Verfahren zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen Zielgens
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen Zielgens und ein Medikament zur Therapie einer durch eine Chromosomen-Aberration verursachten Erkrankung. Weiterhin betrifft die Erfindung eine doppeisträngige Ribonukleinsäure (dsRNA) und deren Verwendung zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen Zielgens.
Aus der WO 99/32619 ist ein Verfahren zur Hemmung der Expression eines Zielgens mittels eines doppelsträngigen Oligoribo- nukleotids bekannt. Das bekannte Verfahren zielt auf die Hemmung der Expression von Genen in Zellen von Invertebraten ab. Dazu ist es erforderlich, dass das doppelsträngige Oligoribo- nukleotid eine zum Zielgen identische Sequenz mit einer Länge von mindestens 25 Basen aufweist.
Ein Verfahren zur Hemmung der Expression eines Zielgens in einer Zelle sowie ein Medikament sind aus der WO 00/44895 bekannt. Bei dem Verfahren wird ein Oligoribonukleotid mit dop- pelsträngiger Struktur (dsRNA) in die Zelle eingeführt. Ein Strang der dsRNA weist einen zum Zielgen zumindest abschnittsweise komplementären aus höchstens 49 aufeinanderfolgenden Nukleotidpaaren bestehenden Bereich auf. Das Medikament enthält mindestens eine dsRNA zur Hemmung der Expression eines vorgegebenen Zielgens, wobei ein Strang der dsRNA zum Zielgen zumindest abschnittsweise komplementär ist.
Aus Sharp, P.A., Genes & Development (2001), 15, Seiten 485 bis 490 ist es bekannt, dass mittels dsRNA die Expression von Genen gehemmt werden kann. In zellfreien Extrakten wurde ge-
zeigt, dass dsRNA in kurze 21-23 Nukleotide lange RNAs gespalten wird, welche als siR As bezeichnet werden. Die siRNAs werden letztendlich für die Spaltung von Ziel-mRNA verantwortlich gemacht. DsRNA eines verwandten Gens kann zur Hem- mung der Expression eines Zielgens verwendet werden, sofern die Gene identische und ununterbrochene Abschnitte von vermutlich mehr als 30-35 Nukleotide teilen.
Aus der WO 01/75164 A2 ist es bekannt, eine einer Sequenz ei- nes Zielgens entsprechende dsRNA durch die Aktivität eines löslichen RNA-Interferenz vermittelnden Extrakts zu RNA von etwa 21 bis 23 Nukleotiden zu prozessieren. Die prozessierte RNA wird dann zur Vermittlung der RNA-Interferenz in eine Zelle oder einen Organismus eingeführt.
In Sijen, T. et al . , Cell (2001), 107, Seiten 465 bis 476 und Lipardi, C. et al . , Cell (2001), 107, Seiten 297 bis 307 wird beschrieben, dass der Antisinn-Strang einer siRNA intrazellulär an einer Zielsequenz einer dazu komplementären mRNA bin- det. Der Antisinn-Strang wird an der mRNA verlängert und bildet zusammen mit der mRNA eine neue dsRNA. Die entstehende dsRNA wird anschließend wieder in kleine Fragmente gespalten, so dass neue siRNA entsteht. Die daraus resultierende Vervielfältigung der siRNAs wird für die hohe Effizienz der RNA- Interferenz verantwortlich gemacht.
Aus Cobaleda, C. und Sänchez-Garcia, I., Blood (2000), 95 (3) , Seiten 731 bis 737 ist es bekannt, dass Nukleotidsequen- zen der Fusionsstelle zwischen bcr- und abl-Sequenzen im bcr- abl-Fusionsgen geeignete therapeutische Ziele darstellen. Die diesen Sequenzen entsprechenden mRNAs lassen sich durch eine Zielsequenz-spezifische katalytische RNA-Untereinheit von RNase P spalten. Diese katalytische RNA-Untereinheit ist ein
verhältnismäßig großes Molekül, welches sich sinnvoll nur auf enzymatischem Wege und nicht durch Festphasensynthese herstellen lässt. Die Bereitstellung der katalytische RNA- Untereinheit ist daher aufwändig. Weiterhin ist es schwierig ein derart großes Molekül in Zellen einzubringen. Für eine therapeutische Verabreichung ist die effiziente Freisetzung des Agens ein bisher ungelöstes Problem. Damit ist die praktische Verwendbarkeit der sequenz-spezifischen katalytischen RNA-Untereinheit von RNase P insgesamt fraglich.
