Verbindungen und Verfahren zur Immunsuppression
Die vorliegende Erfindung betrifft die Beeinflussung des Immunsystems bzw. der durch das Immunsystem vermittelten Abstoßungsreaktion zwischen einem Transplantat und einem Empfänger, sowie bei Autoimmunkrankheiten.
Wesentliche Reaktionen des Immunsystems werden durch die in der Zellmembran verankerten HLA - Moleküle (humane Leukozyten- Antigene), die durch den humanen MHC kodiert werden, vermittelt. Die HLA-Moleküle spielen innerhalb der adaptiven Immunabwehr eine zentrale Rolle, da sie Antigene in Form kleiner Peptide gegenüber anderen Zellen des Immunsystems präsentieren, was einen Schritt der Wechselwirkung zur Auslösung der Immunabwehr darstellt.
Die HLA-Moleküle der Klasse I (HLA I) sind auf der Oberfläche aller Zellen vorhanden und präsentieren Peptide aus zellintern synthetisierten Proteinen, die zu Bruchstücken von ca. 9 bis 11 Aminosäuren degradiert wurden. HLA I treten in Wechselwirkung mit CD8+ zytotoxischen T-Zellen (T-Killerzellen). Die Peptide, die von HLA I präsentiert werden,
können beispielsweise aus natürlichen Zellproteinen stammen, oder aus viralen Proteinen, die im Anschluss an eine Nirusinfektion synthetisiert worden sind. Die CD8+ zytotoxischen T- Zellen erkennen einerseits üblicherweise diejenigen von HLA I präsentierten Peptide als fremd, die nicht aus dem eigenen Genom der Zelle selbst stammen, andererseits auch ein dem Organismus fremdes HLA I, ohne dass zusätzlich ein präsentiertes fremdes Peptid erforderlich wäre.
Die Spezifität von HLA I gegenüber den präsentierten Antigenen beruht auf der Wechselwirkung ihrer Peptid-bindenden Region, die aus Teilen der α 1- und α 2- Domäne gebildet wird. Diese Peptid-bindenden α 1- und α 2- Domänen sind insbesondere im Bereich der Peptid-bindenden Region durch einen ausgeprägten Polymorphismus ihrer Aminosäuresequenz gekennzeichnet. Dieser hochgradige Polymorphismus fuhrt dazu, dass innerhalb einer Population eine große Anzahl von HLA I mit verschiedener Spezifität für Peptide, die als Antigen erkannt werden, erreicht wird, sodass verschiedene HLA I - Allele unterschiedliche Bereiche, beispielsweise eines Krankheitserregers, als Antigen erkennen. Dieser Polymorphismus innerhalb einer Population wird dadurch für jedes Individuum , genutzt bzw. verstärkt, dass beispielsweise beim Menschen jedes Individuum ein Allel für HLA I von jedem Elter auf den Oberflächen seiner Zellen exprimiert (Heterozygotie).
Die HLA I-Moleküle weisen eine schwere variable α-Kette auf, die die Peptid-bindenden, hoch polymorphen Regionen α 1 und α 2, sowie eine Domäne α 3 enthält, sowie eine leichte, invariable ß-Kette.
Die Fähigkeit der zytotoxischen T-Zellen, fremde HLA I-Moleküle als fremdes Antigen zu erkennen, fuhrt dazu, dass im Falle der Transplantation fremden Gewebes dessen HLA I vom Immunsystem des Empfängers als fremd erkannt wird und die Immunantwort der zytotoxischen T-Zellen auslöst, die den Zelltod des Transplantats verursacht. Werden andererseits Stammzellen des hämopoetischen Systems in einen Empfänger transplantiert, so erkennen die mittransplantierten CD8+ zytotoxischen T-Zellen die HLA I-Moleküle des Empfängers als fremd und greifen diese an.
Das HLA II - Molekül weist eine α- und eine ß-Kette auf, die Peptidbindung wird durch die Domänen α 1 und ß 1 vermittelt. HLA II ist auf der Oberfläche professionell Antigen präsentierender Zellen vorhanden, beispielsweise Makrophagen, dendritischen Zellen, B-
Lymphozyten, sowie auf aktivierten T-Zellen. HLA II präsentiert extra-zelluläre aufgenommene Antigene mit einer Größe von ca. 15 bis 24 Aminosäuren gegenüber CD4+ T- Zellen oder T-Helferzellen sowie gegenüber CD8+ T-Zellen zu deren Stimulation. Die Wechselwirkung mit CD4+ T-Zellen oder T-Helferzellen führt dann zur Produktion von Antikörpern durch B-Zellen.
Der Polymorphismus von HLA I und HLA II fuhrt dazu, dass nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass innerhalb einer Population zwei Individuen derart ähnliche bzw. gleiche HLA I und/oder HLA II aufweisen, dass sie im Falle einer Transplantation nicht vom jeweils anderen Immunsystem als fremd erkannt werden. Als Konsequenz dieser mangelnden Übereinstimmung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine immunologische Reaktion durch HLA I und/oder HLA II alleine ausgelöst. Die durch HLA vermittelte Abstoßung wird noch dadurch kompliziert, dass im Falle einer Transplantation sowohl die väterlichen als auch die mütterlichen Allele von Transplantat und Empfänger aufeinander abgestimmt sein müssen, um eine immunologische Reaktion zu vermeiden, die gegen das als fremd erkannte HLA I und/oder HLA II gerichtet ist.
Mit Blick auf unerwünschte Immun-Reaktionen bei Transplantationen führt nach bisherigem Kenntnisstand insbesondere eine mangelnde Übereinstimmung der Struktur der ß-Ketten, insbesondere hinsichtlich der von den Genorten DRB1 und DQB1 kodierten Regionen, nämlich HLA-DR und -DQ der ß-Ketten, zu gegenseitigen Abstoßungsreaktionen.
