Härtbare Gemische aus Polyepoxiden und Amino-alkyl-piperazinen
Die Härtung von Epoxidharzen mit aliphatischen Polyaminen ist bekannt. Die Verwendung dieser Härterklasse hat den grossen Vorteil, dass die Härtung schon bei Zimmertemperatur ausgeführt werden kann. Die Eigenschaften der erhaltenen Formkörper sind jedoch denjenigen von Formkörpern, die mit Heisshärtungsmitteln, wie insbesondere Polycarbonsäureanhydriden oder aromatischen Polyaminen erhalten wurden, in der Regel stark unterlegen. So ist es bisher nicht gelungen, durch Kalthärtung von Epoxidharzen mit aliphatischen Polyaminen Formkörper mit einer mechanischen Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens (DIN) von mehr als 80 OC herzustellen.
Weiterhin zeigen die mit aliphatischen Polyaminen ausgehärteten Epoxidharze eine relativ hohe Wasseraufnahme, was sich besonders bei der Herstellung von Lackfilmen nachteilig auswirkt.
Beispiele von solchen aliphatischen Polyaminen, die für die Kalthärtung von Epoxidharzen vorgeschlagen wurden, und in weitem Umfang industrielle Verwendung finden, sind neben Aethylendiamin vor allem Polyalkylenpolyamine, wie Diäthylentriamin, Triäthylentetramin und Tetraäthylenpentamin. Weiter werden als solche Härter Polyamine, die neben primären auch tertiäre Aminogruppen enthalten, wie N,N-Dimethyl- 1,3- pro- pandiamin und N,N-Diäthyl-1,3- propandiamin, technisch verwendet (vgl. die englische Patentschrift 717 291). Zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften, vor allem der Schlagzähigkeit, wurden in der englischen Patentschrift No. 869 484 auch bereits stickstoffhaltige Heterocyclen, und zwar Mono-aminoalkylpiperazine, wie Amino-äthyl-piperazin als Härter für Epoxidharze vorgeschlagen.
Auch bei dieser Härterklasse bleiben indessen die mechanischen Formbeständigkeiten in der Wärme niedrig und die Wasseraufnahmen hoch.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass man durch Kalthärtung Epoxidharz-Formkörper erhalten kann, die den heissgehärteten Epoxidharz-Systemen inbezug auf hohe mechanische Formbeständigkeit in der Wärme und niedrigere Wasseraufnahme wesentlich näher kommen als sämtliche bis heute bekannten kaltgehärteten Epoxidharz-Systeme, wenn man als Härtungsmittel gewisse Di-w-aminoalkylpiperazine verwendet.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind somit kalthärtbare Gemische, die als Form-, Dichtungs- und Überzugsmassen, Imprägnier- und Klebemittel geeignet sind, und die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie (a) ein Polyepoxid mit durchschnittlich mehr als einer Epoxidgruppe im Molekül und (b) als Härtungsmittel ein N ,N'-Di-w-aminoalkyl- piperazin der Formel
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worin n eine ganze Zahl im Wert von 1 bis 4 bedeutet, enthalten.
Als Beispiele von N,N'-Di(aminoalkyl)piperazinen der Formel (I) seien genannt: 1,4-Bis(aminomethyl)-pipera- zin, 1,4-Bis(2'-aminoäthyl)piperazin, 1,4-Bis(3'-amino-n -propyl)-piperazin, 1 ,4-Bis(4'-amino-n-butyl)piperazin.
Als Polyepoxidverbindungen mit durchschnittlich mehr als 1 Epoxidgruppe im Molekül, die mit Hilfe der als Härter neu vorgeschlagenen N,N'-Di-aminoalkylpiperazine ausgehärtet werden können, seien insbesondere genannt:
Die oder Polyglycidyläther von mehrwertigen Alkoholen, wie 1, 4-Butandiol oder Polyglykolen, wie Poly propylenglykole; Die oder Polyglycidyläther von mehrwertigen Phenolen, wie Resorcin, Bis(p-hydroxyphenyl)- methan, 2,2-Bis(p-hydroxyphenyl)propan (= Bisphenol A), 2,2-Bis(4'-hydroxy-3',5'-tetradibromphenyl)propan, 1,1,2,2-Tetrakis(p-hydroxylphenyl)äthan oder unter sauren Bedingungen erhaltenen Kondensationsprodukten von Phenolen mit Formaldehyd, wie Phenol-Novolake und Kresol-Novolake;
Polyglycidylester von mehrwerti gen Carbonsäuren, wie Phthalsäure, Terephthalsäure, Tetrahydrophthalsäure und Hexahydrophthalsäure; N Glycidylderivate von Aminen, Amiden und heterocyclischen Stickstoffbasen, wie N,N-Diglycidyl-anilin, N,N Diglycidyltoluidin, N,N,N', N'-Tetraglycidyl-bis(p-ami- nophenyl)methan; Triglycidyl-isocyanurat; N,N'-Digly- cidyl-5,5-dimethyl-hydantoin.