Bei einer Chromosomen-Aberration handelt es sich um strukturelle Änderungen und Defekte ein oder mehrerer Chromosomen. Dabei kann es zu einem Verlust oder zu einer Vervielfältigung von Genmaterial kommen. Es kann zu einer Translokation, einer Inversion, einer Deletion, einer Insertion, einer Duplikation oder einer Ringbildung kommen. Bei der Duplikation sind einzelne Chromosomenabschnitte verdoppelt. Bei der Inversion liegt ein Chromosomenabschnitt mit umgekehrter Nukleotidse- quenz vor. Unter Deletion versteht man einen Stückverlust ei- nes Chromosoms. Bei einer Translokation findet ein Stückaustausch zwischen nicht homologen Chromosomen statt. Bei einer Chromosomen-Aberration kann ein aus mindestens zwei Genen fu- sioniertes Gen entstehen. Steht dieses so entstandene mutierte Gen unter der Kontrolle eines Promotors, so kann es expri- miert werden und dadurch eine Beeinträchtigung hervorrufen. Diese Beeinträchtigung kann beispielsweise eine Erkrankung des hämatopoetischen Systems sein, wie eine akute myeloische Leukämie (AML) oder eine chronisch myeloische Leukämie (CML) .
Akute myeloische Leukämien sind heterogene, maligne Erkrankungen des hämatopoetischen Systems. Der Verlust des Differenzierungspotenzials unter Beibehaltung der Proliferations- fähigkeit hat eine Expansion eines malignen Zellklons und die
Verdrängung der normalen Hämatopoese zur Folge. Unbehandelt führt AML meist innerhalb weniger Wochen zum Tod des Patienten. Die Inzidenz von AML ist altersabhängig und steigt von 1/100.000 bei unter Dreißigjährigen auf 14/100.000 bei über Siebzigjährigen an.
Bis zu 90% der adulten AML-Fälle weisen chromosomale Aberrationen auf. Eine der häufigsten Aberrationen ist die Translokation t (8;21) (q22;q22) , die in 10-15% aller AML-Fälle auf- tritt. Bei dieser Translokation wird der für die Hämatopoese essentielle Transkriptionsfaktor AML-1 mit dem Transkripti- onsrepressor MTG8 fusioniert. Das resultierende Fusionsprotein AML-1/MTG8 besitzt anstatt der C-terminalen Transaktivierungsdomäne von AML-1 die fast vollständige MTG8-Sequenz . Die dadurch bewirkte Änderungen der hämatopoetischen Genexpression führen in CD34-positiven Zellen zu einer Inhibition der Zelldifferenzierung und zu einer Initiation der leukämi- schen Transformation der betroffenen Zellen. Die Sequenz aus der Datenbank GenBank, National Institutes of Health, Bethes- da, Maryland, 20892, USA mit der Eintragungsnummer S 45790 offenbart eine Sequenz eines Fusionsgens aml-l/mtg8, welches auch als amll/eto bezeichnet wird.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Nachteile nach dem Stand der Technik zu beseitigen. Es soll insbesondere ein
Verfahren, ein Medikament, ein Agens sowie eine Verwendung des Agens angegeben werden, mit dem bzw. der die Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen aus mindestens zwei Genen fusionierten Zielgens in einer Zelle spe- zifisch und effizient gehemmt werden kann.
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1, 16, 33 und 47 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Ansprüche 2 bis 15, 17 bis 32 und 34 bis 46.
Nach Maßgabe der Erfindung ist ein Verfahren zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen aus mindestens zwei Genen an einer Fusionsstelle fusionierten Zielgens in einer Zelle vorgesehen, wobei das Zielgen einen die Fusionsstelle enthaltenden Abschnitt A aufweist und mindestens eine doppeisträngige Ribonukleinsäure (dsRNA) in die Zelle eingeführt wird, deren erster Strang Sl einen zu dem Abschnitt A zumindest abschnittsweise komplementären Bereich aufweist. Der Abschnitt A weist dabei zumindest zwei Nukleotide auf jeder Seite der Fusionsstelle und der komplementäre Bereich des Strangs Sl der dsRNA 19 bis 24 Nukleotide auf. Unter dem "Zielgen" wird im Allgemeinen der Abschnitt eines DNA-Strangs der doppelsträngigen DNA in der Zelle verstanden, welcher komplementär zu einem bei der Transkription des Zielgens als Matrize dienenden Abschnitt des anderen DNA- Strangs der doppelsträngigen DNA einschließlich aller transkribierten Bereiche ist. Bei dem Zielgen handelt es sich also im Allgemeinen um den Sinn-Strang. Der Strang Sl kann somit komplementär zu einem bei der Expression des Zielgens ge- bildeten RNA-Transkript oder dessen Prozessierungsprodukt, wie z.B. einer mRNA, sein. Eine dsRNA liegt vor, wenn die aus einem oder zwei Ribonukleinsäure-Strängen bestehende Ribonukleinsäure eine doppelsträngige Struktur aufweist. Nicht alle Nukleotide der dsRNA müssen Watson-Crick-Basenpaarungen auf- weisen. Insbesondere einzelne nicht komplementäre Basenpaare beeinträchtigen das Verfahren kaum oder gar nicht. Die maximal mögliche Zahl der Basenpaare ist die Zahl der Nukleotide in dem kürzesten in der dsRNA enthaltenen Strang, sofern die dsRNA aus zwei Strängen besteht. Der Abschnitt A "enthält" die Fusionsstelle, wenn sich auf einer Seite der Fusionsstelle mindestens ein Nukleotid befindet. Der Rest des Abschnitts A umfaßt Nukleotide auf der anderen Seite der Fusionsstelle. Das bedeutet, dass sich die Fusionsstelle weder ganz am An-
fang noch ganz am Ende des Abschnitts A befindet. Der Abschnitt A sollte mindestens 16 Nukleotide umfassen. Unter "eingeführt werden" wird das Aufnehmen in die Zelle verstanden. Das Aufnehmen kann durch die Zelle selbst erfolgen. Es kann aber auch durch Hilfsstoffe oder Hilfsmittel vermittelt werden. Der Strang Sl ist abschnittsweise komplementär zu dem Abschnitt A des Zielgens, wenn er im wesentlichen dazu komplementär ist. Einzelne oder wenige nicht komplementäre Nukleotide schaden nicht, sofern sich die Nukleotide des Ziel- gens, zu denen diese nicht komplementär sind, nicht im Bereich der Fusionsstelle befinden. Dieser Bereich kann beiderseits der Fusionsstelle bis zu drei Nukleotide umfassen.
