Verfahren zur fermentativen Produktion von natürlichem L-
Cystein
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur fermentativen Produk-- tion von natürlichem L-Cystein.
Die Aminosäure L-Cystein wird beispielsweise als Lebensmittel - Zusatzstoff (insbesondere in der Backmittelindustrie) , als Einsatzstoff in der Kosmetik, sowie als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Pharmawirkstoffen {insbesondere N-Acetyl- Cystein und S-Carboxy- Methyl-Cystein) verwendet und ist somit von wirtschaftlicher Bedeutung.
L-Cystein nimmt in allen Organismen eine Schlüsselposition im Schwefelmetabolismus ein und wird in der Synthese von Proteinen, Glutathion, Biotin, Liponsäure, Methionin und anderen schwefelhaltigen Metaboliten verwendet. Zudem dient L-Cystein als Vorläufer für die Biosynthese von Coenzym A. Die Biosynthese von L-Cystein wurde in Bakterien, insbesondere in
Enterobakterien, detailliert untersucht und ist ausführlich in Kredich {1996, Biosynthesis of cysteine, p. 514-527. In F. C. Neidhardt, R . Curtiss III, J. L. Ingraham, E. C. C. Lin, K. B. Low, B. Magasanik, . S. Reznikoff, M. Riley, M. Schaechter, and H. E. ümbarger {ed.), Escherichia coli and Salmonella.- cellular and molecular biology, 2nd ed. ASM Press, Washington, D . C . ) besch iebe .
Neben der klassischen Gewinnung von L-Cystein mittels Extraktion aus keratinhaltigem Material wie Haaren, Borsten, Hör- nern, Hufen und Federn oder mittels Biotransformation durch enzymatische Umsetzung von Vorstufen wurde vor einigen Jahren auch ein Verfahren zur fermentativen Herstellung von L-Cystein entwickelt. Der Stand der Technik bezüglich der fermentativen Gewinnung von L-Cystein mit Mikroorganismen ist ausführlich z.B. in US6218168B1, US5972663A, US2004038352A2 , CA2386539A2, EP1769080, und EP2138585 beschrieben. Als bakterielle Wirtsorganismen werden dabei u.a. Stämme der Gattung Corynebakterium
sowie Vertreter aus der Familie der Enterobacteriaceae, wie z.B. Escherichia coli oder Pantoea ananatis verwendet.
Neben der klassischen Vorgehensweise, um durch Mutation und Selektion zu verbesserten L-Cystein~Produzenten zu gelangen, wurden auch gezielt genetische Veränderungen an den Stämmen vorgenommen, um eine effektive L-Cystein-Überproduktion zu erreichen. So führte das Einbringen eines cysE-Allels, das für eine Se rin-O-Acetyl-Transferase mit einer verminderten Feedback- Hemmung durch L-Cystein kodiert, zu einer Steigerung der Cys- tein-Produktion (US6218168B1) . Durch ein feedback-resistentes CysE-Enzym wird die Bildung von O-Acetyl-L-Serin, der direkten Vorstufe von L-Cystein, weitgehend vom L-Cystein-Spiegel der Zelle entkoppelt.
O-Acetyl-L-Serin wird aus L-Serin und Acetyl-CoA gebildet. Daher ist die Bereitstellung von L-Serin in ausreichender Menge für die L-Cystein-Produktion von großer Bedeutung. Dies kann durch das Einbringen eines serA-Allels, das für eine 3~
Phosphoglycerat-Dehydrogenase mit einer verminderten Feedback- Hemmbarkeit durch L-Serin kodiert, erreicht werden. Dadurch wird die Bildung von 3-Hydroxypyruvat , einer Vorstufe von L- Serin, weitgehend vom L-Serin-Spiegel der Zelle entkoppelt. Beispiele für derartige SerA-Enzyme sind in EP0620853,
US7582460B2, und ΞΡ0931833 beschrieben.
Darüber hinaus ist bekannt, dass die L-Cystein~Ausbeute in der Fermentation dadurch erhöht werden kann, dass Gene abgeschwächt oder zerstört werden, die für L-Cystein- abbauende Enzyme kodieren, wie z.B. die Tryptophanase TnaA oder die Cysta- thionine-ß-Lyasen MalY oder MetC (EP1571223) . Die Steigerung des Transports von L-Cystein aus der Zelle ist eine weitere Möglichkeit, um die Produkt-Ausbeute im Medium zu erhöhen. Dies kann durch Überexpression sogenannter Efflux- Gene erreicht werden. Diese Gene kodieren für membrangebundene
Proteine, die den Export von L-Cystein aus der Zelle vermitteln. Verschiedene Effluxgene für den L-Cystein-Export wurden beschrieben {US5972663A, US2004038352A2 , US2005221453 ,
WO2004113373) .
