Verfahren zur Messung des Gefäßdurchmessers optisch zugänglicher Blutgefäße
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Bestimmung des Gefäßdurchmessers optisch zugänglicher Blutgefäße anhand digitaler Bilder, in denen die Blutgefäße und deren Umgebung dargestellt sind.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere für die Anwendung am menschlichen Augenhintergrund vorgesehen, aber nicht darauf beschränkt.
Der Gefäßdurchmesser von Blutgefäßen und seine Änderung aufgrund einer Provokation bzw. Stimulation des Stoffwechsels stellt eine wichtige physiologische Messgröße dar.
Bekannte Verfahren zur Bestimmung des Gefäßdurchmessers bei optisch zugänglichen Gefäßen, beispielsweise bei solchen des Augenhintergrundes sind oft planimetrische Verfahren, die zur Auswertung von digital aufgenommenen oder digitalisierten Bildern geeignet in Bildverarbeitungsprogramme implementiert sind.
Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise aus der DE 196 48 935 AI bekannt, das den Gefäßdurchmesser nach einer Gefäßkantenerkennung als Abstand zwischen interpolierend gebildeten fotometrischen Gefäßkantenschwerpunkten bei korrigierter Schräglage der Gefäßkanten ermittelt. Mit diesem Verfahren lassen sich Reproduzierbarkeiten erreichen, die es gestatten, regulatorische Veränderungen individuell signifikant nachzuweisen.
Dennoch besteht ein Nachteil, der in der geometrischen Messung des Gefäßdurchmessers anhand der digitalen Bilder begründet
ist, da die Messgenauigkeit durch die Auflösung des Rasters der digitalen Bildpunkte begrenzt ist. Erreichen die Gefäßdurchmesser eine Größenordung, die in den Bereich einiger weniger Bildpunkte kommt, wird der Fehler bei der geometrischen Messung zunehmen.
Es besteht deshalb die Aufgabe, Gefäßdurchmesser von optisch zugänglichen Blutgefäßen in einfacher Weise auch dann mit hoher Genauigkeit anhand digitaler Bilder zu messen, wenn der Gefäßdurchmesser in einer Größenordnung liegt, bei der die Durchmesserbestimmung mittels Bildpunktauszählung mit einem unvertretbar hohen Fehler behaftet ist.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bei dem Verfahren zur Bestimmung des Gefäßdurchmessers optisch zugänglicher Blutgefäße der eingangs genannten Art dadurch erreicht, dass der Gefäßdurchmesser photometrisch aus dem logarithmierten Verhältnis der in einem ersten monochromatischen Bild ermittelten Intensitäten der Reflexion der gefäßfreien Umgebung des Blutgefäßes und der Reflexion des Blutgefäßes ?bestimmt wird.
Zur Eliminierung unterschiedlicher SauerstoffSättigungen wird dem ersten monochromatischen Bild bevorzugt eine isosbestische Wellenlänge des Hämoglobins zugrunde gelegt.
Meist unvermeidlich bei der optischen Abbildung auftretende Randabschattungen können dadurch korrigiert werden, dass die im ersten monochromatischen Bild ermittelten Intensitäten der Reflexionen auf Intensitäten der Reflexionen normiert werden, die aus einem zweiten monochromatischen Bild einer anderen Wellenlänge gewonnen werden, das gleichzeitig zu dem ersten monochromatischen Bild aufgenommenen wird.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Blutgefäße und deren Umgebung zur gleichzeitigen Aufnahme der spektral sich unterscheidenden monochromatischen Bilder gleichzeitig mit verschiedenen, dem spektralen Unterschied der aufzunehmenden Bilder entsprechenden Wellenlängen einer Beleuchtungsstrahlung beleuchtet werden, von denen jede Wellenlänge auf je einen Farbkanal einer zur Aufnahme der Bilder dienenden Farbkamera abgestimmt ist, um von diesem Farbkanal empfangen zu werden.
Die Erkennung der Blutgefäße und deren Richtung sowie der gefäßfreien Umgebung kann automatisch durch bildverarbeitende Mittel oder manuell erfolgen. Auf ebensolche Weise können spiegelnde Reflexe auf den Blutgefäßen identifiziert und eliminiert werden.
Vorteilhaft wird bei der Messung der Reflexionswerte senkrecht zur Richtung des Blutgefäßes über die Reflexionswerte aller zum Blutgefäß gehörenden Bildpunkte gemittelt. Entlang der Richtung des Blutgefäßes können mehrere, senkrecht zur Richtung des Blutgefäßes gemittelte Reflexionswerte bestimmt werden, über die der Mittelwert gebildet wird.