Ein entscheidendes Problem bei der Inhibition der Expression eines Fusionsgens besteht in der Spezifität der Inhibition.
Das Fusionsgen weist Sequenzen auf, welche mit Sequenzen zellulärer Gene identisch sind, deren Expression nicht gehemmt werden soll. In Sharp, P.A., Genes & Development (2001), 15, Seiten 485 bis 490 ist die Möglichkeit beschrieben, dsRNA ei- nes verwandten Gens zur Hemmung der Expression eines Zielgens zu verwenden. Da ein Fusionsgen mit den zellulären Genen, aus denen es zusammengesetzt ist, hochgradig verwandt ist, war anzunehmen, dass bei der Hemmung der Expression eines Fusi- onsgens durch RNA-Interferenz gleichzeitig die Expression dieser zellulären Gene gehemmt wird.
Würde das aus der WO 01/75164 A2 bekannte Verfahren zur Hemmung der Expression eines Fusionsgens eingesetzt werden, würden aus der vorgesehenen größeren dsRNA ebenso RNAs gebildet werden, welche jeweils nur zu Abschnitten des Fusionsgens komplementär sind, die ausschließlich einem der zellulären Gene entsprechen, aus denen das Fusionsgen zusammengesetzt ist. Beim Einsatz des bei der Prozessierung entstandenen Ge-
misches verschiedener RNAs, würde auch die Expression dieser zellulären Gene gehemmt werden. Die Hemmung der Expression eines Fusionsgens wäre nicht spezifisch.
Gemäß dem in Sijen, T. et al . , Cell (2001), 107, Seiten 465 bis 476 und Lipardi, C. et al . , Cell (2001), 107, Seiten 297 bis 307 beschriebenen Wirkmechanismus würde beim Einsatz einer gegen die Fusionsstelle gerichteten siRNA ein Einzelstrang dieser siRNA verlängert werden. Der Einzelstrang würde in einen Bereich hinein verlängert werden, der zu einem zellulären Gen komplementär ist, welches teilweise Bestandteil des Fusionsgens ist. Die bei der anschließenden Spaltung der Verlängerungsprodukte gebildeten neuen siRNAs würden zum Teil ausschließlich dem Abschnitt des Fusionsgens entsprechen, welcher dem zellulären Gen entspricht. Es würde nicht nur die Expression des Fusionsgens sondern auch die Expression des zellulären Gens gehemmt werden.
Es hat sich aber überraschenderweise gezeigt, dass es das er- findungsgemäße Verfahren ermöglicht, spezifisch die Expression von fusionierten Genen effizient zu inhibieren. Dadurch kann eine durch eine Chromosomen-Aberration verursachte Beeinträchtigung weit gehend verhindert werden. Unerwünschte Nebeneffekte sind nicht bekannt. Die intrazelluläre Konzen- tration einer zur Expression des Zielgens gebildeten mRNA kann durch das Verfahren nahezu auf Null reduziert werden. Durch Einführen einer dsRNA, die keinen zum Zielgen zumindest abschnittsweise komplementären Bereich aufweist, kann die Konzentration der genannten mRNA nicht reduziert werden. Weist die dsRNA einen zu einem die Fusionsstelle nicht umfassenden Abschnitt B des Zielgens zumindest abschnittsweise komplementären Bereich auf, so kann dadurch auch die Expression normaler, d.h. nicht mutierter bzw. fusionierter, Gene gehemmt werden .
Vorzugsweise weist der die Fusionsstelle umfassende Abschnitt A zumindest drei Nukleotide auf jeder Seite der Fusionsstelle auf. Bei einem bspw. 21 Nukleotide langen Abschnitt A können dann z.B. drei Nukleotide auf der einen und 18 Nukleotide auf der anderen Seite der Fusionsstelle angeordnet sein. Dadurch ist eine besonders effiziente und spezifische Hemmung der Expression des Zielgens zu erreichen.
Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn zumin- dest ein Ende der dsRNA einen aus 1 bis 4, insbesondere 1 oder 2, Nukleotiden gebildeten einzelsträngigen Überhang aufweist. Eine solche dsRNA weist gegenüber einer dsRNA ohne einzelsträngige Überhänge an mindestens einem Ende eine bessere Wirksamkeit bei der Hemmung der Expression des Zielgens auf. Ein Ende ist dabei ein Bereich der dsRNA, in welchem ein 5'- und ein 3 ' -Strangende vorliegen. Eine nur aus dem Strang Sl bestehende dsRNA weist demnach eine Schleifenstruktur und nur ein Ende auf. Eine aus dem Strang Sl und einem dazu zumindest weit gehend komplementären Strang S2 gebildete dsRNA weist zwei Enden auf. Ein Ende wird dabei jeweils von einem auf dem Strang Sl und einem auf dem Strang S2 liegenden Strangende gebildet.
Vorzugsweise befindet sich der einzelsträngige Überhang am 3 ' -Ende des Strangs Sl. Diese Lokalisation des einzelsträngigen Überhangs führt zu einer weiteren Steigerung der Effizienz des Verfahrens. In einem Ausführungsbeispiel weist die dsRNA nur an einem, insbesondere dem am 3 ' -Ende des Strangs Sl gelegenen, Ende einen einzelsträngigen Überhang auf. Das andere Ende ist bei einer zwei Enden aufweisenden dsRNA glatt, d.h. ohne Überhänge, ausgebildet. Überraschenderweise hat es sich gezeigt, dass zur Verstärkung der Interferenz- Wirkung der dsRNA ein Überhang an einem Ende der dsRNA aus-
reichend ist, ohne dabei die Stabilität in einem solchen Maße zu erniedrigen wie durch zwei Überhänge. Eine dsRNA mit nur einem Überhang hat sich sowohl in verschiedenen Zellkulturmedien als auch in Blut, Serum und Zellen als hinreichend be- ständig und besonders Wirksam erwiesen.
Der komplementäre Bereich des Strangs Sl der dsRNA kann 20 bis 23, insbesondere 22, Nukleotide aufweisen. Eine dsRNA mit dieser Struktur ist besonders effizient in der Inhibition des Zielgens. Der Strang Sl der dsRNA kann weniger als 30, vorzugsweise weniger als 25, besonders vorzugsweise 21 bis 24, Nukleotide aufweisen. Die Zahl dieser Nukleotide ist zugleich die Zahl der in der dsRNA maximal möglichen Basenpaare. Eine solche dsRNA ist intrazellulär besonders beständig.
Mindestens ein Ende der dsRNA kann modifiziert werden, um einem Abbau in der Zelle oder einer Dissoziation der doppelsträngigen Struktur in die Einzelstränge entgegenzuwirken. Weiterhin kann der durch komplementäre Nukleotidpaare bewirk- te Zusammenhalt der doppelsträngigen Struktur durch mindestens eine, vorzugsweise zwei, weitere chemische Verknüp- fung/en erhöht werden. Die chemische Verknüpfung kann durch eine kovalente oder ionische Bindung, eine Wasserstoffbrük- kenbindung, hydrophobe Wechselwirkungen, vorzugsweise van- der-Waals- oder Stapelungswechselwirkungen, oder durch Me- tall-Ionenkoordination gebildet werden. Sie kann auch durch in der doppelsträngigen Struktur anstelle von Purinen benutzten Purinanaloga gebildet werden. Die Verknüpfung wird bevorzugt an einem Ende der dsRNA, insbesondere durch Verbindung mittels eines Hexaethylenglykol-Linkers, gebildet. Als besonders effizient hat sich die dsRNA erwiesen, wenn die Verknüpfung zwischen dem 5 ' -Ende des Strangs Sl und dem 3 ' -Ende des
zum Strang Sl zumindest weit gehend komplementären Strangs S2 der dsRNA gebildet wird.
Die Verknüpfung mittels eines Hexaethylenglykol-Linkers ist z.B. in D. Jeremy Williams, Kathleen B. Hall, Biochemistry (1996) 35, Seiten 14665-14670 beschrieben. Um eine einen He- xaethylenglykol-Linker enthaltende dsRNA zu synthetisieren, kann wie folgt vorgegangen werden: Zunächst wird eine Festphasensynthese des Strangs Sl mittels Ribonukleosid-Phosphor- amiditen (Proligo Biochemie GmbH, Georg-Hyken-Str .14, Hamburg, Deutschland) durchgeführt. An den festphasengebundenen Strang Sl wird das Phosphora idit des Hexaethylenglykols (Cruachem Ltd., Todd Campus, West of Scotland Science Park, Acre Road, Glasgow, G20 OUA, Schottland, Großbritannien) ge- koppelt. Dabei wird derselbe Kopplungsmechanismus wie bei der Festphasensynthese von Oligoribonukleotiden verwendet. Die Festphasensynthese wird fortgesetzt, indem an das Hexaethy- lenglykol weitere Nukleotide des Strangs S2 mittels Ribonu- kleosid-Phosphoramiditen gekoppelt werden. Nach Abschluss der Festphasensynthese und Reinigung wird der synthetisierte RNA- Hexaethylenglykol-RNA-Strang auf etwa 90 °C erhitzt und anschließend über drei Stunden auf Raumtemperatur abgekühlt. Dabei hybridisieren der Strang Sl und der Strang S2 zur dsRNA.
