Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Stoffes, und zwar eines Salzes des p Aminobenzoesäure-diäthylaminoäthylesters mit Celluloseglykolsäure.
Der neue Stoff hat folgende allgemeine Formel:
EMI1.1
worin x eine Zahl ist, die einer 75- bis 100 Mol-%igen Substitution der Cellulose durch die Gruppe - (- OCH2 COOH) entspricht, und n eine Zahl von 30 bis 120 bedeutet.
Die erwähnte Verbindung stellt einen amorphen Stoff von zartgelber Farbe dar, der hygroskopisch, gut wasserlöslich, unlöslich in organischen Lösungsmitteln und zersetzbar unter Einwirkung von Alkali ist.
Das erwähnte polymere Derivat des p-Aminobenzoesäure ss-diäthylaminoäthylesters mit Celluloseglykolsäure verfügt über eine biologische Aktivität und ist als Wirkstoff eines Arzneimittels mit lokalanästhetischer Wirkung verwendbar.
Seinem Wirkungsmechanismus nach unterscheidet sich das erwähnte Präparat nicht von Prokain und gehört zur Gruppe von p-Aminobenzoesäureestern. Das erwähnte Präparat besitzt eine grössere Aktivität und Wirkungsdauer im Vergleich zum Prokain.
Die vergleichende Charakteristik der lokalanästhetischen Wirkung des erwähnten Präparates und des Prokains wurde nach dem Verfahren von Bülbring und Wajda an Meerschweinchen durch intrakutane Injektion von 0,25 ml 4-7 verschiedener Konzentration einer Lösung von 0,06 bis 3,66 mMol/l durchgeführt. Die Anästhesie galt als vollständig, wenn das Zucken der Haut bei allen sechs Berührungen der Injektionsnadel (6 Einh.) ausblieb. Als vollständige Wiederherstellung der Empfindlichkeit galt der Zustand, wo in zwei aufeinanderfolgenden Versuchen (mit einem 5-Minuten Intervall) das Zucken bei allen sechs Berührungen (0 Einh.) erfolgte. Die Zeitspanne vom Augenblick der intrakutanen Injektion bis zur vollständigen Wiederherstellung der Empfindlichkeit kennzeichnete die Dauer der Anästhesie.
Die Ergebnisse zeigten, dass mit einer Vergrösserung der Konzentration des Präparates sich sein deponierender Effekt vergrössert. Wenn beispielsweise beim Prokain bei seiner Injektion in einer Konzentration von 3,66 mMol/l die Aktivität der Infiltrationsanästhesie schon in der zweiten halben Stunde des Versuches zu sinken begann, so fing bei der entsprechenden äquimolekularen Lösung des vorgeschlagenen Präparates das Sinken der Aktivität der Infiltrationsanästhesie bloss in der sechsten halben Stunde des Versuches an.
Um die Aktivität besser vergleichen zu können, wurden nach dem Verfahren von Millar und Tainter die durchschnittlichen Konzentrationen (ECso) der erforschten Stoffe bestimmt, die eine 50%ige Anästhesie im Laufe der ersten 30 Minuten nach der Injektion gewährleisten, wie auch die relative Aktivität in bezug auf das Prokain. Aus den ermittelten Ergebnissen folgt, dass das erfindungsgemässe Präparat um 3,1 Mal das Prokain nach der Kraft der Infiltrationsanästhesie übertrifft. Nach der Dauer der Infiltrationsanästhesie übertrifft das erfindungsgemässe Präparat 2 bis 3 Mal entsprechende äquimolekulare Prokainlösungen.
Die Terminal-(Oberflächen-)anästhesie hat man nach dem Verfahren von Renier an Kaninchen verglichen, in deren Konjunktivalsäckchen zwei Tropfen einer Lösung des erfindungsgemäss hergestellten Präparates und das Prokain 4-6 verschiedener Konzentrationen von 18 bis 732 mMol/l eingetropft wurden. Aus den ermittelten Renier-Indexen wurde der durchschnittliche Index mit Toleranzen für jede von den untersuchten Konzentrationen bei P = 0,05 bestimmt. Ausserdem wurde die Dauer der Anästhesie der Hornhaut berücksichtigt, wobei die Bestimmung des Renier-Indexes jede fünf Minuten bis zur vollständigen Wiederherstellung der Hornhautempfindlichkeit, d.h. bis zum Auftauchen des Blinzreflexes, gleich bei der ersten Berührung mit einem Haar andauerte.
