Verfahren zur Herstellung von Kohlenelektroden. Bei elektrolytischer Aluminiumerzeugung besteht das Reduktionsmittel aus der Anoden kohle selbst, durch welche der elektrische Strom in das Bad geleitet. wird. Nährend der Elektrolyse oxydiert die Kohle unter Bildung einer Mischung von CO und C02, die in Gas form entweicht. Die Anodenkohle wird des halb während des Verfahrens andauernd in einer ;Menge verbraucht, die etwa 50 bis 60 1/o des erzeugten Aluminiums entspricht.
Die Anodenkohle wird in besonderen Elek- trodenfabriken hergestellt, wo sie bei 'Tempe raturen, die gewöhnlich 1.100 bis 1500 C be tragen, gebacken wird. Diese Elektroden sind diskontinuierlich. Eine kontinuierliche Elek trode wird nach dem sogenannten Söderberg- System durch Backen in dem Ofen selbst, in dem die Elektrode angewendet, wird, herge stellt.
Sowohl die erstgenannten Stiickelek- troden als auch die Söderberg-Elektroden werden aus einer Elektrodenmasse hergestellt, die Petrolkoks, Pechkoks, Anthrazit oder ähn liches Kohlenmaterial, den sogenannten Trok- kenstoff, der kalziniert und auf geeignete Korngrösse niedergebrochen ist, und ein Bindemittel, bestehend aus Teer oder Pech in geeignetem Verhältnis, enthält. Während des Backens verkokt das Bindemittel, wodurch die einzelnen Körner der Trockenmischung zusam mengebunden werden und man eine feste Elektrode erhält.
Diese Elektrode ist gewöhn lic11 in der gleielien Weise wie ein Beton auf gebaut, indem sie aus Körnern verschiedener Grössen besteht, die mit Hilfe des Kokses aus dem Bindemittel zusammengebunden sind.
Bei der Aluminiumerzeugung muss man Elektroden verwenden, die sehr wenig Asche enthalten, um nicht. dem erzeugten Metall mehr Verunreinigungen, als unbedingt not wendig, zuzuführen. Man benutzt demzufolge entweder Petrolkoks oder Pechkoks, oder even tuell gereinigten Anthrazit.
Bei der Anwendung der Elektrode in Alu miniumöfen stösst man oft auf die Schwierig keit, dass einige der Bestandteile der Elek- trodenkohle leicht abbröckeln. Dadurch wird ein Kohlenpulver gebildet, das im elektrolyti schen Bad umherschwimmt und dieses ver unreinigt. Man muss deshalb von Zeit zu Zeit das Bad abschäumen, um das Kohlenpulver zu entfernen, was zum Verlust der wertvollen Fluorsalze führt, welche die Bestandteile des elektrolytischen Bades ausmachen.
Es ist des halb ein wichtiges Problem, Elektroden sol cher Qualität herzustellen, da.ss möglichst wenig Kohlenabbröckelung während der An wendung vorkommt. .
Die Patentanmelderin hat diese Sache ein gehend studiert und hat eine wichtige Ursache zur Entstehung der Kohlenabbröckelung ge funden. Die Ursache ist, dass die verschiedenen Bestandteile der gebackenen Elektrode, das heisst besonders der durch Verkokung des Bindemittels gebildete Koks und der Trocken stoff - welche übrigens die Elektrodenmasse ausmachen -, in bezug auf wesentliche physi- kalische und chemische Eigenschaften ver schieden sind.
Dies herrscht besonders bei den selbstbackenden Elektroden vor, wo die Back- temperatur dieselbe ist wie die Temperatur in dem elektrolytischen Ofen, bei Aluminium- erzeugung z. B. etwa 950 .
Falls zum Beispiel der angewandte Koks bei 1450 kalziniert wor den ist, während der Bindemittelkoks nur eine Temperatur von 950 erreicht hat, zeigt es sich, dass der Bindemittelkoks leichter von dem elektrolytisch ausgeschiedenen Sauerstoff und dem sekundär gebildeten C0" angegriffen wird als der übrige Koks, der im voraus bei Temperaturen von 1400 bis 1500 kalziniert worden ist. Die Folge davon ist, dass vorzugs weise der Bindemittelkoks oxydiert, und die Körner, die von der übrigen Masse herrühren, unverändert. am untern Ende der Elektrode liegen bleiben, bis sie schliesslich abfallen.