Im Falle von Autoimmun-Erkrankungen wird vermutet, dass die Präsentation körpereigener Peptide, die normalerweise keine Immunantwort auslösen sollten, dennoch zu einer Immunreaktion führt. Dies kann einerseits durch Präsentation von Antigenen, die aus körpereigenen Proteinen entstanden sind, durch HLA I vonstatten gehen. Die anschließende Wechselwirkung mit CD8+ zytotoxischen T-Zellen löst in unerwünschter Weise deren Immunantwort aus, die dann gegen körpereigene Zellen gerichtet ist.
Als weiterer Wirkmechanismus von Autoimmun-Erkankungen wird angenommen, dass auch die Präsentation körpereigener Proteine durch HLA II gegenüber CD4+ T-Zellen oder T- Helferzellen die Aktivierung der Antikörper-Produktion durch B-Zellen auslöst, was ebenfalls zu einer unerwünschten Immun-Reaktion führt, die gegen körpereigene Proteine gerichtet ist. Weiterhin unterstützen die T-Helferzellen CD8+ T-Zellen zur weiteren Entwicklung.
Stand der Technik
Zur Vermeidung einer Abstoßung des Empfängers gegen das Transplantat (Richtung Host versus Graft, HvG) oder des Transplantats gegen den Empfänger (Richtung Graft versus Host, GvH) werden die HLA-Phänotypen von Transplantat und Empfänger analysiert und vorzugsweise im Falle der phänotypischen Übereinstimmung einander zugeordnet, sodass dann eine Transplantation erfolgen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des hohen Polymorphismus der HLA I und HLA II, die überdies in jeweils zwei Allelen vorliegen, nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, eine völlige phänotypische Übereinstimmung zwischen Transplantat und Empfänger auswählen zu können. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die begrenzte Anzahl der zur Nerfügung stehenden Transplantate berücksichtigt wird.
Zur Vermeidung unerwünschter Abstoßungsreaktionen werden bisher immunsupprimierende Mittel verwendet, die die Aktivität des Immunsystems eines Empfängers eines Transplantats soweit reduziert, dass eine Immunreaktion gegen das als fremd zu erkennende Transplantat unterdrückt wird. Auf diese Weise läßt sich zwar einerseits eine Abstoßung des Transplantats verzögern bzw. verhindern, andererseits wird jedoch die Anfälligkeit gegenüber Infekten oder dem Auftreten von Tumoren erhöht.
Die Abstoßung entsteht einerseits aus der durch HLA I vermittelten immunologischen Aktivität der CD 8+ zytotoxischen T-Zellen, andererseits konnte auch gezeigt werden, dass anti-HLA- Antikörper gebildet werden, die auf eine Vermittlung durch HLA II zurückgehen. In der Folge führt bei HvG die zelluläre und humorale Immunantwort des Immunsystems des Empfängers zur Abstoßung bzw. zum Funktionsverlust des Transplantats. Für den Fall der Transplantation von Zellen des Immunsystems richtet sich die zelluläre und/oder humorale Immunantwort des Transplantats gegen alle Zellen des Empfängers (GvH), da diese einen HLA I und/oder HLA II aufweisen, die von den transplantierten Immunzellen als fremdes Antigen erkannt werden.
Mit Bezug auf Autoimmunkrankheiten besteht die bisher angewendete Therapie darin, ebenfalls das Immunsystem soweit zu inaktivieren, dass die immunologische Reaktion gegen körpereigene Zellen in ausreichendem Maße unterdrückt wird. In Einzelfällen, beispielsweise bei Myasthenia gravis, kann auch ein an der Immunreaktion beteiligtes Organ operativ
entfernt werden, wobei jedoch zusätzlich eine immunsupprimierende Therapie erforderlich bleibt.
Genaue Beschreibung der Erfindung
Gegenüber dem bekannten Stand der Technik stellt sich der vorliegenden Erfindung die Aufgabe, die unerwünschten immunologischen Reaktionen bei Transplantationen, beispielsweise in der Richtung GvH oder HvG, sowie von Autoimmun-Erkrankungen zu vermindern, vorzugsweise vollständig zu unterdrücken, wobei die Nachteile der bekannten Verfahren vermieden werden sollen.
Die vorliegende Erfindung stellt in einer ersten Ausführungsform Mittel bereit, die diese unerwünschten Abstoßungsreaktionen zwischen Transplantat und Empfänger vermindern, bis hin zu deren vollständiger Unterdrückung.
In einer weiteren Ausführungsform mit Bezug auf Autoimmunkrankheiten betrifft die Erfindung die Verminderung bzw. Unterdrückung die Expression von HLA I und/oder HLA II des betroffenen Menschen, wobei vorzugsweise nur diejenigen Allele von HLA I und/oder HLA II vermindert bzw. unterdrückt werden, die an der Vermittlung der immunologischen Reaktion beteiligt sind.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, die Expression von HLA I und/oder HLA II zu vermindern, vorzugsweise bis zu deren vollständiger Unterdrückung. Dabei zielt die Erfindung auf die Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II, beispielsweise im Transplantat, sodass bei funkionierender Immunreaktion die Abstoßung vermindert oder verhindert wird. Transplantate können dabei solide Organe, Gewebe oder Zellen, beispielsweise Herz, Lunge, Leber, Niere, Haut oder Zellen des Pankreas, einschließlich jedweder Stammzellen, beispielsweise hämopoetische Stammzellen oder Stammzellen des Pankreas sein.
