Verfahren zum in vitro Testen von Wirkstoffen, Vorrichtung und deren Verwendung
Akzo Nobel nv, Arnhem
Beschreibung:
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Testen von Wirkstoffen an Zellen in vitro, eine Vorrichtung und deren Verwendung.
Eine Testung von Wirkstoffen, wie z.B. Zytostatika, die in der Chemotherapie von Krebs verwendet werden, ist aus vielfältigen Gründen notwendig. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um einen völlig neuen Wirkstoff handelt, oder um einen Wirkstoff, dessen Wirksamkeit bereits grundsätzlich bekannt ist. Bei einem unbekannten Wirkstoff muß zunächst die grundsätzliche Wirksamkeit z.B. im Rahmen eines Wirk- stoffscreenings, die Dosis und die optimale Applikationsform, z.B. oral oder intravenös etc. ermittelt werden. Bei bereits bekannten Wirkstoffen werden z.B. mögliche Therapiestrategien überprüft und miteinander verglichen. Eine andere wichtige Fragestellung ist die patientenspezifische Testung bzw. die patientenspezifische Wirkung einer Substanz bei einem individuellen Patienten. Für jede dieser Fragestellungen stehen unterschiedliche Modellsysteme zur Verfügung.
Beim Wirkstoffscreening unbekannter Substanzen wird aus ethischen Gründen ausnahmslos nicht am Patienten, sondern mit Tiermodellen in vivo bzw. in vitro mit Zelllinien gearbeitet. Tiermodelle zum Screening unbekannter Cytostatika beruhen darauf, daß pro Behandlung des Empfängertieres humane Tumorzellproben in
Hohlfadendevices enkapsuliert und in das Empfängertier implantiert werden, wie dies in WO 94/25074 und US 5676 924 beschrieben wird. Diese Vorgehensweise hat jedoch ihre Grenzen, da Tiermodelle naturgemäß schlecht zu automatisieren und mit einem hohen Aufwand und hohen Kosten verbunden sind. Zunehmend steht auch der Tierschutzgedanke einer Testung in Tiermodellen entgegen.
Fraglich ist auch die Übertragbarkeit der Testergebnisse an Versuchstieren, die zumeist Nagetiere sind, auf den Menschen. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Stoffwechselunterschiede zwischen Mensch und Tierspezies, die im Tiermodell zu einer unterschiedlichen Pharmakokinetik führen. Im Rahmen dieser Erfindung wird unter Pharmakokinetik der dynamische Prozeß verstanden, in dem ein Wirkstoff mit unterschiedlichen Kinetiken in den Organismus resorbiert, d.h. aufgenommen, verteilt, metabolisiert, d.h. umgesetzt und wieder ausgeschieden wird. Diese Vorgänge lassen sich in vivo nicht unabhängig voneinander quantifizieren, da sie zeitlich überlappend und in gegenseitiger Abhängigkeit ablaufen. Im Kompendium Internistische Onkologie, Herausgeber: HJ. Schmoll, K. Höffgen, K. Possinger, Springer Verlag, (1996) werden deshalb mathematische Modelle gebraucht, welche die Verteilung eines Medikamentes in fiktiven Körperräumen bzw. Kompartimenten beschreiben. Dabei wirkt sich neben den Wirkstoffeigenschaften und dem Metabolismus insbesondere auch die Applikationsform auf die Pharmakokinetik der Substanz aus. Die Pharmakokinetik eines Wirkstoffes wird in vivo üblicherweise durch Messung der Serumkonzentration in Abhängigkeit von der Zeit ermittelt.
Auch die Verwendung von in vitro Modellen zur Testung von Substanzen ist weit verbreitet. Dabei wird die Kultivierung von humanen Primärzellen in Monolayer-Kultu- ren zur patientenspezifischen Testung bevorzugt, um einen hohen Probendurchsatz zu erzielen. Eine derartige Vorgehensweise wird z.B. von G.J.L. Kaspers et al. in Blood (1997), Band 90, Nr. 7, Seiten 2723-29 und von R. Pieters in Blood (1990), Band 76, Nr. 11 , Seiten 76, 2327-36 beschrieben. Der Nachteil der bekannten in vitro Verfahren ist, daß die dort verwendeten Mikrotiterplatten ein dreidimensionales
Wachstum der Zellen nicht zulassen. Solide Tumore z. B. entwickeln unterschiedliche Subpopulationen wahrscheinlich aufgrund von Gradienten im pH-Wert und der Nährstoffversorgung. Diese Gradienten verursachen regionale Variationen der Zellvitalität, des Metabolismus und der Sensivität gegenüber einer Behandlung mit Zyto- statika. Es gibt Hinweise, daß maligne Zellen in einer dreidimensionalen, gewebeähnlichen Struktur ein anderes Verhalten gegenüber Zytostatika aufweisen, als Mo- noIayer-Kulturen, wie aus J.J. Casciari et al., J. Natl. Cancer Inst. (1994), Band 86, Seiten 1846-52 und K.M. Nicholson et al., Ann. Oncology (1996), Band 7, Supplement 1 , Abstract, hervorgeht.
Ein weiterer Nachteil der bekannten in vitro Verfahren ist, daß eine im menschlichen Organismus ablaufende Pharmakokinetik bisher in vitro nicht realisiert werden kann, d.h. nicht durch eine entsprechende in vitro Pharmakokinetik modelliert werden kann. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird jedoch von einer in vitro Pharmakokinetik gesprochen. Darunter soll verstanden werden, daß sich die Wirkstoffkonzentration in der Umgebung der Zielzelle in Abhängigkeit von der Zeit in vitro auf gleiche Weise ändert, wie in der in vivo Umgebung der Zielzelle, wie etwa bei Leukämien im Serum, unabhängig davon, mit welchen Mitteln dieses Ziel erreicht wird. Primäres Kriterium sind dabei die Kurvenform und der absolute Wert der Wirkstoffkonzentration, während die Zeitachse gegenüber der in vivo Situation gerafft oder gestreckt sein kann.
