Beschreibung der Erfindung
Verfahren zur spektrometrischen Bestimmung der Sauerstoffsättigung von Blut in Gegenwart optischer Störgrößen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur spektrometrischen Bestimmung der Sauerstoffsättigung von Blut in Gegenwart optischer Störgrößen, wie sie beispielsweise ebenfalls pigmentiertes sowie Licht streuendes Umgebungsgewebe und/oder auch die Blutgefäßwandung selbst bilden. Dieses Problem, Sauerstoffsättigung von Blut möglichst ohne den Einfluss dieser die Messgenauigkeit beeinflussenden Faktoren zu bestimmen tritt insbesondere bei nichtinvasiven in vivo- oder in vitro-Untersuchungen von Blutgefäßen auf, die vor, hinter bzw. in dem besagten pigmentierten und streuenden Gewebe liegen, beispielsweise bei der Untersuchung von Blutgefäßen des Augenhintergrundes .oder anderer Gewebebereiche des Körpers, wie der Haut und endoskopisch zugänglicher Organe.
Es ist allgemein bekannt, dass sich das Absorptionsspektrum des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin mit der Sauerstoffsättigung ändert (beispielsweise van Assendelft O.W., Spectrophotometry of hea oglobin derivatives, Assen: Royal Nangorcum, 1970). Damit ist die Bestimmung der Sauerstoffsättigung einer Hämoglobinprobe durch den Vergleich des Spektrums der Probe mit den Spektren von vollständig oxygeniertem und vollständig reduziertem Hämoglobin möglich.
Neuere Arbeiten zur Oximetrie am Augenhintergrund nach dem Lambert - Beerschen Gesetz, d. h. unter Berücksichtigung lediglich der Absorption, sind u. a. von Smith et al (Smith M.H., Denninghoff K.R., Lompado A., Hillman L.W., Effect of multiple Iight aths in retinal vessel oximetry, Appl. Opt. 39, 2000, 1183-1193) veröffentlicht worden. Zahlreiche patentrechtlich geschützte Anordnungen und Verfahren beruhen auf diesem Prinzip (beispielsweise US 4,485,820; US 5,119,814; US 5,308,919; US 4,253,744; US 4,305,398; US 5,776,060; US 5,935,076 DE 199 20 157 AI; US 5,318,022). Bei der in vivo-Messung liegt das Hämoglobin jedoch nicht isoliert vor, sondern es ist eingeschlossen in den Erythrozyten. Die Streuung des Lichtes an den Erythrozyten beeinflusst das Extii- onsspektrtrm des Blutes erheblich. Nach Ergebnissen der Multiple
Scattering Theorie von Twersky (Twersky V., Absorption and multiple scattering by biological suspensions, J. Opt. Soc. Amer. 60, 1970, 1084-1093) lassen sich aber die
Einflüsse von Streuung und Absorption separieren. Auf dieser Grundlage haben Pirtman und Duling ein Verfahren beschrieben, das die Sauerstoffsättigung in Vollblut aus in Transmission ausgeführten Messungen bei der Wellenlänge 555 n sowie an den isosbestischen Punkten bei 522 nm und 546 nm bestimmt (Pittman RN, Duling BR. A new
• method for the measurement of percent oxyhemoglobin. J. Appl. Physiol. 38, 1975, 315-
320). Dieses Verfahren ist von Delori zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung in retinalen
Gefäßen verwandt worden (Delori F.C., Noninvasive technique for oximetry of blood in retimal.vessels.-4Rp/. Opt. 27, 1988, 113-1125).
Untersuchungen von Hammer et al (Hammer M., Leistritz S., Leistritz L., Schweitzer D., Light paths in retiaal vessel oxymetry, IEEE Trans Biomed Eng 48 (5), 2001, 592-8) zeigen jedoch, dass die auf retinalen Gefäßen gemessenen Reflexionsspektren nicht nur von der Absorption des Hämoglobins und der Streuung im Blut und dem die Gefäße umgebenden Gewebe beeinflusst werden, sondern auch von dem im retinalen Pigmentepithel und in der Aderhaut lokalisierten Melanin. Gleiches gilt auch für Gefäße in der Haut oder anderen pigmentierten Organen.
