Gelbildendes System zum Entfernen von Harnsteinen und Harnsteinfragmenten
Die vorliegende Erfindung betrifft primär ein gelbildendes System, insbesondere ein klebstoffbildendes System, zur Anwendung in einem Verfahren zum Entfernen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten, aus dem Körper, insbesondere dem Harntrakt.
Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung ein gelbildendes System, ganz besonders ein klebstoffbildendes System, bestehend aus oder umfassend eine Zusammensetzung (A), enthaltend ein oder mehrere kationisch vernetzbare Polymere, und eine Zusammensetzung (B), enthaltend ein oder mehrere Vernetzungsmittel zum Vernetzen des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere, so dass bei Kontakt der Zusammensetzung (A) mit der Zusammensetzung (B) in einem Bereich des Harnstraks, insbesondere der Niere, der Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, enthält, ein vernetztes Gel entsteht, das die zu entfernenden Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, teilweise oder vollständig umschließt.
Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung ein gelbildendes System, insbesondere ein klebstoffbildendes System, bestehend aus oder umfassend die Zusammensetzungen (A) und (B) wie hierin beschrieben, sowie zudem umfassend magnetisierbare Teilchen, zum teilweisen oder vollständigen Umschließen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten, durch Ausbilden eines vernetzten Gels bei Kontakt der Zusammensetzung (A) mit der Zusammensetzung (B), wobei das vernetzte Gel die magnetisierbaren Teilchen enthält.
Die vorliegende Erfindung betrifft demnach auch ein vernetztes Gel, insbesondere einen Klebstoff, zum teilweisen oder vollständigen Umschließen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten, wobei das vernetzte Gel magnetisierbare Teilchen enthält und herstellbar oder hergestellt ist durch Bereitstellung einer Zusammensetzung (A) und (B) wie hierin beschrieben, sowie optional einer Zusammensetzung (C), wobei die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) und/oder die Zusammensetzung (C) magnetisierbare Teilchen enthält, und in-Kontakt- Bringen der Zusammensetzungen (A) und (B) (sowie gegebenenfalls (C)) unter Bedingungen, die eine Vernetzung des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere ermöglichen, so dass ein vernetztes Gel entsteht.
Weitere Aspekte der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, insbesondere den Beispielen, sowie den beigefügten Patentansprüchen.
Harnsteine können sich in ableitenden Harnwegen bilden. Eine Harnabflussstörung (Obstruktion) führt zunächst zu starken, wehenartigen Schmerzen (sog. Nierenkolik). Unbehandelt können Harnsteine zu gravierenden gesundheitlichen Problemen führen (Verlust der Nierenfunktion, Entzündung) und den Patienten vital gefährden (Blutvergiftung (Sepsis) bei infizierter harnsteinbedingter Harntransportstörung). Aus epidemiologischer Sicht stellt das Harnsteinleiden eine der häufigsten Erkrankung der Menschheit dar, deren Inzidenz in Deutschland im Jahr 2000 1 ,45 % betrug, was wiederum ca. 1 .200.000 Neuerkrankungen pro Jahr entspricht. Allein in Deutschland kann insgesamt von ca. 750.000 Behandlungsfällen pro Jahr ausgegangen werden. Die Zahl der Behandlungen zur Steinentfernung in Deutschland wird auf ca. 400.000 / Jahr, davon ca. die Hälfte für Behandlungen von Rezidivsteinen, geschätzt. Die genannten Zahlen lassen sich weltweit auf die millionenfache Durchführung solcher Behandlungen extrapolieren. Mit einer Summe von über 1 ,5 Milliarden Euro stellt die Harnsteiner-
krankung also einen erheblichen Kostenfaktor im deutschen Gesundheitswesen dar.
Verlassen die Steine den Körper nicht auf natürlichem Wege oder bestehen medizinische Indikationen zur sofortigen Therapie, stellt die Endoskopie (minimal- invasive Spiegelungstechniken) neben der extrakorporalen Stoßwellenbehandlung (ESWL) den therapeutischen „Gold-Standard" dar. Angesichts der zunehmenden Evidenz für schlechtere Ergebnisse der ESWL, werden endoskopische Verfahren bevorzugt angewendet. Es ist davon auszugehen, dass aktuell 60- 70% aller Steinpatienten endoskopisch behandelt werden. Diese Tendenz ist steigend. Unter Zuhilfenahme endoskopischer Techniken werden Harnsteine vor Ort zerkleinert und entfernt. Ein bisher ungelöstes Problem stellen kleine Restfragmente (<2mm) dar, die während der Behandlung nicht effektiv entfernt werden können. Verbliebene Nierensteinfragmente fungieren als „Kristallisationskeime" aus denen sich zu 70% neue Steine entwickeln. Dies wiederum führt zu erneuten medizinischen Problemen und Behandlungsbedarf.