In einer anderen Ausführungsform der Erfindung wird die Expression der HLA I und/oder HLA II der Zellen des Empfängerorganismus vermindert, vorzugsweise vollständig unterdrückt, wenn das Transplantat Zellen des Immunsystems umfasst. Dies dient beispielsweise bei der hämopoetischen Stammzelltransplantation dazu, die Graft versus Host-
Reaktion zu vermindern, die durch im Knochenmarktransplantat enthaltene T-Zellen verursacht wird.
Zur Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II ist vorgesehen, die Transkription der entsprechenden MHC-Gene zu reduzieren und/oder die Translation der mRNA zu vermindern, die für HLA I und/oder HLA II kodiert. Dabei sieht die Erfindung vor, dass Nukleinsäuren verwendet werden, die durch spezifische Wechselwirkung mit dem für HLA kodierenden Gen oder der entsprechenden mRNA die Expression von HLA vermindern, vorzugsweise vollständig unterdrücken. Diese Wechselwirkung der eingesetzten Nukleinsäure kann Bereiche des betreffenden MHC-Gens oder der mRNA betreffen, die für Aminosäuren kodieren (Exons), oder nicht-translatierte Bereiche, beispielsweise regulatorische Genabschnitte oder Introns.
Erfindungsgemäß kann die Verminderung der Transkription der MHC-Gene dadurch erreicht werden, dass die genomische Kopie des betreffenden MHC-Gens inaktiviert wird, beispielsweise durch Insertion in Bereiche und/oder Deletion von Bereichen der regulatorischen und/oder strukturellen Genabschnitte. Dies kann beispielsweise durch Rekombination mit transfizierten oder transduzierten Nukleinsäuren erfolgen, die bereichsweise homolog zum MHC-Gen sind, jedoch eine Deletion, Insertion oder sonstige beliebige Mutation enthalten, bei deren Einführung die genomische Kopie des MHC-Gens durch Veränderung der regulatorischen Bereiche oder Störung des Strukturgens inaktiviert wird bzw. zu einem nicht-fünktionellen HLA führt.
Die Expression von HLA I und/oder HLA II wird vorzugsweise durch die direkte Einbringung oder die Produktion von hemmenden RNAs erreicht. Dies sind vorzugsweise siRNA oder antisenseRNA. Auf diese Weise wird die weitere Expression derjenigen HLA I und/oder HLA II bis hin zur vollständigen Unterdrückung vermindert, die vom Immunsystem als fremd erkannt werden.
Die Verminderung der Translation der mRNA, die HLA I und/oder HLA II kodieren, kann alternativ durch Transfektion oder Transduktion enzymatisch aktiver RNA, sogenannter Ribozyme erfolgen, die eine oder mehrere spezifische mRNAs degradieren, die für HLA kodieren. Eine solche enzymatisch aktive RNA wird im Rahmen dieser Erfindung auch als hemmende RNA bezeichnet und kann in Form eines Plasmids oder DNA-Konstrukts in die
Zelle eingeführt werden, zum Beispiel durch Transfektion oder durch Transduktion einer Expressionskassette auf einem Vektor, vorzugsweise einem lentiviralen Vektor, von dem die enzymatisch aktive RNA dann in der Zelle transkribiert wird. Alternativ können synthetische Derivate von RNA in Zellen transfiziert werden, beispielsweise Phosphothioate, die nach Art einer antisenseRNA zur Inaktivierung der mRNA fuhren, die für das spezifische HLA kodiert.
Die Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II kann klassenspezifisch sein, d.h. die Expression von HLA I und/oder HLA II komplett vermindern, für den Genort spezifisch sein, d.h. HLA I-A oder HLA I-B oder HLA I-C usw. jeweils in ihrer Expression vermindern, gruppenspezifisch, d.h. bei HLA I für beispielsweise die Gruppe 68, 07 oder 08 spezifisch sein, und/oder allelspezifisch sein, d.h. nur ein spezifisches Allel eines heterozygoten Trägers von HLA I und/oder HLA II in seiner Expression zu vermindern.
Die Auswahl der für die Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II zu verwendenden spezifischen Nukleinsäuren kann von einem Fachmann dadurch vorgenommen werden, dass jeweils für die Klasse, den Genort, die Gruppe und/oder das Allel spezifische homologe Genabschnitte identifiziert werden, die im wesentlichen keine Homologie zu anderen Genen aufweisen, bzw. im Falle hemmender RNAs im wesentlichen keine Homologie zu anderen, innerhalb der Zielzellen synthetisierten mRNAs aufweisen.
Alternativ zur direkten Beeinflussung der MHC-Gene bzw. der Transkription und/oder Translation, die zur Bildung von HLA führt, kann die Expression der an der Bildung der HLA beteiligten Moleküle, beispielsweise Tapasin, TAP etc. vermindert werden. Dies kann analog zum erfindungsgemäßen Verfahren durch den Einsatz hemmender RNAs, die für diese an der Bildung der HLA beteiligten Moleküle spezifisch sind, erzielt werden. In analoger Weise kann auch die Expression des Gens, das ein an der Bildung von HLA beteiligtes Molekül kodiert, durch Rekombination mit spezifischer homologer DNA vermindert werden, die eine zur Inaktivierung des Gens führende Mutation trägt.
Die erfindungsgemäße Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II ist neben der medizinischen Anwendung zur Verhinderung der Abstoßung oder zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten auch dazu geeignet, Verbindungen und Verfahren für experimentelle Untersuchungen in vivo oder in viti'o zur Funktion von HLA I und/oder HLA II bzw. von deren spezifischen Wechselwirkungspartnern bereitzustellen.
