Verfahren zur Bestimmung einer Intraokularlinse
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung einer an die optischen Verhältnisse im Auge des Patienten optimal angepassten Intraokularlinse (IOL).
Es ist bekannt, insbesondere zur Behandlung des grauen Stars (Linsentrübung) die Augenlinse zu entfernen (Kataraktoperation) und durch eine künstliche Linse zu ersetzen. Dazu ist es notwendig, dass diese IOL in ihrer Brechkraft PIOL an die optischen Verhältnisse angepasst ist um dem Patienten nach dem Eingriff wieder die volle Sehkraft zu geben.
Dabei hängt die Brechkraft PIOL der Intraokularlinsen zum einen von messtechnisch zu erhebenden Patientendaten ab (Achsenlänge L, Hornhautbrechkraft K, Vorderkammertiefe d, Hornhautradius R), zum anderen von den Eigenschaften der zu implantierenden Intraokularlinse, ausgedrückt in Form von formelspezifischen Linsenkonstanten (z.B. A-Konstante, ACD-Konstante, surgeon factor, pACD, aO, a1 , a2 etc.) ab.
Pi0L=f(L, K, d, R, A-Konstante, ...)
Die geometrischen Größen Achsenlänge L, Vorderkammertiefe d und Hornhautradius R werden mit entsprechendem Messgeräten vor der Operation bei dem jeweiligen Patienten gemessen. Ein solches Gerät ist z.B. der lOLMaster der Firma Carl Zeiss Meditec. Die A-Konstante hängt von der verwendeten IOL ab, ist vom Hersteller der IOL festgelegt und hat im Allgemeinen einen Wert zwischen 118 und 119, die ACD- Konstante beschreibt den nach der Operation angenommenen Wert der Vorderkammertiefe (Anterior Chamber Depth), der surgeon factor beschreibt einen vom Arzt abhängigen Korrekturfaktor, pACD ist eine personalisierte ACD-Konstante, aO, a1 und a2 sind spezielle empirische ermittelte Korrekturfaktoren. Einen Überblick über diese Zusammenhänge liefert u.a. die Literatur [1] Haigis W: Biometrie, in: Jahrbuch der Augenheilkunde 1995, Optik und Refraktion, Kampik A. (Hrsg.),
Biermann-Verlag, Zülpich, 123-140, 1995, auf deren kompletten Inhalt hiermit Bezug genommen wird.
Für die konkrete Berechnung der lOL-Parameter wurden verschieden Formeln entwickelt, je nach dem Ergebnis dieser Rechnung wird aus dem Angebot der Hersteller der lOLs eine passende ausgewählt und dem Patienten implantiert. Amerikanische lOL-Formeln (SRK II, SRK/T, HofferQ, Holladay-1 ) erwarten die Eingabe der Hornhaut-Brechkraft in Form eines K-Werts. Dabei wird davon ausgegangen, dass dieser aus dem Vorderradius der Hornhaut mit Hilfe eines Keratometer-Index von 1.3375 hergeleitet wird. Dies entspricht bei normalen (unbehandelten) Augen der Eingabe der cornealen Scheitelbrechkraft (D'C). Zusätzlich wird der K-Wert bzw. ein daraus formelintern abgeleiteter Radienwert zur Berechnung der lOL-Position verwendet.
