Selektivschutzeinrichtung Beim Selektivschutz nach dem Widerstands prinzip wird bekanntlich die Impedanz zwi schen dem Einbauort des Schutzes und der Fehlerstelle festgestellt. Daraus ergibt sich die Grösse der Auslösezeit. Man lässt dann bei spielsweise bis zu einer bestimmten Impedanz einer Leitung mit einer gleichen Zeit und bei weiterer Vergrösserung der Impedanz mit einer höheren Zeit auslösen. Die Genauig keit des Schutzes hängt davon ab, wie genau die Impedanz festgestellt werden kann. Die gemessene Impedanz wird aber von vielen Faktoren beeinflusst. So kann der Fehler widerstand selbst die Impedanz verändern.
Die Relais besitzen Streuungen, so dass die gewünschte Impedanzgrenze, bei der die Zeit einstellung sieh ändert, in einem mehr oder weniger grossen Streubereich liegt. Dieser Streubereich wird bei der Auslösung des Schutzes dadurch berücksichtigt, dass man die Impedanz absichtlich zu klein einstellt, damit auf keinen Fall Fehlauslösungen möglich sind. Dies hat zur Folge, dass von einer zu schützen den Leitung praktisch nur etwa 80-85% der Länge mit Schnellzeit ausgelöst werden.
Bei den bekannten Systemen tritt ausser dem der Nachteil auf, dass im spannungslosen Zustand vorhandene Fehler nicht festgestellt werden können, sondern dass sich diese Fehler erst nach dem Einschalten erkennen lassen. Dies hat zur Folge, dass die Schalter beim Ein schalten auf Kurzschlüsse stark belastet wer- den und das Netz unnötigerweise beunruhigt wird.
Ein weiterer Nachteil der bekannten Sy steme ist das Vorhandensein einer toten Zone des Richtungsentscheides bei Fehlern in der Nähe der Einbaustelle. Bekanntlich benötigt man in vermaschten Netzen beim Impedanz schutz auch eine Richtungsunterscheidung, da der Schutz nur dann arbeiten darf, wenn die Fehlerleistung in die Leitung hineinfliesst. Diese Unterscheidung wird durch Messung der Leistung, also durch Spannung und Strom bewerkstelligt. Nun ist aber bei Fehlern in der Nähe der Einbaustelle die Spannung so klein, dass eine Leistung nicht mehr gemessen wer den kann. Die Richtungsunterscheidung ist dann nicht mehr möglich.
Man hat zur Ver meidung dieses Nachteils für den Richtungs entscheid kurzsehlussfremde Spannungen an das Richtungsglied gelegt, also Spannungen, die vom Kurzschluss gar nicht oder nur wenig beeinflusst werden. Hierbei ist es möglich, die tote Zone wenigstens bei Fehlern, bei denen solche Spannungen vorhanden sind, zu beseitigen. Bei dreipoligen Fehlern ist dies aber nicht möglich, so dass hierbei immer eine tote Zone vorhanden ist: In neuerer Zeit werden in Leitungs- und Kabelabzweigen zur Kompensation des Blind spannungsabfalles auch Reihenkondensatoren vorgesehen.
Durch diese wird die Leitungs- induktivität mehr oder weniger verkleinert oder ganz kompensiert. Impedanzrelais erhal ten dann keinen induktiven Widerstand als Messgrösse, wenn der Fehler hinter einem Kondensator auftritt. Es kann hierbei der Fall eintreten, dass bei weiter entfernt liegen den Fehlern die gemessene Impedanz kleiner ist als bei näher liegendem Fehler vor dem Kondensator. Diese Schwierigkeit kann nur dadurch überwinden werden, dass parallel zum Kondensator Funkenstrecken angeordnet werden, die im Fehlerfalle überschlagen und den Kondensator überbrücken. Liegt der Feh ler aber weiter entfernt, z.
B. in Anlageteilen hinter der zu schützenden Leitung, so ist es nicht sicher, ob die Funkenstrecke überschlägt. In diesem Falle muss also die Kapazität des Kondensators bei der Impedanzmessung be rücksichtigt werden. Es kann in solchen Fäl len die gemessene Impedanz demnach kleiner oder nicht genügend grösser sein als die Im pedanz bei Fehlern auf der Leitung selbst, wo die Funkenstrecke mit Sicherheit anspricht. Man kann sich dann nur noch dadurch helfen, die Schnellzone so weit zu verkürzen, dass die grösste für die Schnellzeit in Frage kommende Impedanz kleiner ist als die kleinste Impedanz des aussen liegenden Fehlers.