Das Zielgen kann ein aus den Genen für AML-1 und für MTG8 fu- sioniertes Gen sein. Dann besteht die dsRNA vorzugsweise aus dem Strang Sl mit der Sequenz SEQ ID NO: 1 und dem Strang S2 mit der Sequenz SEQ ID NO: 2 gemäß dem anliegenden Sequenz- Protokoll. Eine solche dsRNA ist in der Hemmung der Expression eines aus den Genen für AML-1 und für MTG8 fusionierten Zielgens besonders wirksam. Bei der Zelle kann es sich um einen Leukozyten, insbesondere eine myeloische Zelle, handeln.
Zum Einbringen der dsRNA in die Zelle kann eine die dsRNA umschließende micellare Struktur, vorzugsweise ein Liposom, oder eine polymere Nano- oder Mikrokapsel oder ein die dsRNA umschließendes Kapsid oder Kapsoid verwendet werden. Die dsRNA kann auch an einer polymeren Nano- oder Mikrokapsel gebunden sein. Eine micellare Struktur, ein Kapsid, ein Kapsoid oder eine polymere Nano- oder Mikrokapsel kann die Aufnahme der dsRNA in Zellen erleichtern. Das Kapsid kann insbesondere ein virales natürliches Kapsid oder ein auf chemischem oder enzymatischem Weg hergestelltes künstliches Kapsid oder eine davon abgeleitete Struktur sein. Die polymere Nano- oder Mikrokapsel besteht aus mindestens einem biologisch abbaubaren Polymer, z.B. Polybutylcyanoacrylat . Sie kann darin enthaltene oder daran gebundene dsRNA im Körper transportieren und freisetzen.
Weiterhin betrifft die Erfindung ein Medikament zur Therapie einer durch eine Chromosomen-Aberration verursachten Erkrankung enthaltend mindestens eine doppelsträngige Ribonuklein- säure (dsRNA) zur Hemmung der Expression eines durch die
Chromosomen-Aberration entstandenen aus mindestens zwei Genen an einer Fusionsstelle fusionierten Zielgens, wobei das Zielgen einen die Fusionsstelle enthaltenden Abschnitt A aufweist und ein Strang Sl der dsRNA einen zu dem Abschnitt A zumin- dest abschnittsweise komplementären Bereich aufweist. Der Abschnitt A weist dabei zumindest zwei Nukleotide auf jeder Seite der Fusionsstelle und der komplementäre Bereich des Strangs Sl der dsRNA 19 bis 24 Nukleotide auf. Das Medikament ist so zu dosieren, dass die Hemmung der Expression minde- stens eines Zielgens erreicht werden kann. Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass ein solches Medikament dazu sehr niedrig dosiert eingesetzt werden kann. Eine Dosierung von 5 mg dsRNA pro Kilogramm Körpergewicht und Tag sind ausrei-
chend, um eine Hemmung oder vollständige Unterdrückung der Expression des Zielgens zu erreichen. Weiterhin hat sich gezeigt, dass das Medikament hochspezifisch nur die Expression des Zielgens, nicht aber die Expression der zum Zielgen fu- sionierten, ursprünglich auf verschiedenen Chromosomen lokalisierten einzelnen Gene hemmt. Aufgrund der möglichen niedrigen Dosierung und der hohen Spezifität des Medikaments können Nebenwirkungen weitgehend ausgeschlossen werden.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn der Abschnitt A zumindest drei Nukleotide auf jeder Seite der Fusionsstelle aufweist. Vorzugsweise weist zumindest ein Ende der dsRNA einen aus 1 bis 4, insbesondere 1 oder 2, Nukleotiden gebildeten einzelsträngigen Überhang auf. Der einzelsträngige Überhang kann sich am 3 ' -Ende des Strangs Sl befinden. Besonders bevorzugt weist die dsRNA nur an einem, insbesondere dem am 3 ' -Ende des Strangs Sl gelegenen, Ende einen einzelsträngigen Überhang auf. Es hat sich herausgestellt, dass eine solche dsRNA im Körper besonders beständig ist. Sie wird in Blut langsamer abgebaut bzw. ausgeschieden als eine dsRNA mit einzelsträngigen Überhängen an beiden Enden. Dadurch ist eine niedrige Dosierung möglich.
Der komplementäre Bereich des Strangs Sl der dsRNA kann 20 bis 23, insbesondere 22, Nukleotide aufweisen. Der Strang Sl kann weniger als 30, vorzugsweise weniger als 25, besonders vorzugsweise 21 bis 24, Nukleotide aufweisen. Bei einer Ausführungsform ist mindestens ein Ende der dsRNA modifiziert, um einem Abbau in den Zellen oder einer Dissoziation in die Einzelstränge entgegenzuwirken. Der durch komplementäre Nu- kleotidpaare bewirkte Zusammenhalt der doppelsträngigen Struktur kann durch mindestens eine, vorzugsweise zwei, weitere chemische Verknüpfung/en erhöht sein.
