Von Coxsackieviren abgeleitetes Vektorsystem für Gentransfer
Die vorliegende Erfindung beschäftigt sich mit einem von Coxsackieviren, insbesondere von Coxsackieviren der Gruppe B (im folgenden: CVB) abgeleiteten VektorSystemen für Gentransfer, vor allem für Herzmuskel-spezifischen Gentransfer.
Unter Gentransfer wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung das Einbringen von hier allgemein mit "Fremdgen" bezeichneter DNA oder RNA in Zielzellen verstanden, in denen die DNA und/oder RNA zusätzliche Funktionen bereitstellt und/oder defekte Funktionen der Zielzelle komplementiert und/oder kompensiert, ohne daß das Fremdgen in das Genom der Zielzelle integriert wird.
Besonderes Augenmerk richtet die vorliegende Erfindung auf die Diagnose, Behandlung und Prävention von kardialen Erkrankungen, die insbesondere in den Industrienationen eine immer größere Bedeutung erlangen. Nachdem bereits verschiedene Gene für kar- diale Erkrankungen identifiziert wurden und es allgemein erwartet wird, daß eine Vielzahl von pathologischen Genen, die Herzerkrankungen auslösen können, in den nächsten Jahren noch identifiziert werden, ist die Entwicklung von Herzmuskel-spezifischen Gentransfersystemen zur selektiven Modulation der endogenen Genaktivität kardialer Myozyten für die zukünftige Behandlung einer Vielzahl von angeborenen und erworbenen Herzmuskelerkrankungen von großer klinischer Bedeutung. Ideale Vek- torsysteme für die kontrollierte Modulation der endogenen Genaktivitäten kardialer Myozyten stehen jedoch bisher nicht zur Verfügung.
Für die Transfektion von Zielzellen des kardiovaskulären Systems wurden zwar bereits verschiedene Techniken beschrieben, diese weisen jedoch alle spezifische Nachteile auf. In präklinischen Studien zur somatischen Gentherapie kardiovaskulärer Erkrankungen wurden bislang insbesondere replikationsdefekte rekombinante Adenoviren angesetzt, mit denen eine hinreichende Transfektionseffizienz - nur in vitro - erreicht wird (Barr et al., Gene Therapy 1, 1994, 51). Im Gegensatz zu rekombinanten Adenoviren ist die Applikation von retroviralen Konstrukten (Nabel EG et al., Science 249, 1990, 1285) sowie von Li- pid/DNA/Komplexen (Nabel EG et al., Science 244, 1989, 1342) durch die niedrige Transfektionseffizienz des Gentransfers limitiert. Trotz der Vorteile des Adenovirus-vermittelten Gentransfers bezüglich der hohen Genexpression liegen die Nachteile dieses Verfahrens in der aus der Literatur bekannten Komple-
mentierung replikationsinaktiver Konstrukte, der Multiorgantro- pie von Adenoviren sowie der möglichen Induktion einer T-Zell- vermittelten Immunantwort.
Insbesondere für den Gentransfer am Herzen weisen die bekannten Lösungen jedoch eine ganze Reihe von Nachteilen auf.
So haben Adenovirus-Vektoren zwar unbestreitbare Vorteile, sie sind jedoch mit dem grundsätzlichen Problem der zu geringen Passage der Virionen durch die Endothelbarriere bei Infusion oder koronarer Perfusion verbunden und weisen ferner das bekannte Problem der Immunogenität auf. Aus diesen Gründen sind Adenovirus-Vektoren für den Gentransfer in das Herz nicht optimal .
Auch bei Retrovirus-Vektoren ist die Gentransferrate in das Herz und damit die Effizienz ähnlich wie bei Adenoviren aller Wahrscheinlichkeit nach unbefriedigend, da das Herz nicht als natürliches Zielorgan einer derartigen Infektion dient. Der größte Nachteil von Retrovieren als Vektoren ist jedoch in der Möglichkeit zu sehen, daß eine Insertionsmutagenese auftritt, was mit der Gefahr der Erzeugung von Krankheiten wie z.B. Krebs verbunden ist.
Demgegenüber ist das Adeno-assoziierte Virus (AAV) als Vektor für die Herzmuskel-spezifische Gentherapie einsetzbar, da es auch ruhende Zellen infizieren kann. Nachteilig bei AAV- Vektoren ist jedoch die geringe Verpackungsdichte von maximal ca. 4,7 kB, so daß wichtige Fremdgene ausgeschlossen bzw. Kombinationen mehrerer Fremdgene nicht möglich sind. Ein weiterer Nachteil ist in einer möglichen Integration zu sehen, die in
vivo im Gegensatz zur in vitro Situation zufällig erfolgt und hierdurch pathologische Effekte auslösen kann.
Die insoweit beschriebenen Vektorsysteme sind weder spezifisch für den Herzmuskel noch erlauben sie eine therapeutisch hinreichende Effizienz. Keines dieser Vektorsysteme erlaubt darüber hinaus eine zytoplasmatische Replikation des Vektor-Backbones. Allen Vektorsystemen gemeinsam ist die Tatsache, daß das zu übertragende Fremdgen von einer DNA aus expri iert wird, so daß die Gefahr einer stabilen Integration in das Genom der Zielzelle und einer Mutagenese besteht.
Als Alternative beschreiben Feigner et al., PNAS, Band 84, Seiten 7413-7417, 1987 eine Lipofektion genannte Transfektion von DNA in Zellkulturzellen, bei der eine Liposomenformulierung verwendet wird, um rekombinante DNA in Zellen einzuschleusen und dort zu exprimieren. Da die Lipofektion in bezug auf Sicherheit viralen Vektorsystemen überlegen ist, wird zunehmend versucht, diese Technik auch für die Gentherapie von Stoffwechsel- oder Tumorerkrankungen einzusetzen. Die Effizienz ist jedoch bei den meisten Anwendungen gering, insbesondere bei Primärkulturen oder in vivo-Applikationen sind die bekannten Lipo- somen-Systeme bisher nicht gut geeignet.