In bevorzugter Ausführungsform wird nur die Expression derjenigen Allele von HLA I und/oder HLA II vermindert, vorzugsweise vollständig unterdrückt, die an der Vermittlung der immunologischen Reaktion beteiligt sind. Auf diese Weise wird der Erkennungsmechanismus des Immunsystems nicht vollständig eliminiert, da diejenigen Allele von HLA I und/oder HLA II, die nicht an der Vermittlung der unerwünschten immunologischen Reaktion beteiligt sind, noch ihre natürliche Antigen präsentierende Funktion ausüben können.
In weiter bevorzugter Ausführung betrifft die Erfindung die organspezifische bzw. zelltypspezifische Verminderung bzw. Unterdrückung der Expression von HLA I und/oder HLA II.
In weiter bevorzugter Ausführungsform betrifft die vorliegende Erfindung zusätzlich zur Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II die Expression von HLA-G oder einer funktionellen Variante von HLA-G, die eine Erkennung durch NK-Zellen (natürliche Killerzellen) verhindert. Eine solche fünktionelle Variante im Sinne der Erfindung ist ein an der Zelloberfläche angeordnetes Protein, das diejenigen strukturellen Eigenschaften von HLA I, HLA II oder HLA-G aufweist, die gegen den Angriff von NK-Zellen schützen. Ein Beispiel für eine solche funktioneile Variante von HLA-G ist ein HLA-Molekül, das vom Immunsystem toleriert wird, also z. B. ein HLA des Empfängers im Falle der HvG, im Falle der GvH ein HLA des Transplantats. In weiterer Ausgestaltung der funktionellen Variante von HLA-G ist vorgesehen, ein vom Immunsystem toleriertes HLA als Fusionsprotein mit einem autologen Peptid (vorzugsweise 8 bis 15, bevorzugter 9 Aminosäuren lang) in den immunologisch angegriffenen Zellen herstellen zu lassen, bei dem das autologe Peptid die Peptidbindungsstelle der funktionellen Variante dauerhaft ausfüllt.
Die Expression von HLA-G oder dessen funktioneller Variante ist insbesondere für den Fall vorgesehen, dass die Expression beider Allele von HLA I und/oder HLA II stark vermindert bzw. vollständig unterdrückt wird. Dabei dient die Expression von HLA-G insbesondere dem Schutz solcher Zellen, die kein HLA I exprimieren, gegenüber einem Angriff durch NK- Zellen.
Die Expression von HLA-G in Zellen, deren Expression von HLA I und/oder HLA II vermindert ist, kann ebenso wie die Einbringung der erfindungsgemäßen Nukleinsäure zur
Verminderung der Immunreaktion, an der mindestens ein HLA beteiligt ist, durch bekannte gentechnische Mittel und Verfahren erreicht werden. Bevorzugt ist die Transfektion von Nukleinsäure, beispielsweise mittels der Lipofektion, Elektroporation oder CaPO4-Methode, oder die Transduktion dieser Zellen mit einem Vektor innerhalb eines viralen Partikel s, der eine Expressionskassette enthält, von der HLA-G oder dessen funktioneile Variante produziert werden kann. Besonders bevorzugt ist dabei, einen Promotor zu Regelung der Expression von HLA-G bzw. dessen fünktioneller Variante zu verwenden, der konstitutiv, induzierbar oder reprimierbar ist. Besonders bevorzugt hat dieser Promotor ähnliche oder identische Eigenschaften wie der Promotor, der die Expression hemmender RNAs steuert. Überdies kann die Expressionskassette für HLA-G auf einem gemeinsamen Nukleinsäurekonstrukt mit der Expressionskassette vorliegen, die die hemmenden RNAs kodiert, vorzugsweise auf einem viralen, beispielsweise lentiviralen Vektor.
In einer weiteren Ausführungsform stellt die Erfindung ein Verfahren bereit, um die Expression von HLA I und/oder HLA II zu vermindern, vorzugsweise bis zu deren vollständiger Unterdrückung. Dies kann einen vollständigen Organismus, z.B. einen Menschen oder ein Tier und dessen MHC-Genprodukte betreffen, alternativ jedoch auch ein extrakorporales Organ, das als Transplantat in einen Empfänger eingesetzt wird. In letzterem Falle stellt die Erfindung ein Verfahren zur Transfektion oder Transduktion eines extrakorporalen Organs dar, dessen Zellen zumindest teilweise hemmende RNA unmittelbar oder in Form einer für hemmende RNA kodierenden Expressionskassette aufnehmen. In der Folge weist zumindest ein Teil der Zellen des extrakorporalen Transplantats die hemmende RNA oder eine Expressionskassette auf, die für hemmende RNA kodiert. Ein solches Transplantat kann anschließend in einen Empfänger eingesetzt werden, sodass die zur Transduktion verwendeten viralen Partikel bzw. zu Transformation verwendeten Nukleinsäurekonstrukte im wesentlichen nicht mehr aus dem Transplantat austreten und auf die Zellen des Empfängers übergehen können.
Weiterhin wird auf diese Weise einer Immunreaktion des Empfangers gegen das Transplantat vorgebeugt, das nun eine verminderte Anzahl bzw. keine HLA-Moleküle aufweist, die vom Immunsystem des Empfängers als fremd erkannt werden.
Insbesondere in Verbindung mit der gleichzeitigen oder zeitlich versetzten Transduktion oder Transfektion zumindest eines Teils der Zellen eines Transplantats mit einer
Expressionskassette, die für HLA-G kodiert, kann ein Transplantat erzeugt werden, dass unabhängig von einer Kompatibilität mit dem Immunsystem eines Empfängers in diesen eingesetzt werden kann. Auf diese Weise wird das Problem der immunologischen Abstoßung umgangen, das nach dem Stand der Technik entweder eine möglichst vollständige Übereinstimmung der HLA I und/oder HLA II erforderte und üblicherweise eine ständige Unterdrückung der Aktivität des gesamten Immunsystems des Empfängers. Im Falle zellulärer Transplantate, beispielsweise von Stammzellen, wie denjenigen des Blutsystems, gegebenenfalls mit Ausnahme solcher des Immunsystems, können auf diese Weise Transplantate bereitgestellt werden, die keine inkompatiblen HLA I und/oder HLA II aufweisen und überdies teilbar bzw. in vitro kultivierbar sind.
