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PATENTSCHRIFT Nr 18441. DR. OTTOMAR FRIEDRICH IN BRAUNSCHWEIG.
Verfahren zur Gewinnung von reinerem Rübenzuckersaft.
Das den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildende Verfahren bezweckt die Gewinnung von Zuckersäften aus Rüben u. dgl. in einem reineren Zustande als bisher, wodurch eine erhöhte Ausbeute an Zucker und eine besondere Kristallbildung erzielt wird.
Das Verfahren besteht darin, dass dem Diffusionswasser oder den in den Diffusionsoder Auslaugcgefässen enthaltenen Rohsäften bezüglich Schnitzeln auf irgendeine Weise Formaldehyd zugesetzt wird, und zwar je nach Beschaffenheit der Rüben in Mengen von 0'002 bis 0'0040/0 auf Saft und 0-0025 bis 0#005% auf frische Schnitzel berechnet. Wie praktische Versuche ergehen haben, genügen diese Mengen im allgemeinen vollkommen ; es können jedoch nach Umständen auch Abweichungen erforderlich werden.
Zwecks Behandlung der Schnitzel mit Formaldehyd wird dieser entweder allen, oder was auch genügt, nur den die frischen Rübenschnitzel enthaltenden Diffuseuren zugeführt, wobei die Schnitzel mit der Formaldehydlösung sofort eingemaischt werden können. Unter der Einwirkung des Formaldehyds auf die Schnitzel tritt eine Kondensation und Wasserentziehung bei gleichzeitigem Eintritt von Methylengruppen in die Moleküle des vorhandenen Eiweisses ein. Die löslichen, nicht koagulierbaren Eiweisskörper werden ebenso wie die Pektinstoffe in unlösliche Körper verwandelt und in der Pflanzenzelle zurückbehalten.
Ferner ex malt die Pflanzcnzellsubstanz, die Zellulose, durch die Einwirkung des Formaldehyds eine gewisse Härte, ohne dabei an ihrer Durchlässigkeit einzubüssen, so dass die veränderten Zellen der Schnitzel gewissermassen als Filter für die unlöslich gewordenen organischen Nichtzuckerstoffe wirken und der gewonnene Saft die erwähnte Reinheit erhält. Die
Schnitzel selbst behalten einen hohen Futterwert, da ihnen ausser den Zuckerstoffen keine organischen Bestandteile entzogen werden, insbesondere ist durch Analysen der getrockneten
Schnitzel bewiesen worden, dass die Schnitzel einen um etwa 4 bis 5/o höheren Protein- gehalt als. die nach dem bisherigen Verfahren erhaltenen besitzen. In den ausgelaugten und den getrockneten Schnitzeln ist Formaldehyd nicht mehr nachzuweisen.
Wie ferner
Fütterungsversuche mit frischen und getrockneten Schnitzeln ergaben, besteht bei der Auf- nahme und der Verdauung der Schnitzel durch das Vieh kein Unterschied gegenüber den nach dem gewöhnlichen Verfahren gewonnenen.
Bei gewöhnlicher Temperatur ist die Einwirkung des Formaldehyds eine langsame, bei höheren Temperaturen dagegen, wie sie z. B. bei der heissen Diffusionsarbeit an- gewendet werden, eine sehr energische.
Für die Praxis ist es am zweckmässigsten, jedem einzelnen Diffuseur, und zwar am besten bei den Saftübergängen, Formaldehyd zuzuführen.
Es ist zwar bereits bekannt, Zuckerlösungen und entleerte Diffusionsgefässe der
Wirkung von Formaldehyd auszusetzen ; jedoch handelte es sich bei ersteren nur um Ver- suche, um, ebenso wie bei den entleerten Diffuseuren, festzustellen, wie weit Gärungs- erscheinungen verhütet werden können, bezw. wollte man bakteriendurchsetzte Sirupe desinfizieren und die Einwirkung des Formaldehyds auf gewisse Bakterienarton kennen lernen.
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der organischen Nichtzuckerstoffe in den Pflanzenzellen reinere Säfte zu gewinnen.
Selbstverständlich tritt dabei auch die bekannte desinfizierende Wirkung des Formaldehyds ein, was einen weiteren Vorzug des Verfahrens bedeutet. Durch diese werden nämlich erstens die durch Enzyme hervorgerufenen dunklen Färbungen der Säfte in hohem Masse verhindert, so dass bedeutend hellere Säfte gewonnen werden und zweitens werden gärungsartige Vorgänge, wie sie sonst häufig in der Diffusionsbatterie eintreten und der hieraus sich ergebende Verlust an Zucker vermieden. Ausserdem wird die Melassebildung bedeutend vermindert, woraus sich wieder eine höhere Ausbeute an geschleudertem Zucker, sowie eine bessere Kristallbildung beim Kochen ergibt.
Die weitere Arbeit schliesst sich der bisher üblichen vollständig an ; die Schnitzel können aus Ersparnisrücksichten wie bisher weiter mit Wasser abgesüsst werden. Durch den hohen Reinheitsgrad des erhaltenen Rohsaftes entsteht bei der Scheidung ein bedeutend geringerer Kalkverbrauch, so dass bis auf eine Kalkzugabe von 0'4/0 heruntergegangen werden kann, welche hauptsächlich dazu dient, die Säfte alkalisch zu halten. Die Säfte werden in der bekannten Weise bis auf die bestimmte Alkalität saturiert, was beispielsweise mit den aus dem Fuchs entweichenden Feuerungsgasen allein geschehen kann, so dass bei dem geringen Kalkverbrauch der Betrieb eines Kalkofen unnötig wird.