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Viergelenkketten-Bewegungsantrieb mit doppelarmiger Schwinge. Unter einer kinematischen Kette versteht man in der Getriebelehre bekanntlich eine Anzahl miteinander beweglich verbundener Glieder. Zur Bildung eines Getriebes benötigt man geschlossene, kinematische Ketten, das heisst solche, bei welchen die Bewegung eines Gliedes zwangsläufig eine Bewegung der andern Glieder zur Folge hat.
Die einfachste Form geschlossener, kine- maüscher Ketten ist die Viergelenkkette. Von ihr lassen sich die andern, also auch die mehr als vier Glieder umfassenden Getriebe resp. Ketten ableiten. Ein Ausführungsbeispiel einer viergliedrigen Kette ist in Fig. 1 der Zeichnung veranschaulicht. In ihr bildet das mit A bezeichnete, sich um den Punkt 1 drehende Glied eine Kurbel; das gelenkig am Kurbelende 2 angreifende Glied B sei als Koppel, das am Gelenkpunkt 3 der letzteren angreifende Glied C als Schwinge und das den Gelenkpunkt 4 der letzteren mit dem Punkt 1 verbindende Schlussglied D als Steg bezeichnet. Man kennt auch Getriebe (Ketten) der in Fig. 2 dargestellten Art.
Sie werden zum Beispiel für die Bewegung der Ladenstelze mechanischer Webstühle angewandt und sollen während der beiden oder nur während einer der Umkehrlagen des mit B bezeichneten, um den Gelenkpunkt 5 schwingenden, die Ladenstelze darstellenden Lenkers am Gestell 7 den Stillstand oder annähernd den Stillstand des Lenkers bezwecken.
Die Einordnung des Getriebes letzterer Art in ein System der Viergelenkkette nach Fig. 1 scheint auf den ersten Blick schwierig zu sein. Nach bisherigen Annahmen besteht das Getriebe nach Fig. 2 aus der Verbindung zweier Viergelenkketten in Form von Bogenschubkurbelgetrieben, nämlich der obern Glieder A-B-C und der untern Glieder A,-Ba-Ca mit einem, beiden Gliedergruppen gemeinsamen Schlussglied. Unrichtig aber dabei ist, die in Fig. 2 strichpunktiert dargestellte Linie zwischen den Gelenkpunkten 1 und 4 als Schlussglied anzusehen, oder eine
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Deutung,
als ob dieses Schlussglied bei der Gliedergruppe A-B-C oberhalb der strichpunktierten Linie ersetzt wäre durch die Gliedergruppe A1-Ba-Ca unterhalb der strichpunktierten Linie.
Die vorerwähnten, unrichtigen Anschauungen waren auch der Grund dafür, warum man mit den Mitteln nicht auskam, mit welchen man die für die Erzielung einer, für jeden einzelnen Fall günstigen Stillstandszeit in der Ladenbewegung mechanischer Webstühle nötige Anordnung durch Anpassung der Getriebe nach Fig. 9 an die wechselnden Bedingungen der Webstuhlverhältnisse zu erreichen versuchte.
Man glaubte zum Beispiel durch Veränderung der Längen der Kurbeln A und A1, durch Veränderung der Längen der Gliedteile C und Ca an der Schwinge, durch Verstellung des von den Armen C und Ca eingeschlossenen Winkels oder des Winkels, welcher zwischen der Kurbel A und der Kurbel A1 des Gliedes Ba liegt, die Getriebe nach Fig. 2 den wechselnden Betriebsbedingungen und Bauarten der Webstühle anpassen zu können, ohne aber auf diesem empirischen Wege das gewünschte Ziel befriedigender Bewegungsverhältnisse gesetzmässig und mit aller Sicherheit im voraus gleich günstig zu erzwingen.
Das war auch erklärlich, wenn man erwägt. dass schon die Grundanschauung von dieser Getriebeanordnung als eines aus zwei Viergelenkketten zusammengesetzten Bogenscbubkurbelgetrie- bes falsch ist, weil man es in Wirklichkeit bei dieser Anordnung gar nicht mit einem Zusammen- und Gegenspiel zweier Getriebe zu tun hat, sondern, wie noch gezeigt wird, um ein Einzelgetriebe.