Ein dritter Nachteil aller heute bekannten in vitro Verfahren zur Wirkstofftestung besteht darin, daß keine Kombinationstherapie nachgebildet werden kann. Dies ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil heute nur noch ausnahmsweise mit nur einem Cytostatikum, d.h. mit einer Monotherapie behandelt wird, die meisten Therapien also Kombinationstherapien sind, bei der eine zeitliche Abfolge von verschiedenen Cytostatika angewendet wird wie aus dem Kompendium Internistische Onkologie, Herausgeber HJ. Schmoll, K. Höffgen, K. Possinger, Springer Verlag, (1996) hervorgeht. Bei den Standardverfahren in vitro kann bisher nicht, wie im
Organismus, eine einmal in das Assay eingeführte Wirksubstanz wieder abgeführt werden, bevor die nächste Wirksubstanz verabreicht wird.
Alle drei genannten Nachteile führen dazu, daß derzeit in vitro das Verhalten realer Tumore gegenüber Chemotherapie nicht gut simuliert werden kann. Dies führt dazu, daß in der Fachwelt gravierende Zweifel am prognostischen Wert der bislang bekannten in vitro Verfahren zum Test von Wirkstoffen an Zellen bestehen.
Somit besteht ein Bedarf für ein in vitro Verfahren zum Test von Wirkstoffen an Zellen und für eine Vorrichtung, die zu besagtem Verfahren verwendet werden kann, wodurch die zuvor genannten Nachteile zumindest wesentlich verringert werden.
Daher stellt sich die vorliegende Erfindung die Aufgabe, ein in vitro Verfahren zum Test von Wirkstoffen an Zellen und eine Vorrichtung zu Verfügung zu stellen, die zu besagtem Verfahren verwendet werden kann, wodurch die zuvor genannten Nachteile zumindest wesentlich verringert werden und wodurch insbesondere eine Annäherung an die in vivo Pharmakokinetik durch eine entsprechende in vitro Phamakoki- netik ermöglicht wird und eine Kombinationstherapie mit verschiedenen Wirkstoffen nachgebildet werden kann.
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zum in vitro Testen von Wirkstoffen an Zellen umfassend mindestens die Schritte a) zur Verfügung stellen eines Zellkulturbehälters mit einem Innenraum und einer Innenwand und mit einem im Innenraum angeordneten ersten und zweiten Membransystem, wobei zwischen den Membransystemen und der Innenwand des Innenraums ein Zellkulturraum ausgebildet wird, b) Vorlegen einer Zellkultur und eines Zellkulturmediums im Zellkulturraum, c) Zuführen eines flüssigen Nährmediums in den Zellkulturraum und Abführen von Stoffwechselprodukten mittels des ersten Membransystems,
d) Zuführen mindestens eines gasförmigen Mediums in den Zellkulturraum mittels des zweiten Membransystems, e) Zudosieren von mindestens einem Wirkstoff in den Zellkulturraum, wobei das Zudosieren gemäß einem eingestellten Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Verlauf erfolgt und f) Überwachen der Zellvitalität.
Unter den zu testenden Wirkstoffen sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung solche Stoffe zu verstehen, deren Wirkung auf die zu untersuchenden Zellen vor dem Test nicht oder nicht ausreichend bekannt ist. Hierbei kann es sich auch um gasförmigen Wirkstoffe, wie z.B. Atemgifte oder andere ggf. toxisch wirkende Gase handeln. Unter den vorstehend definierten Stoffen werden bevorzugt Cytostatika, Antibiotika, Cytokine, Wachstumsfaktoren oder antivirale Agentien eingesetzt. Darüber hinaus können grundsätzlich alle wie vorstehend definierten Stoffe hinsichtlich ihrer Wirkung auf Zellen getestet werden, wenn sich diese Stoffe in gelöster Form in den Zellkulturraum einbringen lassen.
Im erfindungsgemäßen Verfahren können Zellkulturen getestet werden, die bevorzugt aus Primärzellen oder aus Zelllinien bestehen, wobei besonders bevorzugt Tu- morzelliinien eingesetzt werden. Das Volumen des Zellkulturraums beträgt vorzugsweise zumindest 0,3 ml und höchstens 2,0 ml, besonders bevorzugt liegt es zwischen 0,5 ml und 1 ,5 ml. Dadurch wird nur eine geringe Menge an Zellmaterial verbraucht, so dass z.B. einem Krebspatienten nur geringe Mengen an Zellen für das erfindungsgemäße Verfahren entnommen werden müssen.
Das im Innenraum des Zellkulturbehälters befindliche erste Membransystem besteht aus mindestens einer semipermeablen Membran, welche zur Zuführung eines flüssigen Nährmediums geeignet ist, d.h. einen kontinuierlichen Stofftransport durch die Membranwand aufgrund diffusiver oder konvektiver Transportmechanismen erlaubt. Je nach Erfordernis, d.h. je nachdem, ob ein diffusiver oder konvektiver Stofftransport des Nährmediums erforderlich ist, handelt es sich um eine Nanofiltrations-, Ul-
trafiltrations- oder Mikrofiltrationsmembran. Z.B. lassen sich Dialysemembranen wie etwa Cuprophan® oder hydrophile mikroporöse Membranen, wie z.B. mikroporöse Polyethersulfon-Membranen einsetzen. Das zweite im Innenraum des Zellkulturbehälters befindliche Membransystem besteht aus mindestens einer Gastransfermembran, insbesondere einer Oxygenationsmembran, wie sie z.B. als Oxyphan® im Handel erhältlich ist. Die Membranen des ersten und zweiten Membransystems sind bevorzugt Hohlfasermembranen.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Zellkulturbehälter eingesetzt, bei dem das erste und zweite Membransystem aus Hohlfasern besteht, die in mehreren Lagen schichtförmig übereinander im Innenraum angeordnet sind.
