Verfahren zur Oberflächenbehandlung
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Behandlung einer metallischen Oberfläche und dessen Verwendung nach dem Oberbegriff der unabhängigen Ansprüche.
Stand der Technik
Es ist bekannt, metallische Oberflächen mittels Nitrier- oder Nitrocarburierverfahren zu härten. Die Härtung beruht auf einer Diffusion von Stickstoff beispielsweise in den Stahl der zu behandelnden metallischen Oberfläche. Dabei kommt es zur Einlagerung von
Stickstoff auf Zwischengitterplätze und Bildung von Nitriden sowie zur Stickstoffanlagerung an Carbide unter Bildung von Carbonitriden. Durch die Nitrierung werden harte Oberflächenschichten erzeugt, wodurch die Härte, der Verschleißwiderstand und die Dauerfestigkeit der metallischen Oberfläche erhöht werden.
Eine erste Mögüchkeit zur Nitrierung metallischer Ohrflächen besteht darin, die entsprechend Oberfläche einem sogenannten Gasnitrieren zu unterziehen. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise der DE 101 47205 Cl zu entnehmen. Dabei wird ein Werkstück in einem Nitrierofen in einem ersten Schritt auf eine Temperatur von etwa 400 °C erwärmt. Diese Erwärmung erfolgt vorzugsweise unter einer Ammoniakatmosphäre.
Danach wird das Werkstück in einem zweiten Schritt auf eine Nitriertemperatur erwärmt, die etwa zwischen 500 °C und 600 °C liegt. Das eigentliche Nitrieren des Werkstücks erfolgt in einer Atmosphäre aus Ammoniak und einem Oxidationsmittel, einer Atmosphäre aus Ammoniak und einem Kohlenstof-träger bzw. in einer reinen Ammoniakatmosphäre.
Eine weitere Möglichkeit zur Nitrierung metallischer Oberflächen stellt die sogenannte Plasmarritrierung dar. Hierbei wird das Werkstück bei einer erhöhten Temperatur einem Gasgemisch ausgesetzt, wobei die Nitrierung durch Einwirkung eines Plasmas unterstützt wird. Ein solches Verfahren ist beispielsweise der DE 100 568 142 AI zu entnehmen.
Nitrierte Bauteiloberflächen sind jedoch aufgrund ihrer Schichtcharakteristik und Härte nach einer Nitrierbehandlung nur emgescbränkt mechanisch bearbeitbar. Zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit wird beim Nitrieren häufig eine partielle Wärmebehandlung durchgeführt. Dabei werden Bereiche, die zu einem späteren Zeitpunkt mechanisch bearbeitet und somit nicht nitriert werden sollen, lokal abgedeckt. Dies erfolgt beispielsweise beim Gasnitrieren durch den vorherigen Auftrag entsprechender Pasten, wodurch eine Wechselwirkung der stickstoffhaltigen Atmosphäre mit den abgedeckten Oberflächenbereichen verhindert wird. Bei der Plasmamtrierung wird eine Maskierung der nicht zu nitrierenden Oberflächeribereiche vorgenommen, wodurch das Auftreten eines Glimmsaumes an der maskierten Bauteiloberfläche vermieden und somit die Erzeugung reaktiven Stickstoffs verhindert wird.
Beide Methoden zu Abdeckung nicht zu nitrierender Oberflächenbereiche sind jedoch auf kleine Oberflächenbereiche beschränkt und es können insbesondere beim Plasmanitrieren nur Bereiche mit geringer geometrischer Komplexität wirkungsvoll maskiert werden.
Aus der US 5, 399,207 ist weiterhin ein Gasnitrierverfahren bekannt, bei dem zur Verbesserung der Nitrierwirkung das entsprechende Werkstück einer mechanischen Belastung in Form einer reibenden Einwirkung von Partikeln ausgesetzt wird.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Behandlung metallischer Oberflächen bereitzustellen, bei dem während der Durchführung eines Nitrier- oder Nitrocarburierverfahrens ein Nitrieren bzw. Nitrocarburieren vorbestimmter Oberflächenbereiche verhindert wird.
Vorteile der Erfindung
Das erfindungsgemäße Verfahren mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass auf einfache und kostengünstige Weise bestimmte Bereiche einer zu
nitrierenden Oberfläche dem Einwirken einer Nitrier- oder Nitrocarburierbehandlung wirkungsvoll entzogen werden können, sodass diese einer späteren mechanischen Weiterverarbeitung zugänglich sind. Dazu werden diejenigen Bereiche der metallischen Oberfläche, die nicht nitriert oder nitrocarburiert werde sollen, vor der Durchfuhrung des Nitrier- oder Nitrocarburierverfahrens einer Kaltverformung unterzogen.
Die so vorbehandelten Oberflächenbereiche können danach ohne eine weitere Abdeckung sowohl einer Gas- als auch einer Plasmanitrierung unterzogen werden. Dies ermöglicht die partielle Behandlung auch von Bauteiloberflächen mit hoher geometrischer Komplexität. Ein weiterer Vorteil besteht < rin, dass eine Kaltverformung leicht automatisierbar und somit kostengünstig durchgeführt werden kann. Darüber hinaus wird eine Verschmutzung der Bauteile bzw. Ofenanlagen durch Pastenrückstände verhindert.
Mit den in den Unteransprüchen aufgeführten Maßnahmen sind vorteilhafte Weiterbildungen möglich.
So ist es von Vorteil, wenn als Kaltverformung ein Kugelstrahlen, Prägen oder Überwalzen erfolgt, da diese Kaltverformungsverfahren wirkungsvoll sind und dennoch einfach durchgeführt werden können.