Einen weiteren Ansatz beschreiben Kern et al. in "Coxsackie- virus-verstärkter endosomolytischer Gentransfer in kontraktile Kardiomyozyten" , Verh. Dtsch. Ges. Path. Band 81, Seite 611, 1997. Ausgehend von der Erkenntnis, daß das Coxsackievirus einen bisher unverstandenen Tropismus in das Herz aufweist, setzen sie bei der Lipofektion durch UV-Strahlung replika- tionsinkompetente CVB3-Partikel für den Gentransfer in Kardio-
myozyten ein. Bei CVB3 handelt es sich um ein Picornavirus mit einem einzelsträngigen RNA-Genom positiver Polarität und einer
Genomgröße von nur 7,4 kb. Zum Vergleich, Adenoviren haben eine Genomgröße von 48 kb.
Kandolf und HofSchneider, PNAS, Band 82, Seiten 4818/4822, 1985, beschreiben eine CVB3-Variante mit ausgeprägtem Tropismus für das Herz. Die vollständige Nukleotidsequenz der cDNA dieser infektiösen CBV3-Variante ist beschrieben bei Klump et al., Journal of Virology, 1990, Seiten 1573-1783. Es wird berichtet, daß das cDNA-abgeleitete Virus denselben Tropismus und dieselbe Plaque-Morphologie aufweist wie der Wildtyp.
Ein weiterer, jedoch nicht Herz-spezifischer Ansatz wurde für den Poliovirus-Typ-1-Stamm Sabin beschrieben. Die vollständige Kapsidregion (Pl) des Poliovirus wurde gegen ein Fremdgen, hier ein HIV-Gen, ausgetauscht. Eine Transfektion des rekombinierten Poliovirus-Genoms in Zellen und eine gleichzeitige Infektion dieser Zellen mit einem rekombinanten Vakziniavirus, das die deletierte Pl-Region in trans zur Verfügung stellt, führte zur Erzeugung rekombinanter, infektiöser Poliovirus-Partikel. Eine Infektion lediglich mit dem rekombinanten Poliovirus-Genom führte zu der Expression des Fremdgenes; Porter, J. Virol. 69, 1995, 1548 und Porter et al., J. Virol. 70, 1996, 2643.
Abgesehen von der Tatsache, daß das von Porter beschriebene Vektorsytem nicht Herz-spezifisch ist, weist es wie das AAV den Nachteil auf, daß nur kurze Sequenzen, hier 1,5 kB, als Fremdgen eingesetzt werden können. Ferner beschreiben Porter et al. die Tatsache, daß Polioviren starke Veränderungen in der
Physiologie der infizierten Zellen hervorrufen und daß parente- ral applizierte, rekombinante Genome immunogen sind.
Vor diesem Hintergrund ist ein auf dem Poliovirus basierendes Vektorsystem nicht nur für Herz-spezifischen Gentransfer ungeeignet, es weist auch allgemein Nachteile und Risiken auf, die den von Porter et al. beschriebenen Ansatz als nicht vielversprechend und erfolgreich erscheinen lassen.
Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Vektorsystem bereitzustellen, das die obengenannten Nachteile vermeidet, insbesondere einen effektiven, immunologisch unbedenklichen und möglichst von unerwünschten Nebenwirkungen freien Gentransfer in Zielzellen, insbesondere in kardiale Myozyten, ermöglicht.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein rekombinan- tes, in einer Zielzelle zumindest teilweise translatierbares RNA-Molekül, das ein nicht-infektiöses Virusgenom vom Cox- sackievirus der Gruppe B, vorzugsweise des Serotyps B3 (im folgenden CVB3 ) , und zumindest ein Fremdgen aufweist, das in der Zielzelle eine gewünschte Funktion, z.B. im Rahmen einer Gentherapie, hervorruft, wobei das RNA-Molekül vorzugsweise in der Zielzelle replikationskompetent ist.
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird auf diese Weise vollkommen gelöst.
Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung haben nämlich erkannt, daß ein rekombinantes RNA-Molekül auf der Basis des Virusgenoms von CVB, vorzugsweise CVB3, oder vergleichbaren Serotypen die
Konstruktion eines wirksamen Vektorsystems insbesondere für den Gentransfer in kardiale Myozyten ermöglicht.
Unter "nicht-infektiös" wird im Rahmen dieser Anmeldung verstanden, daß das Virusgenom für sich allein nicht in der Lage ist, einen vollständigen Infektionszyklus durchzuführen, weil z.B. Gensequenzen fehlen oder so mutiert sind, daß sie ihre Funktion für die Bildung infektiöser Viruspartikel nicht erfüllen können.
Unter "translatierbar" wird hier verstanden, daß das RNA- Molekül, wenn es in die Zielzelle infiziert wurde, zumindest teilweise unmittelbar in eine Aminosäureabfolge übersetzt wird, wobei bestimmte Sequenzen des RNA-Moleküles für eine Translationsinitiation sorgen.
Der Vorteil der Verwendung von CVB bzw. CVB3-Genom liegt in dem Tropismus dieses Virus für das Herz und der Tatsache, daß während des Lebenszyklus von CVB keine DNA gebildet wird, die Re- plikation erfolgt über eine RNA-abhängige RNA-Polymerase, für die das Virusgenom selbst kodiert. Somit besteht kein Risiko einer Integration des transfizierten Fremdgenes in das Genom der Zielzelle.
Eine höhere Effizienz der Translation wird erreicht, wenn das RNA-Genom replikationskompetent ist, denn dann erfolgt eine zytoplasmatische Replikation der RNA-Moleküle, so daß auch bei einer Transfizierung bzw. Infektion mit nur wenigen rekombinanten RNA-Molekülen im Laufe der Zeit eine große Anzahl von derartigen sogenannten Replikons zur Verfügung steht, so daß hinreichend Fremdgen translatiert werden kann. Auf diese Weise
wird ein sehr effizientes Vektorsystem bereitgestellt, durch das Fremdgene auf einfache und sichere Weise in Zielzellen exprimiert werden können, ohne daß die Integration der Fremdgene in das Genom der Zielzelle zu befürchten ist.
