Polymerisat-Gemisch.
Es ist bekannt, durch Vermischen pulver förmiger fester Stoffe mit polymerisierbaren flüssigen Äthylenverbindungen pastenartige, knetbare Massen herzustellen, die sieh in Formen einpressen und durch Polymerisieren verfestigen lassen. Die Polymerisation kann in ebenfalls bekannter Weise durch Anwendung spezieller Katalysatoren bei niederen Temperaturen, z. B. bei Zimmertemperatur, in Gang gebracht und in wenigen Minuten durehgeführt werden. Zur Herstellung einer knetbaren Masse sind nach den heutigenVerfahren etwa 50 bis 100 Teile Flüssigkeit auf 100 Teile Festsubstanz erforderlich. Durch die freiwerdende Polymerisationswärme erwärmt sieh die Masse beträchtlich. Die Polymeri- sationswärme beträgt je Grammol 10 bis 20 Keal, z. B. 18,7 Kcal je 100 g Methacrylsäuremethylester (J. Ch. Am.
Soc. 69, 2245 [1947]); da die spezifische Wärme der Masse 0, 3 bis 0,4 ist, so kann die Selbsterwärmung eines Gemisches aus 2 Teilen Festsubstanz und 1 Teil flüssigem Monomeren etwa 180"C betragen; ein Teil der Wärme wird an die Umgebung abgegeben, je nach der Grösse des Ansatzes und der Wärmeisolierung. Diese Wärmeabgabe an die Umgebung beeinflusst die Temperatur in der Reaktionsmasse relativ wenig, wenn die Reaktion in wenigen Minuten vor sich geht, weil die Zeit für den Wärmeaustausch kurz ist. In kleineren Proben von z. B.
10 g oder weniger in Form einer Kugel erwärmt sich die Masse von Raumtemperatur noch über 1000 0 bei 15 Minuten Polymerisationszeit.
Aus diesem Grunde können derartige Massen für Präparate z. B. unter biologischen Bedingungen kaum eingesetzt werden, ohne das System zu schädigen.
Es wurde nun gefunden, dass es möglich ist, feste Körper, wie Formkörper, Abdrucke, z. B. am lebenden Körper, Zahnfüllungen und andere mehr, unter möglichst geringer Selbsterwärmung mittels Katalysatoren, welche die Polymerisation bei niederen Temperaturen auslösen, in kurzer Zeit, das heisst in einigen Minuten, zu verfestigen, wenn man einen ganz bestimmten Kornaufban der Polymerisate verwendet. Mit solchen Körnungen kann man pastenförmige Massen mit viel weniger polymerisierbarer Flüssigkeit herstellen irnd dadurch die bei der Polymerisation freiwerdende Wärme stark verringern.
Sobald die pulver- förmige Masse aus wenigstens zwei Kornfraktionen gemischt wird, deren durchschnittlicher Teilchendurchmesser sieh wie 1 : 6 oder mehr verhalten, erreicht man eine Pastenbildung schon mit 30 Teilen Monomerem auf 100 Teile Pulver. Unter Verwendung einer dritten Körnung, die wiederum einen mittleren Teilchendurchmesser von 1/6 der zweiten Komponente hat, lassen sich noch flüssigkeits ärmere Pasten herstellen. Die Selbsterwärmung beim Verfestigen ist dann entsprechend geringer, und zwar nach der Rechnung etwa 100 (:, im praktischen Versuch, wie oben, nur 20 bis 400 0. Damit ist die Verwendung derartiger Pasten am lebenden Objekt möglich.
Die erfindungsgemässen Mischungen bestehen aus pulverig-körnigen Polymerisaten, aus flüssigen, monomeren, polymerisierbaren Substanzen und aus Katalysatoren, welche die Polymerisation bei niederen Temperaturen auszulösen vermögen. Die Mischung ist dadurch gekennzeichnet, dass die pulverig-kör- nigen Polymerisate aus mindestens zwei verschiedenen Korngrössen bestehen, deren durch schnittliche Teilchengrösse so ist, dass die Teil chen der grösseren bzw. nächstgrösseren Kornfraktionen einen mindestens 6mal grösseren Durchmesser aufweisen als diejenigen der kleineren bzw. nächstkleineren Fraktionen, mit andern Worten, dem Korngemisch fehlen die Korngrössen, die zwischen den genannten zwei Kornfraktionen liegen.