Etwa 30 Millionen Menschen in Europa leiden unter Nierensteinen (ca. 5% der Bevölkerung), und die Häufigkeit von Harnsteinerkrankungen in den industrialisierten Ländern zeigt eine ansteigende Tendenz. Besonders hoch (etwa 60%) ist das Risiko, nach Heilung wiederholt von Nierensteinen betroffen zu sein. Medizinische Komplikationen, die im Zusammenhang mit Nierensteinen auftreten können, sind Nierenfunktionsverlust und Infektionskomplikationen bis hin zur Blutvergiftung. Die entstehenden Belastungen für die Gesundheitssysteme sind gravierend.
Eine Möglichkeit, die Position oder Verteilung von Substanzen oder Objekten im Körper gezielt zu steuern, ist die Ausnutzung magnetischer Wechselwirkungen. Dazu müssen die Zielsubstanzen bzw. Zielobjekte entsprechend magnetisiert werden. Magnetische (Nano-)Partikel haben sich dazu bereits in verschiedenen biomedizinischen Anwendungen als geeignet erwiesen, da sie eine hohe Biokompabilität aufweisen und mit verschiedenen funktionellen Gruppen modifiziert werden können. So werden magnetische Partikel beispielsweise verwendet, um Wirkstoffe im Körper an ihren gewünschten Wirkort zu transportieren. Therapeutische und diagnostische Substanzen können somit effizient eingesetzt werden, und Schäden durch eventuelle Nebenwirkungen in gesunden Geweben werden minimiert. US 2007/0231393 beschreibt in diesem Zusammenhang ein Verfahren, bei dem magnetische Wirkstoffträger-Partikel mittels eines äußeren magnetischen Feldes im Körper positioniert werden.
US 2009/0136594 beschäftigt sich mit einer Methode, biologische Partikel zu magnetisieren, indem sie mit magnetischen Partikeln in Kontakt gebracht werden, die so modifiziert sind, dass sie spezifisch an die biologischen Partikel binden können. Als eine mögliche Anwendung des beschriebenen Verfahrens können Nierensteine oder deren Fragmente magnetisiert werden, um sie mittels einer Vorrichtung, die solche Partikel magnetisch anzieht, aus dem Körper zu entfernen. Um Kalzium-basierte Biomineralien (wie z.B. Nierensteine) spezifisch zu binden, werden die Partikel mit bestimmten Kalzium-bindenden Proteinen oder Proteinfragmenten modifiziert.
Größere Steine können in der Regel nicht durch einen minimal-invasiven Eingriff entfernt werden und müssen daher zunächst in kleinere Bruchstücke zertrümmert bzw. ganz oder zumindest teilweise aufgelöst werden. Eine Methode zur Behandlung von Nierensteinen durch gezieltes Auflösen der Ablagerungen unter Verwendung von quartären Ammoniumsalzen wird beispielsweise in US 5,244,913 beschrieben.
Eine weitere Möglichkeit der Behandlung von Nierensteinen ohne vorhergehendes Zertrümmern wird in US 2006/0269512 angegeben. Hierbei wird die natürliche Peristaltik dazu ausgenutzt, einen Polymerpfropfen durch ein Lumen zu pressen, und dabei den Stein aus dem Lumen zu entfernen. Der Polymerpfropfen kann in situ durch Temperatur- oder pH-Änderung oder durch ionische Wechselwirkungen gebildet werden.
Bei der Lithotripsie werden Nierensteine durch extrakorporale Stoßwellen oder endoskopisch eingeführte Laser- oder Druckluftsonden zertrümmert. Dabei entstehen unterschiedlich große Bruchstücke, die entweder mit Hilfe von Fassinstrumenten entfernt oder ausgespült werden können. Ein bei der Lithotripsie auftretendes Problem ist, dass sich die Fragmente während des Zertrümmerns verteilen können oder in schwer zugängliche Regionen gelangen.