Dabei ist es besonders bevorzugt, wenn bei dem Virusgenom Anteile seiner kodierenden Sequenz durch das zumindest eine Fremdgen ausgetauscht sind.
Auf diese Weise wird effizient und sicher verhindert, daß CVB einen vollständigen Infektionszyklus durchläuft, denn eine Komplementierung der fehlenden Sequenzen in der Zielzelle ist nicht möglich. Durch den Austausch von kodierenden Sequenzen durch ein oder mehrere Fremdgene ist ferner die Transduktion auch großer Fremdgene möglich.
In diesem Zusammenhang ist es bevorzugt, wenn bei dem Virusgenom die Sequenzen seiner Kapsidproteine (VP1-VP4) und/oder seiner Protease 2A und/oder 3C und/oder seiner Helikase 2C und/oder seines Proteins 2B ausgetauscht sind, wobei zusätzlich/alternativ die Sequenzen der Protease 2A und/oder 3C so verändert sind, daß für die Zielzelle keine Zytotoxizität besteht.
Durch den Austausch eines oder mehrerer der obengenannten Sequenzen ergibt sich die Möglichkeit, bei Beibehaltung der ursprünglichen Virusgenomgröße längere Fremdgen-Sequenzen zu transduzieren. Die Beibehaltung der ursprünglichen Länge des Virusgenoms sowie der Replikationsfähigkeit ermöglicht es aufgrund der Spezifität für kardiale Myozyten, daß das rekombinan- te RNA-Molekül in der Zielzelle nicht nur effizient repliziert
sondern auch mit großer Ausbeute translatiert wird, so daß auch bei einer Infektion mit wenigen RNA-Molekülen eine wirksame Expression des Fremdgenes in den Zielzellen möglich wird. Durch die Reduzierung des Virusgenom-Anteiles im wesentlichen auf die für die Polymerase kodierende Sequenz 3D sowie die für das Virusprotein Vpg kodierende Sequenz 3B ist ferner sichergestellt, daß das Risiko einer Zytotoxizität sehr gering ist. Auch bei Vektoren, die zusätzlich noch die virale Protease 3C enthalten, ist sichergestellt, daß es zu keiner Zytotoxizität kommt.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung auch die Verwendung eines derartigen RNA-Moleküles zur Erzeugung eines Vektors für Gentherapie.
Der CVB3-Vektor kann dabei z.B. mittels der eingangs erwähnten Lipofektion in die Zielzellen transfiziert werden. Bevorzugt ist jedoch die Transduktion durch Infektion mittels eines Virions. Eine dritte Möglichkeit besteht in der Übertragung des CVB3-Vektors durch einen anderen viralen Vektor, bspw. Adenovi- rus.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein rekom- binantes, infektiöses, von CVB, vorzugsweise CVB3, abgeleitetes Virion, das als Genom das erfindungsgemäße RNA-Molekül enthält.
Bei dieser Maßnahme ist von Vorteil, daß nicht nur für die Re- plikation und Translation sondern auch noch für die Infektion der Tropismus von CVB in das Herz ausgenutzt wird. Es ist bekannt, daß schon zwei Tage nach einer oralen oder parenteralen Infektion bei Mäusen CVB im Herzmuskel nachweisbar ist.
Ein weiterer Vorteil ist in der Tatsache zu sehen, daß das RNA- Molekül wegen des in ihm vorhandenen Virusgenomanteiles leicht in Kapsidproteine von CVB verpackbar ist, so daß ein einfach herzustellendes und sicher infizierendes Vektorsystem zur Verfügung steht.
Dabei ist es bevorzugt, wenn das Virion in seinen Strukturproteinen einem CVB, vorzugsweise CVB3 entspricht.
Dies hat den bereits erwähnten Vorteil, daß der Tropismus von CVB in bestimmte Zielzellen, insbesondere das Herz, sowohl bei der Infektion als auch beim Verpacken des RNA-Moleküles ausgenutzt wird.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein Verfahren zum Transduzieren eines Fremdgenes in eine Zielzelle, mit den Schritten:
Bereitstellen eines RNA-Moleküls oder eines Virions der obengenannten Art, und
Infizieren der Zielzelle mit dem Virion bzw. Übertragung des RNA-Moleküls durch Transfektion.
Die Erfindung beschäftigt sich ferner mit der Bereitstellung der erfindungsgemäßen RNA-Moleküle, die beispielsweise in stabil transfizierten Wirtszellen erzeugt werden können.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ein Vektor- plasmid, mit zumindest einer DNA-Sequenz, die für das erfin-
dungsgemäße RNA-Molekül kodiert, und mit einem der DNA-Sequenz vorgeschalteten Promotor.
Auf diese Weise kann das neue RNA-Molekül in großen Mengen erzeugt und dann entweder unmittelbar in die Zielzellen übertragen oder aber zunächst in dem neuen Virion verpackt und dann über dieses in die Zielzelle transduziert werden.
Alternativ ist es jedoch auch möglich, ein DNA-Konstrukt in die Zielzelle einzubringen, das dort im Zellkern persistiert und das neue RNA-Molekül erzeugt, das dann entweder selbst im Zyto- plasma repliziert oder lediglich translatiert wird. Dieses DNA- Konstrukt kann auch durch einen anderen viralen Vektor bereitgestellt werden.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein DNA- Konstrukt, das für ein erfindungsgemäßes RNA-Molekül kodiert und in einer Zielzelle persistiert und transkribiert, vorzugsweise jedoch nicht repliziert, sowie ein rekombinantes Virus, vorzugsweise Adeno- oder Retrovirus, das für das neue RNA- Molekül kodiert und nach Infektion in einer Zielzelle expri- miert, wobei ein zytoplasmatisches Replikon entsteht, das ständig nachgeliefert wird.