Zu richtigen Ergebnissen und zu dem erfindungsgemäss angestrebten Erfolg einer den jeweilig wechselnden Verhältnissen genau angepassten. giinstigsten und im voraus festzulegenden Stillstandsbewegung der in Betracht kommenden Getriebeteile gelangt man aber, wenn man das Getriebe nach Fig. 2 nicht als Zusammenschluss zweier Viergelenkketten zu einem Bogenschulrgetriebe, sondern als Einzelgetriebe der Art von Koppelkurbelgetrieben ansieht.
Denn in diesem Falle handelt es sich für die zu erzeugende Bewegung nicht um Überlagerungen zweier Bewegungsdiagramme, sondern um die Ermittlung und Bestimmung einer Koppelkurve mit gewissen K oppelkurvenabschnitten von völlig oder annähernd gleichem Krümmungshalbmesser, mit denen man nun auch das Gütverhältnis der Stillstände gewisser Teile des Getriebes den wechselnden Verhältnissen genau anpassen und im voraus gesetzmässig festlegen kann.
Um diese Ausführungen und das Vorliegen einer einzigen Viergelenkkette in Fig. 2 anschaulicher zu machen, sollen die in Fig. 3 mit gleichen Funktionen wie in Fig. 1 ausgestatteten Glieder dieselbe äusserliche Flächenkennzeichnung erhalten, die sie in Fig. 1 erhalten haben, das heisst in beiden Fällen soll die Kurbel durch Kreuzschraffur, das Koppelglied punktiert, das Schwingenglied weiss und das Stegglied D durch eine einfache Schrägschraffur dargestellt sein.
Es erscheint zur Erkennung und Beurteilung des Verhaltens der Glieder und einzelner Punkte, zum Beispiel des in den Fig. 2 und 3 mit 1 bezeichneten Kurbellagerungspunktes des Hebelarmes A, notwendig, sich einmal vorzustellen, wie sich das Getriebe nach Fig. 2 und 3 verhalten würde, wenn man sieh der Annahme hingibt, als ob Punkt 1 innerhalb der Bewegungsebene der Glieder B und D ortsbeweglich, die Schwingenarme C und Ca aber ortsfest wären. Die in Fig. 2 und 3 im Raume schwingende Viergelenkkette mit den vier Gelenkpunkten 2a-2-3-3a wird also ortsfest im Schwingglied C, Ca mit den Gelenkpunkten 3, 3a gelagert, wie dies in Fig. 4 geschehen ist.
Es sei dabei angenommen, das durch einen einfachen festgelagerten Gliedbalken (C, Ca) ersetzte Gestell wäre einerseits mit der Koppel ss, anderseits mit dem Steg D durch eine, alle Teile schliessend verbindende doppelarmige Kurbel A zur Viergelenkkette gestaltet, wobei beliebi-,re Tiurbelpunkte 1\l. 11' und 1e eingezeichnet sind. Pie:e Punkte seien herausgegriffen, um ihre Wege besser ver-
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folgen und anschaulich machen zu können. Dann beschreiben die betrachteten Kurbelpunkte bei der Umdrehung der Kurbel gewisse, gestrichelt dargestellte Bahnen, die als Kurbel- oder Koppelkurven bezeichnet werden sollen.
Sie ergeben das Bild der Wege, welche einzelne Punkte der in bezug zu dem festgelegten Glied C, Ca sich bewegenden Kurbel bei der Bewegung der Viergelenkkette zurücklegt. Dieses Bild ist wichtig. um aus der jeweiligen Lage der zum nicht bewegten Gliedteil C, Ca bewegten und betrachteten Punkte der Kurbel feststellen zu können, ob und wann das Getriebe im Lauf seiner Bewegung und in bezug zum Gliede C, Ca einen Stillstand liefert sowie von welcher Dauer derselbe ist.