Der Export von L-Cystein aus der Zelle in das Kulturmedium hat folgende Vorteile:
1) L-Cystein wird kontinuierlich aus dem intrazellulären Reaktionsgleichgewicht entzogen mit der Folge, dass der Spiegel dieser Aminosäure in der Zelle niedrig gehalten wird und somit die Feedback-Inhibiton von sensitiven Enzymen durch L-Cystein unterbleibt:
{1) L-Cystein (intrazellulär) L-Cystein (Medium)
2) Das in das Medium ausgeschiedene L-Cystein wird in Gegen- wart von Sauerstoff, der während der Kultivierung in das
Medium eingebracht wird, zum Disulfid L-Cystin oxidiert (US5972663A) :
(2) 2 L-Cystein + 1/2 02 ^ L-Cystin + H20
Da die Löslichkeit von L-Cystin in wässriger Lösung bei ei- nem neutralen pH-Wert v.a. im Vergleich zu L-Cystein nur sehr gering ist, fällt das Disulfid schon bei einer niedrigen Konzentration aus und bildet einen weißen Niederschlag:
(3) L-Cystin (gelöst) !=► L-Cystin (Niederschlag)
Durch die Präzipitation von L-Cystin wird der Spiegel des im Medium gelösten Produkts abgesenkt, wodurch auch jeweils das Reaktionsgleichgewicht von (1) und (2) auf die Produkt- seite gezogen wird.
3) Der technische Aufwand für die Reinigung des Produkts ist bedeutend geringer, wenn die Aminosäure direkt aus dem Kul- turmedium gewonnen werden kann, als wenn das Produkt intrazellulär akkumuliert und zuerst ein Zellaufschluss erfolgen rauss .
Bei der Oxidation von zwei Molekülen L-Cystein entsteht das Disulfid L-Cystin. Diese Reaktion ist reversibel, was bedeutet, dass L-Cystin durch Reduktion wieder in L-Cystein überführt werden kann. Wird L-Cystin nach Abtrennung von den Zellen (z.B. mit einem Dekanter) mittels Elektrolyse wieder zu L-
Cystein reduziert, so bedingt diese chemische Umsetzung, dass solches L-Cystein nicht als natürlich nach Aromenverordnung deklariert werden darf.
Nach der EU Aromenverordnung (1334/2008 Artikel 22 der Verord- nung zur Neuordnung lebensmittelrechtlicher Kennzeichnungsvorschriften) sind natürliche Aromen wie folgt definiert: „Natürliche" Aromastoffe sind chemisch definierte Stoffe mit Aromaeigenschaften, die natürlich vorkommen und in der Natur nachgewiesen wurden. Sie werden durch geeignete physikalische, en- zymatische oder mikrobiologische Verfahren aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen gewonnen, die als solche verwendet oder mittels eines oder mehrerer herkömmlicher Lebensmittelzubereitungsverfahren (einschließlich mikrobiologischer Prozesse wie Fermentieren, siehe Anhang II) für den menschlichen Verzehr aufbereitet werden.
In diesem Sinne wird der Begriff „natürlich" auch in vorliegender Anmeldung benutzt. Es besteht ein großes Interesse am Einsatz natürlicher Rohstoffe bei der Aromenherstellung. Bisher existierte allerdings kein Verfahren zur fermentativen Herstellung von natürlichem Cystein.
Es gibt eine Reihe von Verbindungen, welche die Oxidation von SH-Gruppen katalysieren können; so ist bekannt, dass Schwermetallsalze wie Eisen- oder Zinksalze essentielle Zusätze bei Fermentationen sind und dass diese Komponenten die Oxidation von Cystein zu Cystin effektiv katalysieren können
(US2008190854A2) .
In US6218168B1 wird beschrieben, dass das Fermentationsmedium zur Produktion von L-Cystein und seinen Derivaten eine Eisen- konzentration von 15 mg/1 (75 mg/1 Eisensulfat-Heptahydrat} enthält. EP1389427A1 offenbart ein Medium zur fermentativen Produktion von L-Cystein, L-Cystin und Thiazolidin, in der die Eisenkonzentration mit 14,9 mg/1 (74 mg/1 Eisensulfat- Heptahydrat) angegeben ist.