Eine andere Formel beruht auf den Erkenntnissen des Erfinders (Haigis-Formel). Zum besseren Verständnis der Erfindung wird sie im Folgenden näher erläutert:
n n D = (1 ) L - d n/z - d ref nC - 1 mit z = DC + und DC = 1 - ref dBC RC
D : lOL-Brechkraft
DC : Hornhaut-Brechkraft
RC : Hornhautradius nC : (fiktiver) Brechungsindex der Hornhaut nC=1.3315 ref : Zielrefraktion
dBC : Scheitelabstand zwischen Hornhaut und Brille dBC=12 mm d : optische Vorderkammertiefe
L : Achsenlänge (Ultraschall-Messwert) n : Brechungsindex von Kammerwasser und Glaskörper (1.336)
Die optische Vorderkammertiefe d wird regressiv aus präoperativen Ultraschall- Messwerten bestimmt: d = aO + a1 VKpr + a2 ALpr (2) mit aO = ACD-Konst - a1 MW(VKpr) - a2 MW(ALpr) (3)
VKpr : präoperative Vorderkammertiefe (Ultraschall-Meßwert)
ALpr : (=L) präoperative Achsenlänge (Ultraschall-Meßwert)
MW(..) : Mittelwerte für VKpr (=3.37) mm und ALpr (=23.39) mm ACD-Konst : ACD-Konstante des Herstellers
Der Zusammenhang zwischen der ACD-Konstanten und der A-Konstanten A-Konst, die vom Hersteller zur Charakterisierung einer Intraokularlinse angegeben werden, ergibt sich dabei durch: A-Konst = (ACD-Konst + 68.747) / 0.62467
Während die Konstante aO über (3) direkt mit der ACD-Konstanten des Herstellers zusammenhängt, gelten für a1 und a2 folgende Standardwerte: a1=0.4, a2=0.1 (siehe Literatur [1]). Diese Parameter lassen sich durch Analyse postoperativer Refraktionsdaten optimieren. Dabei wird für jeden Patienten berechnet, mit welchem Wert d sich die tatsächlich erreichte postoperative Refraktion aus (1 ) ergibt. Die so erhaltenen individuellen optischen Vorderkammertiefen werden nach (2) mit den präoperativen Ultraschall-Meßwerten für Vorderkammer und Achsenlänge korreliert, woraus sich direkt die optimierten Konstanten aO, a1 und a2 ergeben. Diese
Fitparameter sind für jede Linse verschieden, so dass sie als unabhängige Konstanten zur Charakterisierung einer gegebenen Intraokularlinse geeignet sind.
Alle diese Formeln sind auf die Verhältnisse beim normalen Auge abgestimmt. Durch das Aufkommen refraktiven Eingriffen in die Hornhaut zur Verbesserung der Sehschärfe (Photoreaktive Keratektomie [PRK], Laser in Situ Keratomileusis [LASIK], usw.) kommt es bei diesen Patienten zu einer Veränderung der Hornhaut-Brechkraft, diese wird dabei in der Regel verringert. Die wesentliche Änderung erfolgt an der vorderen Hornhautfläche, das heisst an der vorderen Flächenbrechkraft. Je nach Eingriff wird aber auch die Hinterfläche beeinträchtigt. Gesamt- wie Scheitelbrechkraft ändern sich durch den Eingriff.
Damit werden zur exakten Berechnung der jeweiligen Brechkräfte nach einem refraktiven Eingriff die wirksamen Vorder- bzw. Hinterradien benötigt. Diese lassen sich aber mit bekannten Messgeräten in der augenärztlichen Praxis nicht mit hinreichender Genauigkeit bestimmen.
In der Literaturstelle [2] N. Rosa, L. Capasso, A. Romano: A New Method of Calculating Intraocular Lens Power After Photorefractive Keratectomy, Journal of Refractive Surgery Vol 10, November/December 2002, S. 720, auf deren gesamte Offenbarung hiermit Bezug genommen wird, sind diese Probleme ausführlich erläutert, ohne dass jedoch eine befriedigende Lösung angegeben wird.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, die Nachteile des Standes der Technik zu überwinden und ein Verfahren zur Berechnung einer optimal angepassten IOL auch bei durch einen refraktiven Eingriff veränderter Hornhautgeometrie anzugeben.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im Hauptanspruch aufgeführten Schritte gelöst, vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
Erfindungsgemäß besteht das Verfahren zur lOL-Berechnung nach refraktiver Hornhaut-Chirurgie aus den folgenden Schritten:
• Identifizierung der für die jeweilige lOL-Formel benötigten Hornhautbrechwerte
• Messung oder Herleitung der formelspezifischen Hornhautbrechwerte (D12Cpräref> D'Cpräref) vor dem refraktiven Eingriff
• Messung oder Herleitung der formelspezifischen Hornhautbrechwerte (D12Cp0Stref. D'Cpostref) nach dem refraktiven Eingriff
• Einsetzen der formelspezifischen Hornhautbrechwerte (D12Cpι-äref und D12Cpostref bzw. D'Cpräref und D'Cpostref) vor und nach dem refraktiven Eingriff in die jeweilige lOL-Formel
Dazu werden die vorderen und hinteren Hornhautradien R1Cpräref > R2Cpräref vor und ICpostref . R2Cp0stref nach dem refraktiven Eingriff bestimmt.