Die erfindungsgemäße Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II kann durch mehrere an sich bekannte Verfahren erfolgen, von denen die Verwendung von siRNA oder antisenseRNA, die als hemmende RNA in Bezug genommen werden, bevorzugt ist.
Die Einbringung bzw. Produktion von siRNA oder antisenseRNA bzw. von Ribozym in beabsichtigte Zielzellen kann in vitro oder in vivo durch Transfektion synthetisch hergestellter RNA oder eines RNA-Derivats (beispielsweise als Phosphothioat- Verbindung) erfolgen oder durch Transfektion oder Transduktion eines DNA-Konstrukts, das eine Expressionskassette zur Transkription enthält, von welcher die siRNA, Ribozym oder antisenseRNA synthetisiert wird.
Zur Synthese von siRNA kodiert eine solche Expressionskassette die komplementären Stränge der siRNA wobei im Anschluß an den Promotor ein erster Abschnitt den sense- Strang (oder antisense-Strang) der siRNA kodiert, ein zweiter Abschnitt den komplementären antisense-Strang (oder sense-Strang) kodiert und zwischen diesen ein Scharnierbereich (Loop) kodiert wird. Erster und zweiter Abschnitt sind über vorzugsweise 19 bis 29 nt vollständig komplementär zueinander und weisen zusätzlich nicht-komplementäre Bereiche auf, nämlich vorzugsweise der erste Abschnitt in 5', der zweite Abschnitt in 3' mit einer Länge von 1 bis 8, bevorzugt 2 bis 3 Nukleotiden. Der Scharnierbereich hat bevorzugt eine Länge von 4 bis 11 Nukleotiden. Im Anschluß an die Transkription nimmt die RNA durch Hybridisieren des komplementären ersten und zweiten Abschnitts eine Haarnadelstruktur (short hairpin) ein, wobei die nicht-komplementären Bereiche von erstem und zweitem Abschnitt einzelsträngig vorliegen und bei der der Scharnierbereich die Biegung bildet. Durch
partielle Hydrolyse des Scharnierbereichs wird die shRNA in der Zelle zur funktionellen siRNA prozessiert (Castanotto et al., RNA 8, 1454-60 (2002)).
Zur Einbringung von hemmender RNA in vivo sind insbesondere virale Partikel geeignet, die zur transienten, bevorzugt dauerhaften Produktion der hemmenden RNA führen. Derartige virale Vektoren enthalten eine oder mehrere Expressionskassetten, von denen die hemmende RNA transkribiert wird. Durch Wahl geeigneter Promotoren kann die Transkription der hemmenden RNA konstitutiv sein, alternativ auch durch einen externen Induktor induziert oder durch einen externen Repressor reprimiert werden.
In bevorzugter Ausführungsform ist die Expressionskassette in einem lentiviralen Vektor enthalten, der stabil in das Genom von Zielzellen integriert, sodass die Expressionskassette in den Zielzellen dauerhaft zur Verfügung steht und z.B. bei konstitutiver Transkription der siRNA oder antisenseRNA kontinuierlich die Expression von HLA I und/oder HLA II vermindert, bis hin zur vollständigen Unterdrückung der Expression.
Weiter bevorzugt ist die zelltypspezifische bzw. organspezifische Transduktion von Zellen eines Transplantats mit einem viralen Partikel, das eine Expressionskassette aufweist, die für die erfindungsgemäße hemmende RNA kodiert. Auf diese Weise kann die Expression von HLA I und/oder HLA II allelspezifisch in dem Transplantat vermindert werden, vorzugsweise bis hin zur vollständigen Unterdrückung der Expression, ohne andere Zelltypen wesentlich zu beeinflussen. Die zelltypspezifische bzw. organspezifische Infektion mit einem viralen Vektor, der in einem viralen Partikel enthalten ist und eine Expressionskassette der erfindungsgemäßen siRNA oder antisenseRNA enthält, kann dadurch erreicht werden, dass der virale Partikel einen für die Zielzellen spezifischen Rezeptor aufweist. Derartige virale Rezeptoren können während der Erzeugung rekombinanter viraler Partikel in die Virushülle eingebaut werden, um so den rekombinanten viralen Partikel zu pseudotypisieren. Als Beispiel für einen unspezifischen Rezeptor eines viralen Partikels kann das Glycoprotein vom Virus der vesikulären Stomatitis, VSV-G, genannt werden.
Die bevorzugterweise zelltypspezifische Verminderung der Expression von HLA I und/oder HLA II kann dadurch erreicht werden, dass alternativ oder zusätzlich zur zeiltyp spezifischen Transduktion die für die siRNA oder antisenseRNA kodierenden Sequenzen von einem zelltypspezifischen Promotor transkribiert werden, sodass ein anderer Zelltyp, für den der
verwendete Promotor nicht spezifisch ist, die erfindungsgemäße siRNA oder antisenseRNA nicht transkribieren kann.