Die Terminalanästhesiekraft wurde nach der Formel von Ballet verglichen. Es wurde festgestellt, dass eine 2%ige Lösung des erfindungsgemäss hergestellten Präparates über eine 6,6 mal stärkere, und die 1 %ige Lösung über eine 4,7 mal stärkere Terminalanästhesie als das Prokain verfügt. Gleichzeitig blieb das erfindungsgemäss hergestellte Präparat der Stärke der Oberflächenanästhesie nach 5-16 mal hinter dem Dikain zurück.
Der Dauer der Oberflächenanästhesie nach übertrifft die erfindungsgemäss erhaltene Verbindung in äquimolekularen Konzentrationen um 3-5 mal das Prokain. Bei einem Vergleich von äquieffektiven Konzentrationen bleibt das neue Präparat der Dauer der Terminalanästhesie an der Hornhaut eines Kaninchens nicht hinter dem Dikain zurück und übertrifft es sogar in einer Reihe von Fällen.
Bei visueller Beobachtung gelang es nicht, irgendwelche wesentliche Unterschiede hinsichtlich der lokalen Reizwirkung des neuen Präparates im Vergleich zum Prokain, sowohl bei der Oberflächenanästhesie als auch bei der Infiltrationsanästhesie, festzustellen, ausser bei sehr grossen Konzentrationen (etwa 366 mMol/l), wo das erfindungsgemäss erhaltene Präparat eine bedeutend geringer ausgesprochene Reizung der Gewebe herbeiführte als das Prokain.
Histologische Untersuchungen verschiedener Gewebe bestätigten auch das Ausbleiben einer Reizwirkung beim erfindungsgemäss hergestellten Präparat.
Eine Untersuchung der akuten Toxizität wurde in Versuchen mit 282 weissen Mäusen beiden Geschlechts bei intraperitonealer, subkutaner und intravenöser Injektion des Präparates durchgeführt. Bei interperitonealer Verabreichung wurden 1 %ige Lösungen verwendet, ausgehend von 150-300 mg/kg, bezogen auf das Gewicht des Versuchstieres. Für subkutane Einspritzung wurden 5 geige Lösungen verwendet, ausgehend von 400-1000 mg/kg, bezogen auf das Gewicht des Versuchstieres, und für intravenöse Verabreichung 0,5 %ige Lösungen, ausgehend von 30-60 mg/kg, bezogen auf das Gewicht des Versuchstieres. Jede Dosis wurde einer Gruppe von Versuchstieren eingespritzt, die aus 6-12 Mäusen bestand.
Die Bestimmung der akuten Toxizität wurde nach der graphischen Litchfield- und Wilcoxon-Methode auf Lochpapier durch Berechnung der Durchschnittsgrössen mit ihren Toleranzen bei P = 0,05 durchgeführt. Wie die Bearbeitung der ermittelten Ergebnisse erwies, war das erfindungsgemäss hergestellte Präparat bei intraperitonealer Verabreichung 1,47 mal und bei subkutaner Einspritzung 1,2 mal weniger toxisch als das Prokain, während es bei intravenöser Verabreichung sich unwesentlich vom Prokain unterschied.
Das klinische Vergiftungsbild unterschied sich äusserlich nicht vom Vergiftungsbild bei der Verwendung von Prokain.
Der Breite der therapeutischen Wirkung nach übertraf das neue Präparat bei der Infiltrations- und Terminalanästhesie 2,8-4,5 mal das Prokain.
Das erwähnte Präparat wurde an 91 Kranken in den gleichen Fällen untersucht, bei denen auch das Prokain verwendet wurde. Bei 38 Kranken wurde bei lokaler Anästhesie mit einer 0,5 %igen Lösung des erwähnten Präparates die Appendektomie anlässlich akuter und chronischer Blinddarmentzündung durchgeführt. In allen Fällen wurde eine vollständige Anästhesie erreicht, die noch 3-8 Stunden nach der Operation andauerte. Unter den gleichen Bedingungen führten die gleichen Konzentrationen von Prokain nicht immer eine vollständige Anästhesie herbei, wobei Schmerzen im Operationsfeld bereits 30-60 Minuten nach der Operation auftauchten. Bei 25 Kranken von 38 konnte man vollständig auf die Anwendung von Analgetika aus der Gruppe der Morphine verzichten.
