Verfahren zur Herstellung von 1,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure
Es ist aus Band 29 der Collection of Czechoslovakian Chemical Communications, Seite 1969 bis 1971 (Jahrgang 1964) bekannt, dass die Sulfonierung der 4-Chloranilinsulfonsäure mit Oleum in fast quantitativer Ausbeute die 4-Chloranilin-2,6-disulfonsäure liefert. Bei der Sulfonierung der 4-Aminotoluol-3-sulfonsäure entsteht ebenfalls die 4-Methylanilin-2,6-disulfonsäure in weit vorwiegender Menge.
Es wurde nun die überraschende Feststellung gemacht, dass bei 4-Aminoanilinen die Sulfonierung in Oleum wesentlich anders verläuft als beim 4-chlor- oder beim 4-Methylderivat, d.h. dass man mit guter Ausbeute nicht die erwartete 2,6-, sondern die 2,5-Disulfonsäure erhält.
Die vorliegende Erfindung betrifft somit ein Verfahren zur Herstellung von 1 ,4-Phenylendiamin-2,5 -disulfonsäure oder deren Alkalimetall- bzw. Erdalkalimetallsal- zen. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass man p-Phenylendiamin bzw. dessen Sulfat oder die p-Phenylendiaminmonosulfonsäure mit Oleum sulfiert, das Sulfierungsgemisch mit Wasser, vorteilhaft durch Austragen auf Eis-Wasser verdünnt und die ausgeschiedene 1,4 -Diaminobenzol-2,5-disulfonsäure abtrennt.
Zur Einführung von zwei Sulfonsäuregruppen in das Phenylendiaminmolekül bzw. einer weiteren Sulfonsäuregruppe in das Phenylendiaminmonosulfonsäuremolekül führt man die Behandlung mit Oleum in der Wärme durch, vorteilhaft bei 1000 übersteigenden Temperaturen, z.B. bei 120 bis 1600. Bei diesen Temperaturen kann die Sulfierung mit 10 bis 40%igem Oleum in einigen Stunden vollständig durchgeführt werden.
Wenn die Sulfierung beendet ist, wird die Reaktionsmasse vorteilhaft nach Abkühlung in ein Eis-Wasser-Gemisch gegossen, wobei die in Wasser wenig lösliche 1,4 -Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure ausfällt. Sie kann zum Beispiel durch einfaches Filtrieren abgetrennt werden.
Durch Waschen mit Wasser wird nötigenfalls die anhaftende Schwefelsäure entfernt und das isolierte Produkt getrocknet.
Die so mit guter Ausbeute erhaltene 1,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure bildet ein grauweisses Pulver, welches in Wasser bedeutend weniger löslich ist als die isomere 1 ,4-Phenylendiamin-2,6-disulfonsäure; sie ist
2 aber leicht löslich in verdünnten Alkalien. Durch starkes Ansäuern einer neutralen Lösung des Dinatriumsalzes mit Salzsäure fällt die Disulfonsäure wieder aus. Durch Diazotieren auch in Gegenwart überschüssiger Salpetersäure entsteht hauptsächlich eine Diazoverbindung.
Die partielle Desaminierung (reduktive Abspaltung der Diazogruppe) führt zur Anilin-2,5-disulfonsäure, womit die Konstitution als 2,5-Disulfonsäure sichergestellt ist.
Die 1,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure ist ein wertvolles Zwischenprodukt in der organischen Chemie, zum Beispiel zur Herstellung von Farbstoffen. Daraus gewonnene Reaktivfarbstoffe zeigen z.B. besonders in der Gelbreihe eine wertvolle Verschiebung ihres Farbtones nach den kürzeren Wellenlängen des Spektrums, eine verbesserte Löslichkeit mit einer vermindertem Hartwasserempfindlichkeit, eine höhere Stabilität der Druckpasten und ähnliche Vorteile gegenüber den entsprechenden bekannten Produkten aus p-Phenylendiaminmonosulfonsäure.