Das Vorlegen der Zellkultur geschieht in einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens bei Verwendung eines Zellkulturbehälters mit Deckel durch Einstellen der Zelldichte im Zellkulturmedium, öffnen des Deckels des Zellkulturbehälters, Einpipettieren des gewünschten Volumens der Zellsuspension in den Innenraum des Zellkulturbehälters und Verschließen des Zellkulturbehälters mit dem Deckel.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann das Vorlegen der Zellkultur über eine Öffnung in der Seitenwand des Innenraums erfolgen, die z.B. mit einem an der Außenseite des Zellkulturbehälters befindlichen Anschluß für eine Spritze oder dergleichen versehen ist.
In einer dritten bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens kann das Vorlegen der Zellkultur über mindestens ein Septum erfolgen, über welches ein Zugang in den Inneraum des Zellkulturbehälters möglich ist.
Die Zellen können als Suspensionszellen oder als anheftungsbedürftige Zellen vorliegen, wobei Suspensionszellen in der Regel Zellen sind, die aus dem Blut ent-
stammen, und anheftungsbedürftige Zellen in der Regel Zellen sind, die dem Körpergewebe entstammen. Letztere können entweder als unzerteilte Gewebestücke direkt in den Innenraum des Zellkulturbehälters vorgelegt werden oder die Gewebestücke werden zuerst vereinzelt und danach wie Suspensionszellen vorgelegt. Für anheftungsbedürftige Zellen ist der Innenraum des Zellkulturbehälters vorteilhafterweise mit einer Oberfläche ausgestattet, an der die Zellen bevorzugt haften. Bevorzugt besteht diese Oberfläche aus proteinbeschichtetem Polycarbonat oder aus zusätzlich im Innenraum des Zellkulturbehälters eingebrachtem textiien Material aus Polyester.
Bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens enthält der Zellkulturraum bevorzugt mindestens 1 • 105 Zellen pro ml Zellkulturraum, besonders bevorzugt mindestens 1 • 106 Zellen pro ml Zellkulturraum. In einer besonders geeigneten Ausführungsform beträgt die Zelldichte im Zellkulturraum mehr als 5 • 107 Zellen pro ml Zellkulturraum. In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden Suspensionszellen mit einer Zelldichte von mindestens 1 • 105 Zellen pro ml Zellkulturraum eingesetzt. Dadurch wird eine Annäherung an die Zelldichten wie im Blut möglich. Auch bei Verwendung von anheftungsbedürftigen Zellen wird das erfindungsgemäße Verfahren vorzugsweise bei einer Zelldichte von mindestens 1 • 105 Zellen pro ml Zellkulturraum durchgeführt, um nach entsprechendem Zellwachstum sich den Zelldichten des Körpergewebes anzunähern.
Vorteilhafterweise hat jede Zelle einen mittleren Abstand von 0 μm bis 600 μm zur jeweils nächstgelegenen Membran des ersten und zweiten Membransystems. Dadurch werden die Zellen gleichmäßig mit Nährmedium und Gas versorgt. Gleichzeitig werden die Stoffwechselprodukte gleichmäßig wieder abgeführt, so dass insgesamt ein Zustand in der Zellkultur simuliert wird, der den in vivo Verhältnissen ähnelt.
Als flüssiges Nährmedium bzw. als Zellkulturmedium können Medien eingesetzt werden, wie sie üblicherweise zur Versorgung von Zellen mit Nährstoffen bzw. zur Züchtung von Zellen verwendet werden. Bevorzugt wird RPMI 1640 eingesetzt. In
einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein RPM1 1640 und fötales Kälberserum enthaltendes Nährmedium eingesetzt.
Als gasförmiges Medium wird bevorzugt ein Gasgemisch eingesetzt, das einen Sau- erstoff-Partialdruck pO2 von 0 bis 160 mmHg und einen Kohlendioxid-Partialdruck pCO2 von 0 bis 115 mmHg aufweist. In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens enthält das Zellkulturmedium einen Bicarbonatpuffer und der pCO2 im zugeführten gasförmigen Medium wird so eingestellt, dass der pH- Wert des Zellkulturmediums zwischen 6,8 und 7,8 liegt.
Die gewünschte Zusammensetzung des gasförmigen Mediums kann dadurch eingestellt werden, dass das erfindungsgemäße Verfahren in einem Raum durchgeführt wird, worin diese Zusammensetzung herrscht. In diesem Fall erfolgt die Zufuhr des gasförmigen Mediums über einen Steril-Filter in das zweite Membransystem.
Das zweite Membransystem läßt sich mit Vorteil auch zur Entfernung gasförmiger Stoffwechselprodukte einsetzen, wenn es im cross-flow Modus betrieben wird und mit einer Gaszuführleitung und einer Gasabführleitung verbunden ist.
In einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens werden einzelne Wirkstoffe und/oder Kombinationen mehrerer Wirkstoffe zeitversetzt zudosiert. Somit kann z.B. ein einzelner Wirkstoff über die Zeit verteilt in mehreren aufeinanderfolgenden Dosen verabreicht werden oder es können verschiedene einzelne Wirkstoffe zeitversetzt dem Zellkulturmedium zudosiert werden. Ebenso kann eine Abfolge von Wirkstoffkombinationen zeitversetzt zudosiert werden, wobei die Wirkstoffkombinationen in ihrer Zusammensetzung gleich bleiben oder variieren können. Schließlich können im Verfahren der vorliegenden Erfindung auch Einzelwirkstoffe und Wirkstoffkombinationen der vorstehend beschriebenen Art zeitversetzt zudosiert werden.
Die Wirkstoffzuführung kann direkt oder über das erste Membransystem, bzw. für den Fall, dass es sich um einen gasförmigen Wirkstoff handelt, über das zweite
Membransystem in den Zellkulturraum erfolgen. Bei der Zuführung des Wirkstoffs über das erste Membransystem wird der Wirkstoff in den Nährmedienstrom eingespeist und tritt mit dem Nährmedium über die Membranen des ersten Membransystems in den Zellkulturraum ein. Bei Zuführung eines gasförmigen Wirkstoffs über das zweite Membransystem wird dieser in das gasförmige Medium eingespeist und tritt mit dem gasförmigen Medium über die Membranen des zweiten Membransystems in den Zellkulturraum ein. Dies bedeutet natürlich, dass die Membranen der beiden Membransysteme für den jeweiligen Wirkstoff durchlässig sein müssen. Bei Zugabe des Wirkstoffs über das erste bzw. zweite Membransystem läßt sich der Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Verlauf beispielsweise durch die Permeabilität des ersten bzw. zweiten Membransystems, durch die Dauer der Wirkstoffzugabe und durch die Wirkstoffkonzentration einstellen. Die vorstehend beschriebenen Verfahrensweisen erlauben also die Simulation verschiedenster Pharmakokinetiken von Einzelwirkstoffen und/oder Wirkstoffkombinationen. Z.B. kann die Wirkstoffzugabe analog einer Dauerinfusion rampenförmig oder analog einer intravenösen Verabreichung peakförmig erfolgen.
Während des Wirkstofftestes wird der Zellkulturbehälter auf einer für das Kultivieren der Zellen geeigneten Temperatur gehalten, vorzugsweise auf 37 °C.
Unter Überwachung der Zellvitalität wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung die Überwachung der Stoffwechselaktivität, der Proliferation, der Apoptose oder allgemein des Zelltodes verstanden.
Zur Überwachung der Zellvitalität dient in einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens ein Zellvitalitätsfarbstoff. Besonders bevorzugt wird alamar Blue®. Diese Substanz kann über das Nährmedium und das erste Membransystem dem Zellkulturraum zugeführt werden. Alamar Blue® dringt durch die Membranen der Zellen ins Zellinnere und wird dort durch den Zellstoffwechsel in einen Fluoreszenzfarbstoff umgewandelt. Daher kann die Menge des solchermaßen gebildeten Fluoreszenzfarbstoffs als Maß für die Zellvitalität benutzt werden und mit
einem Fluoreszenzsensor entweder on-line oder nach Probennahme im Nährmedium nachgewiesen werden. Von besonderem Vorteil ist, dass eine Probennahme im Zellkulturraum nicht erforderlich ist, sondern im Flüssigkeitsstrom erfolgen kann, der den Zellkulturbehälter verläßt. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass über das erste Membransystem der Zellvitalitätsfarbstoff nicht nur zugeführt, sondern auch vollständig wieder abgeführt werden kann, wodurch jede Störung der Zellkultur durch den Farbstoff korrigierbar und umkehrbar ist.
Im erfindungsgemäßen Verfahren kann zur Überwachung der Zellvitalität mindestens ein Sensor eingesetzt werden, der Informationen über den Zustand der Zellen liefert. Vorzugsweise handelt es sich hierbei um miniaturisierte Sensoren zur Bestimmung der Proliferation, Vitalität, Apoptose oder allgemein des Zelltodes. Besonders bevorzugt handelt es sich um einen Sensor für Fluoreszenz.
Im erfindungsgemäßen Verfahren können zur Prozessüberwachung geeignete Sensoren eingesetzt werden. Vorzugsweise werden Sensoren zur Überwachung von Temperatur, pH, Partialdruck von Sauerstoff pO2, oder Kohlendioxid pCO2, Glucose oder Lactat eingesetzt. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform werden die Sensoren in den Innenraum des Zellkulturbehälters als Mikrosensoren integriert, wodurch es zu keinem störenden Einfluß der Sensoren auf die Zellkultur kommt. Auch können einer oder mehrere der genannten Sensoren im Zellkulturraum oder im Nährmedium eingesetzt und die Sensorsignale on-line verfolgt werden. So können beispielsweise pH, p02, Glucose und Lactat gleichzeitig gemessen werden. An Stelle oder additioneil zur eben beschriebenen on-line Sensorik sind weitere bevorzugte analytische Methoden im erfindungsgemäßen Verfahren Methoden zur Endpunktsbestimmung wie etwa das MTT-Assay (Mitochondriale Reduktion von Tetrazolium- farbstoff) oder die Durchflußcytometrie.
