Abgasturbolader für eine Brennkraftmaschine und Verfahren zum Betrieb eines Abgasturboladers
Die Erfindung betrifft einen Abgasturbolader für eine Brennkraftmaschine und ein Verfahren zum Betrieb eines Abgasturboladers nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bzw. des Anspruchs 6.
Abgasturbolader werden sowohl bei fremdgezündeten als auch bei selbstzündenden Brennkraftmaschinen zur Erhöhung der Zylinderladung eingesetzt. Die Erhöhung der Zylinderladung führt neben einer Leistungssteigerung zu einer Steigerung des Verbrennungsluftverhältnisses und damit bei selbstzündenden Brennkraftmaschinen zu einer Reduzierung der Russbildung im unteren und mittleren Last- und Drehzahlbereich und kann, je nach Verbrennungstemperatur, eine Reduzierung der Stickoxidemission zur Folge haben.
Abgasturbolader bestehen in der Regel aus zwei über eine feste Welle gekoppelten Strömungsmaschinen, einer Turbine, die über den expandierenden Abgasmassenstrom der Brennkraftmaschine beaufschlagt wird und einem Verdichter, der über eine drehbar gelagerte Welle von der Turbine angetrieben wird und angesaugte Luft komprimiert . Da Strömungsmaschinen ein anderes Betriebverhalten als Brennkraftmaschinen aufweisen, gilt es den Abgasturbolader und/oder seine Peripherie so zu gestalten, dass sowohl im
niedrigen als auch im oberen Last- und Drehzahlbereich für das gewünschte Betriebsverhalten der Brennkraftmaschine vom Abgasturbolader ausreichend Luft zur Verfügung gestellt wird.
Der Abgasturbolader reagiert aufgrund seines Massenträgheitsmomentes bei plötzlicher Steigerung der Last und/oder Drehzahl der Brennkraftmaschine verzögert. Dieses verzögerte Ansprechverhalten ist unter dem geläufigen Namen „Turboloch" bekannt und zeichnet sich dadurch aus, dass der Abgasturbolader der Brennkraftmaschine für den entsprechenden Betriebspunkt zu wenig Luft zur Verfügung stellt. Das schlechte Ansprechverhalten bewirkt im Instationärbetrieb der Brennkraftmaschine neben einer ungenügenden Beschleunigung einen hohen Kraftstoffverbrauch, der mit der Beseitigung des schlechten Ansprechverhaltens reduziert werden kann.
Wird der Abgasturbolader für den Nennleistungspunkt der Brennkraftmaschine ausgelegt, so ist er in der Regel für ein schnelles Ansprechen im unteren und mittleren Last- und Drehzahlbereich zu groß ausgelegt und liefert aufgrund seines Massenträgheitsmomentes unbefriedigende Ergebnisse des Betriebsverhaltens der Brennkraftmaschine hinsichtlich Motor- Drehmoment, Agilität und Verbrauch. Unterschiedliche Ansätze versuchen das Ansprechverhalten des Abgasturboladers im genannten Bereich zu verbessern.
Einer der Ansätze ist dabei die Kopplung des Abgasturboladers mit einer elektxischen Maschine. Die elektrische Maschine ist starr mit dem Abgasturbolader verbunden und beschleunigt diesen bei Bedarf. Die erforderlichen Leistungen liegen für beispielsweise einen Vierzylindermotor bei etwa 1-2 kW. Aktuelle Kraftfahrzeug-Bordnetze stoßen dabei an ihre Leistungsgrenze. Ein großer Teil der eingespeisten Energie dient der Eigenbeschleunigung der elektrischen Maschine. Der
mit dem Abgasturbolader verbundene Rotor der elektrischen Maschine reduziert aufgrund seines Trägheitsmomentes die Dynamik des Abgasturboladers im nichtunterstützten Betriebsbereich.
Aus der gattungsbildenden Druckschrift EP 0 420 705 Bl geht ein Motor mit einem Abgasturbolader hervor, wobei der Motor eine Kraftabgabewelle mit einem Schwungrad aufweist, das über ein Zahnrad mit einer rotierbaren Elektromaschine gekoppelt ist. Zusätzlich zum Abgasturbolader weist der Abgasstrang stromab des Abgasturboladers eine Turbine mit einer rotierbar gelagerten Welle auf. Auf der drehbaren Welle der Turbine ist ein Generator zur Erzeugung elektrischer Energie montiert . Diese elektrische Energie wird in eine Batterie gespeist. Die Batterie treibt bei Bedarf die rotierbare Elektromaschine an, die wiederum über die Zahnrad-Schwungrad-Verbindung den Motor antreibt. Auf die drehbare Welle der Turbine ist zusätzlich ein Zahnrad montiert, das operativ mit dem Schwungrad in Verbindung steht . Über ein Kupplung kann die Verbindung der Welle mit der Kraftabgabewelle des Motors getrennt und verbunden werden.