Eine besondere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Bestimmung des Gefäßdurchmessers als Reaktion auf physiologische Provokationen oder Stimulationen durchgeführt wird. Das kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, wie z. B. durch Flickerlicht, durch Beatmung des Probanden mit Sauerstoff oder mit Carbogen.
Für eine optische Beeinflussung eignet sich besonders ein Verfahren, bei dem Licht mindestens einer Lichtquelle durch einen in einem Beleuchtungsstrahlengang einer bildgebenden
Einrichtung angeordneten Lichtmanipulator programmtechnisch modifiziert wird, und bei dem das modifizierte Licht zur Beleuchtung und zur wahlweisen Provokation oder Stimulierung verwendet wird.
Der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren bestimmte Gefäßdurchmesser der Blutgefäße kann in vielfältiger Weise zu diagnostischen Zwecken genutzt werden. Diesbezüglich vorteilhafte Anwendungen sind den abhängigen Ansprüchen zu entnehmen .
Die Erfindung soll nachstehend anhand der schematischen Zeichnung näher erläutert werden. Es zeigen:
Fig. 1 eine vereinfachte Darstellung des Aufbaus einer bildgebenden Einrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
Fig. 2 die Lage selektierter Wellenlängenbereiche in den Farbkanälen, wenn die beleuchtungsseitig bereitgestellten Wellenlängenbereiche hinsichtlich einer farblichen Übereinstimmung auf die Farbkanäle abgestimmt sind
Die in Fig. 1 vereinfacht dargestellte bildgebende Einrichtung kann zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens genutzt werden, das sich bevorzugt, jedoch nicht ausschließlich auf Blutgefäße des Augenhintergrundes anwenden lässt.
Prinzipiell lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren auf optisch zugängliche (und identifizierbare) Blutgefäße von biologischen Objekten anwenden, von denen die zur photometrischen Ermittlung des Gefäßdurchmessers der
Blutgefäße erforderlichen monochromatischen, vorzugsweise spektral verschiedenen, kongruenten Bilder aufnehmen lassen, beispielsweise auch mit einer Spaltlampe, einem Endoskop oder einem Operationsmikroskop.
Gemäß dem vorliegenden Ausführungsbeispiel werden die Bilder vom Augenhintergrund bei einer isosbestischen Wellenlänge λi = 548 nm des Hämoglobins aufgenommen und falls es zur Korrektur der in jeder optischen Abbildung unvermeidlich auftretenden Randabschattung erforderlich ist, zusätzlich bei einer anderen Wellenlänge λn.
Das kann z. B. mit einer in Fig. 1 gezeigten einfachen und ausgesprochen kostengünstig modifizierten Netzhautkamera erfolgen, deren Beleuchtungssystem in einen gemeinsamen Beleuchtungsstrahlengang 1 mindestens eine Beleuchtungsquelle 2 und insbesondere zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens eine Filtereinrichtung 3 enthält, die beleuchtungsseitig auf die Farbkanäle einer elektronischen Farbkamera 4 spektral abgestimmte Wellenlängen bereitstellt. Zu weiteren, von der Netzhautkameratechnik her bekannten Elementen gehört unter anderem ein Lochspiegel 5, durch dessen zentrale Öffnung ein Aufzeichnungsstrahlengang 6 verläuft. Über einen, die zentrale Öffnung umschließenden Bereich ist das Beleuchtungslicht durch hier nicht dargestellte optisch abbildende Elemente auf den Augenhintergrund 7 und insbesondere auf die darin befindlichen Blutgefäße und deren Umgebung gerichtet. Vom Augenhintergrund 7 reflektiertes Licht gelangt über den Aufzeichnungsstrahlengang 6 und über wiederum nicht dargestellte optisch abbildende Elemente zu einem bildgebenden AufZeichnungssystem, wofür im vorliegenden Ausführungsbeispiel die Farbkamera 4 vorgesehen ist, deren Kamerasteuerung mit einer zentralen Steuer- und
Auswerteeinheit , insbesondere einem Steuer- und Auswerterechner 8 verbunden ist. Auch ein Netzteil 9, welches zur Stromversorgung der beiden Beleuchtungsquellen 2 und 10 dient, ist mit dem Steuer- und Auswerterechner 8 verbunden und ebenso entsprechende Kippspiegelansteuerungen .