WO 2005/037062 betrifft eine Methode, mit der Nierensteine mit Hilfe eines Polymerpfropfens in einem bestimmten Bereich eingeschlossen (nicht umschlossen) werden, wodurch Gewebeschäden durch die entstehenden Fragmente während der Zertrümmerung weitgehend verhindert werden können. Gemäß WO 2005/037062 wird auf zumindest einer Seite eines Nierensteins eine gelbildende Flüssigkeit in das Lumen injiziert, beispielsweise ein thermosensitives Polymer, welches bei Körpertemperatur einen Gelpfropfen bildet. Das Polymer kommt dabei in der Regel nicht in Kontakt mit dem Nierenstein, dient aber dazu, die Effizi-
enz der Lithotripsie zu erhöhen, indem es ein Verschieben des Nierensteins verhindert, und das umgebende Gewebe vor Schädigung durch die Fragmentierung schützt.
Gemäß US 2008/0103481 wird ein biokompatibler Polymerpfropfen insbesondere dazu verwendet, um ein Rückwärtsverschieben von Nierensteinen oder Nierensteinfragmenten während der Lithotripsie zu verhindern und dadurch die Schädigung des umgebenden Gewebes zu minimieren.
Ein Ansatz um Objekte, wie beispielsweise Blutgerinnsel, unter Verwendung eines Klebstoffes aus dem Körper zu entfernen, wird in US 2008/0065012 angegeben. Der Klebstoff wird dabei auf einer Oberfläche verteilt und mit Hilfe eines Katheters in den Körper eingeführt. Wenn das Objekt an der Oberfläche angehaftet ist, wird der Katheter wieder herausgezogen und nimmt das Objekt mit.
Auf biologischen Makromolekülen basierende Klebstoffe und insbesondere gelbildende Polymer-Systeme finden in der Medizintechnik zunehmend Anwendungen. Dabei ist ihre hohe Biokompatibilität eines der wichtigsten Auswahlkriterien.
Thermosensitive oder ionisch polymerisierbare Polymere werden beispielsweise verwendet, um den Blutfluss aus verletzen Blutgefäßen zu stoppen. WO 2008/103891 gibt eine Methode an, bei der der Ausfluss von biologischen Flüssigkeiten aus Gewebe oder Gefäßen durch in situ Bildung eines Polymerpfropfens kontrolliert werden kann.
WO 010544 betrifft einen adhäsiven Proteinschaum und dessen Verwendung für chirurgische und therapeutische Anwendungen. Der Schaum besteht aus einer flüssigen Proteinmatrix und einem biokompatiblen Gas und dient dazu, verletztes Gewebe abzudecken bzw. zu schützen oder implantiertes Gewebe mit biologischem Gewebe zu verbinden.
WO 02/18448 beschreibt die pharmazeutische Verwendung von percarboxy- lierten Polysacchariden bei der Herstellung von Biomaterialien für chirurgische und biomedizinische Anwendungen. Solche Materialien sind besonders geeignet für den Einsatz im Körper, da sie als körpereigen erkannt werden und keine Im- munabstoßungsreaktionen hervorrufen. Sie können daher als Beschichtung für Implantate verwendet werden.
Eine Methode zur Verkapselung von Nierengewebe in Kugeln aus biokompatiblen Polymeren wird in US 2009/016241 1 beschrieben. Ziel einer solchen Verkap-
seiung ist es, Nierengewebs-Implantate zu erhalten, die einem Patienten, der unter einer Störung der Nierenfunktion leidet, injiziert werden können, um die Funktion der Niere zu unterstützen.
Kalziumalginat als biokompatibles Hyrdogel-Polymer zum Schließen von Schädelöffnungen nach einer Operation am offenen Gehirn wird in WO 2004/080343 offenbart.
Die Eignung von Polysaccharid-haltigen Polymeren für die Bindung biologisch aktiver Moleküle oder ganzer Zellen im Bereich der Organtransplantation und des künstlichen Gewebeersatzes wird in WO 1998/012228 beschrieben.
Alginate werden im medizinischen und kosmetischen Bereich auch als Füllstoffe für die Unterstützung von Haut und Muskeln verwendet. In US 201 1/0097367 werden Anwendungen beschrieben, bei denen monolithische Alginat-Implantate durch Injektion einer reinen hochmolekularen Alginat-Lösung ins Gewebe und spontane Vernetzung in situ gebildet werden. Die Vernetzung erfolgt durch Ca2+"- lonenbrücken ohne dass zusätzlich Vernetzungsmittel hinzugegeben werden müssen. Die beschriebenen Alginat-Implantate eignen sich für die Behandlung von Falten oder verschiedenen Krankheiten, bei denen die Muskelstruktur geschwächt ist.