Bei dieser Maßnahme ist von Vorteil, daß das DNA-Konstrukt oder das rekombinante Virus in der Zielzelle ständig translatierbare RNA-Moleküle nachliefert, wodurch für eine längerfristige und/oder starke Expression des Fremdgenes gesorgt werden kann. Die Expression wird hier nicht nur über die RNA-Replikation und Translation sondern (vor allem auch) über die Transkription gesteuert. Selbst bei einem schwachen Promotor, einer nur kurz-
fristig aufrechtzuerhaltenden zytoplasmatischen Replikation soie einer ineffizienten Translation kann auf diese Weise das Fremdgen dennoch wirksam exprimiert werden. Dabei kann selbst auf die RNA-Replikation im Zytoplasma verzichtet werden.
Im Falle des rekombinanten Virus wird das neue RNA-Molekül (z.B. das CVB3-Replikon) unter der Kontrolle eines eukaryonti- schen Promotors gebildet. Dabei wird ein in vielen Geweben aktiver bzw. ein induzierbarer oder gewebespezifischer Promotor verwendet, wie bspw. der Myosin-Leichte-Kette 2 Promotor mit Spezifität für den Herzmuskel. Dabei kann auch der im Zellkern vorhandene Vektor selbst replizieren, um eine noch höhere Ausbeute zu erzielen.
Ferner ist es nicht erforderlich, daß das Virusgenom von CVB stammt, auch andere, organspezifische Viren oder polytrope Viren sind denkbar.
Sofern das erfindungsgemäße RNA-Molekül jedoch über die erfindungsgemäßen Virionen übertragen werden soll, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um für die Erzeugung der Virionen die ausgetauschten kodierenden Sequenzen bereitzustellen.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein Helfer-Konstrukt zum Komplementieren der bei dem erfindungsgemäßen RNA-Molekül ausgetauschten kodierenden Sequenzen, wobei das Helfer-Konstrukt vorzugsweise ein Helfer-Plasmid oder ein viraler Vektor ist, das bzw. der für mindestens eine der ausgetauschten Sequenzen in translatierbarer Weise kodiert. Alternativ kann das Helfer-Konstrukt auch eine Helferzelle sein, die
stabil mit für mindestens eine der ausgetauschten Sequenzen kodierender Helfer-DNA transfiziert ist.
Entsprechend betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Erzeugung des erfindungsgemäßen Virions, mit den Schritten:
Transfizieren von Wirtszellen mit dem erfindungsgemäßen Vektorplasmid, und
Komplementieren der ausgetauschten Sequenzen in der Wirtszelle durch das erfindungsgemäße Helfer-Konstrukt.
Wenn das Helfer-Konstrukt ein Plasmid oder ein viraler Vektor ist, wird die Wirtszelle mit dem Vektorplasmid sowie dem Helfer-Konstrukt co-transfiziert, wobei sich in der Wirtszelle dann Virionen bilden, die aus den Strukturproteinen von CVB gebildet sind und das erfindungsgemäße RNA-Molekül verpacken, so daß die entstehenden Virionen selbst zwar Zielzellen infizieren können, jedoch keinen kompletten Infektionszyklus durchlaufen.
Wenn die Wirtszelle die Helferzelle ist, muß lediglich die Helferzelle mit dem Vektorplasmid transfiziert werden, die Wirtszelle stellt die fehlenden Sequenzen in trans zur Verfügung.
Neben dem Einsatz im wissenschaftlichen Bereich ist ein großes Anwendungsgebiet der vorliegenden Erfindung in der Gentherapie zu sehen, wobei gerade für die Endanwendung durch Mediziner und kleinere Krankenhäuser das neue Vektorsystem bereits mit bestimmten Fremdgenen angeboten wird, die für die jeweilige Therapie benötigt werden. Durch Bereitstellung geprüfter Amplifi-
kate von CVB3 , die mit der zu übertragenden cDNA ligiert wurden, läßt sich dabei eine gute Qualitätssicherung erreichen.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein Kit mit dem neuen Vektorplasmid und dem neuen Helfer-Konstrukt, sowie eine therapeutische Zusammensetzung mit dem neuen Vektorplasmid und/oder mit den neuen Virionen und/oder mit dem neuen RNA-Molekül.
Auf diese Weise kann dem Anwender die Möglichkeit gegeben werden, das Vektorplasmid und/oder die Virionen unmittelbar zu applizieren, oder aber mit Hilfe des Helfer-Konstruktes und/oder der RNA-Moleküle entsprechende, Zielzellen-gängige Applikationen herzustellen. In dem Kit sind dabei neben den erwähnten Materialien auch noch solche nicht-gängigen Materialien enthalten, die eine problemlose Anwendung in der üblichen Weise ermöglichen.
Andererseits ist es auch beabsichtigt, größeren Kliniken die Möglichkeit zu geben, spezielle Fremdgene in das neue Vektorsystem zu klonieren. Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung ferner ein Verfahren zum Erzeugen des neuen Vektorplasmides, mit den Schritten:
a) Bereitstellen einer für infektiöse CVB, vorzugsweise CVB3, kodierenden cDNA,
b) Klonieren der cDNA auf transkribierbare Weise in ein Plasmid,
c) Verstärken von Sequenzabschnitten des Plasmides mit Hilfe von Primern, die zu einem Amplifikat führen, das für das nicht-infektiöse Virusgenom kodiert, und
d) Ligieren des Amplifikates mit einer DNA-Sequenz für das Fremdgen .
Die Amplifikate können in fertiger Form in einem Kit vorliegen, oder es werden spezielle Primer zur Erzeugung der Amplifikate bereitgestellt .
Besonders vorteilhaft bei diesem Verfahren ist der Einsatz von speziellen Primern, die so gewählt werden, daß sie nicht nur die gewünschten Minimal-Anteile des zukünftigen Virusgenoms sondern auch die für die Plasmid-Vermehrung in Bakterien erforderlichen Anteile, z.B. Ampicillin-Resistenzgen, Replikations- ursprung, Transkriptionspromotor, amplifizieren.
Diese Amplifikate müssen dann nur noch mit dem Fremdgen ligiert werden.
Als Primer stehen dabei die nachstehend erwähnten Primer SEQ ID Nr. 1 bis SEQ ID Nr. 4 zur Verfügung.