Die Korrelctur der Verfälschung der Hämoglobinspektren durch andere Chromophore und deren Korrektur für die spektroskopische Oximetrie ist in der bisherigen Literatur durch Normierung der auf einem Gefäß gemessenen Spektren auf Messungen neben dem Gefäß versucht worden (z. B. DE 19920 157 AI; US 5,935,076; Delori F.C., Noninvasive technique for oximetry of blood in retinal vessels. Appl. Opt. 27, 1988, 113-1125; Schweitzer D., Hammer M., Kraft J.. Thamm E., Königsdörffer E.s Strobel J., In Vivo Measurement of the Oxygen Saturationm at the Normal Human Eye, IEEE Trans. Biomed. Eng. 46, 1999, 1454-1465). Dieser Ansatz lässt jedoch die überaus komplizierten Verhältnisse (Hammer M., Leistritz S., Leistritz L., Schweitzer D., Light paths in retinal vessel oxymetry, IEEE Trans Biomed Eng 48(5), 2001, 592-8) der Strahlungsausbreitung im Blutgefäß und dem dieses umgebenden Gewebe außer Acht.
Die exakte Lichtausbreitung im biologischen Gewebe lässt sich noch immer nicht vollständig physikalisch beschreiben. Selbst Anstrengungen, diese Vorgänge zur Stör- größeneliminierung möglichst umfassend und realitätsnah nachzuempfinden (DE 199 20 157 AI) sowie die Optik des die Blutgefäße umgebenden lebenden oder toten
biologischen Gewebes zu modellieren (DE 44 33 827 AI), haben nicht zu genaueren Messergebnissen als die vorgenannten Verfahren geführt, welche ohnehin schon relativ zeitaufwendig und rechenintensiv sind. Mit diesem Aufwand sind die Verfahren speziell für Routine- und Vorsorgeuntersuchungen lediglich bedingt geeignet. Insbesondere die für die klinische Praxis interessante Bestimmung der Sauerstoffsättigung an jedem Puiüct einer zweidimensionalen, bildhaften Aufnahme erfordert ein Verfahren, das einerseits schnell ist, aber andererseits optische und spektro etrische Störungen durch die Gefäßumgebung kompensiert.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zu Grunde, die Sauerstoffsättigung in einem möglichst einfachen und schnellen Verfahren dennoch mit hoher Genauigkeit zu bestimmen.
Zur Lösung dieser Aufgabenstellung werden durch Transmissions- bzw. Reflexionsmes- sung in einem Mess-Spektrum spektrale Messwerte bei für Hämoglobin und Oxihämoglobin isosbestischen Wellenlängen und mindestens ein anderer Messwert bei einer Wellenlänge, bei welcher sich die Referenzwerte von Hämoglobin und Oxihämoglobin unterscheiden, erzeugt sowie mit bekannten Referenzwerten der Referenz-Spektren von Hämoglobin und Oxihämoglobin vergüchen, indem a) im Mess-Spektrum zumindest zwei besagte spektrale Messwerte (Mn, M^), bei für Hämoglobin und Oxihämoglobin isosbestischen Wellenlängen (λπ, λ_ι) und zumindest der andere Messwert (Ma) bei einer Wellenlänge (λa), bei welcher sich die Referenzwerte von Hämoglobin und Oxihämoglobin in den Referenz-Spektren möglichst weitgehend unterscheiden, erfasst werden, wobei zumindest aus zwei der Messwerte (Mii_ M; ) für isosbestische Wellenlängen λn> \γ_) eine Hüfsfunktion (FH) generiert wird, b) in den Referenz-Spektren aus den mit den für dieselben isosbestischen Wellenlängen (λji, λ;2) des Hämoglobins und Oxihämoglobins der im Mess-Spektrum ermittelten zumindest zwei Messwerte (Mπ, M;2) korrespondierenden Referenzwerten (Rπ,R-2) eine Referenzfunktion (FR) gleichen Typs generiert wird, c) aus der Hilfsfunlction (FH) des Mess-Spektrums, auf welcher die besagten zumindest zwei Messwerte (Mπ, MQ) für isosbestische Wellenlängen (λn, λi2) liegen und aus der
Refererj-zftuύction (FR) der Referenz-Spektren, auf welcher die zu den zumindest zwei Messwerte (Mu, M&) korrespondierenden zumindest zwei Referenzwerte (Rπ,Ri2) liegen eine Ko-τekturfunktion (F ) gebildet wird, mit welcher in einem korrigierten Mess-Spektrum eine korrigierte Hilfsfunktion (FHI erzeugt wird, die mit der Referenz- ftinktion (FR) in den Referenz-Spektren identisch ist und d) die Sauerstoffsättigung des Blutes aus dem auf die korrigierte Hilfsfunktion (FHI ) des korrigierten Mess-Spektrums umgerechneten anderen Messwert (Ma") in Relation zu den Referenzwerten für Hämoglobin und Oxihämoglobin bei dieser Wellenlänge (λa) ermittelt wird.
