Mittel zum chemischen Lösen von oberflächlichen Sulfidschichten auf Edehnetallgegenständen. Die vorliegende Erfindung betrifft ein Mittel zum chemischen Lösen von oberfläch lichen Sulfidschichten auf Edelmetallgegen- ständen, denn diese erleiden durch die in der Luft, in Speisen oder in Heilbädern enthal tenen Sehwefelverbindungen an ihren Ober flächen Umwandlungen, die als festhaftende Anlaufschichten bekannt sind.
Das Entfernen derselben mit den bisher bekanntgewordenen Putz- und Poliermitteln beruht auf deren Reibwirkung, ist daher umständlich und müh sam, besonders in Ecken und Verzierungen, und beschädigt die Edelmetall-Schmuckgegen- stände. Auch Salmiakbrei, Spiritus, Seifen lösung sowie die wässerigen Lösungen von thioschwefelsaurem Natrium und die neutrale, also säurefreie Thioharnstofflösung, sind nur als Abreibemittel wirksam und daher zu mühsam.
Die Lösung von thioschwefelsaurem Natrium entwickelt sogar, wenn auf Silbergeschirren Säurereste aus Speisen verblieben sind, stür misch Sulfid; ebenso bilden Reste der säure freien Thioharnstofflösung auf Silber und Gold Sulfidflecken. Das Einhängen von Sil bergegenständen in Schwefelsäurebeize be dingt zum Sulfidlösen das Berühren des Sil bers mit Zinkstreifen und ist daher zu um ständlich.
Zwar können Silberlegierungen, so zum Beispiel alte Silbermünzen, durch Ein legen in verdünnte Schwefelsäure gereinigt werden, jedoch nur, weil es sich hierbei um Zersetzungsprodukte des an der Oberfläche zutagetretenden unedlen Metalles, des Kup fers, also um eine Kupfer-Oxyd-Verbindung, handelt. Die giftige Cyankaliumlösung ist zum chemischen Sulfidlösen . für den allgemeinen Gebrauch zu gefährlich, sie zersetzt sich an der Luft und entwickelt bei Gegenwart von Säure auf dem Silbergeschirr die tötliche Blausäure.
Auch die Chlorwasserstoffsäure scheidet wegen der Unerträglichkeit. und Ge fährlichkeit ihres Dunstes für die Atmungs organe aus. Die sonstigen Chlorverbindungen sind auf Sulfide überhaupt gänzlich unwirk sam. Die säurehaltige Thio-Cyanat-Lösung ist der Zersetzung unterworfen, wird auf Sulfide bald umwirksam, erfordert stets frische Zu bereitung, ist daher zu umständlich und er fordert einen hohen Gehalt an Schwefelsäure, fällt daher unter die Giftstoffverordnungen; zudem ist es noch eine offene Frage, unter welchen Umständen sie Blausäure entwickelt.
Zwar dient zum Lösen von Eisen-OXyd-Schich- ten bis zu 9O % ige Schwefelsäure, der zur Hemmung ihres Angriffes auf das vom Oxyd gereinigte Eisen 0,015% bis maximal 1% Thioharnstoff, als Hemmstoff,
also .zu einem für das Mittel der vorliegenden Erfindung gänzlich abwegigen Zwecke, zugegeben wird. Ebenso wird auch der Salpetersäure, die zum Aufweichen steinartiger, in Eindampfäppa- raten der Nahrungsmittelindustrie sich bilden den Verkrustungen benutzt wird, zur Hem mung der Entstehung von giftigen Nitro gasen, also zu einem vom Mittel der vorliegen den Erfindung abweichendem Zwecke, Thio- harnstoff zugegeben.
Entgegen diesen Erfahrungen wurde nun gefunden, dass durch Thioharnstoff, und zwar nur im Zusammenwirken mit Säure bzw. einem andern, sauer reagierenden Stoff, die oberflächlichen Sulfidschichten der Edel metallgegenstände durch rein chemische Reak tion augenblicklich gelöst werden können. Eine derartige, zum Lösen von Sulfiden ge fundene, säurehaltige Thioharnstofflösung ist keiner Zersetzung unterworfen und ist daher unbegrenzte Zeit haltbar.
Die sauer reagie rende Thioharnstofflösung kann, soweit ihre saure Reaktion durch Hineingelangen von Al- kalien, z. B. Soda, oder durch unzweckmässi ges Aufbewahren, z. B. in einem Aluminium behälter, nicht aufgehoben wird, als Reini gungsbad für mit Sulfidschichten ver schmutzte Silbergeschirre benutzt werden, weil die Sulfidlösung unter Bildung des nur beim Hineinbringen von mit Sulfiden behaf teten Edelmetallgegenständen entstehenden Schwefelwasserstoffes, der als Gas dem Bade entweicht, stattfindet.
Das Reinigungsmittel ist giftfrei und für den allgemeinen Gebrauch ungefährlich und hat alle Eigenschaften, die für den allgemeinen Gebrauch unbedingt nötig sind. Dagegen fehlen den bekannten Mitteln eine oder mehrere dieser Eigenschaf ten.
Im Aufbau, - Verhalten und der Zweck bestimmung unterscheiden sich die bekannten Mittel von dem Mittel der vorliegenden Er findung }wie folgt Die bekannte neutrale Thioharnstofflösimg ist frei von Säure und auf Sulfide ohne Wir- kung;
dagegen hat das Mittel der vorliegen den Erfindung ausser seinem Gehalt an Thio- harnstoff oder einem Derivat desselben stets einen Gehalt an einem Stoff, der in Wasser H-Ionen bildet und im Zusammenwirken mit Thioharnstoff Edelmetall-Sulfide selbsttätig löst. Das ferner bekannte Thiocyanat (Rhoda- nat) weicht bezüglich seiner chemischen Kon stitution von Thioharnstoff ab.