Man kann sich durch Untersuchung des abge- schäumten Kohlenstaubes, der gerade die Korngrössen aufweist, aus der die Elektroden masse hergestellt ist, leicht davon überzeugen, dass dies der Fall ist.
Die Patentanmelderin hat nachgewiesen, dass die Erklärung dieser selektiven Oxyda tion des verkokten Bindemittels in der Elek trode darin liegt, dass die Reaktivität des Elektrodenkokses, die elektrochemische Über spannung und die Anfeuchtungsverhältnisse zwischen dem Blektrolvsenbade und der Elek trode von der Kalzinierungstemperatur des Kokses abhängig sind.
Die Reaktivität von kalziniertem Petrol- koks und Pechkoks, wie sie gewöhnlich zur Elektrodenherstellung benutzt werden, liegt im Gebiet von 0,15 bis 0,30. Verkoktes Binde mittel, das bei 950 C kalziniert worden ist, hat bei der Reaktivitätsmessung Werte von etwa 0,40 ergeben.
11Tessungen von Petrolkoks in Laboratorienskala kalziniert, haben fol gende Werte ergeben
EMI0002.0035
Kalzinierungstemperatur <SEP> Reaktivität
<tb> 950 <SEP> C <SEP> 0,30
<tb> 1100 <SEP> C <SEP> 0,22
<tb> 1300 <SEP> C <SEP> 0,19
<tb> 1500 <SEP> C <SEP> 0,18 Alle hier angegebenen Reaktivitätswerte beziehen sich auf eine von der Patentanmel- derin ausgearbeitete Messmethode und müssen als relative Werte aufgefasst werden.
Messungen der Anfeuchtungsverhältnisse zwischen dem elektrolytischen Bade und der Elektrode haben gezeigt, dass die Kalzinie- rungstemperatur des Kokses für das Anfeuch ten von wesentlicher Bedeutung ist. Ein bei hoher Temperatur kalzinierter Koks wird vom Elektrolysenbad wesentlich schlechter ange feuchtet als ein bei niedriger Temperatur kal- zinierter Koks. Eine schlechte Anfeuchtung wird zu schlechterem Stromübergang führen.
Messungen von elektrochemischer Crber- spannung haben gezeigt, dass ein bei hoher Temperatur kalzinierter Koks wesentlich höhere elektrochemische Überspannung hat als ein bei niedriger Temperatur kalzinierter Koks. Eine grosse Überspannung wird zu schlechterem Stromübergang führen.
Ausser der Kalzinierungstemperatur ist auch die Kalzinierungsdauer von Bedeutung. Die Anmelderun hat gefunden, dass eine kür zere Kalzinierungsdauer bei höherer Tempe ratur dieselbe Reaktivität, Ü berspannung und dieselben Verhältnisse beim Anfeuchten des elektrolytischen Bades geben kann wie eine längere Kalzinierungsdauer bei gerin gerer Temperatur.
Die Anmelderun hat nachgewiesen, dass diese Umstände für das Abbröckeln von den Kohlenelektroden bei der Aluminium erzeugung von wesentlicher Bedeutung sind. Wenn. die Elektrode bei niedrigerer Tempe ratur als die beim Kalzinieren des den Trok- kenstoff der Elektrode ausmachenden Koh lenmaterials verwendete gebacken worden ist, wird das verkokte Bindemittel bei der geringeren Backtemperatur andere Eigen schaften erhalten als der Koks des Trocken stoffes. Wie früher erwähnt., macht sich dies besonders bei selbstbackenden Elektroden geltend.
Wegen der oben genannten unter schiedlichen Eigenschaften des Bindemittel- kokses und des Trockenstoffes wird der elek trische Strom an der Grenzfläche zwischen dem elektrolytischen Bade und der Kohlen- elektrode vorzugsweise durch den Bindemittel- koks gehen. Dies bewirkt, dass der Bindemittel- koks durch die elektrolytischen Reaktionen an der Anode rascher weggezehrt wird als die Körner des Trockenstoffes, die dadurch bloss gelegt werden und abbröckeln.
Die verschie denartige Reaktivitä.t führt auch dazu, dass die sekundäre Reaktion zwischen dem Kohlen stoff der Anode und dem C02 im Anodengas vorzugsweise den Bindemittelkoks angreifen wird.