Diese Nachteile können durch die Erfin dung vermieden werden, wenn man statt Im pedanzwerte zu messen, auf die Leitung Hoch frequenz gibt, welche an der Fehlerstelle reflektiert wird. Solche Methoden sind zur Entfernungsmessung in nicht leitenden Me dien wie Luft, Wasser usw. angeordnet wor den. Auch für Leitungen hat man die Re flexionsmethode mit Hochfrequenz zur nach träglichen Ausmessung der Fehlerlage ver wendet.
Vorliegende Erfindung betrifft ebenfalls eine Selektivschutzeinrichtung.
Die Erfindung besteht darin, dass an der Schaltstelle, von der aus die Überwachung der Leitung vorgenommen werden soll, mit der Leitung ein Hochfrequenzsender gekoppelt ist, dessen Frequenz periodisch geändert wird, und dass ferner mit der Leitung ein Empfän ger gekoppelt ist, der die an der Fehlerstelle reflektierte Hochfrequenz wieder empfängt, und dass Mittel vorgesehen sind, um in Abhän gigkeit der zwischen der abgesandten und reflektierten Welle bestehende Frequenzdiffe- renz ein Relais zum Ansprechen zu bringen.
Die Erfindung wird an Hand eines Aus führungsbeispiels näher erläutert.
Fig. 1 zeigt den grundsätzlichen Aufbau, in Fig. 2 ist ein Frequenzzeitdiagramm dar gestellt.
1 bedeutet eine Verbindungsleitung zwi schen zwei Netzen, auf der bei allfälligen Stö rungen, z. B. Kurzschlüssen oder Leitungs- unterbrüchen, die öffnung eines Schalters 2 durch eine Selektivschutzeinrichtung vorge nommen werden soll.
Zu dieser Überwachung ist mit der Leitung ein Hochfrequenzsender 3 gekoppelt. Für diese Kopplung ist ein Koppelglied 4 vorgesehen. Die Frequenz f i des Senders wird periodisch geändert. Ferner ist mit der Leitung der Empfänger 5 gekoppelt. Diese Kopplung er folgt zweckmässig über das gemeinsame Kop pelglied 4. Die vom Sender auf die Leitung ge langende Hochfrequenzenergie wird an einer allfälligen Störungsstelle 15, welche eine Un terbrechung der Leitung oder ein Kurzschluss sein kann, reflektiert und gelangt zurück auf den Empfänger 5.
Da der Sender eine periodisch ändernde Frequenz aussendet, ist infolge der Laufzeit<I>d t</I> der Welle von der Messstelle bis zur Störstelle in der Entfernung x und zurück, die zurückkommende .Welle in dexi Frequenz; um die Frequenzänderung <I>d f</I> verschieden, ge genüber der momentan vorhandenen Sender frequenz, die ebenfalls auf den Empfänger einwirkt. Der Empfänger ist nun in be kannter Weise so ausgebaut, dass am Ausgang eine Spannung u entsteht, die proportional ist der Frequenzdifferenz <I>d f</I> zwischen abgesand ter und reflektierter Welle. Gleichzeitig ist.
dieser Wert ein Mass für die Entfernung x der Störstelle. Der Ausgang des Empfängers ist auf ein Relais 6 geschaltet, das auf einen bestimmten Spannungsbereich, also auf einen bestimmten Entfernungsbereich des Fehlers anspricht und den Schalter 2 zum Auslösen bringt. Die periodische Frequenzänderung des Senders erfolgt zweckmässig zeitproportional. Der Verlauf kann dabei z. B. nach einem gleichschenkligen Dreieck mit zeitlicher Peri ode 2p erfolgen (Fig.2). Es kann auch ein sägezahnförmiger Verlauf zugrunde gelegt werden.
Damit im normalen Betrieb keine Reflexion eintritt, müssen am Ende des Schutzbereiches Abschlusswiderstände vorge sehen werden, die dem Wellenwiderstand der Leitung entsprechen und über einen Konden sator mit derselben verbunden sind.
Eine gleichzeitige Messung und Auslösung des Leitungsschalters kann auch vom andern Ende der Leitung vorgenommen werden. Sen der und Empfänger können dauernd in Be trieb sein oder auch erst beim Auftreten eines Kurzschlusses eingeschaltet werden.