Der in obiger Veröffentlichung offenbarte Motor umfasst neben einer Turbine, die Bauteil des Abgasturboladers zur Aufladung des Motors ist, eine zweite Turbine und - neben der rotierbaren Elektromaschine - einen auf der Welle der zweiten Turbine montierten Generator. Er umfasst des Weiteren Mittel zur Verbindung des Schwungrades der Antriebswelle des Motors mit der rotierbaren Elektromaschine und mit der zweiten Turbine. Die genannten Bauteile führen neben einem großen Bauraumbedarf zu einem großen Gesamtgewicht des Motors.
Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, das transiente Ansprechverhalten eines Abgasturboladers zu verbessern,
derart, dass im Antriebssystem bereits vorhandene Energiequellen eingesetzt werden. Des Weiteren soll im hohen Lastbereich der Brennkraftmaschine überschüssige Abgasenergie nutzbar gemacht werden. Ferner ist es Aufgabe hierfür ein Verfahren anzugeben.
Diese Aufgabe wird gelöst durch die Erfindung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Erfindungsgemäß ist der Abgasturbolader von der elektrischen Maschine oder die elektrische Maschine von dem Abgasturbolader betreibbar.
In einer weiteren Ausführung nach Anspruch 2 ist zur Übersetzung der Drehzahl der elektrischen Maschine oder des Abgasturboladers ein Getriebe zwischen der elektrischen Maschine und dem Abgasturbolader vorgesehen.
In einer weiteren Ausführung nach Anspruch 3 ist der Abgasturbolader über ein Kupplung mit der elektrischen Maschine koppel- bzw. entkoppelbar.
In einer weiteren Ausführung nach Anspruch 4 ist zum Überholen der Drehzahl von der Übertragungseinheit oder der elektrischen Maschine zwischen der Übertragungseinheit und der elektrischen Maschine ein Freilauf vorgesehen.
In einer weiteren Ausführung nach Anspruch 5 ist die elektrische Maschine wie ein üblich verbauter Generator (Lichtmaschine) betreibbar.
In dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Betrieb des Abgasturboladers nach Anspruch 6 wird in den Betriebsbereichen der Brennkraftmaschine unter Lastanforderung die elektrische Maschine an den Abgasturbolader gekoppelt und der Abgasturbolader von der
elektrischen Maschine beschleunigt.
In einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 7 wird im Betriebsbereich der
Brennkraftmaschine unter Lastanforderung und kleiner Drehzahl die elektrische Maschine an den Abgasturbolader gekoppelt und der Abgasturbolader von der elektrischen Maschine beschleunigt, wobei der Freilauf von der Übertragungseinheit entkoppelt ist .
In einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 8 wird im Betriebsbereich der
Brennkraftmaschine unter Lastanforderung und hoher Drehzahl die elektrische Maschine an den Abgasturbolader gekoppelt und der Abgasturbolader von der elektrischen Maschine beschleunigt, wobei die elektrische Maschine über eine Übertragungseinheit von einer Antriebswelle der Brennkraftmaschine betrieben wird.
In einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 9 wird in den Betriebsbereichen in denen die elektrische Maschine nicht über die Kupplung an den Abgasturbolader gekoppelt ist, die elektrische Maschine von der Brennkraftmaschine angetrieben und erzeugt Strom.
In einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 10 wird im Betriebsbereich der Brennkraftmaschine bei hoher Teillast und Volllast zur Energiegewinnung aus der Abgasenthalpie die elektrische Maschine an den Abgasturbolader gekoppelt und von dem Abgasturbolader angetrieben.
Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden nachfolgend beschrieben.
Der in der Zeichnung schematisch vereinfacht dargestellte Abgasturbolader 1 einer nicht näher dargestellten Brennkraftmaschine, beispielsweise ein Otto- oder ein Dieselmotor, weist einen Verdichter 2 in einem nicht näher dargestellten Ansaugtrakt der Brennkraftmaschine zum Ansaugen und Komprimieren von Verbrennungsluft und eine Turbine 3 in einem nicht näher dargestellten Abgasstrang der Brennkraftmaschine auf . Die Turbine 3 wird über die Abgase der Brennkraftmaschine betrieben und treibt den Verdichter 2 an. Der Verdichter 2 ist über eine Welle 4 mit einer Wellenachse 20 mit der Turbine 3 verbunden. Eine Rotationsachse 10 einer elektrischen Maschine 7 liegt koaxial zur Wellenachse 20 der Welle 4.
Dem Abgasturbolader 1 ist verdichterseitig auf einer Verdichterwelle 23 des Verdichters 2 ein Getriebe 5 mit einer Getriebeübersetzung ifje zugeordnet. An dem verdichterabgewandten Ende des Getriebes 5 ist über eine Getriebewelle 24 eine Kupplung 6 zur Koppelung des Getriebes 5 mit der elektrischen Maschine 7 vorgesehen. Die elektrische Maschine 7 ist an dem getriebeabgewandten Ende der Kupplung 6 an einer Kupplungswelle 25 der Kupplung 6 vorgesehen. In einer Abwandlung der Anordnung kann das Getriebe 5 auch zwischen der elektrischen Maschine 7 und dem Verdichter 2 derart angeordnet sein, dass die Kupplung 6 dem Abgasturbolader 1 verdichterseitig zugeordnet ist, wobei das Getriebe 5 dann zwischen der elektrischen Maschine 7 und der Kupplung 6 liegt.
