"Verkehrsleiteinrichtung zur Steuerung des Fahrbetriebes und des Verkehrsablaufes für den schienengebundenen Verkehr"
Beschreibung
Die Erfindung betrifft eine Verkehrsleiteinrichtung zur Steuerung des Fahrbetriebs und des Verkehrsablaufs einschließlich der Transportlogistik für den schienen¬ gebundenen Verkehr.
Zur Gewährleistung eines sicheren, reibungslosen und zügigen schienengebundenen Verkehrs sind bei konventionellen Verkehrssystemen die zu befahrenden Strecken grundsätzlich in Streckenblöcke aufgeteilt, die jeweils über Stellwerke abgesichert werden und die den Fahrbetrieb leiten. Die gebräuchlichste Streckensicherung des schienengebundenen Verkehrs erfolgt durch Aufteilung der Strecke in einzelne Blöcke, die jeder für sich gesondert überwacht werden. Die Sicherheit wird dadurch gewährleistet, daß sich jeweils nur ein Fahrzeug (Fahrzeugverband/Zug) in einem Block befindet. Die Informationen über freie und belegte Blöcke werden, in der Regel drahtgebunden zu den Stellwerken gemeldet, wo durch das Bahnpersonal die entsprechenden Sicherungseinrichtungen, wie beispielsweise Signale, Weichen, Schranken betätigt und angezeigt und gegenseitig beeinflußt bzw. verriegelt werden.
Es gibt verschiedene Lösungen, um die traditionelle Betriebsleittechnik des schie¬ nengebundenen Verkehrs, insbesondere die Geräte, Anlagen und Systeme mit Sicherheitsverantwortung mit Hilfe der Rechnerstützung effektiver zu gestalten. Die Grundprinzipien eines elektronischen Stellwerks sind in "Die Betriebsleittechnik der Deutschen Bundesbahn" (ZEV+DET Glasers Annalen 1992 Nr. 5) beschrieben.
Diese Sicherungstechnik hat sich im schienengebundenen Verkehr bewährt, ist aber sehr aufwendig an Personal und Technik und hat den weiteren Nachteil, daß die Strecken nicht optimal genutzt werden können, da die Streckenbelegung von der Länge der einzelnen Blöcke bestimmt wird (Fahren im Blockabstand). Diese können wegen des erforderlichen technisches Aufwandes und der zu gewährleistenden Sicherheit nicht beliebig kurz gewählt werden.
Weitere Möglichkeiten zum Einsatz von Rechnern zur Fahrzeugsteuerung und Fahrwegsicherung sind in der DE 31 07 102 A1 detailliert dargestellt. Hier wird ein Betriebsleitsystem mit hierarchischer Struktur in drei Ebenen beschrieben, wobei die Zugführung durch eine übergeordnete Ebene (Disposition), über eine zweite Ebene (Operation) auf den Prozeß in der unteren Ebene einwirkt. Der Fahrweg wird in Abschnitte unterteilt, für die jeweils die signaltechnische Sicherheit gewährleistet wird. Die Kommunikation zwischen den Streckeneinrichtungen sowie den Strukturebenen des Betriebsleitsystem erfolgt mittels sicherer bzw. nichtsicherer Datenkanäle mit kontinuierlicher bzw. punktförmiger Datenübertragung. Die zur Zugsicherung und Zugsteuerung erforderlichen Informationen über Ortung, Fahrweg und Fahrzeug werden in der Operationsebene verarbeitet und als Befehle an die Prozeßebene, wie Fahrzeuge und Streckeneinrichtungen, übermittelt.
Ein "Automatisches Leit- und Sicherungssystem für den fahrerlosen Betrieb" ist in SIGNAL + DRAHT, 84(1992) 7/8 beschrieben worden. Der Fahrweg ist hier ebenfalls in einzelne Abschnitte aufgeteilt und die Steuerung und Sicherung der Fahrzeuge erfolgt auch in drei Ebenen, wobei die Sicherungsebene und die Steuerungsebene derart gestaltet sind, daß jedem Steuerungsrechner ein Sicherungsrechner zugeordnet ist und sicherheitsrelevante Steuerbefehle der Freigabe durch die Sicherungsebene bedürfen. Alle Rechner und Datenübertragungen sind sicher ausgeführt.
Zur Ortung von Fahrzeugen ist in der WO 89/05255 ein Satellitenortungssystem beschrieben.
