH nicht zu gross ist.
Die Erfindung beinhaltet nun auch die Dimensionierung des Hülsen- DIAMETER DH, indem Kern und Hülse etwa gleiche Biegesteifigkeit aufweisen:
EW lW = EH IH
EW . DW<4> = EH (DH<4> - DW<4>)
EMI7.1
EW = E-Modul des Kerns
lW = c x Trägheitsmoment des Kerns
EH = E-Modul der Hülse
IH = c x Trägheitsmoment der Hülse
In der Tabelle gemäss Fig. 12 sind nun diverse Hülsen nach diesem Gesichtspunkt dimensioniert. Die Fig. 12 zeigt, dass Durchbiegungen und Spannungen mit einer leichten Hülse massiv reduziert werden, verglichen mit reinen Wolfram-Kernen, dass bezüglich Masse CFK mit Abstand am besten ist, gefolgt von Aluminium und dass massive Geschwindigkeitsgewinne realisiert werden können, verglichen mit dem DIAMETER 28,3 x 850 Standardgeschoss mit 9340 g Masse. Für die Wahl des Hülsenwerkstoffes spielen auch aussenballistische Aspekte eine erhebliche Rolle.
Fig. 5 zeigt ein drittes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses 25. Der Schwermetallkern 26 ist durchgehend als Gewindestab ausgebildet. Darauf werden die Hülse 27, die ballistische Haube 28 und das Leitwerk 29 geschraubt. Die Hülse ist ebenfalls mit Rillen 30 zum Befestigen des Treibkäfigs versehen. Der Nachteil bei diesem Ausführungsbeispiel liegt in der Kerbwirkung, hervorgerufen durch das Gewindeprofil, welche den Kern bezüglich Zug und Biegung schwächt. Es wird keine genaue Zentrierung der Elemente erzielt. Der Vorteil liegt darin, dass die Lösung einfach ist.
Beim vierten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses 39 gemäss Fig. 6 ist der Kern 33 durchgehend glatt ausgebildet. Das Leitwerk 34 (bzw. die Flügel des Leitwerkes) ist direkt auf der Hülse 35, z.B. durch Schweissen, befestigt. Die Hülse und der Kern sind vor dem Leitwerk und vor der Spitze 36 mit Sollbruchstellen 37 und 38 versehen. Die Ausführung dieses Verbund-Pfeilgeschosses ist völlig kerbfrei.
In Fig. 7 ist das fünfte Ausführungsbeispiel eines Verbund-Pfeilgeschosses 39 dargestellt. Bei diesem Ausführungsbeispiel weist die Hülse 40 ebenfalls hinten und vorne Sollbruchstellen 41 auf. Der Kern 42 ist bei den Sollbruchstellen 41 der Hülse getrennt, d.h. drei oder mehrteilig ausgebildet.
Bei den Ausführungsformen gemäss den Fig. 6 und 7 ist die Hülse mit dem Kern ebenfalls auf eine der in Bezug auf Fig. 3 angegebenen Art verbunden.
Bei allen Ausführungsbeispielen weist der Kern vorzugsweise eine Zugfestigkeit von mindestens 1200 N/mm<2> auf. Der Kern besteht vorzugsweise aus hochfestem Wolfram-Sintermetall oder aus einer Uran/Titan-Legierung.
Fig. 8 zeigt die Wirkungen des erfindungsgemässen Verbund-Pfeilgeschosses beim Durchschuss einer "Schürze". Das Geschoss 43 durchschlägt die beiden Platten 44 und 45. Es entstehen keine Brüche des Geschosses mehr, trotz den noch schlankeren Geschossen als beim Stand der Technik (Fig. 2), dank der Hülse.
Fig. 9 zeigt ein Diagramm betreffend den Einfluss der Geschosslänge L und der Geschwindigkeit v auf die Durchschlagsgrenze T in Panzerstahl (Härte 245 HB).
Fig. 10 zeigt den mittleren Kraterdurchmesser DIAMETER DM und die Tiefe T des Einschusskraters im Vergleich mit dem Geschoss- DIAMETER D.
Das Diagramm gemäss Fig. 11 zeigt den relativen Kraterdurchmesser DM/D in Panzerstahl (Härte 245 HB), in Funktion der Auftreffgeschwindigkeit v.
Die Tabelle gemäss Fig. 12 zeigt einen Vergleich verschiedener Hülsenwerkstoffe für Verbund-Pfeilgeschosse.