In US2010/0093045A1 wird ein Medium zur Produktion von L-
Cystein beschrieben, das nur 2 mg/1 Eisen (10 mg/1 Eisensulfat-Heptahydrat) enthält. Dieses Medium wird allerdings nur für den Einsatz in Schüttelkolben im LabormaSstab (Medienvolu-
men 20 ml) und nicht für die Fermentation in einem Produkti- onsfermenter verwendet. EP2133429A1 erwähnt ein Kulturmedium für die Produktion von L-Cystein, L-Cystin, seinen Derivaten oder einer Mischung daraus, das nur 0,34 mg/1 Eisen (1,7 mg/1 Eisensulfat-Heptahydrat} enthält. Auch dieses Medium ist nicht für einen Einsatz in der Fermentation, sondern für Anzuchten in Röhrchen (Medienvolumen 2 ml) beschrieben. Üblicherweise werden unter diesen Kultivierungsbedingungen (batch-Kultur, schlechte SauerstoffVersorgung, keine pH-Regulierung) nur sehr niedrige Zelldichten (ca. 0,5 bis 2 g/1 Biotrockenmasse) und geringe Produktausbeuten erreicht. Dies wird anhand der in Schüttelkolben oder Röhrchen erzielten L-Cystein~Ausbeuten von 0,25 g/1 (US2003/0077766A1) , 0,3 g/1 (EP2133429A1) bzw. 1,2 g/1 {US2010/0093045A1) deutlich.
In Produktionsfermentern werden jedoch hohe Zelldichten angestrebt, um infolge der biomassespezifischen Produktbildungsra¬ ten entsprechend hohe volumetrische Ausbeuten zu erzielen, die erst ein wirtschaftliches Verfahren im industriellen Maßstab ermöglichen. Die Qualität eines industriellen Prozesses zur mikrobiologischen Stoffproduktion wird in der Regel anhand der Produktivität beurteilt. Diese Größe beschreibt die gebildete Gesamtproduktmenge pro Liter Medium pro Fermentationszeit. Ein Nachteil bei den beschriebenen Verfahren zur fermentativen L-Cystein~ roduktion ist, dass die Aminosäure in der Kulturbrühe in verschiedenen Formen vorliegt. Neben dem präzipitierten L-Cystin im Niederschlag findet man im Kulturüberstand lösliches L-Cystein, aber auch L-Cystin in gelöster Form und Thiazolidin {ÜS6218168B1 , US5972663A, CA2386539A2) . Dieses Thiazolidin (2 -Methyl-thiazolidin-2 , -dicarbonsäure) stellt das Kondensationsprodukt aus L-Cystein und Pyruvat dar, das in einer rein chemischen Reaktion gebildet wird.
Unter dem Begriff „Gesamtcystein" werden im Rahmen dieser Er- findung L-Cystein und die daraus abgeleiteten Verbindungen L- Cystin und Thiazolidin, die während der Fermentation gebildet werden und im Kulturüberstand sowie im Niederschlag akkumulie¬ ren, zusammengefasst .
Bei den bekannten Verfahren variiert am Ende der Fermentation die Zusammensetzung des Gesamtcysteins : der Anteil des präzipitierten L-Cystins beträgt zwischen 40-66% {US5972663A,
CA2386539A2) , die restlichen 34-60% liegen im Kulturüberstand in Form von löslichen Produkten - überwiegend als L-Cystein und Thiazolidin - vor. Diese Produktheterogenität erschwert die Gewinnung und Reinigung des Zielprodukts natürliches L- Cystein aus der Kulturbrühe. Daher wäre ein Verfahren wünschenswert, bei dem als Endprodukt vorwiegend lösliches L-Cystein anfällt. Außerdem sollte möglichst kein Thiazolidin gebildet werden. Die Reinigung des Zielprodukts L-Cystein aus dem Kulturüberstand wäre bei so einem Prozess erheblich einfacher, denn das als Präzipitat vor- liegende L-Cystin kann zusammen mit den Zellen durch einen einfachen Separatorschritt abgetrennt werden und das lösliche L-Cystein über lonentauscheradsorption isoliert werden.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren für die Herstellung von natürlichem L-Cystein in einem Produkti- onsfermenter zur Verfügung zu stellen, bei dem ein Mikroorga- nismenstamm in einem Fermentationsmedium kultiviert wird wobei das Endprodukt überwiegend in Form von löslichem L-Cystein im Kulturmedium vorliegt.
Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren, das dadurch gekennzeichnet ist, dass durch eine Eisenkonzentration von maximal 8 mg/1 im Medium der Anteil der hergestellten Verbindungen L-Cystein, L-Cystin und Thiazolidin in der Fermenterkultur ge- zielt kontrolliert wird.
Die Eisenkonzentration im Fermentationsmedium liegt bevorzugt bei maximal 4 mg/1, besonders bevorzugt bei maximal 2 mg/1 Eisen. Es wurde gefunden, dass bei diesen geringen Eisenkonzent- rationen ein deutlich homogeneres Produktspektrum in der Fer- menterkultur vorliegt, da überwiegend lösliches L-Cystein und präzipitiertes L-Cystin, aber kein Thiazolidin als Produkte gebildet werden. Die Eisenkonzentration sollte 0,2 mg/1 aller-
dings nicht unterschreiten, da sich dies negativ auf die Menge und den Anteil des am Ende der Fermentation vorliegenden L- Cysteins auswirkt. Ein überraschender Befund war, dass in einem Medium mit diesen geringen Eisenkonzentrationen der L-Cystein-Anteil am Ge- samtcystein gesteigert werden kann und am Ende der Fermentation bei mindestens 65 % liegt. Dieser Befund ist besonders deshalb erstaunlich, da Fermentationsmedien, die zur Produktion von Aminosäuren, speziell von L-Cystein und seinen Derivaten, mit Enterobakterien beschrieben sind, mindestens 14,9 mg/1 Eisen enthalten (US6218168B1) .
Ein weiterer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass es im Unterschied zu bekannten Verfahren (EP1389427) bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht notwendig ist, reduzierende Agenzien wie Vitamin C, Vitamin E oder Ameisensäure und deren Salze, zur Stabilisierung von L-Cystein während des Prozesses zuzugeben.
Die Cystein-Bildungsphase des erfindungsgemäßen Fermentations- verfahrens beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem erstmals L™
Cystein in der Kulturbrühe nachgewiesen werden kann und dauert bis zum Ende der Kultivierung an. Typischerweise beginnt diese Phase 2 Stunden nach der Inokulation des Produktionsfermen- ters .
Im Unterschied zu im Stand der Technik beschriebenen Verfahren (US2003/0077766A1, EP2133429A1, US2010/0093045A1) werden mit dem e findungsgemäßen Fermentationsverfahren Zelldichten von mindestens 20 g/1, bevorzugt von mindestens 30 g/1, besonders bevorzugt von mindestens 40 g/1 Biotrockenmasse und volumetri- sche Produktausbeuten von mindestens 10 g/1 Cystein erzielt. Als Mikroorganismen für das erfindungsgemäße Verfahren können alle im Stand der Technik beschriebenen Cystein-produzierenden Stämme eingesetzt werden. Derartige Stämme sind beispielsweise
offenbart in US6218168B1, US5972663A, US200403S352A2 ,
CA2386539A2, US2009053778A2 und EP2138585A1.
Als Mikroorganismenstamm bevorzugt sind Vertreter aus der Familie der Enterobacteriaceae, besonders bevorzugt Vertreter der Gattungen Escherichia oder Pantoea, ganz besonders bevorzugt sind Stämme der Spezies E. coli oder p. ananatis .
Von diesen Mikroorganismenstämmen sind wiederum Stämme bevorzugt, die entweder eine veränderte Serin-O-Acetyl-Transferase besitzen, die im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 2 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein aufweist, oder die durch Überexpression eines Effluxgens einen um mindestens den Faktor 2 erhöhten Cystein- Export aus der Zelle im Vergleich zu einer Wildtypzelle auf- weisen. Besonders bevorzugte Mikroorgani menstämme sind solche, die sowohl eine Serin-O-Acetyl-Transferase besitzen, die im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 2 verminderte Feedback-Hemmung durch L- Cystein aufweist, als auch durch Überexpression eines Efflux- gens einen um mindestens den Faktor 2 erhöhten Cystein-Export aus der Zelle im Vergleich zu einer Wildtypzelle aufweisen. Derartige Stämme sind beispielsweise aus US6218168B1 und
US5972663A bekannt. Ganz besonders bevorzugte Stämme sind solche, die zusätzlich eine veränderte 3 -Phosphoglycerat-Dehydro- genäse mit einer im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym um mindestens den Faktor 2 verminderten Feedback- Hemmung durch L- Serin besitzen (US7582460B2) und bei denen mindestens ein L-Cystein-abbauendes Enzym soweit abgeschwächt ist, dass in der Zelle nur noch maximal 50 % dieser Enzym- Aktivität im Vergleich zu einer Wildtypzelle vorhanden ist.
