DE3510454C2 - Drehgestell für Schienenfahrzeuge mit Notabstützung - Google Patents

Drehgestell für Schienenfahrzeuge mit Notabstützung

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Description

Die Erfindung bezieht sich auf ein Drehgestell für die Abstützung des Wagenkastens eines Schienenfahrzeuges mittels eines Luftfederungssystems in Kombination mit einer Wankstütze zwischen Drehgestell und Wagenkasten.
Die Verwendung von Luftfedern kann sich aus dem Verhältnis der Fahrzeug-Eigenmasse und der Zuladung als zwingend ergeben und bietet neben einer optimalen Abfederung des Wagenkastens auch eine weitgehende Entkopplung zwischen Wagenkasten und Drehgestell und erlaubt bei entsprechender Anordnung ebenfalls die Ausübung sämtlicher zwischen Drehgestell und Wagenkasten auftretender Relativbewegungen.
Es ist bereits eine Anzahl von Anwendungen bekannt, bei welchen die Abstützung des Wagenkastens eines Schienenfahrzeuges auf dem Drehgestell mittels Luftfedern erfolgt, deren Lufträume miteinander durch eine Ausgleichsleitung verbunden sind und die miteinander verbundenen Luftfedern eines Drehgestelles belastungsabhängig gesteuert sind. Eine derartige Anordnung hat eine gegenüber einzeln gesteuerten Luftfedern spürbare Verminderung des Luftverbrauches zum Vorteil (CH 5 40 805, CH 5 64 446).
Da die beiden miteinander kommunizierend verbundenen Luftfedern nicht in der Lage sind, den Wagenkasten gegenüber seitlichen Wankbewegungen zu stabilisieren, wird ein solches System vorzugsweise durch eine mittelbar oder unmittelbar zwischen Wagenkasten und Drehgestellrahmen angeordnete Wankstütze ergänzt (z. B. CH 5 64 446).
Bei allen Luftfederungssystemen muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß aus erdenklichen Gründen ein Defekt an der Luftfeder oder aber ein Ausfall des Mediums erfolgen kann, während sich das Fahrzeug im Zugsverband in Betrieb befindet. Für diesen Fall müssen innerhalb oder außerhalb der Luftfedern in deren Wirklinien angeordnete Notfederungen alle Anforderungen an die Entgleisungssicherheit erfüllen.
Es sind Ausführungen bekannt, bei denen die federnde Notabstützung paarweise in einem bestimmten Basisabstand zueinander in der Drehgestellquerachse und symmetrisch zur Wagenlängsachse angeordnet ist (DE 21 07 073 B2).
Als nachteilig erweist sich jedoch bei allen vorgenannten Ausführungsformen, daß die Anordnung der Notabstützung dort ausschließlich auf eine Dimensionierungsfrage zurückzuführen ist, also entweder in Abhängigkeit von dem Basisabstand der Luftfedern zueinander oder von der Federsteifigkeit der Notabstützung als solche betrachtet worden sind. Somit sind diesen Lösungsformen konkrete Grenzen gesetzt, welche sich insbesondere durch die in der jüngsten Zeit infolge von Fahrzeugen mit hoher Schwerpunktlage und großer Verwindungssteifigkeit des Wagenkastens hervorgerufenen Anforderungen an eine Notabstützung für den Wagenkasten eines Schienenfahrzeuges am deutlichsten zeigen.
Ferner entsteht bei asymmetrischer Belastung des Drehgestells, wie dies insbesondere in Kurven der Fall ist, bei der paarweisen Anordnung der Notabstützung und Ausfall der Luftfederung ein bezüglich der Drehgestell- Längsmittelebene zusätzliches, unerwünschtes Moment.
Die Aufgabe, die sich hieraus stellt, ist die Schaffung einer Drehgestell-Anordnung mit Notabstützung des Wagenkastens eines Schienenfahrzeuges, nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, welche unabhängig ist vom Basisabstand der Luftfedern sowie der Notabstützungen zueinander oder deren Steifigkeiten, sondern vielmehr unter Berücksichtigung der im Falle einer Kurvenfahrt bei Notfederbetrieb systembedingt auftretende Radlaständerungen so aufzufangen vermag, daß die Entgleisungssicherheit erhöht wird.