Sowohl die siRNA als auch antisenseRNA vermindern erfindungsgemäß die Expression von HLA I und/oder HLA II dadurch, dass sie mit der mRNA der entsprechenden HLA in Wechselwirkung treten und deren Translation verhindern. Dies kann klassen-, genort-, gruppen- oder allelspezifisch erfolgen. Im Falle von siRNA wird ein spezifischer Nukleasekomplex (RISC, RNA-induzierter Silencing Komplex) unter Vermittlung einer DNA-Helikase gebildet. Dabei führt der antisense-Strang der doppelsträngigen siRNA den aktivierten Nukleasekomplex zur Ziel-mRNA, woraufhin diese degradiert wird (Chiu et al., J. Immunol 169, 5754-60 (2002), Yu et al., Proc. Natl. Acad. Sei. 99, 6047-52 (2002)).
Die Spezifität oder Selektivität hemmender RNAs, z.B. siRNA oder antisenseRNA, kann aus der Sequenz der HLA- Allele abgeleitet werden, deren Expression vermindert werden soll. Durch Auswahl geeigneter Zielsequenzen kann die Expression von HLA- Allelen hinsichtlich des gesamten Genorts, der gesamten Klasse (I und/oder II), einer bestimmten Gruppe von Allelen oder allelspezifisch vermindert werden. Als ein Beispiel führt die Verminderung der Expression der ß-Ketten von HLA I (ß2-Mikroglobulin) durch Wechselwirkung zumindest eines Bereiches der mRNA für die konservierte Region der ß-Ketten von HLA I mit einer hemmenden RNA zur Verminderung der Expression aller HLA I - Moleküle, unabhängig von deren Peptid-bindender Region α 1 bzw. α 2. Im Unterschied dazu kann die Expression eines spezifischen Alleis von HLA I dadurch vermindert werden, dass eine hemmende RNA spezifisch mit der variablen Region seiner mRNA in Wechselwirkung tritt, beispielsweise mit einer Region für α 1 und/oder α 2, sodass nur die Expression dieses Allels vermindert wird.
Die Verminderung der Expression von HLA II kann klassenspezifisch durch Interaktion mit einer Nukleinsäure, beispielsweise einer hemmenden RNA erzielt werden, die mit einem Bereich der konservierten Region der mRNA von HLA II in Wechselwirkung tritt. Dies können die Bereiche sein, die die α-Kette, deren Bereiche für α 1, α 2, TM und/oder CP kodieren, sowie Bereiche, die die ß-Kette, z.B. ß 1, ß 2, TM und/oder CP kodieren. Für eine genortspezifische Verminderung der HLA II sind beispielsweise Nukleinsäuren geeignet, die für die ß-Ketten der HLA-spezifisch sind, z.B. für DRB1, DQB1. Für eine allelspezifische Verminderung der Expression von HLA II sind hemmende RNAs geeignet, die mit der variablen Region der HLA II kodierenden mRNA in Wechselwirkung treten, beispielsweise
mit den für die Peptidbindung verantwortlichen Domänen α 1 und/oder ß 1. Grundsätzlich eignen sich zur Wechselwirkung mit hemmenden RNAs alle Bereiche der Gene für HLA I oder HLA II, einschließlich der Introns.
Zur Verdeutlichung wird nachfolgend auf die Figuren Bezug genommen, in denen
Figur 1 eine schematische Darstellung der Genbereiche von HLA I zeigt, Figur 2 eine schematische Darstellung der Genbereiche von HLA II zeigt und Figur 3 eine schematische Darstellung einer Expressionskassette für hemmende RNA zeigt.
In den Figuren 1 und 2 sind Genbereiche angegeben, die zur Hemmung durch hemmende RNAs geeignet sind. Dabei wird die Wechselwirkung hemmender RNAs mit konservierten Regionen die Expression des betreffenden HLA klassenspezifisch vermindern, die Wechselwirkung mit variablen Regionen hingegen typ- oder allelspezifisch. Für HLA I beträgt die Gesamtgröße des Gens 3,5 kb, das Peptid weist 341 Aminosäuren auf. Für HLA II beträgt die Gesamtgröße des Gens 14,5 kb, das Peptid weist 238 Aminosäuren auf.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Beispielen genauer beschrieben:
Beispiel 1 : In vitro Hemmung der Expression von ß2m oder HLA-A durch siRNA in der Transkription- / Translationsreaktion
Zur Identifizierung geeigneter siRNA-Sequenzen zur spezifischen Verminderung der Expression von HLA wurden verschiedene siRNAs im eukaryotischen in vitro Transkriptions-/Translationssystem (Promega) getestet. Die Sequenzen der siRNAs wurden entweder manuell unter Berücksichtigung der Sequenzabweichungen der HLA-A schweren Kette oder mit Hilfe von computergestützten Algorithmen entworfen. Die Sequenzen der getesteten siRNAs sind in Tabellen 1 und 2 angegeben. Für die Experimente wurden beide Stränge der siRNA synthetisiert und als doppelsträngige siRNA eingesetzt. Als Testsystem für die zu vermindernde Expression von HLA wurde die Transkription von einem Vektor bereitgestellt, der die vollständige Sequenz der cDNA von ß2m (Test der siRNA-Sequenzen von Tabelle 1) oder HLA-A (Test der siRNA-Sequenzen von Tabelle 2) zwischen einem T7- Promotor und einem poly A-Signal aufwies.
Die in vitro Transkription/Translation wurde mit 1 μg synthetischer siRNA und 500 ng Expressionsvektor durchgeführt. Nicht spezifische siRNAs wurden als Kontrollen eingesetzt. Die Reaktion wurde für 1 h bei 30 °C inkubiert, die Expression von ß2m oder der schweren Kette von HLA-A wurde durch spezifische ELISAs analysiert.