Das Plyepoxid und das als Härter eingesetzte N,N'- Di(aminoalkyl)piperazin werden im allgemeinen im ungefähr stöchiometrischen Mengenverhältnis (1 aktives Wasserstoffatom des Amins je Epoxidgruppe) eingesetzt.
Zur Erzielung einer otpimalen mechanischen Formbeständigkeit in der Wärme ist jedoch ein mässiger Überschuss der Epoxidkomponente zu empfehlen.
Die härtbaren Mischungen können ferner gegebenenfalls Härtungsbeschleuniger, z. B. ein- oder mehrwertige Phenole oder Aminophenole, Mercaptoverbindungen, Thioäther u. a. enthalten.
Die Härtung wird vorzugsweise bei Zimmertemperatur durchgeführt. Es können jedoch auch tiefere oder höhere Temperaturen bis etwa 200 0C angewendet werden. Man kann ferner zur Verbesserung der Eigenschaften die bei niedrigen Temperaturen erhaltenen Formkörper, Überzüge und dergleichen einer Nachhärtung bei höherer Temperatur unterwerfen.
Der Ausdruck Härten , wie er hier gebraucht wird, bedeutet die Umwandlung der löslichen, entweder flüssigen oder schmelzbaren Polyepoxide in feste, unlösliche und unschmelzbare, dreidimensional vernetzte Produkte bzw. Werkstoffe, und zwar in der Regel unter gleichzeiti- ger Formgebung zur Formkörpern, wie Giesskörpenn, Presskörpern, Schichtstoffen und dergleichen oder Flä- chengebilden, wie Beschichtungen, Lackfilmen oder Verklebungen.
Die erfindungsgemässen härtbaren Gemische können ausserdem geeignete Weichmacher, wie Dibutylphthalat, Dioctylphthalat oder Trikresylphosphat, inerte organische Lösungsmittel oder sogenannte aktive Verdünnungsmittel, wie insbesondere Monoepoxide, z. B. Styroloxyd, Butylglycid oder Kresylglycid, enthalten.
Ferner können die erfindungsgemässen härtbaren Gemische vor der Härtung in irgendeiner Phase mit Streck-, Füll-und Verstärkungsmitteln, Pigmenten, Farbstoffen, Thixotropermitteln, Flammschutzmitteln; Formtrennmitteln versetzt werden.
Als Streck-, Füll- und Verstärkungsmittel können beispielsweise Steinkohlenteer, Bitumen, Glasfasern, Borfasern, Kohlenstoffasern, Quarzmehl, Aluminiumoxydhydrat, Kaolin, Kieselsäure-aerogel oder Metallpulver, wie Aluminiumpulver, verwendet werden.
Die erfindungsgemässen härtbaren Epoxidharzmischungen finden ihren Einsatz vor allem auf den Gebieten des Oberflächenschutzes, der Elektrotechnik, der Laminierverfahren und im Bauwesen. Sie können in jeweils dem speziellen Anwendungszweck angepasster Formulierung, im ungefüllten oder gefüllten Zustand, gegebenenfalls in Form von Lösungen oder Emulsionen, als Anstrichmittel, Lacke, Sinterpulver, als Pressmassen, Tauchharze, Giessharze, Spritzgussformulierungen, Imprägnierharze und Klebemittel, als Werkzeugharze, Laminierharze, Dichtungs- und Spachtelmassen, Bodenbelagsmassen und Bindemittel für mineralische Aggregate, verwendet werden.
Beispiel 1
Es wurden 2 erfindungsgemässe Giessharzmischungen (Proben A und B) hergestellt, indem je 100 g eines bei Zimmertemperatur flüssigen Bisphenol-A-polyglycidylätherharzes mit einem Epoxidgehalt von 5,35 Epoxidäquivalenten pro kg (in bekannter Weise hergestellt durch Kondensation von 2,2-Bis(p-hydroxyphenyl) propan mit Epichlorhydrin im Überschuss in Gegenwart von Natriumhydroxyd) mit den in nachfolgender Tabelle I angegebenen Mengen 1, ,4-Bis(3'-amino-n-propyl)pipera- zin gut vermischt wurden.
Mit einem Teil der Mischungen wurden Aluminiumbleche (Breite 25 mm; tXberlap- pung 10 mm) einschnittig verMebt; ein anderer Teil der Mischung wurde in Aluminium-Formen (10 x 44 x 130 mm) vergossen, isotherm bei 20 "C geliert und anschliessend bei Zimmertemperatur aushärten gelassen. Aus den erhaltenen klaren, hellfarbigen Giesslingen wurden nach 3 Tagen Prüfstäbe (60 x 10 x 4 mm) geschnitten.