Diese Aufgabe löst ein Drehgestell, welches sich dadurch auszeichnet, daß eine einzige Notabstützstelle für den Wagenkasten vorgesehen ist, die längs-exzentrisch bezüglich des Drehpunktes Drehgestell/Wagenkasten und in der Längsmittelebene des Drehgestells angeordnet ist. Vorteilhafte Weiterbildungen des Erfindungsgegenstandes sind den Unteransprüchen zu entnehmen.
Ein Ausführungsbeispiel des Erfindungsgegenstandes wird anschließend anhand der Zeichnung erläutert. Es zeigen
Fig. 1 eine schematische Darstellung von je zwei Räderpaaren zweier Drehgestelle, mit den auftretenden Kräften in der Kurvenfahrt bei relativ kleiner Geschwindigkeit, ohne Einfluß einer Notabstützung,
Fig. 2 die Darstellung nach Fig. 1 mit dem Einfluß der Notabstützung,
Fig. 3 eine Seitenansicht eines Drehgestells in Fahrtrichtung,
Fig. 4 die Aufsicht auf das Drehgestell in Fahrtrichtung nach Fig. 3,
Fig. 5 eine Ansicht des Drehgestells nach den Fig. 3 und 4.
In den Fig. 3 und 5 ist ein Wagenkasten 1 angedeutet. die Luftfederung des Wagenkastens 1 wird mittels zweier Luftfedern 3, welche symmetrisch zur Längsmittelebene 12 des Drehgestells 5 angeordnet sind, wahrgenommen. Diese beiden Luftfedern 3 sind über eine Ausgleichsleitung 2 miteinander verbunden. Es ist ferner ein Drehgestellrahmen 4 des Drehgestells 5 ersichtlich.
Zur Notabstützung im Falle eines Ausfalles einer oder beider Luftfedern 3 ist eine Notabstützstelle 7 vorgesehen, welche aus gummielastischem Material und/oder Stahlfedern bestehen kann. Jedes Drehgestell 5 hat nur eine einzige Notabstützstelle 7. Sie ist, wie in Fig. 4 ersichtlich, in der Längsmittelebene 12 des Drehgestells 5 angeordnet und befindet sich im Abstand "e" vom Drehpunkt 11 Drehgestell/Wagenkasten entfernt. Die beiden Luftfedern 3 des Drehgestells 5 sind belastungsabhängig mittels einer Steuerung 8 gesteuert. Zur Stabilisierung der Wankbewegungen des Wagenkastens 1 ist eine zwischen Wagenkasten 1 und Drehgestellrahmen 4 angeordnete Wankstütze 9 angebracht.
Bei einer bestimmten Geschwindigkeit Vo verschwinden für einen bestimmten Gleisneigungswinkel α und einen bestimmten Bogenradius R die Radlastabweichungen ΔQF, weil dann die Resultierende aus Fliehkraft F und Gewichtskraft G senkrecht und mittig zur Gleisebene steht. Bei Geschwindigkeiten größer als die ausgeglichene Geschwindigkeit Vo ist ΔQF infolge Fliehkraftüberschuß an der bogenäußeren Schiene positiv.
Bei Geschwindigkeiten kleiner als Vo ist entsprechend die Radlastabweichung ΔQF an der bogenäußeren Schiene negativ, und es tritt somit eine Radentlastung auf. Die größte Radentlastung des bogenäußeren Rades tritt also im Stillstand auf und wird allein durch die quer zum (geneigten) Gleis wirkende Komponente der Gewichtskraft G bewirkt (sogenannter Handabtrieb).
Die im Bogen mit konstantem Radius zur Horizontalen geneigten Schienen sind mit den in der Geraden horizontal verlegten Schienen durch den Übergangsbogen verbunden. In diesem Abschnitt nehmen die Krümmung und die horizontale Neigung der Schienen von der Geraden bis zum Bogen sukzessive zu. Die beiden Schienen liegen somit nicht mehr in einer Ebene, sondern sind zueinander verwunden (Fig. 1).