Unter durchschnittlicher oder mittlerer Korngrösse ist zu verstehen, dass mehr als 800/a des Pulvers die angegebene Grösse + 200/0 besitzen. Eine Fraktion der mittleren Korngrösse von 300 Mikron besteht demnach zu wenigstens 80 /o aus Teilchen von 240 bis 360 Mikron, eine solche von 50 Mikron aus Teilchen von 40 bis 60 Mikron, eine solche von 10 Mikron aus Teilchen von 8 bis 12 Mikron.
Die festen pulverförmigen Stoffe bestehen in der Regel aus Polymerisaten der polymerisierbaren Flüssigkeit; doch können daneben auch Füllstoffe, z. B. Kaolin, Quarzsand, Glaspulver, Calciumphosphat usw., vorhanden sein.
Die erfindungsgemässen Mischungen können dann zu den gewünschten Gebilden weiterverarbeitet werden. Zu diesem Zweck wird man sie kneten, so dass sie eine homogene Paste bilden und diese dann zur Herstellung von Formkörpern, Abdrucken, Zahnfüllungen, Prothesen am lebenden Körper, verwenden, indem man sie der Polymerisation und Ver festigung bei niederen Temperaturen unterwirft.
Beispiele:
Man stellt vorerst aus Perlpolymerisat von Methacrylmethylester folgende drei Kornfraktionen her: 1. Kornfraktion 300Mikron, d. h. 240-360 zur 2. Kornfraktion 50 Mikron, d. Ii. 40- 60 /( 3. Kornfraktion 8 Mikron, d. h. 6- 1.0 er Ferner stellt man eine Lösung L bereit von 4 Gewichtsteilen Methacrylsäure und 0,4 Gewichtsteilen Dimethylanilin in 95,6 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester.
Aus diesen Substanzen, das heisst den genannten Korngemischen und der L -Lösung, kann man folgende erfindungsgemässe Mischungen herstellen:
1. 4, Q g der Fraktion 1
2,6 g der Fraktion 2 3,4 g der Lösung L
2. 4,8 g der Fraktion 1
2,0 g der Fraktion 2
1,2 g der Fraktion 3
2,0 g der Lösung L
An Hand der folgenden Beispiele soll nun dargelegt werden, wie diese Mischungen bei der Verarbeitung unter Bildung fester Massen bei der Polymerisation und Verfestigung auf die Temperaturhöhe einwirken: a) Die Mischung 1 wird in einen Cellophanbeutel eingeführt und geknetet. Die Masse wird beim Kneten anfangs flüssig, nach einigen Minuten knetbar und pastig. Sie wird zu einer Kugel verformt.
In die Kugel werden zwei Schmelzpunktröhrchen von etwa 1. mm und je 1 mg einer Substanz von Schmelzpunkt 132 und 147 G gesteckt. Nach der Verfestigung innerhalb 15 Minuten zeigt sich, dass die Temperatur von 132 C dabei überschritten, 147 C nicht erreicht ist. b) Die Mischung 2 wird in gleicher Weise wie unter a) behandelt. Die Masse verfestigt sich in ähnlicher Weise wie im Beispiel 1 unter Selbsterwärmung auf etwa 70" C.
Verwendet man kleinere Gesamtmengen als 10 g, so erhält man noch niedrigere Temperaturen. c) 0,9 g der Mischung 1 werden um zwei Schmelzpunktröhrchen geknetet mit Substanzen von Schmelzpunkt 600 C und 720 C. Das Ganze befindet sich in Cellophanfolie und wird im Handballen gehalten; die Verfestigung erfolgt also bei einer Aussentemperatur von 30 bis 35 C. Es zeigt sich, dass die Temperatur von 600 C dabei erreicht wird, während die Substanz von Schmelzpunkt 72 C ungeschmolzen bleibt. d) 0,9 g der Mischung 2 werden in gleicher Weise wie unter c) verfestigt, wobei Substanzen mit Schmelzpunkten von 450 C und 520 C zur Messung verwendet werden.
Die Temperatur von 450 C wird überschritten, 52" C werden nicht erreicht.