In den restlichen Fällen genügte eine Morphin-Injektion (1 ml einer 1 %igen Lösung) bzw. eine Promedol-Injektion anstatt der üblicherweise angewandten 3-4 Injektionen bei der Anästhesie mit Prokain.
14 Kranken wurde eine 0,5-1,0%ige Lösung des erfindungsgemäss erhaltenen Präparates als lokales Anästhetikum bei Operationen anlässlich Hernia femoralis und Hernia inguinalis, bei subtotaler Entfernung der Schilddrüse, segmentarer Resektion der Milchdrüse und anderem injiziert. In allen Fällen wurde eine gute anästhesierende Wirkung erreicht, die noch 6-12 Stunden nach der Operation andauerte. Das übertrifft bedeutend die schmerzstillende Wirkung gleicher Konzentrationen und Volumina von Prokainlösungen (um 35 mal). In keinem einzigen Falle hat das neue Präparat die Heilung von Wunden gestört und die Sterilität des Operationsfeldes verletzt.
39 Kranken wurden paranephrale, interkostale, intrakutane, intraosseuse und retrosternale Blockaden verordnet. In den meisten Fällen wurden diesen Kranken schon früher Blockaden mit Prokain gemacht, das keinen vollständigen und nur einen kurzfristigen Effekt ergab. Die Anwendung einer 1 %igen Lösung des neuen Präparates verringerte in allen Fällen bedeutend die Schmerzen im Laufe von 24-48 Stunden.
Nach wiederholten Blockaden sind die Schmerzen absolut verschwunden.
Das erwähnte Präparat kann in Form wässeriger Lösungen, Pulver, Folien und Salben verwendet werden. Als Lösungsmittel wird vorzugsweise destilliertes Wasser verwendet.
Bei der Verwendung des Präparates für Infiltrationsanästhesie ist es zweckmässig, den Wirkstoff in einer Menge von 0,450,96 Gew.% zu nehmen.
Bei der Verwendung des Präparates für Leitungsanästhesie wird vorzugsweise der Wirkstoff in einer Menge von 1,81,92 Gew.% genommen.
Bei der Verwendung des Präparates für Anästhesie intraosseus ist es zweckmässig, den Wirkstoff in einer Menge von 3,6-3,84 Gew. % zu nehmen.
Bei der Verwendung des Präparates für intrakutane Anästhesie werden vorzugsweise 0,45-1,92 Gew. % des Wirkstoffes genommen.
Bei einer Verwendung des Arzneimittels in Form einer Salbe wird als Salbengrundlage vorzugsweise wässeriges Lanolin, Vaselin bzw. Carboxymethylcellulose genommen. Es ist zweckmässig, bei der Zubereitung der Salbe den Wirkstoff in einer Menge von 1,8-3,84 Gew.% zu nehmen.
Das Präparat hat keine Nebenwirkung.
Kontraindikationen des Präparates sind die gleichen wie beim Prokain.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung des Salzes des p-Aminobenzoesäure-ss-diäthylaminoäthylesters mit Celluloseglykolsäure besteht darin, dass p-Aminobenzoesäure ss-diäthylaminoäthylester mit Celluloseglykolsäure in einem wässerigen Medium umgesetzt wird, mit nachfolgender Ausscheidung des Zielproduktes.
Zu bevorzugen ist die Durchführung der Reaktion von Aminobenzoesäure-ss-diäthylaminoäthylester mit Celluloseglykolsäure bei einer Temperatur von 45-50oC.
Zur Herstellung des Zielproduktes mit hoher Qualität wird der p-Aminobenzoesäure-ss-diäthylaminoäthylester und die Celluloseglykolsäure im allgemeinen in äquimolekularen Mengen vereinigt.
Die Reaktion von p-Aminobenzoesäure-ss-diäthylamino- äthylester mit Celluloseglykolsäure erfolgt polymeranalog ohne Veränderung des Polymerisationsgrades des cellulosehaltigen Rohstoffes. Die Umsetzung kann bei Zimmer- bzw.
höherer Temperatur durchgeführt werden. Das Ende der Reaktion kann durch Bestimmung von pH-Wert des Reaktionsmediums (pH im Bereich 6,5-7,5) kontrolliert werden.