Die Sicherheit gegen Entgleisen wird durch das Verhältnis der am Spurkranz wirkenden horizontalen Führungskraft Y zur Radlast Q am bogenäußeren Rad des vorlaufenden Radsatzes bestimmt. Dieser Entgleisungskoeffizient Y/Q muß bei allen Betriebszuständen kleiner sein als ein bestimmter kritischer Wert:
Y/Q ≦ Y/Qkrit
Dieser kritische Entgleisungskoeffizient ist abhängig vom Spurkranzflankenwinkel und vom Reibungskoeffizienten zwischen Spurkranz und Schiene. Er kennzeichnet den Zustand, bei welchem der Spurkranz an der Schiene hochklettern kann. Bei dem für Vollbahnen üblichen Spurkranzflankenwinkel von 70° beträgt dieser Wert
Y/Qkrit ≦ 1,2
Wie Berechnungen zeigen, ergeben sich optimale Bedingungen für die Entgleisungssicherheit dann, wenn auf die in der Fig. 1 gezeigte Anordnung bezogen, Y₁₁/Q₁₁= Y₃₁/Q₃₁ wird.
Hieraus folgt im Sinne eines Ausgleichs der resultierenden Radlasten der Räder 11 und 31 die Bedingung:
e < O
Das Charakteristische an dieser Notabstützung mit Hilfe einer Notabstützstelle 7 pro Drehgestell 5 gemäß Fig. 2 liegt darin, daß diese versetzt zum Drehpunkt 11 Drehgestell/Wagenkasten in der Längsmittelebene 12 des Drehgestells 5 angeordnet ist. Dies bringt gegenüber bekannten Konstruktionen eine wesentliche Vereinfachung, weil normalerweise zwei bzw. vier derartige Notabstützungen vorgesehen sind, welche nicht in, sondern symmetrisch zur Mittellängsebene des Drehgestells 5 liegen. Zudem wird durch die vereinfachte Konstruktion auch sichergestellt, daß bei Notfederbetrieb, insbesondere bei ungleichmäßigen Radlasten durch Kurvenfahrten mit kleiner Geschwindigkeit, keine zusätzlichen Momente auftreten können, welche die Entgleisungssicherheit beeinträchtigen. Vielmehr wird durch die gezeigte Anordnung einer Notabstützstelle die Entgleisungssicherheit des jeweils führenden, bogenäußeren Rades des vorlaufenden Drehgestells wesentlich erhöht.
Wird der Achsabstand des Drehgestells auch als Radsatzdistanz mit 2a⁺ bezeichnet, so gibt eine Optimierungsrechnung für den Wert "e" die Grenzen O < e ≦ a⁺. Im optimalen Fall wird ΔQg*+ΔQe oder in Worten, die Radlaständerung infolge Verwindung des Wagenkastens wird durch die Radlaständerung, welche sich aus der Notabstützung 7 ergibt, kompensiert (Fig. 2).
Der Erfindung liegt, wie gezeigt, die Erkenntnis zugrunde, daß die Verhältnisse bei Kurvenfahrten aus überhöhtem Gleis für ein langsamfahrendes Schienenfahrzeug mit defekter Luftfederung am prekärsten sind, weil das führende, bogenäußere und systembedingt entgleisungsgefährdetste Rad des in Fahrtrichtung vorlaufenden Drehgestells gemäß Fig. 1 die größte resultierende Radentlastung aufweist.
Hierbei bedeuten in den Fig. 1 und 2:
Q11 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung führenden bogenäußeren Rades des vorlaufenden Drehgestells
Q12 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung führenden bogeninneren Rades des vorlaufenden Drehgestells
Q21 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung nachlaufenden bogenäußeren Rades des vorlaufenden Drehgestells
Q22 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung nachlaufenden bogeninneren Rades des vorlaufenden Drehgestells
Q31 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung führenden bogenäußeren Rades des nachlaufenden Drehgestells
Q32 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung führenden bogeninneren Rades des nachlaufenden Drehgestells
Q41 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung nachlaufenden bogenäußeren Rades des nachlaufenden Drehgestells
Q42 = resultierende Radlast des in Fahrtrichtung nachlaufenden bogeninneren Rades des nachlaufenden Drehgestells
ΔQ g* = Radlaständerung infolge Verwindung des Wagenkastens
ΔQ g⁺ = Radlaständerung infolge Verwindung des Drehgestells
ΔQ F = Radlaständerung infolge Fliehkraft bzw. Hangbetrieb
ΔQe = Radlaständerung infolge der längsexzentrischen Notabstützung.