Zeichnung
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Figur 1 zeigt ein Ablaufschema des erfindungsgemäßen Verfahrens, Figur 2 eine Auftragung der Härte einer vor dem Nitrierprozess kaltverformten Oberfläche nach Vickers über dem Abstand des Messpunktes von der Bauteüoberfläche, Figur 3 zum Vergleich eine Auftragung der Härte einer vor der Nitrierung nicht kaltverformten Oberfläche nach Vickers über dem Abstand des Messpunktes von der Bauteüoberfläche gemäß der DE 100 56 842 AI und Figur 4 ein
Schliffbüd einer gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren vor dem Nitrierprozess kaltverformten Bauteüoberfläche nach dem Nitrierprozess.
Ausführungsbeispiel
In Figur 1 ist ein Ablaufschema des erfmdungsgemäßen Verfahrens gemäß einem ersten Ausfuhrungsbeispiel dargesteüt. Dabei wird in einem ersten Schritt das Bauteü 10 bereichsweise einer Kaltverformung 12 unterworfen, wobei als Kaltverformung ein Kugelstrahlen, Prägen oder Überwalzen durchgeführt werden kann. Danach weist das
Bauteü 10a oberflächlich die kaltverformten Bereiche 14 auf. Durch den Kaltverformungsvorgang wird die kristalline Struktur des Stahles verändert, sodass ein EmdiJ-tundieren von Stickstoff verhindert wird. In einem weiteren Schritt erfolgt die Nitrierung 16 der Bauteüoberfläche. Das dabei resultierende Bauteil 10b, das in Form eines Längsschnitts entlang der Linie A-A des Bauteüs 10a dargestellt ist, weist eine stickstoffhaltige Diffüsionsschicht 18 auf, wobei die zuvor kaltverformten Bereiche 14 gegenüber einer Emwirkung des Nitrierverfahrens resistent sind und keine wie auch immer geartete, stickstoffhaltige Diffusionsschicht aufweisen.
Eine Härteverteilung der kaltverformten Bereiche 14 nach dem Nitrierprozess ist in Figur 2 dargestellt. Dabei ist erkennbar, dass die gemessene Härte nach Vickers sich unabhängig vom Abstand des Messpunkts zur Bauteüoberfläche praktisch nicht verändert. Dies ist ein Indiz, das während des Nitrierprozesses im Bereich der kaltverformten Bereiche 14 keine stickstoffhaltige Diffusionsschicht entstanden ist.
Zum Vergleich ist in Figur 3 die gemessene Härte einer Bauteüoberfläche dargesteüt, die gemäß dem Stand der Technik ohne vorherige Kaltverformung einem Nitrierprozess unterzogen wurde. Dabei ist erkennbar, dass die Vickershärte insbesondere in einem Randbereich von 0,1 mm an der Bauteüoberfläche stark zunimmt und somit auf die Existenz einer stickstoffhaltigen Diffusionsschicht geschlossen werden kann.
In Figur 4 ist weiterhin in tausendfacher Vergrößerung ein Schlifϊbüd der Bauteüoberfläche im Bereich der kaltverformten Oberflächenbereiche 14 nach erfolgter Nitrierung abgebüdet, wobei erkennbar ist, dass die Bauteüoberfläche aus einer einheitlichen Materialschicht besteht und keine stickstoffhaltige Oberflächenschicht existiert.
Die Nitrierung der Bauteüoberfläche kann bspw. durch Gasnitrieren erfolgen, wobei das Bauteü bei höheren Temperaturen einer Atmosphäre ausgesetzt wird, die Stickstoff oder eine stickstoffhaltige Verbindung wie Ammoniak enthält, und zusätzlich sauerstoffhaltige
Verbindungen wie Sauerstoff oder Wasser enthalten kann. Das Gasnitrieren kann beispielsweise so durchgeführt werden, wie es der DE 10056842 AI zu entnehmen ist.
Vorzugsweise erfolgt die Nitrierung der Bauteüoberfläche jedoch mittels eines Plasmanitrierverfahrens. Der Nitrierprozess erfolgt dabei bei einem Unterdruck von 250 Pa in einer Gasatmosphäre, die 30 bis 40 Vol.% Stickstoff, 15 bis 25 Vol.% Wasserstoff, 15 bis 25 Vol.% Argon und 25 bis 35 Vol.% Methan enthält. Als Prozesstemperatur wird eine Temperatur von 350 bis 450 °C gewählt, die Nitrierdauer beträgt ungefähr 24 Stunden. Die eingesteüte elektrische Spannung liegt zwischen 400 und 600 Volt, wobei vorzugsweise eine gepulste Wechselspannung verwendet wird, die ein Puls-/Pausen- verhältnis von 1:1 bis 1:3 aufweist.
Dem Nitrierprozess bzw. der Kaltverformung kann optional eine Wärmebehandlung der zu nitrierenden Werkstückoberfläche vorangehen, die als sogenanntes Anlassen bezeichnet wird. Weiterhin werden die zu nitrierenden Werkstücke einer Reinigungsbehandlung, bspw. durch Behandlung mit alkalisch-wässrigen Reinigungsmitteln oder ReMgungsmitteln auf Alkoholbasis, unterzogen. Insbesondere bei der Plasmanitrierung kann weiterhin eine Feinreinigung der Werkstückoberfläche durch Sputtern in einem Wasserstoff- bzw. Wasserstoff-Argon-Plasma vor der eigentlichen Plasmanitrierung erfolgen.
An den Nitrierprozess kann sich darüber hinaus eine Nachbehandlung der nitrierten bzw. teilnitrierten Bauteüe anschließen. Diese Nachbehandlung kann in Form einer mechanischen Nachbearbeitung beispielsweise durch Mikrostrukturierung des Werkstücks erfolgen.