Auf gleiche Weise kann auch das erfindungsgemäße Helfer- Konstrukt erzeugt werden, wobei das Verfahren die Schritte aufweist:
a) Bereitstellen einer für infektiöse CVB, vorzugsweise CVB3 kodierenden cDNA,
b) Klonieren der cDNA auf transkribierbare Weise in ein Plasmid, und
c) Verstärken von Sequenzabschnitten des Plasmides mit Hilfe von Primern, die zu einem Amplifikat führen, das für die ausgetauschten kodierenden Sequenzen kodiert.
Für die Amplifizierung stehen hier die nachstehend erwähnten Primer SEQ ID Nr. 5 bis SEQ ID Nr. 13 zur Verfügung.
Damit es im Routinebetrieb auf einfache Weise möglich ist, ein erfindungsgemäßes Vektorplasmid mit speziellem Fremdgen und zugeschnittenem minimalen Virusgenom zu erzeugen, betrifft die Erfindung ferner ein Kit, mit
einem Plasmid mit klonierter cDNA für infektiöse CVB, vorzugsweise CVB3 , und
den erforderlichen Primern für die Amplifikation von Sequenzabschnitten zur Erzeugung des Vektorplasmides und/ oder des Helfer-Konstruktes, bzw.
fertigen, geprüften DNA-Amplifikaten.
Das Kit kann ferner die erforderlichen Reagenzien zum Ligieren eines Fremdgenes enthalten.
Die DNA-Amplifikate, die zumindest einen für das neue RNA- Molekül kodierenden Sequenzabschnitt aufweisen und durch PCR
erzeugt werden können, liegen in fertiger und geprüfter Form in dem Kit vor und sind einfacher zu handhaben, als wenn man erst anhand der Primer eine PCR durchführen müßte. Auf diese Weise wird das Problem der Fehlerrate der Polymerasen beseitigt, denn der Endanwender kann mit geprüften und fertig ligierbaren Amplifikaten sicherer zu dem "maßgeschneiderten" Vektorsystem gelangen als mit selbst hergestellten Amplifikaten.
Das Fremdgen in dem neuen RNA-Molekül kann ferner nicht nur unmittelbar für gentherapeutische Zwecke verwendet werden, es kann auch zum Komplementieren eines Vektors eingesetzt werden, dem analog zu dem oben beschriebenen System von Vektorplasmid und Helferkonstrukt Anteile des Genoms fehlen. Dieses Verfahren ist insbesondere vorteilhaft für Vektorsysteme, die auf DNA- Viren wie bspw. Adenoviren beruhen. Würde man bei einem rekombinanten Adenovirus die fehlenden Anteile des Genoms in trans in Helferzellen zur Verfügung stellen, so bestünde die Gefahr der Rekombination des Vektors mit den supplementierenden Genfunktionen aus der Helferzelle, so daß ein Wildtyp-Virus mit den sofort ersichtlichen Gefahren und Nachteilen entstehen würde.
Die Erfindung betrifft daher auch die Verwendung des neuen RNA- Moleküls zur Erzeugung rekombinanter Viren oder Virionen, vorzugsweise mit DNA Genom, wobei das Fremdgen für dem DNA-Genom fehlende Genfunktionen kodiert.
Dabei ist von Vorteil, daß das rekombinante CVB3-Genom immer als RNA in der Zelle vorliegt, so daß eine Rekombination des DNA-Genoms der rekombinanten Viren oder Virionen nicht möglich ist.
Die RNA wird in der Zelle in Protein übersetzt, das für die Re- plikation oder Verpackung des DNA-Genoms verwendet wird. Dabei kann auch ein beliebiges RNA-Vektorsystem eingesetzt werden, bevorzugt wird jedoch das CVB3-VektorSystem verwendet. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in der mit Sicherheit auszuschließenden Rekombination des DNA-Genoms.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Erzeugung rekombinanter DNA-Viren oder DNA-Virionen, deren DNA-Genom bestimmte Genfunktionen fehlen, bei dem die fehlenden Genfunktionen über ein rekombinantes Vektorsystem mit RNA-Genom bereitgestellt wird.
Die Erfindung betrifft folglich ein universelles, vorzugsweise jedoch für kardiale Myozyten einsetzbares Vektorsystem, bei dem translatierbare RNA-Moleküle, die ein Fremdgen sowie ein "defektes" Virusgenom enthalten, in eine Zielzelle transduziert werden, wo das Fremdgen effizient exprimiert wird, um gewünschte, z.B. therapeutische Zwecke zu erreichen. Die Erfindung stellt ferner Verfahren und Kits bereit, mit denen der Anwender die für den jeweiligen Anwendungsfall geeigneten RNA-Moleküle, Vektorplasmide und/oder Virionen herstellen kann.
Es versteht sich, daß die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in den jeweils angegebenen Kombinationen, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispie- le.
Die nachstehenden Beispiele werden anhand der beigefügten Zeichnung erläutert, in der:
Fig. 1 schematisch genomische CVB-RNA und translatiertes Polyprotein zeigt,
Fig. 2 schematisch ein CVB3-Plasmid zeigt;
Fig. 3 ein Beispiel für ein rekombinantes RNA-Molekül zeigt;
Fig. 4 schematische Beispiele von Vektorplasmiden zeigt; und
Fig. 5 schematische Beispiele von Hel er-Plasmiden zeigt.
Beispiel 1: CVB3-Genom und -cDNA
Coxsackieviren sind Vertreter des Genus Enteroviren in der Familie der Picornaviren. Unter natürlichen Bedingungen erzeugen Coxsackieviren nur im Menschen Krankheiten, die initiale Isolierung von Coxsackieviren gelingt jedoch am besten in neugeborenen Mäusen, die auch zur Differenzierung der Viren in zwei Gruppen dienen:
Die Gruppe A mit 23 Serotypen und die Gruppe B mit 6 Serotypen.
CVB, vor allen Dingen CVB3, gelten als häufige Erreger von vi- ralen Herzmuskelentzündungen, die sich sowohl in dieser akuten Form wie auch in chronischen Verläufen äußern können. Bei Säuglingen verläuft die Myocarditis oft tödlich.