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Verkehrsleiteinrichtung für den schienengebundenen Verkehr vorzuschlagen, bei der mit geringem Personal¬ aufwand und dem optimalen Einsatz technischer Mittel ein sicherer Fahrbetrieb, auf vorwiegend eingleisigen Strecken, insbesondere des Regionalverkehrs, gewährleistet wird, bei der die Streckensicherung und der Fahrbetrieb vorwiegend rechentechnisch unterstützt und nahezu ausschließlich durch die Triebfahrzeugführer und/oder Fahrzeugrechner direkt vom Triebfahrzeug aus realisiert wird und darüber hinaus umfassende transportlogistische Maßnahmen berücksichtigt werden und eine umfassende Fahrgastinformation erfolgt.
Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch die im ersten Patentanspruch angegebenen Merkmale gelöst. Danach ist vorgesehen, daß eine hierarchisch aufgebaute Verkehrsleiteinrichtung bestehend aus "sicheren" Fahrzeugrechnern auf jedem Triebfahrzeug , einem "sicheren" Steuerrechner und einem Leitrechner alle erforderlichen Echtzeitinformationen bezüglich der Fahrzeuge, wie z. B. Standort, Fahrtrichtung, Geschwindigkeit und Fahrzeugdaten sowie der Strecke, wie z. B. Topographie, Sicherungsanlagen, andere ortsfeste Bahnanlagen, sowie transportlogistische Daten erfaßt, verarbeitet und als Steuerbefehle den Fahrzeugrechnern sowie den Triebfahrzeugführern und Streckeneinrichtungen sowie als Informationen dem Bahnpersonal bzw. den Fahrgästen gezielt zur Verfügung stellt.
Die erforderlichen Informationen über die Fahrzeuge werden mit Hilfe der Satellitennavigation gewonnen und/oder an definierten Stellen über ortsfeste Bahnanlagen (z.B. Identifikationsbaken) korrigiert und präzisiert. Die genaue Standortbestimmung kann beispielsweise auch über eine exakte Wegmessung erfolgen. Die gewonnenen Daten werden von allen Fahrzeugrechnern an alle Fahrzeugrechner, die sich in einer definierten Reichweite befinden, sowie an den Steuerrechner und an den Leitrechner übertragen. Somit erhält jeder Fahrzeugrechner alle notwendigen Informationen aller Fahrzeuge, die sich innerhalb der definierten Reichweite befinden.
Der sichere Fahrbetrieb sowie die Streckensicherung werden im Regelfall durch die Fahrzeugrechner und die Triebfahrzeugführer realisiert, indem die Daten der sich in der definierten Reichweite befindenden Fahrzeuge und Streckeneinrichtungen zur Ableitung des Fahrregimes genutzt werden. Die Informationsübertragung erfolgt drahtlos. Die ermittelten sicherheitsrelevanten Daten für die Streckensicherung und den Fahrbetrieb sowie weitere empfehlende und informierende Daten werden den jeweiligen Triebfahrzeugführern vorzugsweise über Displays im Führerstand zur Verfügung gestellt. Daraus leitet er seine Handlungen für einen optimalen, zügigen und sicheren Fahrbetrieb ab. In Notsituationen wird eine Gefahrenbremsung bzw. andere geeignete Maßnahmen durch den Fahrzeugrechner direkt ausgelöst.
Der übergeordnete Steuerrechner, der ebenfalls "sicher" ausgeführt ist, dient der Sicherung des Fahrbetriebes in Ausnahmesituationen. Der übergeordnete Steuer¬ rechner übermittelt Steuerbefehle und notwendige Informationen an die Fahrzeugrechner und damit an die Triebfahrzeugführer für den Fahrbetrieb in diesen Ausnahmesituationen. Die Funktion des Steuerrechners kann in einen anderen Rechner integriert werden.
Der Leitrechner erfaßt alle Daten der Fahrzeuge, der Strecke einschließlich der Streckensicherung, der Transportlogistik und weiterer Fahrgastinformationen, ver¬ arbeitet diese und stellt sie den Triebfahrzeugführern, dem Bahnpersonal sowie den Kunden gezielt zur Verfügung. Der Leitrechner greift nicht in die Streckensicherung und den Fahrbetrieb ein, sondern dient einer erweiterten gezielten Information.
Eine vorteilhafte Weiterbildung ist im Patentanspruch 2 angegeben.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung soll nachstehend anhand der Zeichnung näher erläutert werden.