In US 6,663,594 B2 wird ein Verfahren zur Immobilisation eines Objekts, beispielweise eines Nierensteins, im Körper beschrieben, bei dem eine gelbildende Flüssigkeit in den Körper injiziert wird. In Kontakt mit dem Objekt wird ein Gel gebildet, welches das Objekt zumindest teilweise erfasst und immobilisiert. Die Immobilisierung dient dazu, das Objekt anschließend fragmentieren zu können ohne eine Verteilung der Bruchstücke zu riskieren bzw. um das Objekt bzw. die Bruchstücke mit einem endoskopischen Werkzeug aus dem Körper zu entfernen. Dabei verhindert das Gel, dass das Objekt bzw. ein Bruchstück verrutscht und von dem Werkzeug nicht erfasst werden kann. Nach Entfernen des Objekts bzw. der Bruchstücke wird das Gel aufgelöst oder mittel eines endoskopischen Werkzeugs extrahiert. Nachteil dieser Methode ist, dass beim Zertrümmern der Nierensteine das bereits abgebundene Gel zerstört werden kann und dadurch wieder Fragmente freigesetzt werden können, oder dass einzelne Fragmente aus dem Polymer austreten. Zudem ist die beschriebene Prozedur sehr aufwendig, da die Steine oder Stein-Fragmente einzeln erfasst und entfernt werden. Im Ergebnis bleiben mit relativ großer Wahrscheinlichkeit einzelne Steinfragmente zurück.
Ein Problem bei der Lithotripsie ist insbesondere das Auftreten mittelgroßer Steinfragmente (insbesondere < 2 mm), auch als„Gries" bezeichnet, da diese Bruchstücke weder effizient gegriffen noch gespült werden können. Restfragmente dieser Größe rutschen durch die Maschen der Greifinstrumente (Fasszängchen oder -körbchen) und machen die Extraktion von Gries sehr zeit- aufwändig und bei größeren Steinmassen praktisch undurchführbar. Bisher wurde noch keine Technologie erfolgreich etabliert, um die mittelgroßen und kleinen Steinfragmente vollständig zu entfernen. Das Zurückbleiben solcher Nierensteinfragmente führt jedoch in einem sehr hohen Prozentsatz der Fälle zur Bildung neuer Nierensteine, da die Bruchstücke bzw. Fragmente als„Kristallisationskeime" fungieren.
Damit ein vollständiges Entfernen von Fragmenten jeglicher Größe sichergestellt werden kann, muss eine neue Methode entwickelt werden, die dazu geeignet ist, idealerweise alle Bruchstücke zuverlässig zu erfassen. Hierbei sollten vorzugsweise die (zum Teil oben genannten) Probleme und Schwierigkeiten, die im Stand der Technik bekannte Verfahren mit sich bringen, vermieden werden.
Primäre Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein System bereitzustellen, das dazu geeignet ist, insbesondere Harnsteinfragmente zuverlässig aus dem Körper extrahieren zu können.
Insbesondere war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein gelbildendes System bereitzustellen, dass dazu geeignet ist, kleine und mittelgroße Harnsteinfragmente, zuverlässig aus dem Körper extrahieren zu können.
Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, eine Methode anzugeben, um die Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteinfragmente, mit mini- mal-invasiven Verfahren aus dem Körper zu entfernen.
Weitere Aufgaben der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung sowie insbesondere den beigefügten Patentansprüchen.