An einem kupplungsabgewandten Ende 30 der elektrischen Maschine 7 ist eine Übertragungseinheit 9 zur Verbindung der elektrischen Maschine 7 mit einer Antriebswelle 31 der Brennkraftmaschine vorgesehen. Zwischen der Übertragungseinheit 9 und der elektrischen Maschine 7 ist ein
Freilauf 8 an einer Antriebswelle 26 der elektrischen Maschine 7 angeordnet. Der Freilauf 8 führt über eine Freilaufwelle 27 zur Übertragungseinheit 9. Beispielsweise stellt die Übertragungseinheit 9 eine Riemenscheibe der Brennkraftmaschine dar, die über einen Keilriemen 29 mit der Antriebswelle 31 der Brennkraftmaschine verbunden ist. Ebenso kann die Übertragungseinheit 9 ein Zahnrad darstellen, das über eine Kette mit der Antriebswelle 31 der Brennkraftmaschine verbunden ist.
Die elektrische Maschine 7 ist sowohl als Generator als auch als Motor betreibbar und speist im Generatorbetrieb die gewonnene Energie beispielsweise an ein Bordnetz 40 eines nicht näher dargestellten Kraftfahrzeuges oder beispielsweise bei stationären Brennkraftmaschinen in ein Netz einer Energieversorgungsanlage. Bei der elektrischen Maschine 7 handelt es sich um einen den üblicherweise verbauten Generatoren (Lichtmaschinen) ähnlichen Generator (Lichtmaschine) der Brennkraftmaschine.
Der Freilauf 8 ermöglicht den beiden über den Freilauf 8 mit den Wellen 26 und 27 miteinander gekoppelten Elementen, der elektrischen Maschine 7 und der Übertragungseinheit 9, unabhängig voneinander unterschiedliche Drehzahlen anzunehmen, derart, dass ein Überholen der Drehzahl eines der beiden Elemente 7,9 - je nach Betriebsweise der elektrischen Maschine 7 - möglich ist.
Bei Betrieb des erfindungsgemäßen Abgasturboladers 1 in den Betriebsbereichen der hohen Teillast und Volllast der Brennkraftmaschine ist die elektrische Maschine 7 über die Kupplung 6 und das Getriebe 5 an den Abgasturbolader 1 gekoppelt und wird vom Abgasturbolader 1 angetrieben, wobei die elektrische Maschine 7 in ihrer Funktion als Generator
Energie aus der am Abgasturbolader 1 überschüssigen Abgasenthalpie gewinnt .
Bei einer Lastanforderung mit einer kleinen Drehzahl der Brennkraftmaschine ist die elektrische Maschine 7 über die Kupplung 6 und das Getriebe 5 an den Abgasturbolader 1 gekoppelt und beschleunigt ihn. Die elektrische Maschine 7 arbeitet dann als Antriebsmotor für den Abgasturbolader 1. Ist die Drehzahl nATTj des Abgasturboladers 1 in Abhängigkeit des Übersetzungsverhältnisses ite des Getriebes 5 größer oder gleich einer Maximaldrehzahl nemax der elektrischen Maschine 7, wird die Kupplung 6 geöffnet und der Abgasturbolader 1 ausschließlich über das Abgas beaufschlagt. Die elektrische Maschine 7 ist bei diesem Vorgang über den Freilauf 8 von der Übertragungseinheit 9 entkoppelt.
Bei einer Lastanforderung mit einer großen Drehzahl der Brennkraftmaschine ist die elektrische Maschine 7 über die Kupplung 6 und das Getriebe 5 an den Abgasturbolader 1 gekoppelt und beschleunigt ihn. Die elektrische Maschine 7 ist dabei über den Freilauf 8 mit der Übertragungseinheit 9 und dadurch mit der Antriebswelle 31 der Brennkraftmaschine gekoppelt und der Abgasturbolader 1 wird - prinzipiell ähnlich einer mechanischen Aufladung - indirekt von Antriebswelle der Brennkraftmaschine betrieben.
Ist die Drehzahl nATIj des Abgasturboladers 1 in Abhängigkeit des Übersetzungsverhältnisses iüe des Getriebes 5 größer oder gleich einer Maximaldrehzahl ne a der elektrischen Maschine 7 , wird die Kupplung 6 geöffnet und der Abgasturbolader 1 ausschließlich über das Abgas beaufschlagt. Ein Zusatzantrieb der elektrischen Maschine 7 entfällt dabei.
In den übrigen Betriebsbereichen der Brennkraftmaschine ist die Kupplung 6 geöffnet und der Abgasturbolader 1 von der elektrischen Maschine 7 entkoppelt .