Chirale Verbindungen
Beschreibung
Chirale, smektisch flüssigkristalline Materialien, die beim Abkühlen aus der flüssigkristallinen Phase glasartig unter Ausbildung einer Schichtstruktur erstarren, werden bekanntermaßen auf elektrooptischem Gebiet für viele Zwecke eingesetzt. Zu nennen sind hier beispielsweise optische Speichersysteme (DE-A-38 27 603 und DE-A-39 17 196) , die Elektrophotografie (DE-A-39 30 667) , flüssigkristalline Anzeigeelemente wie Displays (Mol. Cryst. Liq. Cryst., 114 , 151 (1990)) sowie bei gleichzeitig vorliegendem ferroelektrischem Verhalten elektrische Speichersysteme (Ferro- electrics, 104, 241 (1990)).
In der Schichtstruktur ferroelektrischer Sc *-Phasen sind die Moleküllängsachsen innerhalb der einzelnen Schicht gegenüber der Schichtnormalen z geneigt. Die Richtung dieser Neigung wird durch den Direktor n angegeben, der Winkel zwischen z und n ist der sogenannte Tiltwinkel Θ. Sc *-Phasen weisen zwei stabile Zustände mit unterschiedlicher Richtung von n auf, zwischen denen durch Anlegen eines elektrischen Feldes geschaltet werden kann (elektro- optischer Effekt) .
Sc*-Phasen treten bei niedermolekularen, flüssigkristallinen Materialien, bei Oligomesogenen und bei polymer ferrolelektri - sehen Materialien auf, wobei die wesentlichen Eigenschaften der Sc*-Phasen übereinstimmen.
Die bislang hergestellten flüssigkristallinen Materialien weisen jedoch Nachteile auf, zum Beispiel geringe spontane Polarisation, geringe Phasenbreite, kein stabiles, getutet smektisches Glas bei Raumtemperatur oder zu langsames Schalten.
Das Auftreten der flüssigkristallinen Sc*-Phase wird durch alle Gruppen des Moleküls, d.h. Spacer A, mesogene Gruppe M und die chirale Gruppe in erheblichem Ausmaß beeinflußt, sodaß kleinste Änderungen der molekularen Struktur Sc *-Phasen induzieren oder auch zum Verschwinden bringen können.
Speziell die chirale Gruppe ist durch ihre Struktur und spezielle Funktion für das Zus andekommen einer spontanen Polarisation von entscheidender Bedeutung.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, chirale Gruppen für flüssigkristalline Materialien zu suchen, die die flüssigkristallinen Eigenschaften möglichst wenig stören, gleichzeitig hohe spontane Polarisationen induzieren und synthetisch verfügbar sind.
Aus der europäischen Anmeldung 630 892 sind Verbindungen bekannt, die eine chirale Gruppe der Formel
aufweisen.
Die Erfindung betrifft nun Verbindungen enthaltend chirale Reste der allgemeinen Formel I
in der B eine Einfach- oder Doppelbindung und R1 gegebenenfalls durch Fluor, Chlor, Brom, Cyan oder Hydroxy substituiertes und gegebenenfalls durch 0, S, NH, N(CH3) , COO oder OCO unterbrochenes Ci- bis C30 -Alkyl, gegebenenfalls durch Fluor, Chlor, Brom, Cyan, Ci- bis C20-Alkyl, Ci- bis C20-Alkoxy oder Ci- bis C20-Alkoxy- carbonyl substituiertes Phenyl oder C5- bis C -Cycloalkyl oder Fluor, Chlor, Brom oder Cyan sind, wobei die freie Valenz mit einem C-Atom verknüpft ist, und deren Verwendung.
Insbesondere betrifft die Erfindung Verbindungen der allgemeinen Formel II
in der
n 1 oder 2 ,
B eine Einfach- oder Doppelbindung,
X eine polymerisierbare Gruppe oder Wasserstoff oder Hydroxy,
Y eine direkte Bindung oder 0, OCO, COO oder S,
A ein Spacer und
M eine mesogene Gruppe sind und
R1 die angegebene Bedeutung hat.
Weiterhin betrifft die Erfindung die Herstellung von Polymeren und Oligomesogenen aus den Monomeren der allgemeinen Formel I,
wenn X ' OCN, ONC oder Hydroxy ist, wobei R
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Methyl, Chlor, Brom, CN oder vorzugsweise Wasserstoff bedeutet, sowie deren Verwendung zum Aufbau von Auf Zeichnungsschichten für laseroptische und elektrische AufZeichnungselemente, in der Elek- trophotografie, zur Erzeugung latenter Ladungsbilder , zum Aufbau oder als Bestandteil von flüssigkristallinen Anzeigeelementen sowie als farbige Reflektoren.