Die Aufgabe wird des Weiteren durch eine Vorrichtung gelöst, die einen zur Aufnahme einer Zellkultur in einem Zellkulturmedium geeigneten Zellkulturbehälter mit einem Innenraum umfaßt, wobei im Innenraum erste Mittel zur Zuführung mindestens
eines Nährmediums und zweite Mittel zur Zuführung mindestens eines gasförmigen Mediums angeordnet sind, wobei die Mittel jeweils eine Zuführungsseite und eine Abführungsseite aufweisen, und wobei zwischen besagten Mitteln und der Innenwand des Innenraums ein Zellkulturraum ausgebildet ist, und wobei die ersten Mittel mit ihrer Zuführungsseite über eine Nährmediendosiereinheit mit mindestens einem Nährmediumbehälter in Fluidverbindung stehen, und die zweiten Mittel mit ihrer Zuführungsseite über eine Gasdosiereinheit mit mindestens einem Gasvorratsbehälter in Fluidverbindung stehen, und wobei die Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass der Zellkulturraum ein Volumen von höchstens 5 ml und mindestens 0,1 ml hat, dass die Vorrichtung desweiteren Mittel zur Zuführung von mindestens einem Wirkstoff in den Zellkulturraum und Mittel zum Vorgeben eines Wirkstoffkonzentrations- Zeit-Verlaufs im Zellkulturraum enthält.
In einer bevorzugter Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung stehen die ersten Mittel mit ihrer Abführungsseite mit einem Abfallbehälter in Fluidverbindung.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform stehen die ersten Mittel mit ihrer Abführungsseite über eine Rezirkulationsleitung mit dem mindestens einen Nährmedienbehälter in Fluidverbindung. In der Leitung zwischen der Abführungsseite der ersten Mittel und dem Abfallbehälter kann ein Gerät installiert sein, das bestimmte Stoffwechselprodukte isolieren oder detektieren kann.
Die im Innenraum des Zellkulturbehälters befindlichen ersten Mittel bestehen vorzugsweise aus mindestens einer für die Zuführung flüssiger Nährmedien geeigneten Membran.
Die mindestens eine Membran der ersten Mittel besteht bevorzugt aus einer semipermeablen Membran, welche zur Zuführung eines flüssigen Nährmediums geeignet ist, d.h. einen kontinuierlichen Stofftransport durch die Membranwand aufgrund diffusiver oder konvektiver Transportmechanismen erlaubt. Je nach Erfordernis, d.h. je
nachdem, ob ein diffusiver oder konvektiver Stofftransport des Nährmediums erforderlich ist, handelt es sich um eine Nanofiltrations-, Ultrafiltrations- oder Mikrofiltrati- onsmembran. Z.B. lassen sich Dialysemembranen wie etwa Cuprophan® oder hydrophile mikroporöse Membranen, wie z.B. mikroporöse Polyethersulfon-Membranen einsetzen.
Die im Innenraum des Zellkulturbehälters befindlichen zweiten Mittel bestehen vorzugsweise aus mindestens einer für den Gasaustausch geeigneten Membran.
Die mindestens eine Membran der zweiten Mittel bestehen vorzugsweise aus einer Oxygenationsmembran, besonders bevorzugt aus mindestens einer Oxyphan® Membran.
Erfindungsgemäß stehen die zweiten Mittel mit einem Gasvorratsbehälter in Fluidverbindung. Hierbei kann der Gasvorratsbehälter aus den Gasraum z.B. eines Brutschranks bestehen und Gasraum und zweite Mittel sind über einen gasdurchlässigen Sterilfilter in Kontakt. In einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung stehen die zweiten Mittel über mindestens eine Gasdosiereinheit mit mindestens einem unter Gasüberdruck stehenden Gasvorratsbehälter in Fluidverbindung. Hierdurch lassen sich auf einfache Weise unterschiedliche Konzentrationen verschiedener Gaskomponenten einstellen.
In einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind die Membranen der ersten und der zweiten Mittel als Hohlfasern ausgebildet.
Besonders bevorzugt sind die Hohlfasern in mehreren Lagen schichtförmig übereinander im Innenraum angeordnet.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform liegt der maximale Abstand der die jeweiligen Mittel ausbildenden Hohlfasern untereinander zwischen 50 μm und 600 μm.
In einer bevorzugten Ausführungsform weist der Zellkulturbehälter einen Boden und einen Deckel auf, welche den Innenraum begrenzen, einander gegenüber liegen und aus einem transparenten Material bestehen. Die Transparenz von Boden und Deckel erlaubt eine mikroskopische Beobachtung der Zellen während des Wirkstofftests.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist im Boden ein zur Thermostati- sierung des Zellkulturbehälters auf 37 °C geeignetes Heizsystem, z.B. in Form einer Heizfolie, integriert, die eine hinreichende Transparenz für die beispielsweise mikroskopische Betrachtung der Zellkultur zuläßt.
Der Zellkulturraum hat bevorzugt ein Volumen von 0,3 ml bis 3,0 ml. Der Vorteil dieser Miniaturisierung besteht in einem besonders geringen Verbrauch an Zellen, Wirkstoffen, flüssigen und gasförmigen Medien.
Die in der erfindungsgemäßen Vorrichtung bevorzugten Mittel zur Wirkstoffzuführung bestehen aus mindestens einem Wirkstoffvorratsbehälter, mindestens einer Wirkstoffdosiereinheit und aus einem Leitungssystem, das den mindestens einen Wirkstoffvorratsbehälter über jeweils eine Wirkstoffdosiereinheit direkt oder über die ersten Mittel mit dem Zellkulturraum des Zellkulturbehälters verbindet.
In einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung bestehen die Mittel zum Vorgeben eines Wirkstoff-Konzentrations-Zeitverlaufs im Zellkulturraum in den Permeabilitäten der Membranen der ersten Mittel.