Die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist selbstverständlich nicht an diesen Aufbau einer Netzhautkamera gebunden. Je nach medizinischer Fragestellung können die unterschiedlichsten Abwandlungen vorgenommen oder andere bildgebende Einrichtungen benutzt werden. So ist es z. B. möglich, nur die kontinuierliche Beleuchtungsquelle 2 oder nur die als Blitzbeleuchtungsquelle ausgeführte Beleuchtungsquelle 10 vorzusehen, oder beide, wie in Fig. 1, gemeinsam zu verwenden. Ebenso kann auch deren Einkopplung in den gemeinsamen Beleuchtungsstrahlengang 1, die in diesem Fall über einen Klappspiegel 11 in klassischer Weise erfolgt, unterschiedlich ausgebildet sein.
Sollen jedoch gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft zwei spektral verschiedene monochromatische Bilder bei der isosbestischen Wellenlänge gleichzeitig erzeugt werden, ist die Filtereinrichtung 3, ausgehend von der spektralen Charakteristik der Farbkamera 4, auszuwählen und in den Beleuchtungsstrahlengang 1 einzusetzen, um den Augenhintergrund 7 gleichzeitig und farblich unterschiedlich mit verschiedenen Wellenlängen λ und λn zu beleuchten, von denen jede auf einen der Farbkanäle FKj (j = 1, 2, 3) der Farbkamera 4 hinsichtlich einer farblichen Übereinstimmung entsprechend Fig. 2 abgestimmt ist.
Als optische Filter 3 eignen sich Schichtenfilter, wie Dualbandpassfilter bis hin zu Triplebandpassfilter, die
besonders zur nachträglichen Integration bevorzugt in einem Abschnitt mit parallelem Strahlenverlauf im Beleuchtungsstrahlengang 1 von bereits aufgebauten Systemen geeignet sind. Auch ein aus kreissektorförmigen Filterbereichen mit unterschiedlichen spektralen Filtereigenschaften zusammengesetzter, geometrisch strukturierter Filter, dessen Kreissektoren gleiche oder unterschiedliche Sektorflächeninhalte aufweisen können, ist geeignet, muss aber in der Nähe der Aperturebene angeordnet werden.
Von den vorzugsweise über einen Bildverarbeitungs-Algorithmus bei λi = 548 n automatisch zu identifizierenden Blutgefäßen sowie deren gefäßfreier Umgebung werden die Intensitäten der Reflexionen im Bild bestimmt, auf deren Grundlage der Gefäßdurchmesser in nachfolgend beschriebener Weise ermittelt wird.
Die den Blutgefäßen benachbarten Bildpunkte werden dann als Umgebung verwendet, wenn darin kein weiteres Gefäß erkannt wird. Nachdem die Gefäßrichtung bestimmt ist, wird senkrecht zu dieser Richtung über die Reflexionswerte aller zum Blutgefäß gehörenden Bildpunkte vorzugsweise gemittelt . Dabei können spiegelnde Reflexe auf dem Blutgefäß von der Mittelung ausgeschlossen werden. Es ist auch möglich, dass in Gefäßrichtung mehrere, senkrecht zur Gefäßrichtung gemittelte Reflexionswerte bestimmt werden und dass über diese wiederum ein (gleitender) Mittelwert gebildet wird. In ähnlicher Weise kann auch die Mittelung in der Gefäßumgebung erfolgen.
Das Bild einer biologischen Struktur mit eingebettetem Gefäß entsteht im Ergebnis eines sehr komplexen Vorganges der Lichtausbreitung im Gewebe, bei dem Streuung, Reflexion und
Absorption sowohl innerhalb des Gefäßes, in bzw. an den Gefäßwänden sowie im umgebenden Gewebe ein Rolle spielen. Dennoch konnte für kleine Blutgefäße mit einem Gefäßdurchmesser von etwa 20 μm bis 80 μm und eingeschränkt bis 100 μm überraschenderweise ein Zusammenhang zwischen Gefäßdurchmesser und der Intensität der Reflexion hergestellt werden, indem das logarithmierte Verhältnis der Intensitäten der Reflexion der gefäßfreien Umgebung des Blutgefäßes (Ru) und der Reflexionen des Blutgefäßes (Rg) dem Gefäßdurchmesser d proportional ist: d = a ■ log-^- ( i :
Der Proportionalitätsfaktor a kann zur Kalibrierung des zur Durchmesserbestimmung dienenden Bildes entweder aus einem Modell des Strahlungstransportes im Blutgefäß, der Gefäßwand und im umgebenden biologischen Gewebe oder durch einen Vergleich mit einem genügend dicken Gefäß aus dem gleichen Bild gefunden werden, das mit einer herkömmlichen geometrischen Meßmethode vermessenen wurde. Vorzugsweise erfolgt die Bestimmung des Proportionalitätsfaktors a durch Vergleich mit einem Referenzgefäß, dessen Gefäßdurchmesser hinreichend groß (ca. ab 100 μm) ist, so dass dieser mit dem Verfahren gemäß der DE 196 48 935 AI bestimmt werden kann. Aus dem so erhaltenen Durchmesserwert ergibt sich in Verbindung mit den gemessenen Reflexionen der gefäßfreien Umgebung des Blutgefäßes und des Blutgefäßes selbst der bildspezifische Proportionalitätsfaktor a aus (1).