Bevorzugte Varianten der Serin-O-Acetyl-Transferase weisen im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, ganz besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 50 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein auf.
Das Effluxgen stammt vorzugsweise aus der Gruppe ydeD
(US5972663A) , yfiK (US2004038352A2) , cydDC {WO2004113373 ) , bcr
(US2005221453) und emrAB (US2005221453 ) von E. coli oder dem entsprechend homologen Gen aus einem anderen Mikroorganismus . Unter einem homologen Gen ist zu verstehen, daß die Sequenz dieses Gens zu mindestens 80 % mit der DNA-Sequenz des ent- sprechenden E. coli-Gens übereinstimmt.
Die Überexpression eines Effluxgens führt im Vergleich zu einer Wildtypzelle bevorzugt zu einem um mindestens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 20 erhöhten Cystein-Export aus der Zelle.
Bevorzugte Varianten der 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase weisen im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, ganz besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 50 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Serin auf.
Das L-Cystein-abbauende Enzym stammt vorzugsweise aus der Gruppe Tryptophanase (TnaA) und Cystathionine-ß -Lyase (MalY, MetC) .
Besonders bevorzugt sind solche Stämme, in denen mindestens eines dieser Enzyme soweit abgeschwächt ist, dass in der Zelle nur noch maximal 10 % der Enzym-Aktivität im Vergleich zu einem Wildtypstamm vorhanden ist. Ganz besonders bevorzugt sind Stämme, in denen mindestens eines dieser Enzyme völlig inaktiviert ist.
Unter einem Produktionsfermenter ist im Sinn der vorliegenden Erfindung vorzugsweise ein Fermenter mit einem Nennvolumen ^ 1 m3 zu verstehen. Besonders bevorzugt wird ein Fermenter mit einem Nennvolumen ä 5 m3, ganz besonders bevorzugt mit einem Nennvolumen ^ 50 m3 verwendet.
Die Kultivierung der Zellen bei der L-Cystein-Produktion wird unter aeroben Wachstumsbedingungen durchgeführt, d.h. in Gegenwart von Sauerstoff. Der Sauerstoff -Gehalt während der Produktionsphase der L-Cystein~Fermentation sollte bei 30 bis 1%
02-Sättigung, bevorzugt bei 10 bis 1%, besonders bevorzugt bei 5 bis 1% liegen.
Als Kohlenstoffquelle dienen vorzugsweise Zucker, Zuckeralko- hole, organische Säuren oder zuckerhaltige Pflanzenhydrolysa- te. Besonders bevorzugt werden im erfindungsgemäßen Verfahren als Kohlenstoffquelle Glukose, Fruktose, Laktose, Glycerin o- der Gemische, die zwei oder mehr dieser Verbindungen enthalten, eingesetzt.
Bevorzugt wird die Kohlenstoffquelle der Kultur so zudosiert, dass der Gehalt der Kohlenstoffquelle im Fermenter während der Cystein-Produktionsphase 10 g/1 nicht übersteigt. Bevorzugt ist eine maximale Konzentration von 2 g/1, besonders bevorzugt von 0,5 g/1, ganz besonders bevorzugt von 0,1 g/1.
Als SSF-Quelle werden im erfindungsgemäßen Verfahren vorzugsweise Ammoniak, Ammoniumsalze oder Proteinhydrolysate verwendet. Bei Verwendung von Ammoniak als Korrekturmittel zur pH- Statisierung wird während der Fermentation regelmäßig diese N- Quelle nachdosiert.
Als weitere Medienzusätze können Salze der Elemente Phosphor, Chlor, Natrium, Magnesium, Stickstoff, Kalium, Calcium, Eisen und in Spuren {d.h. in μΜ Konzentrationen) Salze der Elemente Molybdän, Bor, Kobalt, Mangan, Zink und Nickel zugesetzt werden. Erfindungsgemäß ist es wichtig, dass für die L-Cystein- Fermentation die Eisenkonzentration des Mediums unter 8 mg/1, bevorzugt unter 4 mg/1, besonders bevorzugt unter 2 mg/1 liegt. Eine Eisenkonzentration von 0,2 mg/1 sollte nicht unterschritten werden.