Entsprechend dieser völlige Verschiedenheit ihrer Konsti tution sind auch ihre Reaktionen durchaus verschieden. Rhodanat erfordert zur Reaktion auf Sulfide einen so hohen Gehalt an Schwe- felsäure, dass die Anwendung des Mittels für den allgemeinen Gebrauch ausscheidet und arbeitsbehindernde Schutzmassnahmen erfor dert. Zudem wird sein wirksamer Stoff, der Rhodanwasserstoff, durch die Säure ausge trieben; das Mittel wird daher sehr bald auf Sulfide unwirksam und erfordert jeweilige frische Zubereitung. Dagegen gibt das erfun dene Mittel nur beim Lösen von Sulfid Schwefelwasserstoff frei und bleibt sonst bis zum Verbrauch des letzten Tropfens in seiner Wirkung auf Sulfid ungeschwächt.
Ein wei ter bekanntgewordenes Mittel, das als Grund lage einen bis zu 901/o betragenden Gehalt an Schwefelsäure, mit einem nur 0,015 bis maxi- mal 1% betragenden Gehalt an Thioharnstoff aufweist, dient zum Lösen starker Eisen- Oxyd-Schichten, wobei der Thioharnstoff als Hemmstoff zur Verhinderung des Angriffes der Schwefelsäure auf das vom Oxyd gerei nigte Eisen wirkt. Dagegen dient das Mittel der vorliegenden Erfindung dem Angriff auf Sulfide der Edelmetalle.
Ein weiteres Mittel hat die gefährliche Salpetersäure als Grund lage, die zur Hemmung der Entstehung von Nitrogasen einen Gehalt an Thioharnstoff hat. Es dient zum Lösen von steinartigen Verkru stungen in emaillierten oder unedlen Metall gefässen, also ebenfalls für ganz andere Zwecke.
Das Mittel der vorliegenden Erfindung kann je nach den benutzten chemischen Ver bindungen, seiner Versandverpackung sowie den Umständen, unter denen es angewendet wird, unterschiedlich sein. Es enthält stets Thioharnstoff oder seine Derivate (z. B. Allyl- Thioharnstoff, Azetyl-Thioharnstoff) mit einem zum Lösen von Sulfiden ausreichenden Gehalt an anorganischer oder organischer Säure oder einem andern Stoff, der in Was ser H-Ionen bildet.
So ergeben beispielsweise 90 g Thioharnstoff in etwa 1 Liter Wasser gelöst mit einem Gehalt von etwa 20 g etwa 96 % ige Schwefelsäure etwa 1 Liter Reini- gungsmittel für. Silber. Dieses Mittel kann auf einen Schwamm gegeben und damit die Sulfidschicht abgewischt werden.
Zum Lösen des Sulfides von Platin ist der Gehalt an Schwefelsäure in 1 Liter Lösung statt 20 zweckmässigerweise etwa 40g, da auf Platin eine festhaftendere Sulfidbildung erfolgt.
Ein anderes Mittel, Reinigungsbad für Silber waren, deren künstliche schwefelhaltige Zier schwarzfärbungen erhaltenbleiben sollen, kann gebildet werden aus etwa 450 g Thioharnstoff, 10 Liter Wasser und etwa 100 g 96 % ige Schwefelsäure.
Darin eingetauchtes und sofort mit Wasser abgespültes Silber ist von seinen Anlaufverschmutzungen gereinigt, ohne dass die Zierschwarzfärbungen mitverschwunden sind. Ein dickflüssiges Reinigungsmittel für an Wänden befestigte Silberleuchter besteht zum Beispiel aus 1000 g Wasser, 230 g 96o/oige Schwefelsäure, von der aber 204 g durch die beizugebenden 200 g Schlemmkreide.neutrali- siert werden, und 90 g Thioharnstoff. Mit den pulverisierten Verbindungen:
etwa 80 g Thio- harnstoff, 100 g Zitronensäure und 200 g Kie- selgur ergibt sich ein in Papierverpackung zu versendendes, auf feuchtem Schwamm oder Lappen zu verwendendes Putzmittel (bei Kie selpur in grober Mahhmg) oder Poliermittel (bei Kieselpur; feinster Mahlung) für Edel metalle.
Der Wassergehalt des Schwammes oder Lappens lässt das Gemisch beim Ab- wischen des Silbers zur Lösung der Sulfid schicht augenblicklich wirksam werden, ohne durch den ungelösten Gehalt an Kieselgur ge hindert zu sein, und hierbei wird durch Kie- selgur als Putz- bzw: Polierstoff die durch Schwefelfrass zerstörte Glätte bzw.
Politur der Silberoberfläche zugleich wieder hergestellt. Durch die selbsttätige Sulfidlösung des Mit tels wird die Polierarbeit bedeutend erleieh- tert; bei dem anschliessend erfolgenden Ab spülen des Silbers erscheint es wieder wie neu. Mit je 900 g Thioharnstoff und Wein- oder Zitronensäure kann ein in Papierverpackung zu versendendes, am Verwendungsort in 10 Li ter Wasser aufzulösendes Edelmetall-Reini- gungsmittel erhalten werden.