Ventil auf Basis elektrorheologischer und/oder magnetorheologi- scher Flüssigkeiten
Ventile für elektrorheologische Flüssigkeiten sind in der Regel aus koaxialen Zylinderelektroden oder aus Anordnungen paralleler Platten aufgebaut, zwischen denen die elektrorheologische Flüssigkeit hindurchströmt. Durch an die Elektroden gelegte elektrische Spannung ist die Viskosität der zwischen den Elektroden befindlichen elektrorheologischen Flüssigkeit und somit der Durchflußwiderstand durch den Ventilspalt steuerbar.
Im Vergleich zu konventionell steuerbaren Ventilen sind elektrorheologische Flüssigkeitsventile einfacher aufgebaut, weil sie keine bewegten mechanischen Teile wie Absperrkörper besitzen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß elektrische Signale direkt umgesetzt werden können, so daß mit elektrorheologi- sehen Flüssigkeitsventilen schnelle Schaltzeiten realisiert werden können.
Solche Ventile finden insbesondere in aktiven Stoßdämpfern und Dämpfungslagern Anwendung, siehe z. B. US 2,661,596, US 4,880,216, EP 0 673 478 Bl. Aktiv bedeutet dabei, daß das Dämpfungsverhalten derartiger Stoßdämpfer und Lager über Bewegungssensoren aufgrund des augenblicklich herrschenden Bewegungszustandes durch Veränderung des zwischen den Kondensatorplatten (Ventilspaltes) erzeugten elektrischen Feldes gesteuert werden kann.
Elektrorheologische Flüssigkeiten bzw. magnetorheologische Flüssigkeiten sind Flüssigkeiten, bei denen die rheologischen Eigenschaften stufenlos über das elektrische bzw. magnetische Feld steuerbar sind. In der Regel handelt es sich bei elektrorheologischen Flüssigkeiten bzw. magnetorheologischen Flüssig-
keiten um Suspensionen, d. h. in einem Trägermedium suspendier¬ te Festpartikel, die über das elektrische bzw. magnetische Feld polarisierbar sind. Die Wechselwirkung zwischen der Elektroden¬ anordnung und der elektrorheologischen Flüssigkeit kann abhän- gig von der Art der Flüssigkeitsdeformation nach drei grund¬ sätzlichen Moden unterschieden werden, dem Shear-Mode (Elektroden verschieben sich relativ zueinander in parallelen E- benen) , dem Flow-Mode (Elektroden sind fest angeordnet, die Flüssigkeit strömt zwischen den Elektroden hindurch) und dem Squeeze-Mode (Elektroden verändern ihren Abstand zueinander) .
Diese Moden können auch in Kombination auftreten. Näheres hierzu findet sich in dem Buch "Technischer Einsatz neuer Aktoren", Expert-Verlag, Renningen-Meinsheim, 1995, Kapitel 2.3.1 und Bild 3.1.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Ventil zu schaffen, das die Vorteile der Verwendung von elektrorheologischen Flüssigkeiten und/oder magnetorheologischen Flüssigkeiten als hydraulisches Mittel nutzt, vielseitig einsetzbar ist, und mit dem hohe Drücke und Durchflüsse realisiert werden können. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß mindestens eine Begrenzungsfläche des Ventilspaltes bewegbar ausgebildet ist.
Bei dem erfindungsgemäßen Ventil werden zunächst die durch die Begrenzungsflächen gebildeten Kondensatorfelder derart angesteuert, daß eine den Ventilspalt durchströmende elektrorheologische Flüssigkeit in dem Ventilspalt verfestigt wird und den Ventilspalt absperrt. Bei dieser Verfestigung richten sich die Festpartikel zu Ketten aus. Die verfestigten Stellen verhalten sich wie elastische Festkörper. Zur Erhöhung des Sperrdruckes in dem Ventilspalt ist erfindungsgemäß eine Begrenzungsfläche des Ventilspaltes bewegbar ausgebildet. Das Volumen in dem Ventilspalt kann dadurch verkleinert werden, die elektrorheologische Flüssigkeit wird nur zusätzlich in den Squeeze-Mode übergeführt. Zwischen den sich zu Ketten ausgerichteten Festpartikeln wirken nun durch Verschiebung der Begrenzungsfläche
elektrostatische Gegenkräfte. Gegenüber dem Flow-Mode kann daher bei einem verfestigten elektrorheologischen Flüssigkeitspfropfen als Absperrung im Flow-Mode und Squeeze-Mode ein mehrfach höherer Druck aufgebaut werden, bevor der Flüssigkeitspfropfen aufgrund des Druckes weitergeschoben wird.