Des Weiteren können organische Säuren (z.B. Acetat, Citrat) , Aminosäuren (z.B. Isoleucin) und Vitamine (z.B. Bl, B6) dem Medium zugesetzt werden.
Als komplexe Nährstoffquellen können z.B. Hefeextrakt, Mais- quellwasser, Sojamehl oder Malzextrakt zum Einsatz kommen.
Die Inkubationstemperatur für mesophile Mikroorganismen wie z.B. E. coli oder P. ananatis beträgt vorzugsweise 15 - 45 °C, besonders bevorzugt 30 - 37 °C.
Der pH-Wert des Fermentationsmediums liegt während der Fermentation bevorzugt im pH-Bereich von 5,0 bis 8,5, besonders bevorzugt ist ein pH-Wert von 7,0. Für die Herstellung von L-Cystein und L-Cystein-Derivaten muss während der Fermentation eine Schwe elquelle zugefüttert werden. Bevorzugt kommen dabei Sulfate oder Thiosulfate zum Einsatz. Für die L~Cystein- Fermentation sollte die Thiosulfat- Konzentration des Mediums unter 5 g/1, bevorzugt unter 3 g/1, besonders bevorzugt unter 1 g/1, ganz besonders bevorzugt unter 0,5 g/1 liegen, jedoch 0,1 g/1 nicht unterschreiten.
Mikroorgan smen, die nach dem beschriebenen Verfahren fermentiert werden, sezernieren in einem Batch- oder Fedbatch- Prozess nach einer Anwachsphase in einem Zeitraum von 2 bis 30 Stunden L-Cystein und davon abgeleitete Verbindungen in hoher Effizienz in das Kulturmedium.
Zur weiteren Aufreinigung des Zielprodukts können folgende Schritte durchgeführt werden:
- Separatorschritt zur Abtrennung der Zellen und des als Präzipitat vorliegenden L-Cystins
- Isolierung des L-Cysteins durch Ionentauscheradsorption
- Fällungskristallisation
Derartige Verfahren sind aus dem Stand der Technik bekannt.
Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung .
Beispiel 1: Erzeugung von Cystein-Produktionsstämmen
Es wurden die Wildtyp-Stämme E. coli W3110 (ATCC 27325} und P. ananatis (ATCC 11530) jeweils mit dem Plasmid
pACYC184/cysEX-GAPDH-ORF306 {offenbart in Beispiel 2 von
US59726S3A) mittels Elektroporation wie in US5972663A beschrieben transformiert. Das Plasmid pACYC184/cysEX-GAPDH~ ORF306 enthält neben dem Replikationsursprung und einem Tetra- cyclin-Resistenzgen auch noch das cysEX-Allel, das für eine Serin-O-Acetyl-Transferase mit einer verminderten Feedback- Hemmung durch L-Cystein kodiert sowie das Effluxgen ydeD
(ORF306) , dessen Expression durch den konstitutiven GAPDH- Promotor gesteuert wird.
Die Selektion auf Plasmid- tragende Zellen erfolgte auf LB- Agarplatten, die 15 mg/1 Tetracyclin enthielten.
Nach einer erneuten Plasmidisolierung mittels dem QIAprep Spin Plasmid Kit (Qiagen GmbH) und einer Restriktionsanalyse wurden die gewünschten Transformanden, d.h. Zellen, die das Plasmid pACYC184/cysEX-GAPDH-ORF306 aufgenommen haben, isoliert und in der Fermentation eingesetzt, wie dies in Beispiel 2 beschrieben ist.
Beispiel 2 : Kultivierung der Cystein-Produktionsstämme bei un- terschiedlicher Versorgung mit Eisensulfat-Heptahydrat
Zum Nachweis der Cystein-Produktion wurden die in Beispiel 1 beschriebenen Mikroorganismen in Fermentern im Fed-Batch- odus mit kontinuierlicher Glukose- und Thiosulfat-Fütterung kultiviert. Als Produktionsfermenter dienten Bioreaktoren mit einem Nennvolumen von 5 m3. Das Animpfmaterial für die Produktions - fermenter wurde in einer zweistufigen Vorkulturführung bereitgestellt .
Vorkultur 1 {Schüttelkolben) :
Je 400 ml LB-Medium mit 15 mg/1 Tetracyclin wurden in zehn Er- lenmeyerkolben (2000 ml) mit dem jeweiligen Stamm {E, coli 3110 pACYC18 /cysEX-GAPDH-ORF306 bzw. P. ananatis
pACYC184/cysEX-GAPDH-ORF306) beimpft und für sieben Stunden auf einem Schüttler {150 rpm, 30°C) inkubiert.