Die Verknüpfung ist vorzugsweise an einem Ende der dsRNA, insbesondere durch Verbindung mittels eines Hexaethylenglykol-Linkers, gebildet. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Verknüpfung zwischen dem 5 ' -Ende des Strangs Sl und dem 3 ' - Ende eines zweiten Strangs S2 der dsRNA gebildet ist.
Das Zielgen ist vorzugsweise ein aus den Genen für AML-1 und für MTG8 fusioniertes Gen. Dann kann die dsRNA aus dem Strang Sl mit der Sequenz SEQ ID NO: 1 und dem Strang S2 mit der Sequenz SEQ ID NO: 2 gemäß dem anliegenden Sequenzprotokoll bestehen. Die mit dem Medikament zu behandelnde Erkrankung kann eine akute myeloische Leukämie oder eine chronisch myeloische Leukämie sein. Die dsRNA kann in dem Medikament in einer Lö- sung oder von einer micellaren Struktur, vorzugsweise einem Liposom, oder einem Kapsid, einem Kapsoid oder einer polyme- ren Nano- oder Mikrokapsel umschlossen oder an einer polyme- ren Nano- oder Mikrokapsel gebunden vorliegen. Eine micellare Struktur, ein Kapsid, ein Kapsoid oder eine polymere Nano- oder Mikrokapsel kann die Aufnahme der dsRNA in Zellen erleichtern. Das Medikament kann eine Zubereitung aufweisen, die zur Inhalation, oralen Aufnahme oder Injektion, insbesondere zur intravenösen oder intraperitonealen Injektion oder zur Injektion direkt in ein befallenes Knochenmark, geeignet ist. Eine zur Inhalation oder Injektion geeignete Zubereitung kann im einfachsten Fall aus einer physiologisch verträglichen Lösung, insbesondere einem physiologisch verträglichen Puffer, vorzugsweise einer phosphatgepufferten Salzlösung, und der dsRNA bestehen. Es hat sich nämlich überraschender- weise herausgestellt, dass eine lediglich in einer solchen
Lösung oder einem solchen Puffer gelöste dsRNA von den Zellen aufgenommen wird und die Expression des Zielgens hemmt, ohne
dass die dsRNA dazu in ein besonderes Vehikel verpackt werden uss .
Ferner betrifft die Erfindung eine doppelsträngige Ribonu- kleinsäure (dsRNA) zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen aus mindestens zwei Genen an einer Fusionsstelle fusionierten Zielgens, wobei das Zielgen einen die Fusionsstelle enthaltenden Abschnitt A aufweist und ein Strang Sl der dsRNA einen zu dem Abschnitt A zumindest abschnittsweise komplementären Bereich aufweist.
Der Abschnitt A weist dabei zumindest zwei Nukleotide auf jeder Seite der Fusionsstelle und der komplementäre Bereich des Strangs Sl der dsRNA 19 bis 24 Nukleotide auf. Vorteilhafte Ausgestaltungen der dsRNA können den Ansprüchen 36 bis 49 so- wie der vorstehenden Beschreibung entnommen werden. Weiterhin betrifft die Erfindung eine Verwendung einer erfindungsgemäßen doppelsträngigen Ribonukleinsäure (dsRNA) zur Hemmung der Expression eines durch eine Chromosomen-Aberration entstandenen aus mindestens zwei Genen fusionierten Zielgens.
Nachfolgend werden anhand der Figuren Ausführungsbeispiele der Erfindung erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 ein Autoradiogramm einer RNase-Protektion und
Fig. 2 eine graphische Darstellung des jeweiligen Verhältnisses der Intensität einer Bande AML-1/MTG8- spezifischer Fragmente zur Intensität einer Bande AML-1-spezifischer Fragmente auf jeweils einer Spur des in Fig. 1 gezeigten Autoradiogramms.
Die für Transfektionen eingesetzten doppelsträngigen Oligori- bonukleotide weisen die folgenden, im Sequenzprotokoll mit SEQ ID NO:l bis SEQ ID NO : 6 bezeichneten, Sequenzen auf:
AGF2 : dsRNA, deren einer Strang Sl zu einer ersten Sequenz aus einem aus den Genen für AML-1 und MTG8 fusionierten Gen (AML-1/MTG8-Gen) komplementär ist:
S2: 5 ' -CCUCGAAAUCGUACUGAGAAG-3 ' (SEQ ID NO : 2) Sl: 3' -UUGGAGCUUUAGCAUGACUCUUC-5 ' (SEQ ID NO : 1)
AGF3L: dsRNA mit derselben Sequenz wie AGF2 und einer Verknüpfung zwischen dem 5 ' -Ende des Strangs Sl und dem 3 ' -Ende des Strangs S2 durch einen Hexaethylenglykol-Linker :
S2: 5 ' -CCUCGAAAUCGUACUGAGAAG (SEQ ID NO : 2)
Linker Sl: 3' -UUGGAGCUUUAGCAUGACUCUUC (SEQ ID NO : 1) Die bei den Darstellungen von AGF2 und AGF3L unterstrichenen Sequenzen entsprechen dem zum MTG8-Gen komplementären und die nicht unterstrichenen Sequenzen dem zum AML-1-Gen komplementären Bereich der jeweiligen dsRNA.