Diese Aufgabe kann auch dadurch gelöst werden, daß die elektrorheologische Flüssigkeit mäanderförmig oder wendeiförmig durch den Ventilspalt strömt. Durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung kann trotz kleiner Baulänge von Ventilen ein langer Ventilspalt erreicht werden, so daß hohe Drücke übertragen werden können.
Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert, die in den Zeichnungen dargestellt sind. Es zeigt:
Fig. 1: ein elektrorheologisches Ventil mit rechteckigem Querschnitt in Schnittdarstellung;
Fig. 2a: ein zylidrisch ausgebildetes elektrorheologisches Ventil im Längsschnitt;
Fig. 2b: das Ventil gemäß Fig. 2a im Querschnitt;
Fig. 3: ein weiteres Ausführungsbeispiel eines elektrorheologischen Ventils mit scheibenförmigen Elementen in Schnittdarstellung;
Fig. 4: in Schnittdarstellung ein Stoßdämpfer mit dem elektrorheologischen Ventil gemäß Fig. 3;
Fig. 5: eine Ansteuerung eines GleichlaufZylinders;
Fig. 6: eine Ansteuerung eines Differentialzylinders;
Fig. 7: eine Ansicht eines Ventilgrundkörpers eines elektrorheologischen Ventils;
Fig. 8: ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Ventilgrundkörpers .
Fig. 1 zeigt ein in Schnittdarstellung abgebildetes elektror- heologisches Ventil 1, das aus einem Ventilgehäuse 2 besteht, das einen Fluideinlaß- 3 und einen Fluidauslaßkanal 4 aufweist,
Der Ventilspalt 5, zwischen dem die elektrorheologische Flüssigkeit vom Fluideinlaßkanal 3 zum Fluidauslaßkanal 4 hindurchströmt, wird durch zwei parallel beabstandet angeordnete Kon¬ densatorfelder begrenzt. Die Kondensatorfelder werden zum einen durch das Ventilgehäuse 2, welcher über elektrische Leitungen mit einer regelbaren Hochspannungsquelle verbunden ist, und zum anderen durch einen in dem Ventilgehäuse 2 quer zur Durchströmungsrichtung (dargestellt durch Pfeil 6) der elektrorheologischen Flüssigkeit durch den Ventilspalt 5 beweglich gelagerten plattenförmigen Aktor 7 gebildet, der über eine isoliert aus dem Ventilgehäuse 2 herausgeführte Leitung an Erdpotential gelegt. Auf eine Darstellung der elektrischen Leitungen sowie der Ansteuerung usw. wurde verzichtet. Die Bewegungsrichtung des Aktors 7 ist durch den Pfeil 8 angedeutet, wobei der Aktor 7 nach dem piezoelektrischen, magnetischen, hydraulischen oder magnetostriktiven Prinzip angesteuert werden kann. Die Ansteuerung ist in der Zeichnung nicht näher dargestellt.
Bei dem erfindungsgemäßen Ventil 1 werden zunächst die durch den Aktor 7 und das Ventilgehäuse 2 gebildeten Kondensatorfelder derart angesteuert, daß ein in Richtung des Pfeils 6 von dem Fluideinlaßkanal 3 zum Fluidauslaßkanal 4 durch den Ventilspalt 5 strömende elektrorheologische Flüssigkeit (Flow-Mode) in dem Ventilspalt 5 verfestigt wird und den Ventilspalt 5 absperrt. Zur Erhöhung des Sperrdruckes in dem Ventilspalt 5 ist der Aktor 7 in Richtung des Pfeils 8 beweglich ausgebildet. Das Volumen in dem Ventilspalt 5 kann dadurch verkleinert werden, die elektrorheologische Flüssigkeit wird nun zusätzlich in den Squeeze-Mode übergeführt. Vorzugsweise kann über den Aktor 7 eine Schwingbewegung eingeleitet werden.