In einer bevorzugten Ausführungsform umfaßt die erfindungsgemäße Vorrichtung ein Mittel zur Überwachung der Zellvitalität.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung enthält als Mittel zur Überwachung der Zellvitalität mindestens einen Sensor, der geeignet ist, Informationen über den Zustand der Zellkultur zu liefern. Vorzugsweise
handelt es sich hierbei um miniaturisierte Sensoren zur Bestimmung der Proliferation, Vitalität, Apoptose oder allgemein des Zelltodes. Besonders bevorzugt handelt es sich um einen Sensor für Fluoreszenz.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann zur Prozessüberwachung geeignete Sensoren enthalten, wobei es sich vorzugsweise um Sensoren für Temperatur, pH, Partial- druck von Sauerstoff pO2, oder Kohlendioxid pCO2, Glucose- oder Lactat handelt, die im Innenraum des Zellkulturbehälters angebracht sind.
Dabei können die genannten Sensoren einzeln oder in Kombination im Innenraum des Zellkulturbehälters angeordnet sein.
Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird des Weiteren durch ein modulares Wirkstoffprüfsystem gelöst, welches mindestens 2 der erfindungsgemäßen Vorrichtungen umfaßt.
Vorzugsweise umfaßt das modulare Wirkstoffprüfsystem 6, 24 oder 96 der erfindungsgemäßen Vorrichtungen, welche in geeigneter Weise zu einem modularen Aufbau angeordnet sind.
Schließlich wird die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe durch die Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung oder des erfindungsgemäßen Wirkstoffprüfungssystems zum in vitro Test der Wirkung von Wirkstoffen auf Zellen gelöst.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung bzw. das erfindungsgemäße modulare Wirkstoffprüfsystem läßt sich hervorragend zur Ermittlung des Einflusses der Pharmakokinetik auf die Vitalität von Zellen verwenden.
Die vorliegende Erfindung wird anhand der nachfolgenden Zeichnungen und des Beispiels näher erläutert. Es zeigen in vereinfachter schematischer Darstellung:
Figur 1 : Flußschema einer erfindungsgemäßen Vorrichtung,
Figur 2a: Querschnitt eines modularen Wirkstoffprüfsystems mit erfindungsgemäßen Vorrichtungen,
Figur 2b: Querschnitt eines modularen Wirkstoffprüfsystems mit drei übereinander angeordneten Ebenen mit erfindungsgemäßen Vorrichtungen und
Figur 3: Draufsicht auf ein modulares Wirkstoffprüfsystem umfassend sechs erfindungsgemäße Vorrichtungen.
Figur 4a: Drei als Profil 1 bis 3 bezeichnete Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Verläufe.
Figur 4b: Darstellung der vitalen Zellen in vier verschiedenen Zellkulturbehältern wie vorgelegt (Inoculum) und wie geerntet (Zellernte).
Figur 1 zeigt einen Nährmedienbehälter 4, der über eine Leitung 14 und eine Nähr- mediendosiereinheit 3 mit der Zuführungsseite des im Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1 enthaltenen ersten Mittel fluidverbunden ist. Die Abführungsseite der im Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1 befindlichen ersten Mittel ist über die Leitung 14 mit einem Abfallbehälter 10 fluidverbunden. In der Leitung 14 zwischen der Abführungsseite der ersten Mittel und dem Abfallbehälter 10 befindet sich ein Gerät 12, das bestimmte Stoffwechselprodukte isolieren oder detektieren kann. Die Rezirkula- tionsleitung 11 ermöglicht ein Zurückleiten der aus der Abführungsseite der im Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1 befindlichen ersten Mittel abfließenden Flüssigkeit in den Nährmedienbehälter 4. Ein Wirkstoffvorratsbehälter 7 ist über ein Leitungssystem 9, eine Wirkstoffdosiereinheit 8 und eine Leitung 9b mit der Zuführungsseite der im Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1 befindlichen ersten Mittel fluidverbunden. In der eben beschriebenen Konfiguration gelangt ein Wirkstoff über die ersten Mittel in den Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1. Das Umschaltelement 9c und die Leitung
9a ermöglichen eine direkte Fluidverbindung zwischen einem Wirkstoffvorratsbehälter 7 und dem Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1. Mindestens ein Gasvorratsbehälter 6 ist über eine Gasdosiereinheit 5 mit der Zuführungsseite der im Innenraum 2 des Zellkulturbehälters 1 befindlichen zweiten Mittel fluidverbunden, deren Abführungsseite mit einer Gasabführleitung 6a verbunden ist.