Die primäre Aufgabe wird gemäß einem Aspekt der vorliegenden Erfindung gelöst durch ein gelbildendes System, insbesondere ein klebstoffbildendes System, bestehend aus oder umfassend eine Zusammensetzung (A), enthaltend ein oder mehrere kationisch vernetzbare Polymere, und eine Zusammensetzung (B), enthaltend ein oder mehrere Vernetzungsmittel zum Vernetzen des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere, zur Anwendung in einem Verfahren zum Entfernen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen
und/oder Nierensteinfragmenten, aus einem Bereich des Harntrakts, insbesondere der Niere, der zu entfernende Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, enthält, mit folgenden Schritten:
(i) Bereitstellen der Zusammensetzungen (A) und (B),
(ii) Einbringen der Zusammensetzungen (A) und (B) in einen Bereich des Harntrakts, insbesondere der Niere, der zu entfernende Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente enthält, wobei die Zusammensetzung (B) vorzugsweise vor der Zusammensetzung (A) eingebracht wird, unter Bedingungen, die bei Kontakt der Zusammensetzung (A) mit der Zusammensetzung (B) eine Vernetzung des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere ermöglichen, so dass ein vernetztes Gel entsteht, das die zu entfernenden Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, teilweise oder vollständig umschließt,
(iii) Entfernen des vernetzten Gels samt der davon umschlossenen Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, aus dem Harntrakt, insbesondere der Niere.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist unter einem Bereich des Harntrakts bzw. der Niere insbesondere das Nierenbeckenkelchsystem, sowie die ableitenden Harnwege, Harnleiter, Blase oder Harnröhre zu verstehen.
Unter„Harnsteinfragmenten" sind im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung Bruchstücke von Harnsteinen, insbesondere Nierensteinen, zu verstehen, die insbesondere durch Zertrümmerung von Harnsteinen (Lithotripsie) entstanden sind.
Durch ein erfindungsgemäßes Einbetten der Harnsteinfragmente und anschließende Extraktion des„Klebstoff-Verbunds" können vorteilhafterweise Fragmente jeglicher Größe vollständig entfernt und damit einer erneuten Steinbildung vorgebeugt werden.
Die Polymere bzw. Polymer-Einheiten der Zusammensetzung (A) werden bevorzugt über ionische Wechselwirkungen (siehe Zusammensetzung (B)) vernetzt. Daher ist eine Vielzahl von Makromolekülen, die als Liganden ein- oder mehrwertiger Kationen auftreten und Chelatkomplexe bilden können, für die erfindungsgemäße Anwendung geeignet. Dazu gehören insbesondere Hydrogele, biokompatible zuckerbasierte (z.B. modifizierte Cellulosen) oder proteinogene Klebstoffe oder fibrin- oder kollagenbasierte Systeme (besonders bevorzugte Polymere sind weiter unten beschrieben).
Beispielsweise polyphenolische Proteine sind in der Lage, über Quervernetzungen ihres Proteingerüsts durch eine Katecholoxidase abzubinden. In vitro können solche Quervernetzungen z.B. auch durch Metallionen erzielt werden. Denkbar ist auch die Verwendung von Hybridsystemen, die auf einer Kombination von synthetischen Polymeren mit phenolischen Aminosäuren beruhen. Die posttranslationale Aminosäure 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) ist beispielsweise auf Grund ihrer vielseitigen Reaktionsmöglichkeiten mit verschiedenen funktionellen Gruppen zur Polymermodifikation besonders geeignet, und entsprechende Gelsysteme zeichnen sich durch verbesserte adhäsive und kohäsive Eigenschaften aus.
Als Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) dienen vorzugsweise geeignete Kationen. Vorteilhafterweise handelt es sich dabei in der Regel um natürlich in physiologischen Systemen vorkommende Kationen. Es müssen vorteilhafterweise keine zusätzlichen (aggressiven) Reagenzien zugegeben werden, um die Vernetzung unter physiologischen Bedingungen in Gang zu setzen. Zudem entstehen vorteilhafterweise keine unerwünschten Nebenprodukte.
Erfindungsgemäß bevorzugt sind solche Systeme, die unter physiologischen Bedingungen abbinden können. Um stabile Vernetzungen über Kationenbrücken auszubilden, ist es vorteilhaft, wenn die Polymere der Zusammensetzung (A) über funktionelle Gruppen (in ausreichender Anzahl) verfügen, die auch bei (leicht) saurem pH als negativ geladene Einheiten vorliegen. In manchen Systemen können beispielsweise der Vernetzungsgrad oder die Geschwindigkeit der Vernetzung über beeinflussbare Größen wie Konzentrationen oder pH-Werte der einzelnen Zusammensetzungen gesteuert werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführung enthält die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) Chitosan. Besonders bevorzugt enthält die Zusammensetzung (B) Chitosan.
Die Zusammensetzungen (A) und (B) können nacheinander oder gemeinsam eingebracht werden, wobei es bevorzugt ist, dass die Zusammensetzung (B) vor der Zusammensetzung (A) eingebracht wird, um eine geeignete Verteilung und vollständige Einbettung aller Harnsteinfragmete, insbesondere Nierensteinfragmente, vor Beginn bzw. bei der Vernetzung zu gewährleisten.