Das Zielprodukt kann durch Ausfällen mit Aceton ausgeschieden werden, oder die Lösung wird einer lyophylen Trocknung unterzogen. Die Ausbeute beträgt in der Regel 9297 Gew.%.
Zum besseren Verstehen der vorliegenden Erfindung werden folgende Beispiele der Durchführung des Verfahrens zur Herstellung der erwähnten Verbindung angeführt.
Beispiel 1
Celluloseglykolsäure kann man folgenderweise herstellen: 5 g Cellulose werden im Laufe einer Stunde mit 100 ml einer 30%igen Ätznatronlösung bei Zimmertemperatur behandelt, wonach 15 ml 30%ges Wasserstoffperoxid hinzugegeben werden. Das Gemisch wird bei einer Temperatur von 45-50C im Laufe von 2-3 Stunden gehalten. Danach wird die Cellulose auf einer Presse bis zum dreifachen Gewicht ausgedrückt, sorgfältig zerkleinert, in einen Kolben eingebracht und es werden 70 ml Isopropylalkohol zugegeben. Das Gemisch wird im Laufe einer Stunde umgerührt, wonach bei einer Temperatur von 50-600C allmählich im Laufe von 15 Minuten 6,0 g Monochloressigsäure zugegeben werden. Die Reaktion wird im Laufe von 4 bis 6 Stunden fortgesetzt.
Das gewonnene, faserige Produkt wird von der Flüssigkeit abgetrennt, mit 70 Q/oigem Äthylalkohol umgerührt, wobei man zur Neutralisation des Überschusses an Alkali 30%ige Essigsäure hinzugibt; danach wird die Flüssigkeit wieder dekantiert und das Natriumsalz der Celluloseglykolsäure wird mit 70%igem Äthylalkohol ausgewaschen. Die gewonnene Celluloseglykolsäure hat einen Substitutionsgrad von 86 Mol-% und einen Polymerisationsgrad von 72. Die Ausbeute ist gleich 6,0 g (91 Gew. % der Theorie).
6,0 g des gewonnenen Produktes werden in 100 ml Wasser gelöst, die Lösung wird durch ein Kationenaustauscherharz in H-Form (Kapazität 4,7 mVal/g) durchgelassen.
Zu 100 ml der 5 %igen gewonnenen Lösung werden 4,62 g p-Aminobenzoesäure- P-diäthylaminoäthylester zugegeben.
Der Prozess wird bei Rühren und Zimmertemperatur im Laufe von 12 Stunden durchgeführt. Der pH-Wert der Lösung beträgt 6,9. Die Lösung wird abfiltriert und einer lyophylen Trocknung unterzogen. Man erhält 9,25 g-des Zielproduktes (96 Gew. % der Theorie).
Berechnet in %: N 5,69; p-Aminobenzoesäure-ss-diäthyl- aminoäthylester 48,0;
Gefunden in %: N 5,66; p-Aminobenzoesäure-ss-diäthyl- aminoäthylester 47,9.
Beispiel 2
10 g Natriumsalz der Celluloseglykolsäure (mit einem Substitutionsgrad von 90 Mol-% und einem Polymerisationsgrad von 500) werden mit 100 ml Wasser vermischt und 2 ml 30%ges Wasserstoffperoxid zugegeben. Das Gemisch wird bei einer Temperatur von 45 C im Laufe von 2-3 Stunden gehalten, danach filtriert und durch den Kationenaustauscherharz in H-Form durchgelassen. Die gewonnene Celluloseglykolsäure hat einen Polymerisationsgrad von 76.
Zu 100 ml der 5 %igen Celluloseglykolsäurelösung werden 4,83 g p-Aminobenzoesäure-ss-diäthylaminoäthylester zugegeben. Der Prozess wird bei einer Temperatur von 45C im Laufe von 0,5 Stunden bis zum Erzielen des pH-Wertes der Lösung 6,8 durchgeführt. Die Lösung wird abfiltriert und einer lyophilen Trocknung unterzogen. Man gewinnt 9,53 g des Zielproduktes (97 Gew. % der Theorie).
Berechnet in %: N 5,82; p-Aminobenzoesäure-ss-diäthyl- aminoäthylester 49,1.
Gefunden in % 5: N 5,74; p-Aminobenzoesäure-ss-diäthyl- aminoäthylester 48,9.