Die im in vitro Transkriptions-/Translationstest wirksamsten siRNAs aus Tabelle 1, die für ß2m spezifisch sind, sind die Seq.-ID Nrn. 14 und 15, die gegen die Zielsequenz Seq.-ID Nr. 13 gelichtet sind, bzw. Seq.-ID Nrn. 23 und 24, die gegen die Zielsequenz Seq.-ID Nr. 22 gerichtet sind. Die Anwesenheit dieser siRNAs führte zu einer Verminderung der Expression um 40%. Ohne Zusatz von siRNA wurde das vom Expressionsvektor kodierte Strukturgen bis zu einer Konzentration von 35,8 ng/mL produziert. Die in Tabelle 2 angegebenen siRNA- Sequenzen haben die jeweils angegebenen Spezifität und erwiesen sich alle als wirksam, die Translation von HLA-A zu vermindern.
Beispiel 2: In vitro Hemmung der Expression von ß2-Mikroglobulin in Zellen durch Transfektion mit synthetischer siRNA
SiRNAs, die die Expression von HLA in Beispiel 1 wirksam vermindern konnten, wurden in HeLa-, B-LCL und K 562- Zellen hinsichtlich transkribierten ß2-Mikroglobulins getestet. Zur Prüfung der Wirkung verschiedener synthetischer siRNA-Sequenzen, die gegen die schwere Kette von HLA-A gerichtet waren, wurden HLA-A* 68 (HeLa-Zellen und B-LCL) homozygote Zelllinien und eine heterozygote Zelllinie B-LCL (HLA-A* 24,68) verwendet. B-LCL und K 562- Zellen (jeweils 4 x 104) oder 1 x 105 HeLa-Zellen wurden einen Tag vor der Transfektion ausplattiert. 1 μg chemisch synthetisierter doppelsträngiger siRNA (Tabellen 1 und 2) wurde in einem Gesamtvolumen von 400 μL unter Verwendung des Transfektionsreagenzes RNAiFect (Qiagen, Hilden, Deutschland) transfiziert. Die Effizienz der Transfektion wurde durch Lichtmikroskopie nach 3 Stunden Inkubation mit gemischten FITC-markierten siRNA-Duplexmolekülen bestimmt. Wiederholte Transfektionen wurden alle 48 Stunden durchgeführt. Die Zellen wurden für maximal 6 Tage inkubiert. Die Analyse der Proteinexpression wurde in B-LCL- und HeLa-Zellen durch Nachweis von Antigenen auf der Zelloberfläche bzw. in K 562-Zellen durch intrazelluläre Anfärbung unter Verwendung der Durchflußzytometrie nachgewiesen.
Die Transfektion von B-LCL- und K 562-Zellen mit synthetischen siRNAs, die für ß2- Mikroglobulin spezifisch waren, führte nach 5 Tagen zu einer Verminderung der Expression von 60%. Die gen- und gruppenspezifischen siRNAs, die für die mRNA der schweren Kette von HLA spezifisch waren, bewirkten im Anschluss an die Kultur der Zellen für 6 Tage eine Verminderung der Expression von HLA von bis zu 70% in B-LCL- und HeLa- Zellen.
Die gruppenspezifische siRNA-Sequenz, die hier getestet wurde, war gegen die Gruppe A28 gerichtet und wurde in einer heterozygoten Zelllinie (HLA A* 24,68) B-LCL getestet und bewirkte eine Verminderung der Expression von HLA A* 68 (Gruppe A28) um 70%, während keine Wirkung auf die Expression von HLA A* 24 (Gruppe A9) beobachtet wurde. Dies zeigt, dass eine allelspezifische Verminderung der Expression durch gruppenspezifisch hemmende RNA möglich ist.
Beispiel 3 : In vitro Hemmung der Expression von ß2-Mikroglobulin in Zellen durch transkribierte siRNA
Zur Expression von siRNAs wurden deren Sequenzen in eine Expressionskassette kloniert. Diese Expressionskassetten wurden in Form doppelsträngiger, linearisierter DNA in B-LCL- und HeLa-Zellen unter Verwendung von siPORT XP-1 (Ambion) transfiziert.
Die Expressionskassette ist in Figur 3 gezeigt und eignet sich zur Transfektion oder, wenn sie in einen geeigneten viralen Vektor kloniert ist, der zumindest LTR-Sequenzen (Long Terminal Repeat, bevorzugt SIN, seif inactivating) und ein Verpackungssignal enthält, zur Transduktion. Gezeigte sind der menschliche U6- (U6 Polymerase III) bzw. der Hl -Promotor mit dem Terminator zur U6 Polymerase III. Die shRNA ist eine short hairpin RNA, die in vivo zu siRNA prozessiert wird. Beispiele für die in Expressionskassetten einklonierten Sequenzen, die shRNA kodieren, sind in Beispiel 4 angegeben.
Beispiel 4: In vivo Hemmung der Expression von HLA in Zellen durch Transduktion
Zur stabilen Verminderung der Expression von HLA in B-LCL- und HeLa-Zellen wurden Plasmide und lentivirale Expressionsvektoren verwendet. Die verwendeten siRNA-Sequenzen sind in Tabelle 3 gezeigt und wurden in Form von DNA-Oligonukleotiden in eine Expressionskassette nach Beispiel 3 kloniert. Die Sequenzen der Oligonukleotide in Tabelle 3
kodieren eine shRNA. Die Expressionskassette war in einen bakteriellen Vektor gemäß den Anweisungen des Herstellers einkloniert worden.