Die dazugehörigen Figuren zeigen:
Fig. 1 Grundkonzept der Verkehrsleiteinrichtung Fig. 2 Dezentrale Strecken- und Zugsicherung
In der Fig. 1 ist das technische Grundkonzept der erfindungsgemäßen Verkehrsleiteinrichtung dargestellt. Die zentrale Leitung erfolgt über den Leitrechner, der von den Fahrzeugrechnern alle Informationen bezüglich der Fahrzeuge F1, F2, der Strecke und der Streckeneinrichtungen sowie Informationen der Transportlogistik und Informationen aus dem regionalen Informationssystem übermittelt bekommt und verarbeitet. Diese verarbeiteten Informationen werden den Fahrzeugrechnern zur Weiterverarbeitung und Anzeige im Führerstand zur Ableitung von Handlungen durch die Triebfahrzeugführer sowie ausgewählte Informationen zur Information der Fahrgäste zur Verfügung gestellt. Die Streckensicherung erfolgt dezentral durch Kommunikation der Fahrzeugrechner mit den Streckeneinrichtungen.
Der Leitrechner empfängt:
Zugstandortinformationen
Zugausnahmeinformationen
Informationen über den Funktionszustand der dezentralen
Steuereinrichtungen
Verkehrsinformationen (extern, z. B. von anderen Verkehrsmitteln)
Flugplatzinformationen
Fahrplaninformationen
Informationen über den Zustand der technischen Einrichtungen (z. B. der
Bahnstromversorgung)
die er verarbeitet und ausgibt als
Empfehlungen an die Triebfahrzeugführer Informationen und Steuerbefehle für die Bahnstromversorgung Informationen für das regionale Informationssystem Informationen für die Transportlogistik
Dieses Beispiel zeigt ebenfalls die Kopplung der Verkehrsleiteinrichtung an ein regionales Informationssystem. Der Leitrechner erhält alle Informationen von den Fahrzeugen, von der Strecke sowie transportlogistische Informationen und externe Informationen, z. B. Fremdenverkehr und Werbung. Aus diesem Informationsangebot werden gezielte Informationen den Fahrgästen und Kunden über verschiedene Informationsträger an ausgewählten Standorten der Region zur Verfügung gestellt. So erfolgt beispielsweise die
Fahrgastinformation auf den Bahnhöfen
Fahrgastinformation in den Zügen
Fahrgastinformation an Informationssäulen
Gestaltung aktiver Werbeträger.
Die Fig.2 zeigt die dezentrale Strecken- und Zugsicherung. Die Gewährleistung des signaltechnisch sicheren Fahrbetriebes erfolgt durch die Fahrzeugrechner auf den Fahrzeugen F1, F2 und durch die Streckeneinrichtungen, wobei die notwendigen sicherheitsrelevanten Informationen durch drahtlose Übertragung zwischen den Fahrzeugrechnern untereinander sowie zwischen den Fahrzeugrechnern und den Streckeneinrichtungen in einer definierten Reichweite erfolgt. Um eine optimale Informationsverarbeitung der Fahrzeugrechner zu gewährleisten, werden nur Sendungen der Fahrzeugrechner und Streckeneinrichtungen ausgewertet, die sich innerhalb einer solchen Reichweite
befinden, die für die Gewährleistung der notwendigen Sicherheit des Fahrbetriebes und der Streckensicherung erforderlich ist. Diese Reichweite wird entsprechend den konkreten Gegebenheiten definiert und festgelegt.
Der sichere Fahrzeugrechner wertet die empfangenen Signale aus bildet sicherheitsrelevante Sendesignale gibt Signalbegriffe und Informationen an die Triebfahrzeugführer im Führer stand, vorzugsweise auf Display, aus löst Bremssignale in Gefahrensituationen direkt aus.
Die Zugstandortbestimmung erfolgt beispielsweise mit Hilfe der
Satellitennavigation mit einer sicheren Standort-Korrektur an definierten Streckenpunkten durch Identifikationsbaken.
Es erfolgt eine diversitäre Fahrzeughalt-Auslösung bei unerlaubter Weiterfahrt auf einen Streckenabschnitt entweder durch den Triebfahrzeugführer oder durch den sicheren Fahrzeugrechner.
Das dezentrale Streckensicherungssystem, welches signaltechnisch sicher aus¬ gelegt ist, wird nachfolgend beschrieben.
An Wegübergängen W1 , W2 erfolgt jeweils am Übergangsanfang als auch wahl¬ weise am Übergangsende eine genaue Standortidentifikation des Fahrzeuges durch Identifikationsbaken 5, 6, 11, 12. Bei Annäherung des Fahrzeugs F1 an den Wegübergang W1 wird bei 5 eine Sicherungsanforderung an die ortsfesten Bahnanlagen S1.1 und S1.2 gesendet und der Eingang der Sicherungs- Rückmeldung von S1.1 und S1.2 überwacht. Bei Erhalt der beiden Sicherungs- Rückmeldungen erfolgt das Befahren des Überganges W1. Bleibt eine oder beide Sicherungs-Rückmeldungen aus, kann die Weiterfahrt mit einer Ausnahmeregelung gestattet werden. Eine solche Weiterfahrt kann ent¬ sprechend den konkreten Bedingungen sowie den Gegebenheiten des folgenden Streckenabschnittes durch den Fahrzeugrechner oder den übergeordneten Steuerrechner, gegebenenfalls unter Festlegung von Bedingungen (z. B. Höchst¬ geschwindigkeit) als Ausnahme freigegeben werden.