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht eine Darstellung der Gefäßstruktur im Bild des biologischen Objektes, in der der Gefäßdurchmesser beispielsweise in Falschfarben kodiert wird.
Eine statistische Auswertung der Gef ßdurchmesser aller Gefäße im Bild sowie der Verhältnisse der Gefäßdurchmesser der Arterien zu den Gefäßdurchm-essern der Venen erlaubt im Vergleich mit Normalwerten eine globale Aussage zu vorliegenden Pathologien.
Weitere diagnostisch wichtige Informationen liefert die Reaktion des Gefäßdurchmessers auf physiologische Provokationen oder Stimulationen (z. B. durch Beleuchtung des Auges mit Flickerlicht, Beatmung des Patienten mit Sauerstoff oder Carbogen) . Durch den Vergleich der Messungen vor, während und nach einer physiologischen Provokation bzw. Stimulation kann die Reaktion einzelner Gefäßabschnitte hinsichtlich der Änderung des Gefäßdurchmessers beobachtet werden. Gefäßabschnitte mit pathologischer Reaktion auf die Provokation bzw. Stimulation können durch den Vergleich mit in gleicher Weise an gesunden Probanden erhobenen Befunden ermittelt und im Bild gekennzeichnet werden.
Hierfür kann die bildgebende Einrichtung gemäß Fig. 1 zusätzliche, auch zur Stimulation oder Provokation der Blutgefäße geeignete Mittel aufweisen, wie z. B. einen in dem gemeinsamen Beleuchtungsstrahlengang 1 neben der Filtereinrichtung 3 angeordneten steuerbaren optischen Lichtmanipulator 12, dessen Ansteuermodul 13 eine Schnittstelle zu dem Steuer- und Auswerterechner 8 aufweist (gestrichelte Darstellung) .
Der programmtechnisch auf vielfache Weise steuerbare Lichtmanipulator 12 stellt ein für sämtliche Beleuchtungsquellen zur Verfügung stehendes gemeinsames Element dar, das durch Modifizierung primären Lichtes, hier der kontinuierlich abstrahlenden Beleuchtungsquelle 2 und der Blitzbeleuchtungsquelle 10, Sekundärlicht erzeugt.
Der Lichtmanipulator ist dazu geeignet, das Licht mindestens einer Lichtquelle in seinem Intensitäts- und/oder Zeitverlauf mit einem zeitlich definierten Bezug zu den Einstellungen der mindestens einen Lichtquelle, der Bildaufnahme und der Auswertung zur adaptiven Anpassung an eine Untersuchungsaufgabe programmtechnisch zu modifizieren. Das Sekundärlicht kann zur Beleuchtung und zur wahlweisen Provokation oder Stimulierung verwendet werden.
Somit lässt sich durch die Beeinflussung der Beleuchtung mittels eines einzigen, in dem Beleuchtungsstrahlengang angeordneten Elementes Multifunktionalität erreichen, indem das in dem Beleuchtungsstrahlengang geführte Licht in seinen Lichteigenschaften funktionsangepasst verändert wird.
Durch Aufnahme und Auswertung pulssynchroner Sequenzen von Bildern können Differenzen der Gefäßdurchmesser in Systole und Diastole als diagnostisches Merkmal gewonnen werden. Die Kombination der gemessenen Gefäßdurchmesser mit anderen lokalen oder globalen Kenngrößen der Mikrozirkulation, wie der SauerstoffSättigung in den betrachteten Blutgefäßen, der Geschwindigkeit des Blutflusses oder dem Blutdruck ermöglicht eine detaillierte Beschreibung der Sauerstoffversorgung und des Stoffwechsels im Gewebe.