K3 : Kontroll-dsRNA, deren einer Strang Sl zu einer Sequenz aus dem 5 ' -untranslatierten Bereich eines Neomycin-Resistenz- Gens komplementär ist:
S2: 5 ' -GAUGAGGAUCGUUUCGCAUGA-3 ' (SEQ ID NO : 4) Sl: 3 ' -UCCUACUCCUAGCAAAGCGUACU-5 ' (SEQ ID NO : 3)
HCV10L: Kontroll-dsRNA, deren einer Strang Sl zu einer Sequenz aus dem HCV-Gen komplementär ist und eine Verknüpfung zwischen dem 5 ' -Ende des Strangs Sl und dem 3 ' -Ende des Strangs S2 durch einen Hexaethylenglykol-Linker aufweist:
S2 5 ' -ACGGCUAGCUGUGAAAGGUCC ( SEQ ID NO : 6 )
Linker
Sl 3 '-AGUGCCGAUCGACACUUUCCAGG (SEQ ID NO : 5)
Die RNA-Einzelstränge wurden mit einem RNA-Synthesizer (Typ Expedite 8909, Applied Biosystems, Weiterstadt, Deutschland) und herkömmlichen chemischen Verfahren synthetisiert. Anschließend erfolgte die Reinigung der rohen Syntheseprodukte mit Hilfe der HPLC . Als Säulen wurden NucleoPac PA-100, 9x250 mm der Fa. Dionex, verwendet. Als Niedersalz-Puffer diente 20 mM Tris, 10 mM NaC104, pH 6,8, 10% Acetonitril und als Hochsalz-Puffer 20 mM Tris, 400 mM NaCl04, pH 6,8, 10% Acetonitril. Der Fluß betrug 3 ml/Minute. Die Hybridisierung der Einzelstränge (je 10 μM) zum Doppelstrang erfolgte durch Erhitzen des stöchiometrischen Gemischs der Einzelstränge auf 95°C für 5 Minuten in 25 M Tris-HCl pH 7 , 5 und 100 mM NaCl und anschließendes Abkühlen über 30 Minuten auf 37°C.
Für die Transfektionsexperimente wurde die Zelllinie Kasumi-1 (Asou, H. et al. (1991) Blood 77, 2031-2036), welche die Translokation t(8;21) aufweist, verwendet. Pro Transfektions- ansatz wurden 105 Zellen in 100 μl RPMI1640 mit 10% FCS in eine 0,4 cm breite Elektroporationsküvette pipettiert. Nach Zugabe von dsRNAs bis zu einer Endkonzentration von 200 nM wurden die Zellen bei 300 V für 10 ms mittels eines Fischer- Elektroporators (Fischer, Heidelberg) elektroporiert . Nach 15-minütiger Inkubation bei Raumtemperatur wurde die Zellsuspension in 2 ml RPMI1640 mit 10% fötalem Kälberserum über- führt und bei 37°C, 5% C02 und 95% Luftfeuchtigkeit für 20 Stunden inkubiert.
Die cytoplasmatische RNA wurde mit Hilfe des RNeasy Mini Kits (QIAGEN GmbH, Max-Volmer-Straße 4, 40724 Hilden, Deutschland)
aufgereinigt . Diese RNA wurde einer RNase-Protektion-Unter- suchung unterzogen, wie sie in Ausubel, F. M. et. al . , Cur- rent Protocols in Molecular Biology (1993), Greene and Wiley, New York, NY, USA beschrieben ist. Das beschriebene Verfahren wurde dazu wie folgt modifiziert: Das Hybridisierungsvolumen wurde auf 15 μl reduziert, die Hybridisierungstemperatur betrug 60°C und der RNase-Verdau wurde in einem Gesamtvolumen von 175 μl durchgeführt. Die Denaturierungstemperatur betrug 95°C. Die Verdauung der Hybride erfolgte mit RNaseTl. Die RNA-Sonde, welche einen zur AML-1/MTG8-mRNA komplementären der Fusionsstelle entsprechenden Bereich enthält, weist die folgende 315 Nukleotide lange Sequenz (SEQ ID NO : 7 im Sequenzprotokoll) auf:
5'-GGGCGAAUUG GAGCUCCACC GCGGUGGCGG CCGCUCUAGA ACUAGUGGAU CCCCCAACGU UGUCGGUGUA AAUGAACUGG UUCUUGGAGC UCCUUGAGUA GUUGGGGGAG GUGGCAUUGU UGGAGGAGUC AGCCUAGAUU GCGUCUUCAC AUCCACAGGU GAGUCUGGCA UUGUGGAGUG CUUCUCAGUA CGAUUUCGAG GUUCUCGGGG CCCAUCCACU GUGAUUUUGA UGGCUCUGUG GUAGGUGGCG ACUUGCGGUG GGUUUGUGAA GACAGUGAUG GUCAGAGUGA AGCUUAUCGA UACCGUCGAC CUCGA-3 '
In der Darstellung dieser Sequenz ist die durch AML1/MTG8- mRNA geschützte Sequenz unterstrichen und die durch die AMLl- mRNA geschützte Sequenz fett gedruckt.