Figur 2a zeigt im Querschnitt ein modulares Wirkstoffprüfsystem, das in einer Halte- rung 13 fixiert ist. Ein Nährmedienbehälter 4 ist mit einer Nährmedienleitung 14 über eine hier als Schlauchpumpe ausgeführte Nährmediendosiereinheit 3 mit der Zuführungsseite der ersten Mittel 1a im Innenraum des Zellkulturbehälters 1 fluidverbunden, wobei die Verbindung zwischen Nährmediendosiereinheit 3 und Zuführungsseite der ersten Mittel 1a durch die Leitungen 14 und 9b realisiert sind. Die Abführungsseite der ersten Mittel 1a im Innenraum des Zellkulturbehälters 1 ist über eine Leitung 14 mit einem Abfallbehälter 10 fluidverbunden. Jedoch können auch die Abführungsseiten mehrerer der erfindungsgemäßen Vorrichtungen mit einem gemeinsamen Abfallbehälter verbunden sein. Der Zellkulturbehälter 1 ist auf einer Grundplatte 15 plaziert und darauf mit einem Rastmechanismus befestigt. In der Grundplatte 15 integriert befindet sich eine Heizfolie, die geeignet ist, den Zellkulturbehälter und das Medium kurz vor seinem Eintritt in den Zellkulturbehälter auf die benötigte Temperatur, bevorzugt auf 37 °C, zu temperieren. Die Heizfolie kann aber auch in den Boden des Zellkulturbehälters 1 integriert sein, solange diese Integration eine hinreichende Transparenz des Zeilkulturbehälterbodens zuläßt, die für eine visuelle oder mikroskopische Beobachtung der Zellkultur von Vorteil ist. Vor und hinter dem Zellkulturbehälter 1 befinden sich Vorrichtungen 16, die für eine Probennahme geeignet sind und beispielsweise als Septum ausgeführt sein können. Der Wirkstoffvorratsbehälter 7 ist über das Leitungssystem 9, die Wirkstoffdosiereinheit 8 und die Leitung 9b mit der Zuführungsseite der im Zellkulturbehälter 1 befindlichen ersten Mittel 1a verbunden. Die Flüssigkeiten führenden Leitungen sind vorzugsweise Siliconschläuche mit einem Innendurchmesser von 1 mm.
Figur 2b zeigt im Querschnitt ein modulares Wirkstoffprüfsystem mit drei übereinander angeordneten Ebenen in je einer Halterung 13, die erfindungsgemäße Vorrichtungen enthält. Figur 2b verdeutlicht, das mittels der modularen Anordnung der erfindungsgemäßen Vorrichtungen eine Vielzahl dieser Vorrichtungen bereitgestellt werden kann, wodurch sich eine Vielzahl von in vitro Wirkstofftests gleichzeitig durchführen läßt.
Figur 3 zeigt in Draufsicht ein modulares Wirkstoffprüfsystem in einer Halterung 13, die sechs erfindungsgemäße Vorrichtungen fixiert. Fünf dieser Vorrichtungen sind identisch mit den in Figur 2a beschriebenen Vorrichtungen. Die sechste, in Figur 3 ganz unten eingezeichnete Vorrichtung zeigt eine zur Kombinationstherapie geeignete Anordnung 17, deren drei Wirkstoffvorratsbehälter 18a, 18b und 18c über jeweils eigene Wirkstoffpumpen 19a, 19b und 19c mit der Zuführungsseite der ersten Mittel fluidverbunden sind. Zusammen mit dem Wirkstoffvorratsbehälter 7 und der Wirkstoffdosiereinheit 8 kann somit im Zellkulturbehälter der untersten erfindungsgemäßen Vorrichtung von Figur 3 eine Kombinationstherapie mit vier Wirkstoffen durchgeführt werden.
Die Vorrichtungen des modularen Wirkstoffprüfsystems schließen Nährmedien, Zellkulturen, Wirkstoffe und die Abfall-Lösungen gegenüber der Außenwelt ab. Alle mit Wirkstoff in Kontakt kommenden Teile der Vorrichtung sind bevorzugt als Einmal-Ar- tikel ausgeführt. Daher kann mittels des bereits erwähnten Rastmechanismus jede Vorrichtung des modularen Systems einzeln aus besagem System entfernt werden, ohne dass das Betriebspersonal mit den zum Teil hochtoxischen Wirkstoffen in Berührung kommt. Alle mit Nährmedium, Wirkstoff und Zellkultur in Kontakt kommenden Teile müssen sterilisierbar sein. Ein steriler Betrieb der Vorrichtung über 10 Tage ist nachgewiesen.
Somit wird deutlich, dass die modulare Anordnung der Vorrichtungen eine sehr große Zahl von Wirkstofftests mit verschiedenen Pharmakokinetiken und Wirkstoffkombinationen zuläßt, wozu auch die Möglichkeit des modularen Systems beiträgt,
die Zahl und die Belegung der einzelnen Vorrichtungen in vielfältiger Weise zu wählen. Beispielsweise können Referenzvorrichtungen ohne Wirkstoffzugabe parallel zu Vorrichtungen mit Wirkstoffen betrieben werden. Der modulare Aufbau des Systems aus einzelnen Vorrichtungen hat gegenüber den konventionellen Zellkulturgefäßen (96-Well-, 24-Well und 6-Wellplatten) auch den Vorteil einer individuellen Manipulier- barkeit der einzelnen Vorrichtungen. Andererseits kann in verschiedenen Kanälen auch die gleiche Manipulation (gleiche Probe, gleiche Behandlung) durchgeführt werden (Mehrfachmessungen).
Ein aus 6 Vorrichtungen bestehendes modulares Wirkstoff prüfsystem wiegt weniger als 10 kg und kann problemlos von einer Person getragen werden. Wegen der geringen Abmessungen kann z.B. ein aus 24 Vorrichtungen bestehendes modulares Wirkstoffprüfsystem auch in einem handelsüblichen CO2-lnkubator betrieben werden.
Zur Systemsteuerung, Probenidentifikation, Datenaufnahme und Datenauswertung dient vorzugsweise ein Personal Computer, an dessen Bildschirm die momentan anliegenden Meßwerte verfolgt werden können. Zudem ist ein Datenvergleich zwischen einzelnen Kanälen möglich. Die Auswertesoftware ist zur Trendanalyse ebenso fähig wie etwa zur Analyse der Differenz zwischen Referenz- und Wirkstoffkanälen. Die Ergebnisse können patientenbezogen ausgewertet und gespeichert werden.
Das folgende Beispiel zeigt, wie das modulare Wirkstoffprüfsystem zur Messung des Einflusses der Pharmakokinetik auf die Vitalität von Zellen verwendet werden kann.