Zur Vermeidung gegenseitiger Störungen bei zwei oder mehr solcher Selektivschutzein- richtungen können unterschiedliche Sende frequenzen angewendet werden. Ebenfalls kann die Periode der Frequenzschwankungen verschieden gewählt werden. Es empfiehlt sich dabei, Frequenzbandfilter anzuwenden, die verschiedene Frequenzdurchlassbereiche auf weisen.
Im Falle, dass die Störstelle nahe der Mess- stelle liegt, ergibt sich eventuell eine zu kleine Freqtienzdifferenz. Um dabei trotzdem zu verlässige Messungen und Abschaltungen zu erhalten, können Leitungsverlängerungsglie- der 7 zwischen Sender-Empfänger und dem Kopplungsglied 4 vorgesehen werden, die eine konstante zusätzliche Laufzeit ergeben, so dass immer eine messbare Frequenzdifferenz auf tritt.
Diese zusätzliche Laufzeit kann in Lauf zeitketten, die aus Drosselspulen und Konden satoren in bekannter Weise zusammengesetzt sind, erreicht werden. Auf diese Weise ist es möglich, eine eindeutige Feststellung des Kurz schlusses bis an die Einbaustelle der Schutz einrichtung zu bekommen.
Bringt man nun die gleiche Leitungsver längerung auch am andern Ende der Leitung an, so besteht die Möglichkeit, eine exakte Zeit staffelung zu erhalten. Liegt der Fehler näm- lieh hinter dieser zweiten Leitungsverlänge rung, so ist die gemessene Laufzeit bzw. Fxe- quenzdifferenz um die Laufzeit in der Ver längerungseinrichtung grösser. Man kann also von einer bestimmten Frequenzdifferenz an für einen Fehlerort zwischen dem Ende der Leitung und dem Anfang der nächsten Lei tung eine Zeitstaffelung vorsehen, die infolge der Zwischenschaltung der Leitungsverlänge- rung die Grenze eindeutig kennzeichnet.
Es kann daher bei dieser Einrichtung die Schnell zeit auf die ganze Länge der Leitung ausge dehnt werden.
Die Schaltung hierfür zeigt Fig.3. Es ist am Anfang und Ende jeder Leitung eine Einrichtung nach Fig. 1 eingebaut. Die Fre quenz ist an jeder Stelle eine andere. Die Einrichtung am Anfang der Leitung 1 be sitzt die Frequenz fi, diejenige am Ende die Frequenz<B>f2.</B> Die Leitung 11 besitzt entspre chend die Frequenzen f3 und f4. Die Wir kungsweise ist dann folgende: Die Sende frequenz f i wird vom Sender 3 über die Lauf zeitkette 7, das auf die Frequenz f 1 abge stimmte Filter 8, den Ankopplungskon- densator 4 an die Leitung 1 gegeben.
Im Nor malbetrieb geht die Welle dann über den Ankopplungskondensator 4a, da die Sperr drosselspule 9 die Welle von der Sammelschiene fernhält, dann über die Laufzeitkette 7a, das Filter 12, den Ankopplungskondensator 13, die Leitung 11, an deren Ende dann über den Kondensator 14, das Filter 16 und den Ab schlusswiderstand 10 nach Erde zurück.
Die Welle des Senders 3a am Ende der Leitung 1 läuft auf entsprechenden Wegen zum Anfang der Leitung über den Konden sator 4a, Leitung 1, Kondensator 4, Filter 17 und den dortigen Abschlusswiderstand 10. Man erkennt, dass auf diese Weise die Wirkung des Schutzes ohne zusätzliche Einrichtung rich tungsabhängig ist. Die Welle des Senders 3a läuft nur in die Leitung hinein, nicht aber zur Sammelschiene.
Die Zeitstaffelung ist nun durch Einschal tung der Laufzeitkette 7a ermöglicht. .Liegt der Fehler auf der Leitung 1, so läuft die Welle mit der Frequenz f 1 bei einem Fehler höchstens bis zum Ankopplungskondensator 4a; liegt der Fehler aber auf der Leitung 11, so läuft diese Welle mindestens bis zum An kopplungspunkt des Kondensators 13. In die sem Falle muss sie über die Laufzeitkette 7a gehen, so dass die Laufzeit entsprechend länger wird. Dagegen läuft die Welle des Senders 18 in diesem Falle nur über die Laufzeitkette 19, also mit kleiner Laufzeit.