Es fällt nun sofort bei der Betrachtung der drei, in Fig 4 beispielsweise dargestellten Kurven auf, dass im Lauf derselben jede einzelne Kurve gewisse Streckenteile enthält. in denen die Krümmung längere Zeit unver- ändert bleibt, das heisst, dass gewisse Kurvenstrecken Kreisbogenabschnitte bilden und zur Erreichung eines längeren Stillstandes geeig- n et sind. Die konstruktive Ausführung einer Stillstandsableitung, zum Beispiel von Kurbelpunkt 1a, zeigt nun Fig. 5.
Man verbindet Punkt la und den zugehörigen Krümmungsmittelpunkt 1 durch einen, durch gestrichelte Schraffur gekennzeichneten Lenker Ei von einer Streckengrösse, die der Halbmesserlänge des sich mit der Krümmung des durch den Punkt ja der Doppelkurbel A4 beschriebenen Kurvenabschnittes deckenden, gestrichelten Kreisbogens entspricht, und verbindet Reiter den Lenker Ei im Punkt 4 mit einem zweiten im Gestell C, Ca schwingend gelagerten Arm E. Dann beschreibt der Punkt la der Doppelkurbel A bei der Bewegung dieses Getriebes die gestrichelt dargestellte, etwa nierenförmige Kurbelkurve, in welcher sieh ein Teil mit einem Kreisbogen deckt.
Der Gelenkpunkt 4 bleibt also bei der Anordnung nach Fig. 5 so lange in Ruhe, wobei der Lenker Ei sich im äussern Ende von E dreht, solange die mit dem Kreisbogenabschnitt übereinstimmende Krümmungsstrecke der nierenförmigen Kurve durchlaufen wird.
Zu demselben Erfolg gelangt man, wenn man die Gelenkpunkte 3, 3a der Anordnung nach Fig. 5 aus dem Gestelle C, Ca löst und mit dem Punkt 4 in geeigneter Form, zum Beispiel durch eine gegen den Punkt 1a hin offene, spitzwinklige Winkelschwinge C, Ca nach Fig. 6, 7 und 8 verbindet. In diesen Figuren sind drei Stellungen der La gen der Glieder A, B, C, Ca und D dargestellt, wobei für die Bewegung des Punktes 4 der Winkelschwinge C, Ca das Beispiel einer Gradführung gewählt wurde und angenommen wird, dass die Doppelkurbel A sich im Sinne des Pfeils um den Punkt ja dreht.
Fig. 6 zeigt dabei die Lage der Glieder, wenn sich la im obern Teil des Stillstandsbogens h befindet, Fig. 7 die Stellung der Glieder, wenn la den untern Teil des Stillstandsbogens K durchläuft, und Fig. 8 zeigt die Lage der Kettenglieder, wenn sich ja an der untern Übergangskurve K2 zwischen den zwei Stillstandsbögen K und K3 befindet, wobei der Deutlichkeit halber die von dem Punkt ja beschriebene Kurve als Kurvenkörper dargestellt ist. weleher mit einem der Schwingarme, zum Beispiel mit dem Arm Ca, starr zusammenhängt.
Aus den Darstellungen ergibt sich, dass, solange der Punkt ja sich zum Beispiel in der kreisförmigen Strecke K der Doppelkurve bewegt. auch Punkt 4 in unverändertem Abstand von la verbleibt, also stillsteht: bei den übrigen Stellungen ist dieser Abstand grösser und die Bewecung des Punkte) 4 entspricht der Kurvenform ri#-Kl-K=-K3.
Da der Kurvenpunkt ja nun nicht, wie es bei Fig. 5 angenommen wurde. seine Kurve durchlaufen kann, falls er Bestellfest gelagert werden soll, bewegt sich nach Fig. 6 bis 8 die Kurve über dem Kurvenpunkt 1a, und zu diesem Zwecke muss die Schwinge C, Ca sich nicht nur in Richtung zum Kurbelpunkt hin- und herbewegen, sondern auch noch eine Bewegung senkrecht dazu ausführen, können, was nach Fig. 9 durch Aufhängung der
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Schwinge C, Ca an einem Lenker oder nach Fig. 10 durch Lagerung des Schwingepunktes 4 in einer Geradführung geschehen kann.