Die in den erfindungsgemäßen Verbindungen enthaltenen Reste der Formel
X— Y A — (M)n —
in der n, X, Y, A und M die oben angegebene Bedeutung haben, sind aus der Literatur, z.B. DE-A-39 17 196, bekannt.
Bei dem Molekülteil X handelt es sich bei niedermolekularen ferroelektrischen Materialien vorzugsweise um Wasserstoff. Zur Herstellung von Oligomesogenen, flüssigkristallinen Polyacrylaten oder Polysiloxanen im Sinne einer polymeranalogen Umsetzung ist X vorzugsweise eine Hydroxy- oder eine Vinylgruppe. Zur Herstellung von radikalisch oder anionisch zu polymerisierenden Verbindungen wird für X ein in -Position gegebenenfalls durch CI, Br, CN oder Methyl substituierter Acrylsäurerest bevorzugt. Für thermisch polymerisierbare Verbindungen ist X vorzugsweise OCN, ONC, OCH2 ,—
0 oder OH.
Bei dem Molekülteil A handelt es sich vorzugsweise um einen gegebenenfalls durch Fluor, Chlor, Brom, Cyan oder Hydroxy substituierten Ci- bis C3o -Alkylenrest , bei dem gegebenenfalls jedes
dritte C-Atom durch 0, S, NH, N(CH3), OCO oder COO ersetzt sein kann.
Der mesogene Molekülteil M besteht aus einem aromatischen oder aliphatischen Ringsystem der allgemeinen Formel III
yl—(Bι γl)D
III,
in dem die Reste
Y1 unabhängig voneinander eine Einfachbindung, O, COO, OCO, OCOO, CH20, 0CH2, CH=N oder N=CH,
B1 unabhängig voneinander p-Phenylen, Biphen-4 , 4 ' -ylen, 1, 3 , 4-Thiadiazolylen-2 , 5 , Pyrimidylen-2 , 5 oder Naphth-2 , 6-ylen und
eine ganze Zahl zwischen 1 und 3 bedeuten.
Beispiele für besonders bevorzugte Reste der Formel III sind:
0
0
0
Beispiele für den Rest der Formel
sind folgende Gruppen:
sowie die gleichen Reste mit einer Einfachbindung anstelle der Doppelbindung .
Die Herstellung der erfindungsgemäßen Verbindungen erfolgt nach an sich bekannten Methoden (s. z.B. DE-A-39 17 186 oder Mol.
Cryst. Liq. Cryst. 191, 231 (1991)), im folgenden sei sie anhand eines verallgemeinerungsfähigen Beispiels erläutert.
Die Phasenumwandlungstemperaturen wurden mit einem Leitz Polari - sationsmikroskop (Ortholux II pol) in Verbindung mit einem Mettler Mikroskopheiztisch (Mettler FP 800/84) bestimmt.
Folgende Abkürzungen werden für die verschiedenen Phasen verwendet :
K: kristalline Phase
I: Isotrope Phase
CH: cholesteπsche Phase
Beispiel 1
a) 3,4-Dι-O acetyl-D-xylal
50 g (0,16 mol) 1, 2 , 3 , 4 -Tetra O-acetyl -ß -D-xylopyranose wer- den m 19 ml (0,33 mol) Essigsaure und 19 ml (0,2 mol) Essig saureanhydrid gelost. Nach Abkühlen auf 0°C werden unter Ruh ren zu der Losung 180 ml einer 30 %ιgen Bromwasserstoff/Eis - essig Losung gegeben und bei Raumtemperatur 2 Stunden gerührt. Die rohe Acetobromxyloselosung wird bei 0°C m eine Reduktionsmischung aus 75 g Natriumacetat Trihydrat, 125 ml Wasser, 125 ml Essigsaure, 250 ml Aceton und 208 g Zink nerhalb von 30 mm. getropft. Der Reaktionsansatz wird wei tere 150 mm gerührt, wobei die Temperatur unter 10°C gehal ten wird. Das Zink wird abfiltriert und mit 50 %ιger Essig saure gewaschen. Das Reaktionsprodukt wird viermal mit ]e
100 ml Chloroform ausgeschüttelt, die organische Phase einmal mit 200 ml Wasser gegengeschuttelt und mit gesättigter Natriumhydrogencarbonatlosung neutralisiert. Nach nochmaligem Gegenschutteln mit Wasser wird die organische Phase über Magnesiumsulfat getrocknet, das Losungsmittel im Vakuum entfernt und das Produkt mittels Flashchromatographie (Petrol ether/Diethylether 3:1) gereinigt.