Entsprechend liegen die Verhältnisse in umgekehrter Richtung. Bei dem Fehler auf der Leitung 1 muss der Schutz der Leitung 11 (Frequenz f4) gegenüber dem der Leitung 1 (Frequenz f2) gestaffelt sein. Die Welle mit der Frequenz f4 geht über zwei Laufzeitketten 20 und 7a, die Frequenz f2 nur über die Kette 7a. Das Filter 12 muss hierbei beide Frequenzen<I>f</I> i und<I>f 4</I> durchlassen können, was durch Parallelschaltung zweier entspre chend abgestimmter Filter in bekannter Weise erreicht werden kann.
Die beiden Messungen sind klar gegen einander abgegrenzt, und zwar an der Stoss stelle beider Leitungen (Sammelschiene). Bei den bisher bekannten Ausführungen musste aus Sicherheitsgründen die zweite Stufe des Schutzes bereits vor der Sammelschiene begin nen, so dass bei Fehlern an den Enden der Leitung an einer Seite mit grösserer Zeit ab geschaltet wird; oder es mussten zusätzlich Ein richtungen getroffen werden, um die Aus lösung auf der einen Seite der Leitung auf das andere Ende zu übertragen.
Ähnlich verhält es sich mit der Richtungs empfindlichkeit. Diese entsteht bei der dar gestellten Anordnung durch die Anwendung der Sperrdrosselspulen 9. Die Welle f 2 des Senders 3a kann nur in die Leitung 1 hinein laufen, nicht aber auf die Sammelschiene 2. Hierdurch ist eine eindeutige Richtungsemp findlichkeit vorhanden. Diese hängt nicht von den elektrischen Vorgängen bei Netzfrequenz ab. Ein Verschwinden der Spannung am Ein bauort des Schutzes, die bei den bisherig be kannten Ausführungen die Richtungsempfind lichkeit unmöglich machte, bedeutet bei der Anordnung nach der Erfindung kein Problem. Bei Fehlern in der Nähe des Einbauortes waren bei den bisherigen Ausführungen beson dere Anordnungen nötig.
(Verwendung feh lerfremder Spannungen, Erinnerungsschal tung.) Dies ist bei der Anordnung nach der Erfindung nicht nötig. Die Richtungsemp- findlichkeit ist unabhängig von der Lage des Fehlers. Dies ergibt sich bereits aus der ein poligen Darstellung in der Fig. 3. Die Schwie rigkeit, bei 3poligen Fehlern eine Richtungs empfindlichkeit zu erhalten, ist nicht vor handen.
Die geschilderte Anordnung muss zur Er fassung aller Fehlerarten bei allen drei Lei tungen einer Leitung vorgesehen sein. Die Ausführung ist für jede Leitung die gleiche und unabhängig voneinander. Gegenseitige Beeinflussungen schaltet man durch die Wahl verschiedener Frequenzen aus. Die Richtungs empfindlichkeit ist bei der 3poligen Ausfüh rung die gleiche wie bei der einpoligen. Ein Unterschied bei den verschiedenen Fehlerarten ist daher nicht vorhanden.
Des weiteren, ergibt sich der Vorteil, die Sammelschienen und andere impedanzlose An lageteile " (Kuppelschalter) staffelmässig er fassen zu können, wenn vor und hinter dem Anlageteil eine Verlängerungsstrecke einge baut wird. Man kann damit erreichen, dass Sammelschienenfehler von dem in der Station selbst befindlichen Relais erfasst werden und nicht wie bei dem bisherigen Schutzsystem nur von dem Relais am andern Ende der Leitung.
Die Schutzeinrichtung kann auch einge schaltet bleiben, wenn die Leitung selbst nicht in Betrieb ist. Daraus ergibt sich der Vorteil, jede Leitung vor dem Einschalten prüfen zu können, so dass ein Schalten auf versehentlich kurzgeschlossene Leitungen verhindert wird.
Die Selektivschutzeinrichtung gemäss der Erfindung hat den weiteren Vorteil, dass die Anlage nicht nur gegen Kurzschlüsse gesichert wird, wie dies bei Impedanz-SelektivschLltzein-, richtengen der Fall ist, sondern sie reagiert ebenfalls auf Leitungsunterbrüche. Damit wird eine universellere Erfassung der Abschal tung von Störungen ermöglicht.