Vorkultur 2 {Vorfermenter ) :
Anschließend wurde die Vorkultur 1 aus zehn Erlenmeyerkolben vereinigt. 4 1 Vorkultur 1 wurden in eine sterile Impfflasche
überführt und vollständig in den Vorfermenter mit einem Nennvolumen von 500 1 gepumpt. Das Fermentationsmedium {200 1) enthält 20 g/1 Glukose, 10 g/1 Trypton (Difco) , 5 g/1 Hefeextrakt {Difco) , 5 g/1 (NH4)2S04, 1,5 g/1 KH2P04, 0,5 g/1 NaCl, 0,3 g/1 MgS04 x 7 H20, 0,015 g/1 CaCl2 x 2 H20, 0,002 g/1 FeS04 x 7 H2Q, 1 g/1 Na3Citrat x 2 H20, 0,005 g/1 Vitamin Bl, 1 ml/1 Spurenelementlösung (bestehend aus 0,15 g/1 Na2Mo04 x 2H20, 2,5 g/1 H3B03, 0,7 g/1 CoCl2 x 6 H20, 0,25 g/1 CuS04 x 5 H20, 1,6 g/1 MnCl2 x 4 H20, 0,3 g/1 ZnS04 x 7 H20} und 15 mg/1 Tetracyc- lin.
Der pH-Wert im Vorfermenter wurde vor der Inokulation mit einer 25% NH4OH-Lösung auf 7,0 eingestellt. Während der Fermentation wurde der pH-Wert durch automatische Korrektur mit 25% NH4OH auf einem Wert von 7,0 gehalten. Die Kulturen wurden mit 200 rpm gerührt und zu Beginn mit 0,5 vvm einer über einen
Sterilfilter entkeimten Druckluft begast. Unter diesen Startbedingungen war die Sauerstoff-Sonde vor der Inokulation auf 100% Sättigung kalibriert worden. Der Soll-Wert für die 02- Sättigung während der Fermentation wurde auf 30 + 1%, einge- stellt. Nach Absinken der 02-Sättigung unter den Soll-Wert wurde eine Regula ionskaskade gestartet, um die 02-Sättigung wieder an den Soll-Wert heranzuführen. Dabei wurde die Gaszufuhr kontinuierlich auf max. 2 vvm erhöht.
Die Kultivierung wurde bei einer Temperatur von 30°C und einem Druck von 50 kPa für 15 h durchgeführt. Nach dieser Inkubation lag die optische Dichte bei 600 nm {OD60o) zwischen 18 und 20.
Hauptkultur (Produktionsfermenter) :
Die Fermentation wurde in Fermentern mit einem Nennvolumen von 5 m3 durchgeführt. Das Fermentationsmedium (2300 1) enthält 15 g/1 Glukose, 10 g/1 Trypton (Difco) , 5 g/1 Hefeextrakt
(Difco), 5 g/1 (NH4)2S04, 1,5 g/1 KH2P04, 0,5 g/1 NaCl, 0,3 g/1 MgS04 x 7 H20, 0,015 g/1 CaCl2 x 2 H20, 1 g/1 Na3Citrat x 2 H20 und 1 ml Spurenelementlösung (siehe oben), 0,005 g/1 Vitamin Bl und 15 mg/1 Tetracyclin. Je nach Versuchsansatz wurde das
Medium mit 75 mg/1, 40 mg/1, 20 mg/1, 10 mg/1, 3 mg/1 oder 0,5 mg/1 FeS04 x 7 H20 supplementiert . Der pH-Wert im Produktions·~ fermenter wurde vor der Inokulation durch Zupumpen einer 25%
NH4OH-Lösung auf 7,0 eingestellt. Während der Fermentation wurde der pH-Wert durch automatische Korrektur mit 25% NH4OH auf einem Wert von 7,0 gehalten. Zum Animpfen wurden 200 1 der Vorkultur 2 in den Fermenterkessel gepumpt. Das Anfangsvolumen betrug somit etwa 2500 1. Die Kulturen wurden zu Beginn mit
120 rpm gerührt und mit 1,5 vvm einer über einen Sterilfilter entkeimten Druckluft begast. Unter diesen Startbedingungen war die Sauerstoff-Sonde vor der Inokulation auf 100% Sättigung kalibriert worden. Der Soll-Wert für die 02-Sättigung während der Fermentation wurde auf 30 ± 1%, eingestellt. Nach Absinken der 02-Sättigung unter den Soll-Wert wurde eine Regulations- kaskade gestartet, um die 02-Sättigung wieder an den Soll-Wert heranzuführen. Dabei wurde zunächst die Gaszufuhr kontinuierlich erhöht (auf max. 2 vvm) und anschließend die Rüh ge- schwindigkeit (auf max. 300 rpm) kontinuierlich gesteigert.