Ausbeute: 6,8 g (21 %) , farblose Kristalle Schmelzpunkt: 38,1°C
Drehwert: [α] 20 D=- 87.9 (c=l, CHC13) .
b) 1' - (4 -O-Acetyl 2 , 3 -didesoxy-ß-D-glycero-pent 2-enopyran- oxyl) -4 ' -methoxybenzol und 1' -4 ' -O-Acetyl-2, 3 -didesoxy- -D-glycero pent 2-enopyran- osyl) -4' -methoxybenzol
3,0 g (0,015 mol) 3,4 Di 0 acetyl D xylal werden m 90 ml einer Losung aus Methoxybenzol (Anisol) wasserfreiem Dichlormethan (3:1) unter Stickstoffatmosphare mit 50 mg wasserfreiem Z kbromid be Raumtemperatur unter Ruhren ver setzt. Nach ca. 3 h werden dem Reaktionsansatz 3 ml Triethyl amm sowie 2 g festes Natπumcarbonat zugegeben und nach 15 Minuten filtriert. Das Losungsmittel wird im Vakuum ent fernt und der erhaltene Sirup mittels Flashchromatographie (Laufmittel: Petrolether/Diethylether 6:1) gereinigt.
Ausbeute : ß-Anomer: 0,85 g (22,8 %) , farbloser Sirup Drehwert : [α]20 D=+18,3 (c=l, CHC13) α-Anomer: 0,83 g (22,3 %) , farbloser Sirup Drehwert: [ ]20 D=+31,7 (c=l, CHC13)
cis-Tributyl -pent- 1-enyl -stannan und trans -Tributyl -pent- 1 -enyl -stannan
Zu einer Lösung aus 3 ml (11,3 mmol) Tributylzinnhydrid und
6 ml (60 mmol) 1-Pentin werden unter Stickstoffatmosphäre bei Raumtemperatur 0,2 g (1,2 mmol) 2 , 2 ' -Azoisobuttersäuredini - tril zugegeben und für 8 h auf 75-80°C erwärmt sowie anschließend für 12 h bei Raumtemperatur gerührt. Die Reinigung des Reaktionsproduktes erfolgt durch Vakuumdestillation, wobei ein cis/trans -Gemisch im Verhältnis 2:1 (nach ^-H-NMR; Integration der Signale der olefinischen Protonen H-l' und H-2') erthalten wird.
Ausbeute: 3,6 g (88 ) , farblose Flüssigkeit Siedepunkt 82-84°C/0,3 Torr
Allgemeine Arbeitsvorschrif ten (AAV)
AAV-1: Palladium-katalysierte C-C-Knüpfung mit Organozinnver - bindungen
Unter Stickstoffatmosphäre werden zu 1,5 mmol des in 2 ml wasserfreiem Dimethylformamid gelösten cyclischen Allylace- tats, 1,5 mmol der Tributylorganozinnverbindungen, 5 mmol
(0,212 g) wasserfreies Lithiumchlorid und 5 mol-% Bis-(benzo- nitril) -palladium(II) -chlorid (30 mg) unter Rühren zugegeben. Das Reaktionsgemisch wird 48 h bei Raumtemperatur gerührt. Der Reaktionsansatz wird mit je 50 ml destilliertem Wasser und Diethylether versetzt, die etherische Phase abgetrennt, 3x mit je 25 ml destilliertem Wasser gewaschen, 0,5 h mit konzentrierter wäßriger Natriumfluoridlösung intensiv gerührt und filtriert. Die abgetrennte organische Phase wird über Magnesiumsulfat getrocknet und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt.