Das verfestigte Gel hat vorzugsweise eine ausreichende Stabilität und Flexibilität, um anschließend mit möglichst geringem Aufwand, vorzugsweise in einem Stück, aus dem Körper entfernt zu werden. Das Gel-Steinfragment-Konglomerat bzw. die Gel-Steinfragment-Konglomerate weisen vorzugsweise einen Durchmesser von 4 mm oder kleiner auf.
Ein erfindungsgemäßes System kann zusätzlich weitere Komponenten enthalten. Beispielsweise können den Zusammensetzungen (A) und/oder (B) und/oder einer oder mehreren weiteren Zusammensetzungen eines erfindungsgemäßen Systems Substanzen, die die Gelbildung und/oder die Einbindung der Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteinfragmente, fördern, zugegeben werden. Solche Substanzen können z.B. Quervernetzer zur Erhöhung der Stabilität des Gels sein.
Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung enthält bzw. enthalten die Zusammensetzungen) (A) und/oder (B) und/oder eine oder mehrere weitere Zusammensetzungen eines erfindungsgemäßen Systems zudem einen oder mehrere Farbstoffe, die es erleichtern, das abgebundene Gel bzw. eine, beide, mehrere oder sämtliche der verwendeten Zusammensetzungen (vor dem Abbinden) endoskopisch zu visualisieren.
Gemäß einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung ist bzw. sind das bzw. ein, mehrere oder sämtliche kationisch vernetzbare Polymere der Zusammensetzung (A) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polysacchariden, insbesondere Polysacchariden mit deprotonierten oder deprotonierbaren funktionellen Gruppen, vorzugsweise Carboxy-Gruppen, bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Polyuronide, besonders bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Alginate und Pektine.
Polysaccharide wie Alginate und Pektine sind für den Einsatz im Körper besonders geeignet, da sie keine inflammatorischen Reaktionen oder Immunabstoßung hervorrufen und ein geringes Risiko eines Gewebetraumas mit sich bringen. Zudem sind sie biologisch abbaubar und verfügen über zahlreiche
Carbonsäuregruppen, die Chelatkomplexe mit mehrwertigen Kationen bilden können. Sie sind vorteilhafterweise dazu in der Lage, unter Wasser und bei physiologischen Temperaturen zu vernetzen und können leicht in Lösung gehandhabt werden. Die Vernetzung erfolgt zügig aber ohne dabei feine Nierenkanäl- chen oder die Endoskopieinstrumente zu verkleben. Die entstehenden Gele weisen eine ausreichende Stabilität und Flexibilität auf, um zusammen mit den Harnsteinfragmenten extrahiert werden zu können.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist bzw. sind das bzw. ein, mehrere oder sämtliche Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus zwei- und dreiwertigen Kationen, vorzugsweise Eisen- und Kalzium-Ionen.
Eisen- und Kalziumionen sind in physiologischen Systemen natürlich vorkommende Kationen, die in Form von biologisch verträglichen Lösungen einfach verabreicht werden können. Sie haben eine geeignete Koordinationschemie und können stabile Chelatkomplexe zur Vernetzung ausbilden.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung weist die Zusammensetzung (B) einen sauren pH-Wert auf, vorzugsweise einen pH im Bereich von 3,5 bis 4,5.
Bei einem pH im Bereich von 3,5 bis 4,5 liegen die Kationen der Zusammensetzung (B) frei in Lösung vor und stehen somit zur Komplexierung zur Verfügung. Vorteilhafterweise sind in diesem pH-Bereich aber die am Polysaccharid befindlichen Säuregruppen zu einem großen Teil deprotoniert, wodurch es zu einer effektiven Vernetzungsreaktion kommt. Wird im Bereich der zu entfernenden Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteinfragmente, eine gepufferte Lösung (bei einem pH von ca. 4) vorgelegt, kommt es infolge des Einleitens der polysaccharidhaltigen Zusammensetzung (A) zu einer Herabsetzung der Löslichkeit (Koazervation). Der Prozess der Koazervation beansprucht eine gewisse Zeit, während der die Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteinfragmente, eingebettet werden. Vorteilhafterweise ist damit auch die Geschwindigkeit der Vernetzungsreaktion über den pH der verwendeten Zusammensetzungen steuerbar.