Vorteilhaft ist es, wenn die spektralen Messwerte und Referenzdaten logarithmisch erfasst werden und die Hilfs- sowie Referenzfunktion jeweils durch eine Gerade gebildet werden, auf welcher zwei der Mess- bzw. Referenzwerte für isosbestische Wellenlängen liegen.
Die aus linearer Hilfs- sowie Referenzfunktion gebildete Koirekturfunktion lässt eine ebenfalls lineare korrigierte Hilfsfunktion des korrigierten Mess-Spektrums entstehen. Die übrigen spektralen Messwerte, d. h. der spektrale Messwert für die dritte isosbestische Wellenlänge und der andere Messwert, bei einer Wellenlänge, bei welcher sich die Referenzwerte von Hämoglobin und Oxihämoglobin in den Referenz-Spektren möglichst weitgehend unterscheiden, werden mit einem konstanten Multiplikator beaufschlagt, welcher so bestimmt wird, dass der durch diese Streckung korrigierte dritte isosbestische Messwert des korrigierten Mess-Spektrums mit dem korrespondierenden Referenzwert der Referenz-Spektren übereinstimmt. In diesem speziellen Fall kann die Differenz der Referenzwerte für Hämoglobin und Oxihämoglobin linear zwischen 0 und 1 skaliert werden. Die Sauerstoffsättigung des Blutes wird aus dem auf die korrigierte Hilfsfur-ktion des korrigierten Mess-Spektrums umgerechneten anderen Messwert in Relation zu dieser Skala ermittelt.
Für eine übersichtliche zweidi ensionale Darstellung der Sauerstoffsättigung des Blutes werden vier monochromatische Einzelbilder bei den besagten Wellenlängen erzeugt und die Sauerstoffsättigung für jeden Bildpunkt ermittelt.
Überraschend hat sich gezeigt, dass sich mit dem vorgeschlagenen Verfahren im Vergleich zu den eingangs genannten Untersuchungsmethoden die Sauerstoffsättigung des Blutes mit gleicher Genauigkeit, jedoch mit wesentlich geringerem Aufwand (minimal vier
Messwerte erforderlich) für Messung, Berechnung und Auswertung, bestimmen lässt. Das Verf-ahren ermöglicht eine zweidimensionale ortsabhängige Darstellung der Messergebnisse zur übersichtlichen und schnellen Auswertbarkeit. Es benötigt nur wenige Messwerte und verwendet lediglich lineare Transformationen. Mit diesen Vorzügen des geringen Aufwandes und der zeiteffektiven Messauswertung ist die vorgeschlagene Methode auch zum Screening sowie für Routine- bzw. Vorsorgeuntersuchungen geeignet.