Zur Herstellung von Farbstoffen, insbesondere Azofarbstoffen. die faserreaktive Reste enthalten, kann man z.B. die 1 ,4-Phenylen-diamin-2,5-disulfonsäure mit Verbindungen, die ausser einer mit primären Aminogruppen kondensationsfähigen Stelle einen faserreaktiven Rest enthalten, kondensieren, und die so erhaltenen Produkte gegebenenfalls weiter umsetzen, z.B. diazotieren und anschliessend mit einer Kupplungskomponente zu faserreaktiven Azoverbindungen kuppeln. Die primären Kondensationsprodukte der 1,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure mit solchen Verbindungen, die ausser einer mit primären Aminogruppen kondensationsfähigen Stelle einen faserreaktiven Rest enthalten, führt somit zu für die Farbstoffherstellung wertvollen Zwischenprodukten.
In den nachfolgenden Beispielen bedeuten die Teile, sofern nichts anderes angegeben wird, Gewichtsteile, die Prozente Gewichtsprozente, und die Temperaturen sind in Celsiusgraden angegeben.
Beispiel I
210 Teile trockenes p-Phenylendiamin-sulfat werden In 800 Teile 25%iges Oleum eingetragen. Wenn alles gelöst ist, wird das Gemisch im Laufe einer Stunde auf 1400 erwärmt und 4 Stunden bei 1400 gerührt. Die dickflüssig gewordene Schmelze wird abgekühlt und in ca.
1000 Teile Eiswasser gegossen. Die abgeschiedene Disulfonsäure wird abgenutscht, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Die so mit guter Ausbeute erhaltene 1,4-PheW nylendiamin-2,5-disulfonsäure bildet ein grauweisses Pulver, welches in Wasser relativ wenig löslich ist.
Aus dem Filtrat kann eine kleine Menge des sauren Mononatriumsalzes der isomeren 1,4-Phenylendiamin -2,6-disulfonsäure durch Neutralisation mit Calciumcarbonat, Filtration, Einengung des Filtrates und Ansäuerung gewonnen werden. Diese 2,6-Disulfonsäure ist in Wasser wesentlich löslicher als die 2,5-Disulfonsäure.
Die 1 ,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure kann zum Beispiel wie folgt verwendet werden:
26,8 Teile p-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure-werden diazotiert und mit 25,4 Teilen l-Phenyl-3-methyl-5-pyra- zolon-3'-sulfonsäure gekuppelt. Der Monoazofarbstoff wird wieder diazotiert und die Diazoverbindung mit 52,3 Teilen des Kondensationsproduktes aus je 1 Mol Cyanurchlorid, 1-Amino-8-hydroxynaphthalin-3,6-disul- fonsäure und Anilin in Natriumbicarbonatlösung gekuppelt. Der erhaltene Disazofarbstoff färbt Baumwolle in violetten Tönen.
Beispiel 2
188 Teile trockene 1,4-Phenylendiamin-2-sulfonsäure werden in 600 Teilen Monohydrat so eingetragen, dass die Temperatur nicht über 30-400 steigt. Wenn alles gelöst ist, lässt man 340 Teile Oleum 66% zulaufen, erwärmt auf 1400 und hält das Gemisch 4 Stunden bei 1400. Die dickflüssige Schmelze wird abgekühlt und in ca. 1000 Teile Eiswasser gegossen. Die abgeschiedene 1 ,4-Phenylendiamin-2,5-disulfonsäure wird abgenutscht; mit Wasser gewaschen und getrocknet.
Im weiteren kann die 1,4-Phenylendiamin-2,5-disul- fonsäure auch so hergestellt werden, indem man 108 Teile fein gemahlenes p-Phenylendiamin in kleinen Portionen in 600 Teilen Monohydrat so einträgt, dass die Temperatur nicht über 300 steigt und ruhen lässt, bis alles gelöst ist. Hierauf lässt man 340 Teile Oleum 66% zulaufen und sulfiert 4 Stunden bei 1400. Die dickflüssige Schmelze wird auf 400 abgekühlt und wie im Beispiel 1 aufgearbeitet.