In den Figuren 2a und 2b ist eine weitere Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Ventils 10 im Längs- bzw. Querschnitt dargestellt. Das Ventil 10 besteht aus einem hohlzylindrisch aus- gebildeten Ventilgehäuse 11, in das koaxial ein zylindrisches Element 12 aufgenommen ist. Das Ventilgehäuse 11 weist einen
Fluideinlaßkanal 13 und einen in Längsrichtung beabstandet angeordneten Fluidauslaßkanal 14 auf. Der Ventilspalt 15, zwi¬ schen dem die elektrorheologische Flüssigkeit vom Fluideinlaßkanal 13 zum Fluidauslaßkanal 14 hindurchströmt, wird durch zwei ringförmig beabstandet angeordnete Kondensatorfelder begrenzt. Die Kondensatorfelder werden zum einen durch das Ventilgehäuse 11, welches an Erdpotential gelegt ist, und zum anderen durch das zylindrische Element 12 gebildet, das über eine elektrische Leitung mit einer regelbaren Hochspannungs- quelle verbunden ist. Das Ventilgehäuse 11 ist mit mindestens einem Längsschlitz 16 ausgebildet, der das ringförmigen Ventilgehäuse 11 durchtrennt.
Über einen nur schematisch dargestellten Aktor 17, der eben- falls nach dem piezoelektrischen, magnetischen, hydraulischen oder magnetostriktiven Prinzip angesteuert werden kann, kann das geschlitzt ausgebildete ringförmige Ventilgehäuse 11 aufgedehnt bzw. verengt werden, so daß eine Volumenverkleinerung des Ventilspaltes 15 eingeleitet werden kann.
Das in Fig. 3 in Schnittdarstellung gezeigte Ventil 20 besteht aus einem hohlzylindrischen Ventilgehäuse 21 mit zwei scheibenförmigen Deckelteilen 22. In dem Ventilgehäuse 21 sind über elastische ringförmige Zwischenelemente 23 mehrere scheibenför- mige Elemente 24 parallel beabstandet angeordnet. Die scheibenförmigen Elemente 24 weisen jeweils eine zylindrische Fluid- durchlaßöffnung 25, 25' auf und sind derart hintereinanderge- schaltet angeordnet, daß die Fluiddurchlaßöffnungen 25, 25' der aufeinanderfolgenden scheibenförmigen Elemente 24 jeweils um 180° versetzt angeordnet sind. Die ringförmigen Zwischenelemente 23 weisen beispielsweise einen ausgehend von einer Fluid- durchlaßöffnung 25 mäanderförmig zu einer Fluiddurchlaßöffnung 25' sich ersreckenden Kanal auf. Der Kanal kann auch spiralförmig ausgebildet sein. Ein weiteres mit einer Fluiddurchlaßöff- nung 26 versehenes scheibenförmiges Element 27 ist als Aktor ausgebildet und kann nach dem piezoelektrischen, magnetischen.
hydraulischen oder magnetostriktiven Prinzip beweglich längs des Pfeils 28 angesteuert werden.
Eine elektrorheologische Flüssigkeit, die durch den Ventilspalt 29 der durch die mit Fluiddurchlaßöffnungen versehenen, beabstandet angeordneten scheibenförmigen Elementen strömt, kann durch Ansteuerung der Kondensatorfelder zunächst im Flow-Mode verfestigt werden. Die Kondensatorfelder werden jeweils durch zwei parallel beabstandet angeordnete scheibenförmige Elemente 24 gebildet, die abwechselnd an Erdpotential gelegt sind bzw. mit einer regelbaren Hochspannungsquelle verbunden sind. Die Zwischenelemente 23 wirken isolierend. Zu Erhöhung des Sperrdruckes in dem Ventilspalt 29 wird nun der Aktor 27 derart angesteuert, daß sich der Abstand der scheibenförmigen Elemente 24 zueinander verringert. Die elektrorheologische Flüssigkeit wird nun zusätzlich in den Squeeze-Mode überführt.
In Fig. 4 ist schematisch ein Stoßdämpfer 30 in Schnittdarstellung gezeigt, wobei das in Fig. 3 beschriebene Ventil 20 den Kolben 31 des Stoßdämpfers 30 bildet. Der Stoßdämpfer 30 besteht aus einem zylindrischen Gehäuse 32 mit einem axial verschiebbaren Kolben 31, der mit einer Kolbenstange 33 verbunden ist und über eine Durchtrittsöffnung 34 aus dem Gehäuse 32 herausgeführt ist. Der Kolben 31 trennt die beiden Kammern 35 und 36, die mit einer elektrorheologische Flüssigkeit gefüllt sind. Weiterhin ist eine Gasdruckkammer 37 vorgesehen, die u. a. dem Ausgleich des Kolbenstangenvolumens und den thermischen Volumenschwankungen der elektrorheologischen Flüssigkeit dient. Die Kammern 35 und 36 stehen über den Ventilspalt 29 in Verbin- düng.