Die Zugscherfestigkeiten der Verklebungen und die Eigenschaften der Giesslinge sind aus folgender Tabelle I ersichtlich:
Tabelle I Probe A Probe B g Aminhärter je 100 g Epoxidharz 27 Biegefestigkeit VSM 77 103 (kg/mm2) 10,5 11,6 Schlagbiegefestigkeit VSM 77 105 (emkg/cm2) 22, 3 14,7 Mechanische Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens DIN 55 458 in OC 97 101 Wasseraufnahme nach 1 Stunde, 1000C 0,80 0,68 Zugscherfestigkeit (kg/cm2) 0,44 0,57
In Probe A sind auf je 1 Epoxidgruppe des Epoxidharzes 1 Aquivalent an Stickstoff gebundene aktive Wasserstoffatome des Aminhärters vorhanden.
In Probe B liegt das Epoxidharz in mässigem stöchiometrischem Überschuss vor.
Vergleichsversuch :
Zum Vergleich wurden in Proben C, D und E je 100 g des im Beispiel 1 verwendeten flüssigen Bisphenol A-polyglycidylätherharzes mit einem Epoxidgehalt von 5,35 Epoxidäquivalenten/kg mit den unten in Tabelle II angegebenen Mengen Triäthylentetramin (Probe D), N,N-Dimethyl-1,3-propandiamin (Probe E) und 1-(2' Aminoäthyl)piperazin (Probe F) vermischt. Mit den Mischungen wurden Verklebungen und Giesslinge analog wie mit den Proben A und B gemäss Beispiel 1 hergestellt und die Zugscherfestigkeiten der Verklebungen und Eigenschaften der Giesslinge bestimmt.
Die Resultate sind aus nachfolgender Tabelle II ersichtlich.
Tabelle II
Probe C Probe D Probe E (triäthylen- (N, N-Dimethyl- (1- (2 - tetramin) 1, 3-propan- Aminoäthyl) - diamin) diamin) piperazin) g Aminhärter je 100 g Epoxidharz 12,9 10 Biegefestigkeit VSM (kg/mm2) 12,9 11, 1 11,6 Schlagbiegefestigkeit VSM (cmkg/cm2) 6,7 21,9 13,8 Mechanische Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens DIN (OC) 70 74 68 Wasseraufnahme nach 1 Stunde, 1000C - o,g8 0,97 Zugscherfestigkeit (kg/cm2) 0,59 0,57
Die Menge Aminhärter in den Proben C-E entspricht jeweils 1 Äquivalent an Stickstoff gebundene Wasserstoffatome je 1 Epoxidäquivalent des Epoxidharzes.
Die Versuchsergebnisse zeigen, dass die erfindungsgemässen Proben A und B wesentlich höhere mechanische Formbeständigkeiten in der Wärme nach Martens und niedrigere Wasseraufnahmen zeigen als die Proben C, D und E gemäss dem Stand der Technik.
Beispiel 2
Man vermischt 100 g Phthalsäurediglycidylester mit einem Epoxidgehalt von 6,66 Epoxidäquivalenten/kg und 33,5 g 1,4-Bis(3'-amino-n-propyl)piperazin. Aus der Mischung wurden Giesskörper hergestellt, analog wie im Beispiel 1 beschrieben. Es wurden folgende Eigenschaften der Prüfkörper gemessen: Biegefestigkeit VSM 15,4 kg/mm2 Schlagbiegefestigkeit VSM 11,0 cmkg/cm2 Mechanische Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens DIN 68 0
Beispiel 3
Man vermischt 100 g Hexahydrophthalsäure-diglycidylester mit einem Epoxidgehalt von 6,41 Epoxidäquivalenten/kg. Aus der Mischung wurden Giesskörper hergestellt wie im Beispiel 1 beschrieben.
Es wurden folgende Eigenschaften der Prüfkörper gemessen: Biegefestigkeit VSM 12,0 kg/mm2 Schlagbiegefestigkeit VSM 7,4 cmkg/cm2 Mechanische Formbeständigkeit 0 in der Wärme nach Martens DIN 64 0
Beispiel 4
Je 100 g des im Beispiel 1 verwendeten, bei Zimmertemperatur flüssigen Bisphenol-A-polyglycidylätherharzes mit einem Epoxidgehalt von 5,35 Epoxidäquivalenten/kg wurden mit den in nachstehender Tabelle III angegebenen Mengen 1 ,4-Bis(2'-aminoäthyl)piperazin (hergestellt durch Kondensation von 2 Mol Chloracetonitril mit Piperazin und anschliessende katalytische Hydrierung des Kondensationsproduktes) gut vermischt.
Mit den Mischungen wurden Verklebungen und Giesskörper analog wie im Beispiel 1 hergestellt.
Es wurden folgende Zugscherfestigkeiten der Verklebungen und Eigenschaften der Prüfkörper gemessen:
Probe F Probe G g Aminhärter je 100 g Epoxidharz 2) 19,6 Biegefestigkeit VSM (kg7mm2) 13, 5 14,5 Schlagbiegefestigkeit VSM (cmkg/cm2) 9. 8 7, 1 Mechanische Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens DIN (OC) 77 64 Wasseraufnahme nach 1 Stunde, 1000C 0,76 0,84 Zugsch rfestigkeit (kg/cm) 0,28 0,39