Die Anmelderin hat gefunden, die störende Kohlenabbröekelung dadurch vermeiden zu können, dass das zur Herstellung von Elek tronenmasse benutzte Kohlenmaterial vor Zu gabe des Bindemittels in solcher Weise kalzi- Tiiert wird, dass das verkokte Kohlenmaterial und das verkokte Bindemittel in der fertigen Elektrode praktisch dieselbe Reaktivität, elek- troehemisehe Überspannung und dasselbe Ver halten bei der Anfeuchtung, dem elektrolyti schen Bad gegenüber, aufweisen.
Bei selbstbackenden Elektroden entspre chen die Kalzinierungstemperatur und die Kalzinierungsdauer des Kohlenmaterials vor Zugabe des Bindemittels zweekmässigerweise der Temperatur in dem Ofen, in dem die Elektrode verwendet wird, z. B. bei Alumi- niumerzeugning 950 C.
Die sieh ergebende Elektronenmasse bildet dann eine Elektrode, die gleichmässig ox@-diert, indem die Elektro lyse in demselben Grade an den verkokten Kohlenmaterialkörnern wie an dem Bindemit- lelkoks stattfindet, und die Körner des ver- kokten Kohlenmaterials in demselben Grade mit dem C02 im Anodengase reagieren wie der Bindemittelkoks. Besonders günstig er weist sich dies bei Anwendung von Pechkoks in der Elektronenmasse.
Beim Backen wird eine solche Elektrode zu 100 % eine Pee.hkoks- elektrode ausmachen, deren Bestandteile wäh rend der Herstellung keine höhere Tempera tur als 950 C erreicht haben. Auch bei An wendung von Petrolkoks und kalziniertem An thrazit machen sieh dieselben Verhältnisse geltend, weshalb die beschriebene Methode auch für diese Materialien vorteilhaft ist.
Bei Anwendung dieser Verfahrungsweise wird man im allgemeinen nicht die volle elek trische Leitfähigkeit in dem angewandten Koks erzielen. Jedoch ist der Unterschied so gering, dass dies in der Praxis keine nennens werte Rolle spielt.
Bei Versuchen, die von der Anmelderin ausgeführt worden sind, hat sich jedoch er wiesen, dass sich bei zu schwacher Kalzinie- rung des Kohlenmaterials wegen Schrump fung der Elektrode Risse bilden können.
Zum Beispiel beim Kalzinieren von Petrol- koks für Elektroden in Aluminiumöfen darf die Kalzinierungstemperatur bei einer Kalzi- nierungsdauer von 10 bis 20 Stunden nicht unter 950 liegen.
Es zeigt sieh jedoch, dass sich die verschie denen charakteristischen Eigenschaften eines Kokses, der durch Verkoken von Bindemittel hergestellt ist, durch Zugabe von hierzu ge eigneten Katalysatoren vor dem Verkoken etwas ändern lassen. Die Anmelderin hat somit gefunden, dass es möglich ist, bei Zugabe eines geeigneten Katalysators eine Reaktivi- tät, Überspannung und Anfeuchtung von Bindemittelkoks, der bei 950 kalziniert wurde, zu erzielen, die eigentlich den Eigen schaften entsprechen sollten, die man sonst bei einem Bindemittelkoks findet, der bei 1100 kalziniert wurde.
Dies ist. ein sehr inter essanter Umstand, der in Verbindung mit dein oben Gesagten mit. Vorteil ausgenutzt werden kann, da demzufolge ein Kohlenmaterial, das bei relativ hoher Temperatur, z. B. 1100 , kalziniert worden ist, als Rohmaterial benutzt werden kann. Ein derart kalziniertes Kohlen material wird dann keiner Schrumpfung in der Elektrode, deren Temperatur etwa 950 nicht übersteigt, ausgesetzt sein, und man vermeidet dadurch die Gefahr der Rissebil- dung in der Elektrode.
Ein derart. kalzinierter Koks wird, wie oben beschrieben, im Aluminiumofen ein Ab bröckeln von Kohle verursachen, wenn man ein gewöhnliches Bindemittel verwendet. Durch Zugabe eines geeigneten Katalysators kann man jedoch die Kalzinierungstempera- tur des Bindemittelkokses gewissermassen von 950 auf 1100 erhöhen und erhält dadurch eine Elektrode, in welcher das verkokte Koh lenmaterial und der Bindemittelkoks diesel ben charakteristischen Eigenschaften besitzen.