Beispiel:
Die leukämische Zelllinie CCRF CEM wird in einer Dichte von 1» 107 pro ml Zellkulturmedium (RPM1 1640 und 10 Vol.% fötales Kälberserum bezogen auf RPMI1640) und in einem Volumen von 300 μl in vier Zellkulturbehälter eines erfindungsgemäßen modularen Wirkstoffprüfsystems aus 4 erfindungsgemäßen Vorrichtungen vorgelegt.
Das modulare Wirkstoffprüfsystem wird in einen Brutschrank eingeschlossen, in dem eine Temperatur von 37 °C und ein gasförmiges Medium bestehend aus 5 % CO2, 74 % N2 und 21 % O2 vorliegt. Die Zufuhr des eben genannten gasförmigen Mediums erfolgt diffusiv über Sterilfilter in die zweiten als Oxyphan® ausgebildeten Membransysteme in den Innenraum der Zellkulturbehälter 1 bis 4. Als Nährmedium wird RPMI 1640 und 10 Vol.% fötales Kälberserum bezogen auf RPM11640 eingesetzt. Für eine Zeitdauer von 24 h wird das Nährmedium mit einer Flußgeschwindigkeit von 7 ml/min rezirkuliert, wodurch die leukämischen Zelllinien über die als Cuprophan® - Hohlfasern ausgebildeten Membranen des ersten Membransystems mit Nährmedium versorgt werden. Nach 24 h Rezirkulation wird die Nährmedienzufuhr unterbrochen und das Zytostatikum Idarubicin in drei verschiedenen Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Ver- läufen mit einer Flußgeschwindigkeit des Nährmediums von 0,2 ml pro Minute über die Cuprophan® -Membranen in die jeweiligen Zellkulturbehälter der erfindungsgemäßen Vorrichtungen wie im folgenden beschrieben zudosiert:
Die Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Verläufe sind in Figur 4a) als Profile 1 bis 3 bezeichnet.
Profil 1 : Eine Lösung von 0,20 μg Idarubicin pro ml des o.g. Zellkulturmediums wird in einem Zeitraum von 75 Minuten durch die Cuprophan® - Hohlfasern des Zellkulturbehälters 1 geleitet.
Profil 2: Eine Lösung von 0,50 μg Idarubicin pro ml des o.g. Zellkulturmediums wird in einem Zeitraum von 20 Minuten durch die Cuprophan® - Hohlfasern des Zellkulturbehälters 2 geleitet. Anschließend wird eine Lösung von 0,25 μg Idarubicin pro ml des o.g. Zellkulturmediums in einem Zeitraum von 20 Minuten durch die Cuprophan® - Hohlfasern des Zellkulturbehälters 2 geleitet.
Profil 3: Eine Lösung von 1 ,00 μg Idarubicin pro ml des o.g. Zellkulturmediums wird in einem Zeitraum von 15 Minuten durch die Cuprophan® - Hohlfasern des Zellkulturbehälters 3 geleitet.
Im den Innenraum des Zellkulturbehälters 4 wird kein Idarubicin zudosiert. Dieser Zellkulturbehälter dient als Kontrolle. Die jeweilige Zugabe des Wirkstoffs erfolgte dabei dergestalt, dass für alle der vorstehend beschriebenen Wirkstoffkonzentrations-Zeit- Verläufe die gleiche Fläche unter der jeweiligen Kurve (area under curve, AUC) resultierte. Nach der Zudosierung des Zytostatikums wird 1 h lang der Zellkulturbehälter mit frischen Nährmedium (RPMI 1640 und 10 Vol.% fötales Kälberserum bezogen auf RPMI 1640) gespült, indem das Nährmedium mit einer Flußgeschwindigkeit von 0,2 ml/min durch die Membranen des ersten Membransystems und der aus den Membranen austretende Flüssigkeitsstrom in den jeweiligen Abfallbehälter geleitet wird. Danach wird die Nährmedienrezirkulation mit einer Flußgeschwindigkeit von 7 ml/min wieder aufgenommen. Nach 72 Stunden wird das bisher verwendete Nährmedium durch das gleiche aber frische Nährmedium ersetzt. Nach 96 h werden die Zellen aus den vier Zellkulturbehältern geerntet und mittels Trypanblau-Färbung die Zahl der vitalen Zellen und als Vitalität der prozentuale Anteil der Zahl der geernteten vitalen Zellen an der Gesamtzahl geernteter Zellen gemäß folgender Beziehung ermittelt:
Vitalität = (Zahl der geernteten vitalen Zellen/Gesamtzahl geernteter Zellen)»100(%)
In Figur 4b ist hinter „Inoculum" die Zahl der in den Zellkulturbehältern 1 bis 4 vorgelegten vitalen Zellen dargestellt. Da die Zellen in einem Volumen von 300 μl und in einer Zelldichte von 1» 107 pro ml Zellkulturmedium vorgelegt wurden, beträgt die Zahl der vorgelegten vitalen Zellen in den Zellkulturbehältern 1 bis 4 30 • 105. Hinter „Zellernte" ist in Figur 4b die Zahl der vitalen Zellen aufgetragen, die nach der Zellernte erhalten wurden. Man erkennt, dass der Wirkstoffkonzentrations-Zeit-Verlauf gemäß Profil 1 die Zahl der vitalen Zellen am stärksten verringerte.
Die Vitalitäten der Zellen aus den Zellkulturbehältern 1 bis 4 wurden mit folgendem Ergebnis ermittelt:
Zellkulturbehälter Vitalität
1 29 %
2 36 %
3 47 %
4 90 %