Maßnahmen zur Verbesserung der Entgleisungssicherheit bei Ausfall der Normalfederung:
Mit dieser Anordnung der Notfederung wird erreicht, daß sich die größte resultierende Radentlastung des führenden bogenäußeren Rades des vorlaufenden Drehgestells gemäß Fig. 2 um den Betrag ΔQe verkleinert.
Der Anteil von ΔQe wirkt sich bei einem Zweirichtungs- Fahrzeug je nach Fahrtrichtung auf das jeweils führende bogenäußere Rad des jeweils vorlaufenden Drehgestells positiv aus und ergibt sich, unabhängig vom Basisabstand der Luftfedern zueinander, durch eine längsexzentrische Anordnung der federnden Notabstützung, welche in der Drehgestell-Längsmittelebene um ein Maß "e" vom Drehpunkt Drehgestell/Wagenkasten, jeweils gegen das Wagenkastenende hin angeordnet ist.
Bei einem Einrichtungs-Fahrzeug erfolgt die längsexzentrische Anordnung der federnden Notabstützung sinngemäß in der Drehgestell-Längsmittelebene bei beiden Drehgestellen um ein Maß "e" vom Drehpunkt Drehgestell/Wagenkasten gegen das Führerstandsende hin versetzt.
Die Ausbildung der Notabstützung kann vorzugsweise als vorgespanntes, mehrschichtiges Gummielement 7 erfolgen, wobei ein derartiges Federelement imstande sein muß, durch Deformation neben der Vertikaleinfederung die auftretenden seitlichen Bewegungen des Drehgestells gegenüber dem Wagenkasten elastisch aufzunehmen und je nach Federsteifigkeit der Anlenkungselemente Drehgestell/ Wagenkasten eine gewisse Verschiebung des Drehgestell- Drehpunktes in Fahrzeuglängsrichtung im Sinne einer längselastischen Mitnahme zu gewährleisten.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine Notabstützung aus einer oder mehreren, vorgespannten Stahlfedern bzw. einer kombinierten Stahl-/Gummifederanordnung zu verwenden.

Claims (8)

1. Drehgestell für die Abstützung des Wagenkastens (1) eines Schienenfahrzeuges mittels eines Luftfederungssystems in Kombination mit einer Wankstütze (9) zwischen Drehgestell (5) und Wagenkasten (1), dadurch gekennzeichnet, daß eine einzige Notabstützstelle (7) für den Wagenkasten (1) vorgesehen ist, die längs-exzentrisch (e) bezüglich des Drehpunktes (11) Drehgestell/Wagenkasten und in der Längsmittelebene (12) des Drehgestells (5) angeordnet ist.
2. Drehgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Maß "e" der Längsexzentrizität der Notabstützung O < e ≦ a⁺beträgt, wobei 2a⁺ dem Achsabstand des Drehgestells entspricht.
3. Drehgestell nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Notfederung (7) aus einem vorgespannten, mehrschichtigen Gummielement besteht.
4. Drehgestell nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Notfederung (7) aus einer oder mehreren vorgespannten Stahlfedern besteht.
5. Drehgestell nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Notfederung (7) aus einer Kombination von Stahl- und Gummifederelementen besteht.
6. Drehgestell nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Notfederung (7) derart ausgebildet ist, daß sie neben der Vertikaleinfederung seitliche Bewegungen des Drehgestells (5) gegenüber dem Wagenkasten (1) elastisch aufnimmt, um die resultierende Radlast (Q11) des führenden bogenäußeren Rades des jeweils vorlaufenden Drehgestells (5) zu vergrößern (Fig. 2).
7. Drehgestell nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß infolge Verwindung des Wagenkastens (1) die Notabstützung (7) die Radlaständerung (ΔQe) kompensiert, insbesondere jeweils gleich groß macht wie die Radlaständerung (ΔQg*).
8. Schienenfahrzeug mit mindestens zwei Drehgestellen, vorzugsweise nach mindestens einem der Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens die beiden wagenendnahesten Drehgestelle Notabstützstellen (7) aufweisen, welche für Zweirichtungsfahrzeuge jeweils näher bei den Wagenenden und für Einrichtungsfahrzeuge jeweils näher beim Führerstandsende liegen.
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