BESCHREIBUNG
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Modifizieren eines bestehenden Drehgestells älterer Bauart eines Schienenfahrzeuges, welches ein aus Primär- und Sekundärstufe bestehendes zweistufiges Federungssystem besitzt, wobei die Sekundärstufe in Pendelwiegenversion ausgebildet ist sowie ein nach dem Verfahren hergestelltes modifiziertes Drehgestell.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Eigenschaften von bestehenden, älteren Drehgestellen, welche ein aus Primär- und Sekundärstufe bestehendes, zweistufiges Federungssystem besitzen, wobei die Sekundärstufe in Pendelwiegenversion ausgebildet ist, den heutigen Massstäben an Sicherheit, Geschwindigkeit, Laufgüte, Schallabstrahlung und Wartungsarmut anzupassen.
Diese Aufgabe bewirkt, dass man das alte Drehgestell mit neuen Federträgern für die Abstützung der Sekundärfedern ausrüstet oder diese abändert und einen Federträger über eine Verbindungsstange mit einem zweiten, auf der anderen Drehgestellseite angeordneten Federträger direkt verbindet.
Hierbei betreffen die Massnahmen in allererster Linie die Quercharakteristik der Sekundärstufe, welche durch Ausschluss der reibungsbehafteten Kulissensteine so gestaltet wird, dass sich eine im positiven Sinne wirksame Veränderung einstellt, und zwar derart, dass sowohl die Laufgüte wesentlich verbessert wird, wie auch spürbare Einsparungen im Unterhalt an Fahrzeug und Gleis die Folgen sind.
Die bislang praktizierte Vorgehensweise besteht darin, die Schienenfahrzeuge, insbesondere personenbefördernde Fahrzeuge, im Laufe ihres langjährigen Betriebseinsatzes turnusmässiger Revision zuzuführen, deren Auswirkungen sich wagenkastenseitig bis hin zur vollständigen Erneuerung des Aufbaues erstrecken, sich aber drehgestellseitig lediglich auf die Ausübung der Wartungs- und Unterhaltsarbeiten beschränken. Somit entsteht die Situation, dass derart revidierte Fahrzeuge in bezug auf ihr Interieur und ihr äusseres Erscheinungsbild den heutigen Vorstellungen angepasst werden, deren Drehgestelle jedoch bei weitem nicht die heutigen Anforderungen in bezug auf Laufgüte, Geschwindigkeit, Schallabstrahlung und Wartungsarmut erfüllen können.
Die so praktizierte Vorgehensweise hat bislang zwangsläufig dazu geführt, derart revidierte Fahrzeuge einem untergeordneten Aufgabenbereich zuzuführen und deren ursprüngliche Dienstleistungen durch Neubaufahrzeuge zu versehen.
Die erfindungsgemässen Massnahmen erfüllen ein seit langem bestehendes, unbefriedigendes Bedürfnis, zielen sie doch darauf ab, Drehgestelle älterer Bauarten mit vergleichsweise geringem Aufwand so zu modifizieren, dass deren Fahrzeuge ihren angestammten Platz im Betriebsprogramm unter annähernd ähnlichen Voraussetzungen wieder einnehmen können, wie dies von Neubaufahrzeugen heutzutage erwartet werden kann.
Die Erfindung wird anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels erläutert.
Es zeigen:
Fig. 1 ein Schaubild des Querweges eines Wagenkastens, in Abhängigkeit der Querkraft vor und nach einer Modifikation,
Fig. 2 den Aufbau des Drehgestells vor einer Modifikation in Seitenansicht,
Fig. 3 den Aufbau der Sekundärstufe vor der Modifikation in Schnittdarstellung gemäss Schnittlinien III-III und IIIa-Illa der Fig. 2,
Fig. 4 den Aufbau des Drehgestells gemäss Fig. 2 nach einer Modifikation, in Seitenansicht,
Fig. 5 den Aufbau der Sekundärstufe nach der Modifikation in Schnittdarstellung gemäss Schnittlinien V-V und Va-Va der Fig. 4,
Fig. 6 eine schaubildliche Darstellung der Bewertungsgrössen des Ride-Index , vor und nach der Modifikation.