AAV- 2: Hydrierung der Dihydropyranderivate
Zu 0,1 mmol des Dihydropyranderivats in 4 ml eines Gemisches aus Ethanol/Ethylacetat 1:1 werden 5 mg Palladium auf Aktivkohle (10 %ιg) gegeben und unter Wasserstoffatmosphäre bei Raumtemperatur gerührt. Nach erfolgter Hydrierung wird vom
Katalysator abfiltriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt .
d) (2S,5R) -2- (4-Methoxyphenyl) -5- (eis -pent- 1-enyl) -2H-5, 6-di- hydropyran und
(2S,5R) -2- (4-Methoxyphenyl) -5- ( trans -pent- 1 -enyl) -2H-5, 6- dihydropyran
Die Darstellung erfolgt nach AAV-1. Es werden 0,372 g (1,5 mmol) der Verbindung gemäß lb und 0,54 g (1,5 mmol) eines cis/trans -Gemisches (2:1) der Verbindungen gemäß lc eingesetzt.
Die Reinigung des Produkts erfolgt durch Säulenfiltration (Laufmittel Petrolether/Ethylacetat 30:1).
Ausbeute (cis/trans -Gemisch) : 0,285 g (74 %) , farblose Flüssigkeit
e) (2S, 5R) -2 - (4 -Methoxyphenyl) -5- (n-pentyl) - tetrahydropyran
Die Darstellung erfolgt nach AAV- 2, es werden 0,051 g (0,2 mmol) des cis/trans -Gemisches der Verbindungen gemäß ld eingesetzt. Die Reinigung des Produkts erfolgt flashchromato - graphisch (Laufmittel Petrolether/Ethylacetat 40:1).
Ausbeute: 41 mg (80 %) , farbloses Öl Phasenumwandlungstemperaturen: K 11 CH-1,0 I Drehwert: [α] 20 D=- 52 , 4 (c=0,67, CHC13)
Beispiel 2
a) Tributyl- (4 -methoxyphenyl) -stannan
Unter Stickstoffatmosphäre werden zu 2 , 4 g (0,1 mol) Magnesiumspänen in 25 ml wasserfreiem Tetrahydrofuran unter Rühren 12,5 ml (0,1 mol) 1 -Brom-4 -methoxy-benzol zugetropft. Der Reaktionsansatz wird solange zum Sieden erhitzt, bis alles Magnesium gelöst ist. Zu der siedenden 4 -Methoxyphenylmagne- siumbromidlösung werden 8,1 mol (30 mmol) Tributylzinnchlorid gegeben und 6 Stunden unter Rückfluß erhitzt. Die abgekühlte Reaktionslösung wird vorsichtig mit Eiswasser versetzt und der sich bildende Niederschlag mit konzentrierter Essigssäure gerade aufgelöst. Gegebenenfalls wird anschließend mit ver- dünnter Ammoniaklösung neutralisiert, die organische Phase abgetrennt und die wäßrige Phase zweimal mit Diethylether extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden einmal
mit Wasser gewaschen, über Magnesiumsulfat getrocknet und der Diethylether im Vakuum entfernt. Die Reinigung des gelbbraunen, flüssigen Rohprodukts erfolgt über Vakuumdestillation oder wahlweise über Säulenfiltration (Laufmittel: Petrolether 50-70) .
Ausbeute: 6,13 g (51 %) , farblose Flüssigkeit Siedepunkt: 150-152°C, 0,3 Torr
b) (2S, 5S) -2- (4 -Methoxyphenyl) -5- (4' -methoxyphenyl) -2H-5, 6-di- hydropyran
Die Darstellung erfolgt nach AAV-1, es werden 0,372 g (1,5 mmol) der Verbindung gemäß lb und 0,6 g (1,5 mmol) der Verbindung gemäß 2a eingesetzt. Als Lösungsmittel dienen 3 ml eines wasserfreien Dimethylformamid/Tetrahydrofuran-Gemisches im Verhältnis 2:1. Die Reinigung des Produkts erfolgt durch Säulenchromatographie (Laufmittel Petrolether/Ethylacetat 30:1) .
Ausbeute: 0,28 g (63 ) , farbloser Feststoff
Schmelzpunkt: 135°C
Drehwert: [α] 20 D=- 191, 3 (c=0,97, CHC13) .
c) (2S, 5S) -2, 5 -Di- (4 -methoxyphenyl) - tetrahydropyran
Die Darstellung erfolgt nach AAV- 2. Es werden 58 mg (0,2 mmol) der Verbindung gemäß 2b eingesetzt. Die Reinigung des Produkts erfolgt durch Umkristallisation aus Ethanol.
Ausbeute: 48 mg (82 %) , farblose Kristallnadeln Phasenumwandlungstemperaturen: K 139,8 Ch 170,8 I Drehwert: [α] 20 D=-22 , 8 (c=l,43, CHC13) .