Die Fermentation wurde bei einer Temperatur von 30°C und einem Druck von 50-60 kPa durchgeführt. Nach 2 h Fermentationszeit erfolgte die kontinuierliche Zufütterung einer Schwefelquelle in Form einer sterilen 60 % Natrium-Thiosulfat x 5 H20 - Stammlösung. Die Fütterungsrate wurde so eingestellt, dass die Thiosulfatkonzentration im Medium zu keiner Zeit 5 g/1 überstieg. Sobald der Glukose-Gehalt im Fermenter von anfänglich 15 g/1 auf ca. 2 g/1 abgesunken war, erfolgte eine kontinuierliche Zudosierung einer 56% Glukose-Lösung . Die Fütterungsrate wurde so eingestellt, dass die Glukosekonaentration im Fermenter 10 g/1 fortan nicht mehr überstieg. Die Glukose-Bestimmung wurde mit einem Glukoseanalysator der Firma YSI (Yellow
Springs, Ohio, USA) durchgeführt.
Die Fermentationsdauer betrug 24 Stunden. Danach wurden in al- len Fermentern Zelldichten von 40 bis 45 g/1 Biotrockenmasse bestimmt .
Am Ende der Fermentation wurden Proben entnommen und der Gehalt von L~Cystein und den davon abgeleiteten Derivaten im Kulturüberstand (L-Cystin und Thiazolidin) und im Niederschlag (L-Cystin) jeweils getrennt voneinander bestimmt (s. Tabellen 1 und 2) . Zu diesem Zweck wurde prinzipiell der colorimetri- sche Ninhydrin-Test von Gaitonde verwendet (Gaitonde, M. K. (1967), Biochem. J. 104, 627-633). Dabei ist zu beachten, dass
unter den stark sauren Reaktionsbedingungen des Tests nicht nur freies L-Cystein, sondern auch das im Thiazolidin gebundene L-Cystein mit erfasst und quantifiziert wird. Im Kultur~ überstand gelöstes L-Cystin wird im Ninhydrin-Test von Gaiton- de nach Reduktion mit Dithiothreitol (DTT) in verdünnter Lösung bei pH 8,0 ebenfalls als L-Cystein nachgewiesen. Das im Niederschlag befindliche L-Cystin musste zuerst in 8% Salzsäure aufgelöst werden, bevor es auf dieselbe Art quantifiziert werden konnte .
Zur differentiellen Quantifizierung der im Kulturüberstand gelösten Komponenten L-Cystein, L-Cystin und Thiazolidin wurden zusätzlich zwei weitere Testmethoden angewandt: Die Quantifizierung von freiem L-Cystein erfolgte durch den von Sang-Han Lee et al . (1995, Biochemical and Biophysical Research Commu- nications 213, 837ff) beschriebenen Test mittels 5,5'-
Dithiobis-2~nitrobenzoesäure (DTNB) , womit freie SH-Gruppen spezifisch nachgewiesen werden können. Die Differenzierung von L-Cystein und den Derivaten L-Cystin und Thiazolidin erfolgte mittels einer HPLC-Methode , wie in Daßler et al . {2000,
Molecular Microbiology 36, llOlff) beschrieben.
Tabelle 1 : Gehalt von L-Cystein und. L-Cystein-Derivaten in der Kulturbrühe von E. coli nach 24 h in Abhängigkeit von der Eisenkonzentration im Medium
1 : L-Cystein im Überstand (DTNB-Test)
2 : gelöstes L-Cystin im Überstand (HPLC)
3: Thiazolidin im Überstand (HPLC)
4 : L-Cystin im Niederschlag
5: Anteil von L-Cystein am Gesamtcystein
Tabelle 2 : Gehalt von L-Cystein und L-Cystein-Derivaten in der Kulturbrühe von P. ananatis nach 24 h in Abhängigkeit von der Eisenkonzentration im Medium
L-Cystein im überstand (DTNB-Test)
gelöstes L-Cystin im Uberstand (HPLC)
Thiazolidin im Überstand (HPLC)
L-Cystin im Niederschlag
Anteil von L-Cystein am Gesamtcystein