Beispiel 5: Transfektion von B-LCL- und HeLa-Zellen mit Vektoren, die shRNA kodieren
6 x 106 B-LCL- oder HeLa-Zellen wurde in RPMI (Cambrex, Verviers, Belgien) resuspendiert (1 x 106 / mL), mit 10% hitzeinaktiviertem FBS, 1% Penicillin und Streptomycin supplementiert und mit 12 μg Plasmid, das für die shRNA kodiert, unter Verwendung von 36 μL Lipofectamin 2000 (Invitrogen, Carlsbad, USA) transfiziert. Die Lipidkomplexe wurden in einem Volumen von 3 mL Serum reduziertem Medium (Invitrogen) zusammengefügt und vor Zugabe zu den Zellen in 5 mL RPMI verdünnt. Nach Inkubieren der Zellen über Nacht wurden sie gewaschen und in normalem Medium kultiviert. Die Ergebnisse wurden am 4. Tag durch FACS-Analyse bestimmt.
Bei der Transfektion von HeLA- und B-LCL- Zellen mit siRNA- Expressionskassetten war der Promotor U6 effizienter bei der Verminderung der Expression von HLA als der Promotor Hl.
Nach der Transfektion von sowohl HeLa- als auch B-LCL- Zellen mit dem Vektor pENTR/U6 wurde 6 Tage nach der Transfektion des Vektors, der eine shRNA mit Spezifität für die schwere Kette von HLA-A kodierte, eine Verminderung der Expression um 40% beobachtet.
Beispiel 6: Lentiviraler Expressionsvektor
Zur Konstruktion eines lentiviralen Vektors, der die shRNA-Sequenzen kodierte, wurde der lentivirale Expressionsvektor pLentiό / BLOCK-iT DEST (Invitrogen) verwendet. Die Expressionskassetten wurden von den in Beispiel 4 verwendeten Vektoren gemäß den Anweisungen des Herstellers (Gateway Technologie) übernommen.
Beispiel 7: Produktion lentiviraler Partikel
HEK293 FT-Zellen wurden in DMEM (Cambrex, Verviers, Belgien), mit 10% hitzeinaktiviertem FBS, 2 mM Glutamin, 0,1 mM nicht-essentiellen Aminosäuren, 1% Penicillin/Streptomycin und 500 μg/mL G 418 supplementiert, kultiviert.
9 μg der vom Hersteller (Invitrogen) bereitgestellten Mischung ViraPower, die verteilt auf drei Plasmide ein gag/pol-Fusionsprotein (pLPl), eine virale reverse Transkriptase (pLP2) und, auf einem dritten Plasmid, (pLP/ VSV G) das VSV-G- Protein kodiert, sowie 3 μg des gemäß Beispiel 6 hergestellten lentiviralen Vektors, der für die spezifische shRNA kodiert, wurden zur Transfektion von 6 x 106 HEK293 -Zellen unter Verwendung von Lipofectamin 2000 gemäß den Anweisungen des Herstellers verwendet. Virale Partikel wurden aus dem Überstand nach 48 h geerntet, zentrifügiert und zur Entfernung von Zellresten filtriert.
Beispiel 8: Transduktion von B-LCL- und HeLa-Zellen
4 x 104 B-LCL- oder HeLa-Zellen wurde in 2 mL Überstand viraler Partikel resuspendiert und in einer 6 - Napf-Platte ausplattiert. Die Zellen wurden durch Zentrifugation (900 upm) für 2 Stunden bei 32 °C in Gegenwart von 6 μg/mL Polybrene transduziert. Die Zellen wurden dann über Nacht bei 37 °C inkubiert. Am folgenden Tag wurden die Zellen gewaschen und in frischem Kulturmedium kultiviert. Am dritten Tag wurden die Zellen in selektives Medium mit 3μg/mL (HeLa) bzw. 6 μg/mL (B-LCL) Blasticidin (Invitrogen) überfuhrt. Die Expression von HLA wurde durch FACS am 6., 15. und 30. Tag analysiert. Zur Kontrolle wurde die Expression von Lamin A/C durch Analyse im Westernblot am 6. und 30. Tag bestimmt.
6 Tage nach Transduktion von HeLa- und B-LCL- Zellen mit einem lentiviralen Partikel, der eine für HLA-A spezifische shRNA kodierte, wurde eine Verminderung der Expression um 60% bzw. 50% beobachtet. Nach 30 Tagen wurde eine Verminderung der Expression von HLA-A um 70% in beiden Zelllinien beobachtet. Die HeLa- und B-LCL-Zellen, die zur Kontrolle mit einem lentiviralen Vektor transduziert waren, der eine für Lamin spezifische siRNA kodierte, zeigte eine Verminderung der Expression von Lamin, jedoch eine unveränderte Expression von HLA.
Tabelle 1 : Sequenzen der siRNA. die spezifisch gegen ß2-Mikroglobulin gerichtet sind
Tabelle 2: Sequenzen der siRNAs. die spezifisch gegen die schwere Kette von HLA-A gerichtet sind
Tabelle 3 : Sequenzen der shRNAs-, die in die Expressionskassette kloniert wurden
Die hier angegebenen Sequenzen Seq ID Nrn. 1 bis 63 sind in 5 '-3 'Richtung im Anhang als Sequenzen 1 bis 63 enthalten.
Die Seq. ID Nrn 58 und 59, 60 und 61, bzw. 62 und 63 bilden jeweils ein doppelsträngiges DNA-Fragment, das zur Transkription einer shRNA hinter einen Promotor kloniert werden kann, um nach zellinterner Prozessierung funktioneile siRNA in Form eines RNA-Duplex zu bilden.
Besonders bevorzugt sind siRNAs mit einer Länge von 21 Nukleotiden mit 3'- Überhängen. Denn derartige siRNA-Sequenzen können die Ziel-mRNA wirksam binden und zu deren Abbau führen, ohne dass es zu einer Aktivierung des Interferon- Systems kommt (Elbashir et al., Nature 411, 494-98 (2001), McManus et al., J. Immunol. 169, 5754-60 (2002)).