Zum besseren Verständnis der Erfindung werden die geometrischen Bedingungen am Auge anhand der Figuren näher erläutert.
Es zeigen:
Fig. 1 : einen schematischen Querschnitt des Auges Fig. 2: einen vergrößerten Ausschnitt der Hornhaut
In Fig. 1 zeigt der Augenquerschnitt die Hornhaut 1 , Vorderkammer 2, Augenlinse 3, Glaskörper 4 und Retina 5. Dabei weist die Hornhaut 1 eine Vorderradius R1C und einen Hinterradius R2C auf. Der Abstand der Hornhautvorderfläche 6 bis zur Retina 6 wird als Achsenlänge AL bezeichnet. Bei der Kataraktoperation wird die Augenlinse 3 entfernt und durch eine künstliche Intraokularlinse ersetzt. In Fig. 2 ist die Veränderung der geometrischen Verhältnisse durch eine refraktive Operation dargestellt. Von der Hornhautvorderfläche 6 wird mit einem Laser gezielt Material abgetragen bzw. nach Präparieren der Hornhaut aus dem Inneren der Hornhaut, so dass sich im Ergebnis statt des präoperativen Radius R1 Cprä ein anderer Radius R1 Cpost ergibt. Durch die Modifizierung der Dicke der Hornhaut kann
es auch zu einer Veränderung des Hornhauthinterradius R2C kommen, diese ist aber im Allgemeinen sehr viel kleiner als die Veränderung des Vorderradius.
Bei der Berechnung der IOL muss neben der Brechkraft der entfernten Augenlinse auch die Brechkraft der Hornhaut eingerechnet werden.
Die lOL-Berechnung verläuft nach folgendem Schema
• R1Cpostref, R2Cpostref → Brechkräfte D12Cpostref, D'Cpostref
• R1 Cprärer, R2Cpräref → Brechkräfte D12Cpräref, D'Cpräref
. Einsetzen in jeweilige lOL-Formel: D12Cpräref , D12Cpostref bzw. D'Cpräref , D'Cpostref
Für die Bestimmung des Hornhaut- Vorderradius bei unbehandelten Augen hat sich die Keratometrie bewährt, ebenso die Topographie.
Hingegen sind die Messwerte d der üblichen Keratometrie und Topographie bei Augen nach homhautrefraktiven Eingriffen mit erheblichen Fehlem behaftet, insbesondere bei Augen nach radiärer Keratotomie. Dort werden zu steile Radien bestimmt; auch nach PRK- und LASIK-Behandlungen treten deutliche Fehler auf.
Bei refraktiv behandelten Augen ist der corneale Vorderradius nicht direkt mit hinreichender Genauigkeit messbar ist. Die anderen benötigten Radien werden auf geeignete Weise hergeleitet. Sind bei einem Patienten keine Daten vor dem refraktiven Eingriff vorhanden, so müssen alle Radien abgeleitet werden.
Bei bekannter Keratometrie vor dem refraktiven Eingriff ist es möglich, den nach dem Eingriff wirksamen Vorderradius aus der „Refractive history method" herzuleiten, wie in der Literatur [3]: Haigis W: Hornhautbrechkraft und Refraktionsmethode. Klin Monatsbl Augenheilk 220, SuppI 1 , 17, 2003, auf deren gesamten Inhalt hier Bezug genommen wird, beschrieben ist.