Der Erfolg der erfindungsgemässen Massnahmen ist in Fig. 1 ersichtlich, wobei die beiden Quercharakteristiken 15 eines bestehenden älteren Drehgestells, vor und nach der Modifikation, dargestellt sind. Dieses Drehgestell 1 besteht aus einer Primärstufe 3 und einer Sekundärstufe 4, welche ein zweistufiges Federungssystem festlegen, wobei die Sekundärstufe 4 in Pendelwiegenversion A mit den Elementen 6, 7, 8, 9, 10 und 12 ausgeführt ist. Deutlich erkennbar ist der nachteilige Einfluss der reibungsbehafteten Elemente 9 und 10 vor der Modifikation, welche erst mit stark ansteigender Kraftkomponente nach der Überwindung der ruhenden Reibung eine Querbewegung der Sekundärstufe 4 auslösen, diese jedoch aufgrund ihrer relativ hohen Bewegungsreibung ständig am freien seitlichen Ausschwingen über den ganzen Bereich hindern.
Durch die erfindungsgemässen Massnahmen ergibt sich nach der Modifikation eine im positiven Sinne veränderte Quercharakteristik 15, wobei der Gesamt-Weganteil des Querspiels von vorher beispielsweise 30 mm auf nun beispielsweise 50 mm vergrössert wird und die Quercharakteristik 15 in ihrem oberen Bereich progressiv gestaltet ist. Hierbei wirkt sich besonders positiv aus, dass die Quercharakteristik 15 in ihrem unteren Bereich, nämlich dort, wo die kleinen Querbewegungen mit sehr grosser Häufigkeit auftreten, ver gleichsweise weich ist und somit ein verhältnismässig freies seitliches Ausschwingen eines Wagenkastens 5 gestattet.
Die Fig. 2 dient vor allem dem besseren Verständnis bezüglich dem Aufbau eines Drehgestells 1 vor der Modifikation, insbesondere bezüglich dem Aufbau der Sekundärstufe 4, welche in Fig. 3 in Schnittdarstellung gezeigt ist.
Ein Drehgestell 1 für ein Schienenfahrzeug 2 weist ein aus einer Primärstufe 3 und einer Sekundärstufe 4 bestehendes zweistufiges Federungssystem auf, wobei die Sekundärstufe 4 in Pendelwiegenversion A ausgeführt ist. Bei dieser wirken Sekundärfedern 6 als reine Druckfedern. Diese Federn 6 sind zwischen einem Wiegenträger 7 und Federträgern 8 angeordnet, welche ihrerseits über Pendelschaken 9 und Kulissensteine 10 am Drehgestellrahmen 11 pendelnd aufgehängt und mittels Spurstangen 12 am Wiegenträger 7 geführt sind. Der Wiegenträger 7 weist ein Drehlager 16 für das Eintauchen eines Drehzapfens 17 auf. Beidseits am Wiegenträger 7 ist für die seitliche Vertikalabstützung eines Wagenkastens 5 je eine Gleitführung 18 vorgesehen. Das Drehgestell 1 ist mit einer konventionellen Klotzbremse 19 ausgerüstet.
Hierbei haben insbesondere die reibungsbehafteten Pendelschaken 9 und die Kulissensteine 10 sowie die seitlichen Gleitführungen
18 die bekannten nachteiligen Auswirkungen in bezug auf Laufgüte und Wartungsarmut. Es sind insbesondere die Teile 9, 10 und 6, 22, welche die Querweg-Charakteristik nach der Modifikation im Sinne der Fig. 1 festlegen. Die Verwendung der Klotzbremse 19 im Drehgestell 1 erhöht zudem den Schallpegel geschwindigkeitsabhängig um 8 bis 10 dB(A).
Fig. 4 zeigt, für das bessere Verständnis im Bereich einer Scheibenbremse als Teilschnitt dargestellt, den Aufbau des Drehgestells 1 nach der Modifikation, wobei insbesondere der Aufbau der neuen Sekundärstufe 34 in Schnittdarstellung ersichtlich ist.
Ein Drehgestell 1 für ein Schienenfahrzeug 2 weist ein aus einer Primärstufe 3 und einer Sekundärstufe 34 bestehendes zweistufiges Federungssystem auf, wobei die neue Sekundärstufe 34 in Pendelwiegenversion B mit den Elementen 6, 20, 23, 24, 37 und 38 ausgeführt ist, bei der die verbliebenen Sekundärfedern 6 spannungsmässig derart ausgenützt sind, dass diese infolge einer Flexi-Wirkung auch einen Querfederanteil zu übernehmen in der Lage sind.
Die Voraussetzung für die Ausübung einer zusätzlichen Querbewegung der Sekundärfedern 6 wird geschaffen durch deren Anordnung zwischen einem geänderten, gegebenenfalls neuen Wiegenträger 37 und geänderten Federträgern 38, welche über senkrecht hängende oder zur Vertikalen geneigte Pendel 23 mittels Gummilagern 20 am bestehenden Drehgestellrahmen 11 pendelnd aufgehängt sowie untereinander durch eine Verbindungsstange 24 verbunden sind.