Die RNA wurde nach der RNase-Behandlung in einem denaturierenden 6%igen Polyacrylamidgel separiert und mittels Phos- phoimaging quantifiziert. Die Autoradiographie des Polyacry- lamidgels ist in Fig. 1 dargestellt. Die durch die Elektropo- ration in die Zellen eingeführten dsRNAs sind jeweils oberhalb der Spuren 2 bis 5 angegeben. Die in Spur 1 aufgetragene RNA-Sonde ist mit cytoplasmatischer RNA aus Zellen inkubiert
worden, welche in Abwesenheit von dsRNA elektroporiert worden sind. Die in Spur 6 aufgetragene RNA-Sonde ist zur Kontrolle anstatt mit der aus Zellen isolierten cytoplasmatischen RNA mit tRNA inkubiert worden. Ansonsten erfolgte die RNase- Behandlung der in den Spuren 1 und 6 aufgetragenen RNA-Sonden unter identischen Bedingungen, wie bei den in den Spuren 2 bis 5 aufgetragenen RNA-Sonden. Spur 7 zeigt die unverdaute RNA-Sonde.
In allen Ansätzen sind sowohl AML-l/MTG8-spezifische Fragmente mit einer Länge von 240 Nukleotiden als auch AML-1- spezifische Fragmente mit einer Länge von 100 Nukleotiden zu sehen, auf die in Fig. 1 durch Pfeile hingewiesen wird. Die durch AML-1-mRNA geschützten Fragmente weisen die Sequenz ge- maß SEQ ID NO : 8 und die durch AML-1/MTG8-mRNA geschützten Fragmente die Sequenz gemäß SEQ ID NO: 9 im Sequenzprotokoll auf. Die den 100 Nukleotide langen Fragmenten entsprechenden Banden zeigen die Expression des nicht translozierten Wildty- pallels an. Weder Kontroll- noch AML-l/MTG8-spezifische dsRNAs reduzieren das AML-1-Signal für die nicht-fusionierte mRNA (Fig. 1, vergleiche Spur 1 mit Spuren 3 und 5) . Im Gegensatz zu den Kontroll-dsRNAs (K3 und HCV10L, Fig. 1, Spuren 3 und 5) reduzieren jedoch sowohl die aus zwei Ribooligonu- kleotiden hybridisierte dsRNA AGF2 (spezifisch für die AML- 1/MTG8 Fusions-mRNA, Fig. 1, Spur 2) als auch die durch intramolekulare Hybridisierung entstandene monomolekulare dsRNA AGF3L, bei der beide Stränge durch den Hexaethylenglykol- Linker verknüpft sind (Fig. 1, Spur 4) , das AML-1/MTG8- Signal .
In Fig. 2 ist jeweils als Säule das Verhältniss der Intensität der Bande der AML-l/MTG8-spezifischen Fragmente zur Intensität der Bande der AML-1-spezifischen Fragmente auf je-
weils einer Spur des in Fig. 1 gezeigten Autoradiogramms dargestellt. Die Intensitäten sind mittels Phosphoimaging bestimmt worden. Die durch die Elektroporation in die Zellen eingeführten dsRNAs sind jeweils unterhalb der entsprechenden Säule angegeben. Während sowohl bei Zellen, die in Abwesenheit von dsRNA elektroporiert wurden, als auch bei mit Kontroll-dsRNA transfizierten Zellen das Verhältnis der Intensitäten zwischen 1,1 und 1,4 schwankt, führt die Elektroporation in Gegenwart von AML-l/MTG8-spezifischen dsRNAs zu einer Reduktion des Verhältnisses auf 0,4 bis 0,6. Damit ist gezeigt, dass sowohl bimolekulare dsRNA als auch ein monomolekulares, mit einem Hexaethylenglykol-Linker versehenes dsRNA- Molekül die Expression des leukämischen Fusionsgens AML- 1/MTG8 auf 46% reduziert. Diese Inhibition ist spezifisch. Die Expression des nichttranslozierten Allels wird durch die hier verwendeten dsRNA-Moleküle nicht beeinflusst. Berücksichtigt man eine abgeschätzte Porationseffizienz von 50 %, so wird deutlich, dass in allen elektroporierten Zellen, und damit in allen Zellen, in die eine dsRNA eingefügt wird ist, die Fusions-mRNA vollständig einem intrazellulären Abbau zugeführt wird.
Zum weiteren Beleg der Ausführbarkeit der Erfindung wird der Offenbarungsgehalt des nachveröffentlichten Dokuments Scherr, M. et al . , "Specific inhibition of bcr-abl gene expression by small interfering RNA", Blood 2002, Online veröffentlicht am 26 September 2002, DOI 10.1182/blood-2002-06-1685 , vollinhaltlich in die vorliegenden Ausführungsbeispiele einbezogen. Das Dokument offenbart die spezifische Inhibition der Expres- sion des Fusionsgens bcr-abl mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens. Die zellulären Gene c-abl und c-bcr bleiben dabei in ihrer Expression unbeeinflusst .