Wie alle Picornaviren haben auch Coxsackieviren ikosaedrische Nukleokapside, die aus vier Virusproteinen VPl, VP2, VP3 und VP4 bestehen. Während die Proteine VPl, VP2 und VP3 die äußere Hülle bilden, ist VP4 an der Innenseite der Partikel lokalisiert und mit dem einzelsträngigen RNA-Genom assoziiert. Das Genom ist per se infektiös; wird es unter geeigneten Bedingungen in einer Zelle aufgenommen, so kann schon die gereinigte RNA eine Infektion induzieren, denn sie besitzt Plusstrang- orientierung, die Virusproteine können also ohne Zwischenschritt von der RNA translatiert werden. Das 3 ' -Ende der genomischen RNA ist polyadenyliert, an das 5 ' -Ende ist kovalent ein kleines, viruskodiertes Protein VPg gebunden.
Ein schematisches Beispiel für das CVB3-Genom ist in Fig. 1 dargestellt. Das Genom enthält einen einzigen, offenen Leserahmen, der für ein Vorläuferprotein kodiert. Dieses Poly- protein wird noch während seiner Synthese proteolytisch in die verschiedenen viralen Komponenten gespalten.
Aus dem Polyprotein gehen die bereits erwähnten Kapsidproteine VP1-VP4 in angegebener Weise aus den Bereichen 1A bis ID und das Vpg aus dem Bereich 3B hervor. Die Bereiche 2A und 3C kodieren für Proteasen, die das Polyprotein aufspalten. Die aus den Bereichen 2B und 2C hervorgehenden Proteine stehen mit der Wirtspezifität der Viren in Verbindung.
Der Bereich 3D kodiert für eine RNA-abhängige RNA-Polymerase, die in der Wirtszelle die Replikation des RNA-Genomes durchführt .
Am 5'- und 3 ' -Ende enthält das Genom noch nicht translatierte Bereiche (NTR), wobei der NTR-Bereich am 5 ' -Ende eine ausgeprägte Sekundärstruktur aufweist und die Bindung von Ribosomen ermöglicht, also die Translation des Genoms in das Polyprotein erlaubt.
Die vollständige Nukleotidsequenz einer cDNA einer infektiösen CVB3-Variante mit ausgeprägtem Tropismus für das Herz ist beschrieben bei Klump et al. (a.a.O.). Diese infektiöse cDNA von CVB3 steht in dem Konstrukt pCB3/T7 zur Verfügung, sie ist schematisch in Fig. 2 angegeben. Vor dem 5 '-Ende befindet sich ein Promotor (Prom), der die Transkription der cDNA in das RNA- Genom ermöglicht.
Beispiel 2: Rekombinante RNA-Moleküle
Bei dem CVB3-Genom aus Fig. 1 lassen sich bestimmte Sequenzbereiche gegen Fremdgene austauschen, ohne daß die Translatier- barkeit des so entstandenen rekombinanten RNA-Moleküls in der Zielzelle verlorengeht. Die prinzipielle Struktur ist in Fig. 3 dargestellt, sie besteht aus dem NTR-Bereich am 5 '-Ende, einem eingefügten Fremdgen sowie einem nicht-infektiösen Rest des Virusgenoms .
Dieser nicht-infektiöse Rest des Virusgenoms weist z.B. die Sequenzbereiche 2B-3D auf, so daß die Kapsidproteine VP1-VP4 und die Protease 2A fehlen.
Dieses rekombinante RNA-Molekül kann in der Wirtszelle wegen des noch vorhandenen NTR-Bereiches nach wie vor translatiert werden, so daß das Fremdgen in der Zielzelle exprimiert wird. Als Fremdgen kann zu Versuchszwecken ein Reportergen oder aber auch ein Effektorgen vorgesehen sein, das im Rahmen einer gentherapeutischen Anwendung fehlende Funktionen der Zielzelle komplementiert und/oder defekte Funktionen ersetzt, komplementiert bzw. behindert.
Als Minimalkonstrukt müssen in dem nicht-infektiösen Virusgenom die Bereiche 3B und 3D bzw. 3CD vorhanden sein, also die Bereiche, die für die Replikation des rekombinanten RNA-Moleküles sorgen. Ein derartiges RNA-Molekül erfährt also eine zytoplas- matische Replikation und gleichzeitig eine Translation, so daß in der Zielzelle effektiv das Fremdgen exprimiert wird.
Da sich die Replikation auf RNA-Ebene abspielt, besteht nicht die Gefahr einer Integration des Fremdgenes in das Genom der Wirtszelle. Da im übrigen das restliche Virusgenom in dem RNA- Molekül nicht-infektiös ist, durchläuft das CVB3 auch keinen vollständigen Infektionszyklus, die Gefahr einer zusätzlichen Schädigung der Wirtszelle wird also vermieden. Aufgrund der Tatsache, daß nur noch ein minimaler Anteil an NichtStruktur- Proteinen auf dem restlichen Virusgenom kodiert sein muß, folgt ferner, daß dieses rekombinante RNA-Molekül nicht zytotoxisch für die Zielzelle ist.
Wenn in bestimmten Anwendungen die starke Expression des Fremdgenes nicht oder nicht über längere Zeit gewünscht wird, kann der Bereich, der für das restliche Virusgenom vorgesehen ist, auch durch eine Puffer-Sequenz aufgefüllt werden, die lediglich
dazu dient, das rekombinante RNA-Molekül auf die ursprüngliche Länge des RNA-Genoms von CVB3 zu bringen. Ein derartiges RNA- Molekül würde in der Zielzelle noch translatiert, jedoch nicht repliziert, so daß die zytoplasmatische Translation aufgrund des erfolgenden Abbaus des RNA-Moleküles nach einer gewissen Zeit wieder eingestellt wird.
Wie das rekombinante RNA-Molekül in die Zielzelle gelangt, wird im Beispiel 6 beschrieben, zuvor soll jedoch die Erzeugung des rekombinanten RNA-Moleküls mit Hilfe eines Vektorplasmides erörtert werden, dessen Herstellung im nächsten Beispiel beschrieben wird.