In Fig. 5 ist eine Zylindersteuerung an einem GleichlaufZylinder 40 schematisch dargestellt. Die Ventile an den Fluidein- und Fluidauslaßöffnungen der Fluidkammern sind als elektrorheo- logische Ventile 1 gemäß der Beschreibung zu Fig. 1, Fig. 2a, Fig. 2b oder Fig. 3 ausgebildet.
In Fig. 6 ist eine Zylindersteuerung an einem Differentialzy- linder 45 schematisch dargestellt. Die Ventile an der Fluidein- und Fluidauslaßöffnung der Fluidkammer 46 sind als elektrorheo- logische Ventile 1 gemäß der Beschreibung zu Fig. 1, Fig. 2a, Fig. 2b oder Fig. 3 ausgebildet.
In Fig. 7 ist in Ansicht ein zylindrischer Ventilgrundkörper 50 dargestellt, der in ein hohlzylindrisches Ventilgehäuse einge- setzt werden kann. Auf der Mantelfläche 51 des zylindrischen
Ventilgrundkörpers 50 ist ein im Querschnitt rundes oder rechteckiges streifenförmiges Element 52 aus einem Isolationswerkstoff derart aufgesetzt, daß der Ventilgrundkörper 50 von dem streifenförmigen Element 52 wendeiförmig ummantelt wird. Wird nun der mit dem streifenförmigen Element 52 versehene Ventilgrundkörper 50 in ein Ventilgehäuse eingesetzt, so entsteht ein Ventil mit einem von einer Fluideinlaßöffnung zu einer Fluidauslaßöffnung verlaufenden wendeiförmigen Ventilspalt.
Das Ventilgehäuse wird beispielsweise an Erdpotential gelegt, der zylindrische Ventilgrundkörper wird dann über elektrische Leitungen mit einer regelbaren Hochspannungsquelle verbunden. Eine durch den Ventilspalt strömende elektrorheologische Flüssigkeit kann somit durch entsprechende Ansteuerung des Konden- satorfeldes verfestigt werden.
In Fig. 8 ist ein weiteres Ausführungsbeispiel eines zylindrischen Ventilgrundkörpers 55 abgebildet. Auf der Mantelfläche 56 des Ventilgrundkörpers ist ein in Längsrichtung verlaufendes streifenförmiges Element 57 aufgesetzt. Ausgehend von diesem streifenförmigen Element 57 sind in Querrichtung hierzu parallel beabstandet weitere streifenförmige Elemente 58a, 58b angeordnet, die abwechselnd ausgehend von einer ersten Seite des streifenförmigen Elementes 57 auf den Ventilgrundkörper 55 an der Mantelfläche aufgesetzt sind, jedoch zu der zweiten
Seite des streifenförmigen Elementes 57 beabstandet enden. Ein
8 in Längsrichtung darauffolgendes parallel angeordnetes weiteres streifenförmiges Element 58b ist ausgehend von der zweiten Seite des streifenförmigen Elementes 57 auf die Mantelfläche aufgesetzt und endet beabstandet zu der ersten Seite des strei- fenförmigen Elementes 57 usw. Die streifenförmigen Elemente 57, 58a, 58b sind aus einem Isolationswerkstoff ausgebildet. Wird nun ein derartiger, mit streifenförmigen Elementen versehener Ventilgrundkörper 55 in ein hohlzylindrisches Gehäuse eingebracht, so entsteht ein Ventil mit einem von einem Fluideinlaß- kanal zu einem Fluidauslaßkanal verlaufender mäanderförmigen Ventilspalt.
Gemäß einer bevorzugten nicht dargestellten Weiterbildung ist vorgesehen, daß die Ventilgrundkörper gemäß der Fig. 7 und Fig. 8 längs geschlitzt ausgebildet sein können. Über einen Aktor, der nach dem piezoelektrischen, magnetischen, hydraulischen oder magnetostriktiven Prinzip angesteuert werden kann, kann der geschlitzt ausgebildete Ventilgrundkörper dann aufgedehnt bzw. verengt werden, so daß eine Volumenveränderung des Ventil- spaltes eingeleitet werden kann.
Die Ventilgrundkörper gemäß der Figuren 7 und 8 können ebenfalls, wie es bereits in Fig. 4 beschrieben ist, in einem Stoßdämpfer eingesetzt werden.
Anstelle der Verwendung einer elektrorheologischen Flüssigkeit kann auch eine magnetorheologische Flüssigkeit oder ein Gemisch beider Flüssigkeiten eingesetzt werden. Bei der Verwendung von magnetorheologischen Flüssigkeiten werden anstelle der Konden- satorplattenelemente elektrisch ansteuerbare Spulenanordnungen vorgesehen.