Bei der Bestimmung der einzelnen benötigten Hornhautradien lassen sich folgende Fälle unterscheiden:
1. Bestimmung von R1 CD0Stref
• Keratometrie vor refraktivem Eingriff bekannt ("LASIK-Pass"): - Herleitung von R1 Cpostrefaus der 'refractive history method'
• keine Daten vor refraktivem Eingriff bekannt: - Messung von R1 CposlrefjSCheinbar - Transformation: R1Cpostreg schejnbar => R1Cpostref : R1 CPostref = f1 (R1 Cpostref schejnbar)
Dabei ist f1 eine gerätespezifische Transformationsfunktion, welche durch Eichung des Messgerätes erhalten werden kann. Üblicherweise handelt es sich um eine Regressionsgerade.
2. Bestimmung von R1Cpräref
• Keratometrie vor refraktivem Eingriff bekannt ("LASIK-Pass"): - Herleitung von R1Cpra aus präoperativer Keratometrie. Dabei kann es notwendig sein den sogenannten Keratometer-Index des benutzten Keratometers zu berücksichtigen.
• keine Daten vor refraktivem Eingriff bekannt: - Messung von ALp0Stref - Transformation: ALpost => R1 Cpraref : R1 Cpraref = f2 (ALpostref)
Dabei ist f2 eine Transformationsfunktion welche beispielsweise statistisch bestimmt wurde. Im allgemeinen ist hier eine s-förmige Abhängigkeit des Hornhautradius von
der Achsenlänge zu erwarten (R=R(AL)), wie in der Literatur [4] Haigis W: Biometrie, in: Augenärztliche Untersuchungsmethoden, Straub W, Kroll P, Küchle HJ (Hrsg), F.Enke Verlag Stuttgart, 255-304, 1995, auf deren Offenbarung hiermit Bezug genommen wird, gezeigt wird.
Die nach dem refraktiven Eingriff vorliegende Achsenlänge unterscheidet sich nur geringfügig (nämlich um die Ablationstiefe von typisch bis zu etwa 150 μm) von der präoperativen Achsenlänge, so dass die Verwendung der aktuellen postoperativen Achsenlänge bei der Herleitung von R1Cpräref anstelle des präoperativen Werts der Achsenlänge zu vernachlässigbaren Fehlern führt.
3. Bestimmung von R2Cpraref
• frühere Messung von R2Cpraref (z.B. mit einem Messgerät OrbScan II der Firma Bausch & Lomb) • falls keine Messung möglich ist: - Bestimmung von R1 Cpraref - Transformation: R1 Cpraref = R2Cpraref : R2Cpraref = f3 (R1 Cpräref)
Dabei ist f3 eine Transformationsfunktion für die z.B. das Gullstrandverhältnis g zu Grunde gelegt werden kann R2Cpräref=g R1 Cpräref)
4. Bestimmung von R2CD0Stref
• Messung von R2Cpostref (z.B. mit OrbScan II)
• keine Messung möglich: - Bestimmung von R2Cpraref - Transformation: R2Cpraref => R2Cpostref: R2Cpostref = f4 (R2Cpräref)
Dabei ist f4 eine Transformationsfunktion die von der Art des refraktiven Eingriffs abhängt, welche wiederum aus der statistischen Auswertung einer genügenden Anzahl Patienten abgeleitet werden kann. Eine gute Näherung ist aber auch durch die Gleichsetzung R2Cp0stref=R2CPräref gegeben, das heißt, der Einfluss des refraktiven Eingriffs auf den Hornhauthinterradius R2C wird vernachlässigt.
Mit diesen Brechwerten wird, ggf. nach Umrechnung in die von der jeweiligen IOL- Formel benötigten Werte, die Berechnung der IOL durchgeführt.
Die Erfindung ist nicht an das dargestellte Ausführungsbeispiel gebunden, ausschließlich fachgemäße Weiterentwicklungen führen nicht zu einem Verlassen des erfinderischen Verfahrens.