Beispiel 3: Herstellung von Vektorolasmiden
Die rekombinanten RNA-Moleküle können grundsätzlich auf beliebige gentechnologische Weise erzeugt werden, die Verwendung von Vektorplasmiden, die für die RNA-Moleküle kodieren und in diese transkribiert werden können, bietet jedoch eine vielfältige Anwendungsmöglichkeit, so daß dieser Weg bevorzugt wurde.
Die infektiöse cDNA von CVB3 aus dem Konstrukt pCB3/T7 (siehe Beispiel 1) wurde in die EcoR 1 Schnittstelle des Basis-Vektors pCR-Script™ von Stratagene kloniert . Damit die cDNA in eine RNA transkribiert werden kann, wurde zusätzlich der Promotor des humanen Zytomegalovirus aus dem Plasmid pCMVß von Clonetech in die Sal I Schnittstelle von pCR-Script™ kloniert. Dadurch entstand ein pCMV-CVB3 genanntes Plasmid.
Dieses Plasmid ist der Ausgangspunkt für die Herstellung der in Fig. 4 gezeigten Vektorplasmide.
Die Erzeugung der Vektorplasmide erfolgt über Polymerase- Kettenreaktion (PCR) mit Hilfe von Primern, die so gewählt sind, daß sie nicht nur die gewünschten Minimal-Anteile des zukünftigen CVB3-Vektors, sondern auch die für die Plasmid- Vermehrung in Bakterien erforderlichen Anteile des bakteriellen pCR-Script-Vektorbackbones amplifizieren, z.B. das Ampicillin- Resistenzgen, den Replikationsursprung, den Promotor etc.
In Fig. 2 sind mit arabischen Ziffern die Startpunkte für die PCR-Reaktion beschrieben, die zu den entsprechenden Vektorplasmiden 1, 2 bzw. 3 führen.
Als universeller Reverse-Primer ab 5 ' -NTR gilt die Sequenz SEQ ID Nr. 1:
5'-TTT GCT GTA TTC AAC TTA ACA ATG AAT TGT AAT GTT TTA ACC-3 '
Für den Forward-Primer ab 2C wird SEQ ID Nr. 2 eingesetzt:
5' -ATG GCT GAA CGC CAA AAC AAT AGC TGG C-3 '
Als Forward-Primer ab 2B wird SEQ ID Nr. 3 eingesetzt:
5'-GAT GCA ATG GAA CAG GGA GTG AAG GAC TAT G-3 '
Als Forward-Primer ab 3 ' -NTR gilt SEQ ID Nr. 4:
5' -TAG ATT AGA GAC AAT TTG AAA TAA TTT AGA TTG GC-3'
Durch Einsatz der Primer SEQ ID Nr. 1 und SEQ ID Nr. 2 ergibt sich ein Vektorplasmid, wie es in Fig. 4 unter 1 gezeigt ist, bei dem nämlich die Sequenzbereiche 2C-3D sowie die NTR- Bereiche am 3 ' - und 5 ' -Ende vorhanden sind. Ferner ist der Promotor für die Transkription in RNA vorhanden.
In entsprechender Weise führen die Primer SEQ ID Nr. 1 und SEQ ID Nr. 3 zu dem Vektorplasmid Nr. 2, bei dem von dem Virusgenom noch der Bereich 2B-3D sowie 3'- und 5 ' -NTR und der Promotor übriggeblieben sind.
Entsprechend führt SEQ ID Nr. 1 zusammen mit SEQ ID Nr. 4 zu dem Plasmid Nr. 3 aus Fig. 4, hier sind weder Struktur- noch Nichtstruktur-Gene des RNA-Genoms übriggeblieben, lediglich 3'- NTR und 5 ' -NTR sowie Promotor sind vorhanden, um die Transkription sowie die Translation in der Zielzelle zu ermöglichen; replizierbar ist eine aus diesem Plasmid hervorgegangene RNA nicht mehr, da die Polymerase 3D fehlt. Um dennoch die ursprüngliche Länge des Virusgenoms zum Verpacken in einem Virion zu erhalten, ist eine Stuffer genannte Füllsequenz vorgesehen.
Die soeben beschriebenen Amplifikate müssen dann an ihren Enden nur noch mit dem Fremdgen ligiert werden. Das so entstandene Vektorplasmid kann dann direkt in E.coli tranformiert werden.
Die Vektorplasmide können auf diese Weise hochverstärkt und schließlich in RNA transkribiert werden, wobei nach entsprechender Aufreinigung die RNA-Moleküle aus Beispiel 2 entstehen.
Eine bevorzugte Strategie besteht jedoch darin, eine Co- Transfizierung dieser Vektorplasmide mit Helfer-Konstrukten in
Wirtszellen durchzuführen, um infektiöse Virionen zu erzeugen, deren Genom jedoch das rekombinante RNA-Molekül aus Beispiel 2 ist.
Damit diese Co-Transfizierung zum Erfolg führt, müssen die Hel- fer-Konstrukte die durch das Fremdgen ausgestauschten Sequenzen des Virusgenoms komplementieren.
Beispiel 4 Herstellung von Helfer-Konstrukten
Ausgehend von dem Plasmid pCMV-CVB3 aus Beispiel 3 werden mit spezifischen PCR-Primern die jeweils den Vektorplasmiden aus Fig. 4 fehlenden Sequenzbereiche amplifiziert . Diese Amplifikate enthalten keine Anteile des bakteriellen Vektors.
Diese Amplifikate können jetzt mit einem viralen Vektor in Wirtszellen eingebracht werden, andererseits kann auch eine Helferzelle stabil mit diesen Amplifikaten transfiziert werden, so daß die Helferzellen bei der Transfizierung mit Vektorplasmid als Wirtszellen dienen und in trans die fehlenden Sequenzen des Virusgenoms zur Verfügung stellen.
Bevorzugt ist es, wenn die Helfer-Konstrukte ebenfalls Plasmide sind, die stabil oder transient in Wirtszellen transfiziert werden, um dann in RNA transkribiert werden zu können, die wiederum translatierbar ist, um die Struktur- und Nichtstruktur- Proteine zu erzeugen, für die das Vektorplasmid selbst nicht kodiert.