Durch die so erreichte Flexi-Wirkung der Sekundärfedern 6 werden die zusätzlichen Steifigkeiten der in Serie geschalteten Gummilager 20 mehr als kompensiert. Ausserdem ist als Folge des Ausschlusses der sehr wesentlich reibungsbehafteten Elemente 9 und 10 die Sekundärstufe 34 nun mit einem hydraulischen Schwingungsdämpfer 21 sowie zwei elastischen Queranschlägen 22 versehen.
Ferner sind die Schwenklagerungen 43 der vertikal angeordneten hydraulischen Schwingungsdämpfer 14 sowie eine geänderte Abhebesicherung 28 so ausgebildet, dass diese die Ausübung der Flexi Wirkung der Sekundärfedern 6 nicht behindern, d.h. in zwei zuein- ander senkrechten Richtungen beweglich ist.
Eine derart modifizierte Sekundärstufe 34 hat die Möglichkeit, bei entsprechenden Argegungen seitlich frei auszuschwingen, insbesondere im Bereich der häufig auftretenden kleinen Querbeschleunigungen, wobei die neuen elastischen Queranschläge 22 die seltener auftretenden grossen Querbeschleunigungen progressiv abfangen und das Auflaufen auf einen Festanschlag verhindern.
Mögliche Optimierungsformen ergeben sich entweder durch die Variation der Länge der Pendel 23 oder durch deren geometrische Anordnung. So bewirkt eine Verlängerung der Pendel 23, oder aber auch eine vertikale Anordnung derselben, eine Herabsetzung der Eigenquerfrequenz der Sekundärstufe 34, während mittels den zur Vertikalen geneigten Pendeln 23 der Neigungskoeffzient des Schienenfahrzeuges 2 günstig beeinflusst werden kann.
Eine weitere Modifikation im Sinne der Verbesserung der Laufgüte und der Wartungsarmut stellt das, im Wiegenträger 37 angeordnete, in seinen radialen Steifigkeiten variabel ausführbare Drehlager 25 in Verbindung mit den beidseits am Wiegenträger 37 für die seitliche Vertikalabstützung des Wagenkastens 5 angeordneten, federnden Elementen 27 dar, von denen die Ausdrehbewegungen zwischen Drehgestell 1 und Wagenkasten 5 bei Kurvenfahrt übernommen werden und welche anstelle der alten seitlichen Gleitführungen 18 treten.
Der Einsatz einer Scheibenbremse 29 in den bekannten Ausführungsformen im Drehgestell 1 installiert, leistet gegenüber einer Klotzbremse 19 unter anderem einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Schallpegels an den vorbeifahrenden Schienenfahrzeugen 2.
Eine weitere spürbare Reduktion des Schallpegels vorbeifahrender Schienenfahrzeuge 2 ergibt sich durch die Verwendung von schalldämpfenden Elementen 32 an den Rädern 31 des Drehgestells 1.
Fig. 6 zeigt die Gegenüberstellung der Laufgüte eines Drehgestells 1 vor und nach der Modifikation, basierend auf einer einheitlichen Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h, ausgedrückt durch die Bewertungsgrösse des Ride-Index .
Die mit dem Ride-Index bewertete Laufgüte für die Richtungen vertikal und horizontalquer ergeben infolge der mit den erläuterten Massnahmen durchgeführten Modifikation eine deutliche Verbesserung.
Die mit diesen Massnahmen erzielten Werte liegen vergleichsweise in derselben Grössenordnung, wie sie heutzutage von Neubaufahrzeugen vorgegeben werden.
Während die Z- oder Vertikalwerte des Ride-Index für ältere Drehgestelle dieser Bauart bei 40 liegen, sind die Y- oder Horizontalwerte sogar > 50. Die erfindungsgemässe Modifizierung bringt Werte von Y und Z < 35, sogar Werte von Y < 25 und Z < 30, speziell aber Y - 22 und Z- 25;
Wider aller Erwartung haben sich durch diese Modifikation auch die Z-Werte drastisch erniedrigt.
Die Bewertungsgrössen des Ride-Index basieren auf den ISO Vorschlägen 2631 und bilden für den Fachmann einen aussagefähigen Mittelwert, indirekt als Massstab für diejenige Zeitdauer, während welcher ein Fahrgast einer bestimmten Wechsel-Beschleunigung ausgesetzt werden darf, ohne dass er sich belästigt fühlt (Komfortzeit Tc).