Die Erfindung soll nachstehend anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Es zeigen:
Fig. 1 : Diagramm mit spektralen Mess- und Referenzwerten in logarithmischer Darstellung im Wellenlängenbereich zwischen 400 nm und 700 nm, einschließlich dreier isosbestischer Wellenlängen λii
586 nm, λj
3 = 569 nm sowie der anderen Wellenlänge λ
a= 555 nm Fig. 2: Diagramm mit spektralen Referenzwerten gemäß Fig. 1 mit eingezeichneter linearer Referenz-Funktion FR sowie mit korrigierten Messwerten M' Fig. 3: Diagramm mit spektralen Referenzwerten gemäß Fig. 1 mit eingezeichneter linearer Referenz-Funktion FR, mit korrigierten Messwerten M" sowie mit Skalierung zur Ablesung der Sauerstoffsättigung
Die Reflexion oder die Transmission von Gewebe an einem Ort oder mit örtlicher Auflösung in einem Bild wird bei- drei isosbestischen Wellenlängen λπ, λa und λ_
3 (λ;ι = 522 nm,
569 nm) als Messdaten Mπ, Mj
2 und MB sowie bei einer anderen Wellenlänge λ
a (555 nm), bei der sich die Absorptionskoeffizienten von oxigeniertem und reduziertem Hämoglobin unterscheiden, .als Messwert M
a gemessen und mit der Reflexion oder Tr.ansmission von Hämoglobin oder Vollblut mit Sauerstoffsättigungen von jeweils 0% und 100% bei diesen Wellenlängen (Referenzdate R] , R
2, R
3, R°
% und R
00% ) nach dem folgendem Verfahren verglichen:
1. Alle Meß- und 'Referenzdaten werden logarithmiert. Fig. 1 zeigt die Mess- und die Referenzdaten in logarithmischer Darstellung, in diesem Beispiel die Reflexion einer retinalen Vene (Messdaten) sowie die Transmission einer 0,1 mm dicken Schicht
Vollblut (Referenzdaten). Der Anschaulichkeit halber sind die vollständigen Spektren
zwischen 400 nm und 700 nm dargestellt. Die in diesem Beispiel verwendeten Wellenlängen λπ=522 nm, λ;2=586nm, λ-3=569nm und λa=555nm sind eingezeichnet.
2. Eine lineare Hilfsfunlction FH der Wellenlänge wird im Mess-Spektrum so berechnet, dass ihre Werte bei den isosbestischen Wellenlängen λπ und λj2 mit den Messdaten M» und Mj_> bei diesen Wellenlängen übereinstimmen.
3. Eine lineare Referenzfunktion FR der Wellenlänge wird in den Referenzspektren so berechnet, dass ihre Werte bei den isosbestischen Wellenlängen λπ und λ;2 mit den Referenzdaten Rti und RQ bei diesen Wellenl.ängen übereinstimmen.
4. Die Messdaten werden bei j eder Wellenlänge um die Differenz der linearen Funktionen FH und FR additiv so korrigiert, dass sie bei den isosbestischen Wellenlängen λπ und λ;2 mit den Referenzdaten übereinstimmen: M = Mλ + FS -FH .
Fig. 2 zeigt wiederu . die - Refere zdaten, die lineare Referenzfunktion FR der Wellenlänge sowie die korrigierten Messdaten M'. Diese Korrektur kompensiert zusätzlich zur Absorption des Hämoglobins bestehende Extinktionen, deren Spektren im Wellenlängenbereich 522 nm bis 586 nm als linear im logarithmischen Maßstab angenommen bzw. approximiert werden können. Im hier betrachteten Ausführungsbeispiel sind dies die Absorptionen des Melanin und der vorderen Augenmedien sowie die Streuung im Blut und im umgebenden Gewebe.
5. Die korrigierten Messdaten M' werden so um die lineare Referenzfunktion FR gestreckt oder gestaucht, dass sie bei der isosbestischen Wellenlänge λ;3 mit dem Referenzwert
Rj3 übereinstimmen:
Fig. 3 zeigt die in M" resultierende Spreizung (ggf. auch Stauchung) der korrigierten Messdaten M' um die lineare Referenzfimktion FR, die so vorgenommen wird, dass korrigierte Messdaten und Referenzdaten bei der isosbestischen Wellenlänge λ-,3
(569 nm) übereinstimmen. Diese Korrektur kompensiert unterschiedliche Absolutwerte der Mess- und Referenzdaten, die durch unterschiedliche Beleuchtungs- und Meßbedingungen entstehen.
6. Die Lage von M"
a auf einer linear zwischen R°
% und R
0% aufgespannten Skala gibt die Sauerstoffsättigung OS an:
Die skalierte Ablesung der Sauerstoffsättigung (OS) zwischen den Werten 0 und 1 ist ebenfalls in Fig. 3 dargestellt. Die abgelesene Sauerstoffsättigung OS beträgt im Ausführungsbeispiel 0,69.
Aufstellung der verwendeten Bezugszeichen
M - Messdaten
M' - durch Addition der korrigierten Hilfsfunktion korrigierte Messdaten
M" - durch Beaufschlagung mit einem Faktor korrigierte Messdaten M'
FR - Referenzfunktion
OS - Sauerstoffsättigung λ - Wellenlänge