Nach der durch die Fig. 9 und 10 als Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung veranschaulichten Anordnung wird also von der Erkenntnis ausgegangen, dass alle bisher angewandten Vorschriften über die Bemessung der Längen und Winkel der einzelnen, nach Fig. 2 als bekannt angenommenen Getriebeteile ohne wesentlichen Erfolg im Sinne einer, den wechselnden Verhältnissen angepassten, günstigsten Stillstandsdauer des Lenkers E oder des an seine Stelle nach Fig. 10 tretenden Gleitsteines sein müssen, solange nicht eine bestimmte Lage dieser Getriebeteile gegenüber dem Stillstandsbogen der von der Wrelle la der Doppelkurbel A beschriebenen Koppelkurve verwirklicht ist.
Die Stillstandsbewegung der vorerwähnten Teile des Getriebes wird besonders gross und daher für manche Zwecke, so auch für die Bewegung der Lade mechanisch angetriebener Webstühle besonders günstig, wenn man das die Schwinge C, Ca mit dem Lenker E, zum Beispiel einer Ladenstelze, oder mit dem Kulissenstein 9 verbindende Gelenk 4 in den Krümmungsmittelpunkt des Stillstandsbogens einer von dem Punkt ja beschriebenen Koppelkurve legt, die aufzuzeichnen ist, wenn dieser Punkt im Maschinengestell ver- s e hiebbar, die Endpunkte 3, 3a der Sehwinge C, Ca dagegen fest gelagert wären.
Ist diese Gesamtanordnung des Getriebes in der vorbezeichneten Weise bestimmt festgelegt, dann bedarf es nur noch der von jedem Fachmann leicht vorzunehmenden Feststellung der Stillstandsdauer für verschiedene Entfernungen der Punkte 1a und 4 und der damit im Zusammenhang stehenden Winkelabmessungen der Doppelkurbel und Schwin- genarme des Getriebes, um das Optimum des Stillsandes zu erreichen. Ohne die erfindungsgemässen Voraussetzungen bleiben die Winkelveränderungen und Armverschiedenheiten der Doppelkurbel und Schwinge erfolglos oder nur von einem zufälligen Erfolg begleitet.
Die erfindungsgemässe Erkenntnis ermöglicht auch, ohne grossen Umbau vorhandener. anderer Ladenantriebe bei mechanischen Webstühlen die Leistungsfähigkeit derselben durch Erhöhung der Tourenzahl der Antriebswelle stark heraufzusetzen. Denn es hat sich gezeigt, dass durch die zwangsläufige Einschaltung längerer Stillstände entweder nur bei einer oder bei beiden Umkehrlagen der hin- und hergehenden Gestängeteile naturgemäss in textiltechnologischer Hinsicht grosse Verbesserungen eintreten, die es wiederum gestatten, die Tourenzahl und hiermit die Leistungen des Webstuhls heraufzusetzen.
Wählt man, wie es bei den Darstellungen nach Fig. 9 und 10 vorgesehen ist, die Arme der Doppelkurbel A gleichlang, gibt man ferner den Schubstangen B und D übereinstimmende Längen und macht man die spitzwinklig zueinander gestellten Arme der gegen die Welle 1a hin offenen Schwinge C, Ca ebenfalls gleichlang, so erhält man symmetrische Bewegungsdiagramme. Dadurch wird auch eine besonders bauliche Einfachheit der Getriebe erzielt. Sollen zum Beispiel zwei Stillstände bei der Bewegung des Getriebes etwa in den beiden Grenzlagen des Lenkers E oder des Kulissensteines 9 erzielt werden. die auch von verschiedener Dauer sein können, so müssen zwei konzentrische Kreisbogen, um einen Krümmungsmittelpunkt beschrieben, mit zwei Kurvenstücken einer einzigen Koppelkurve übereinstimmen.
Die Radien dieser Kreisbogen weichen dabei in ihrer Länge um die Hubstrecke des Schwingenpunktes 4 ab. Die Führung der Bewegung des Punktes 4 und 4a kann sowohl durch eine Lenkerbogenführung als auch durch eine Geradeführung erfolgen.