Zu diesem Zweck ist es erforderlich, in z.B. das pCR-Script™ Plasmid einen Promotor, z.B. den CMV-Promotor , und eine IRES
(internal ribosomol entry site) zu klonieren. Dahinter werden die Amplifikate mit den Helferanteilen von CVB3 kloniert. Durch die IRES wird die Translationseffizienz der Helferanteile erhöht, es kann z.B. die IRES von EMVC (Enzephalomyokarditis- Virus), die EMCV-IRES von Clonetech verwendet werden.
In Fig. 5 sind Helfer-Plasmide dargestellt, durch die die Vektorplasmide aus Fig. 4 komplementiert werden können.
Für die Sequenzbereiche 1A-1D werden die Primer SEQ ID Nr. 5
5'-A GAC TCT AGA CAG CAA AAT GGG AGC TCA AGT ATC AAC GC-3 '
sowie SEQ ID Nr. 6 verwendet:
5'-A TAT GCG GCC GCC TAA AAT GCG CCC GTA ITT GTC ATT GTA GTG ATG C-3'
Für den Bereich 2A werden die Primer SEQ ID Nr. 7
5'-A TAT GCG GCC GCC AGC AAA ATG GGA CAA CAA TCA GGG GCA GTG TAT GTG G-3'
oder SEQ ID Nr. 8
5'-CTT AAG ATG GGA CAA CAA TCA GGG GCA GTG TAT-3 '
als Forward-Primer und als Reverse-Primer SEQ ID Nr. 9 eingesetzt:
5 ' -A TAT GGG CCC CTA CTG TTC CAT TGC ATC ATC TTC CAG C-3 '
Für den Sequenzbereich 2B wird der Primer SEQ ID Nr. 10
5' -A TAT GCG GCC GCC AGC AAA ATG GGA GTG AAG GAC TAT GTG GAA CAG C-3 '
sowie der Primer SEQ ID Nr. 11 eingesetzt:
5'-A TAT GGG CCC CTA TTG GCG TTC AGC CAT AGG GAT TCC G-3 '
Für den Bereich 2B-3D werden als Primer SEQ ID Nr. 12
5' -A TAT GCG GCC GCC AGC AAA ATG GGA GTG AAG GAC TAT GTG GAA CAG C-3'
sowie der Primer SEQ ID Nr. 13 eingesetzt:
5'-A TAT GGG CCC CTA AAA GGA GTC CAA CCA CTT CCT GCG-3 ' .
Auf diese Weise werden Helfer-Plasmide erzeugt, die in Bakterien verstärkbar und in RNA transkribierbar sind, die wiederum translatiert werden kann, um die Translationsprodukte der Vek- torplasmide derart zu komplementieren, daß Virionen gebildet werden können, wie dies jetzt in Beispiel 5 beschrieben wird.
Beispiel 5: Herstellung von Infektiösen Virionen
Während es prinzipiell möglich ist, die RNA-Moleküle aus Beispiel 2 auf beliebigem Wege herzustellen und diese dann in Virusprotein zu infektiösen Virionen zu verpacken, besteht ein effizienter Weg darin, die in Beispiel 4 erwähnten Helferzellen, die stabil mit den dem Vektorplasmid fehlenden Sequenzen transfiziert sind, mit entsprechendem Vektorplasmid zu
transfizieren, das durch die Wirtszelle in trans komplementiert wird. Auf diese Weise entstehen Virionen, die nach entsprechender Aufreinigung verwendet werden können.
Ein Weg, der eine größere Variabilität ermöglicht, besteht darin, Wirtszellen mit dem Vektorplasmid aus Beispiel 3 und dem entsprechenden, komplementierenden Helfer-Plasmid aus Beispiel 4 zu co-transformieren, wodurch infektiöse Virionen entstehen, die die RNA-Moleküle aus Beispiel 2 verpacken.
Beispiel 6: Gentherapeutische Anwendung
Ziel der gentherapeutischen Anwendung ist es, die RNA-Moleküle aus Beispiel 2 in Zielzellen zu transduzieren und dort für eine Expression des Fremdgenes zu sorgen. Zur Verstärkung der Expression ist es vorteilhaft, wenn die RNA-Moleküle in den Zielzellen nicht nur translatiert sondern auch repliziert werden. Eine reine Translation ist mit dem Vektorplasmid 3 aus Fig. 4 möglich, während die Vektorplasmide 1 und 2 auf die oben beschriebene Weise zu RNA-Molekülen führen, die auch replizieren, was zu einer stärkeren Expression führt.
Zum einen ist es jetzt möglich, die RNA-Moleküle in Wirtszellen zu erzeugen und diese dann z.B. über eine Lipofektion in die Zielzellen zu transfizieren.
Eine effizientere und spezifischere Applikation erfolgt jedoch über eine Infektion der Zielzellen mit den Virionen aus Beispiel 5. Aufgrund ihres Kapsides sind diese Virionen nämlich infektiös, d.h. sie können in die Zielzellen eindringen und dort die von ihnen verpackten RNA-Moleküle zur Translation und
ggf. Replikation freigeben. Da die RNA-Moleküle selbst nichtinfektiös sind, werden in den Zielzellen keine neuen Virionen erzeugt. Zur Erinnerung, das nicht-infektiöse Virusgenom, das Bestandteil der rekombinanten RNA-Moleküle ist, weist Defizite bzw. Veränderungen bezüglich bestimmter Struktur- und möglicherweise Nichtstruktur-Proteine auf. Diese Defizite werden nur zur Herstellung der Virionen z.B. durch die Helfer-Plasmide aus Beispiel 4 komplementiert.
Wenn das insoweit beschriebene Vektorsystem auf der Basis von CVB aufgebaut ist, weisen die Virionen einen besonderen Tropismus für das Herz auf, wobei die Sequenzen und daraus übersetzten Proteine des Virusgenoms besonders gut an diese Wirtszellen angepaßt sind. Dies führt dazu, daß Fremdgene auf diese Weise problemlos in kardiale Myozyten transduziert und dort exprimiert werden können.