Bei Erreichen von 6 wird die Sicherung des Wegüberganges W1 durch Ausschalten der ortsfesten Bahnanlagen S1.1 und S1.2 aufgehoben.
Die sicherungstechnischen Einrichtungen für den Wegübergang, Andreaskreuz mit oder ohne rotes Blinklicht bzw. Schranke werden in Abhängigkeit von der Verkehrsdichte und dem Gefahrenrisiko ausgewählt.
Die Übergangsidentifikationen und Sicherungsanforderungen können entsprechend den örtlichen Bedingungen auch für zwei oder mehr Übergänge zusammengefaßt werden.
Nachfolgend wird die Wirkungsweise des mobilen Zugsicherungssystems für ein¬ gleisige Strecken, welches signaltechnisch sicher ausgelegt ist, beschrieben. Zweigleisige Strecken werden funktionell in eingleisige Strecken aufgeteilt, wobei im Regelbetrieb jede Strecke nur in einer Richtung befahren wird.
Jeweils am Beginn sowie am Ende eines Streckenabschnittes, der durch Identifi¬ kationsbaken begrenzt wird 1 - 2, 3 - 4, 2 - 5, 5 - 6, 6 - 7, 7 - 8, 9 - 10, 8 - 11, 11 - 12, erfolgt eine Standortidentifikation und genaue Standort-Korrektur der Fahrzeuge F1, F2 durch diese Identifikationsbaken 1 bis 12. Der Fahrzeugrechner des Fahrzeuges F1 bzw. F2 ermittelt, durch Auswertung der Standorte anderer Fahrzeuge F2 bzw. F1 , innerhalb der definierten Reichweite, über das mobile funkgestützte Rechnemetz den Besetzt- oder Freizustand des in Fahrtrichtung folgenden Streckenabschnittes 2 - 5 bzw. 7 - 6. Entsprechend der jeweiligen Fahrtrichtung der Fahrzeuge F1, F2 ist bei sich begegnenden Fahrzeugen der gesamte folgende eingleisige Streckenabschnitt und der sich anschließende zweigleisige Abschnitt für die Fortsetzung der Fahrt zu berücksichtigen. Im vorliegenden Beispiel muß vor einer Weiterfahrt des Fahrzeuges F1 der Streckenabschnitt 2 - 7 und ein Streckenabschnitt 7 - 8 oder 9 - 10 frei sein. Für das Fahrzeug F2 der Streckenabschnitt 7 - 2 und ein Strecken¬ abschnitt 2 - 1 oder 4 - 3 frei sein.
Werden gesteuerte Weichen verwendet, so erfolgt die Steuerung der Weichen analog der Steuerung der Wegübergangssicherungen durch entsprechende Steuerungsanforderung bei Erreichen der Identifikationsbaken 1 , 2, 7, 8. Bei der Verwendung von Rückfallweichen an den Ausweichstellen der Strecke entfällt die Weichensteuerung und die Anzahl der zu berücksichtigenden Streckenabschnitte kann reduziert werden, da ein Richtungswechsel nicht möglich ist. So kann z. B. für das Fahrzeug F2 der Abschnitt 1 - 2 und für das Fahrzeug F1 der Abschnitt 9 - 10 außer Betracht gelassen werden.
Bei der Ermittlung des Frei-Zustandes des folgenden Streckenabschnittes erfolgt ein Befahren des Streckenabschnittes mit Sendung der Identifikation und der Fahrtrichtung.
Bei Ermittlung des Besetzt-Zustandes des folgenden Streckenabschnittes gibt der Fahrzeugrechner einen "Halt"-Befehl an den Triebfahrzeugführer.
Entsprechend den gegebenen Umständen kann eine Folgefahrt, gegebenenfalls mit entsprechenden Auflagen, als zulässig freigegeben werden. Eine solche Folgefahrt kann durch den übergeordneten Steuerrechner durch Übermittlung an den entsprechenden Fahrzeugrechner freigegeben werden oder durch einen Dispatcher per Sprechfunk direkt dem entsprechenden Triebfahrzeugführer gestattet werden.