Eine weitere bevorzugte Ausführung der vorliegenden Erfindung betrifft ein gelbildendes System, insbesondere ein klebstoffbildendes System, wie oben be-
schrieben, wobei das gelbildende System zudem magnetisierbare Teilchen enthält, wobei die magnetisierbaren Teilchen Bestandteil der Zusammensetzung (A) und/oder Bestandteil der Zusammensetzung (B) sind und/oder das polymerisierbare System zudem eine Zusammensetzung (C) umfasst, die magnetisierbare Teilchen enthält, wobei dann in Schritt (i) neben den Zusammensetzungen (A) und (B) auch die Zusammensetzung (C) bereitgestellt und in Schritt (ii) zeitversetzt oder gleichzeitig mit der Zusammensetzung (A) oder der Zusammensetzung (B) auch die Zusammensetzung (C) eingebracht wird, so dass das vernetzte Gel zudem magnetisierbare Teilchen enthält.
Der Zusatz magnetisierbarer Teilchen eröffnet eine neue und vorteilhafte Methode, den abgebundenen „Klebstoff-Verbund" (Gel-Steinfragment-Konglomerat) durch Ausnutzung der magnetischen Eigenschaften aus dem Körper zu entfernen. Beispielsweise kann eine Magnetangel oder insbesondere ein magnetisches Fangkörbchen verwendet werden, welches die Vorteile eines Ankers und eines herkömmlichen Fangkörbchens verbindet.
Gemäß einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung sind die magnetisierbaren Teilchen ausgewählt aus Teilchen enthaltend oder bestehend aus ferromagnetische(n) Elemente(n) wie Eisen, Nickel und Kobalt sowie Legierungen wie AINiCo, SmCo, Nd2Fe14B, Ni80Fe20, NiFeCo und/oder deren Oxide wie Eisenoxidpartikel, insbesondere Eisenoxidnanopartikel aus Fe304 und/oder v- Fe203.
Eisenoxidpartikel haben sich in medizintechnischen und pharmazeutischen Anwendungen, z.B. als intravenös verabreichtes Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie oder zur Tumortherapie, als geeignet erwiesen. Zur Erhöhung der Biokompatibilität und kolloidalen Stabilität sind solche Partikel meist umhüllt mit z.B. Dextranen, Polyvinylalkoholen, Dimercaptobernsteinsäure u.a..
Die Eisenoxidpartikel verleihen dem Klebstoff außerdem eine dunkle Färbung, was im Gegensatz zu dem unmodifizierten Gel, das nahezu farblos ist, eine ein-
fächere Handhabung nach visuellen Aspekten ermöglicht (vgl. hierzu auch die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit optional enthaltenen Farbstoffen).
Gemäß einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung umfasst das Verfahren zum Entfernen von Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinfragmenten, folgenden weiteren Schritt, der zeitlich vor Schritt (ii) erfolgt:
Fragmentieren eines oder mehrerer Harnsteine, insbesondere Nierensteine im Harntrakt, insbesondere in der Niere, so dass zwei oder mehrere, vorzugsweise eine Vielzahl von Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinfragmenten, entsteht bzw. entstehen.
Der beim Zertrümmern von Harnsteinen entstehende Gries lässt sich durch Anwendung des erfindungsgemäßen gelbildenden Systems besonders effizient entfernen. Im Gegensatz zu den im Stand der Technik beschriebenen Techniken werden auch mittelgroße Fragmente während der Gelbildung zuverlässig erfasst und können idealerweise vollständig aus dem Körper entfernt werden.
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein gelbildendes System, insbesondere ein klebstoffbildendes System, bestehend aus oder umfassend eine Zusammensetzung (A), enthaltend ein oder mehrere kationisch vernetzbare Polymere, und eine Zusammensetzung (B), enthaltend einen oder mehrere Vernetzungsmittel zum Vernetzen des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere, sowie zudem magnetisierbare Teilchen, wobei die magnetisierbaren Teilchen Bestandteil der Zusammensetzung (A) und/oder Bestandteil der Zusammensetzung (B) sind und/oder wobei das polymerisierbare System zudem eine Zusammensetzung (C) umfasst, die magnetisierbare Teilchen enthält, zum teilweisen oder vollständigen Umschließen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten, im Harntrakt, insbesondere in der Niere, durch Ausbilden eines vernetzten Gels bei Kontakt der Zusammensetzung (A) mit der Zusammensetzung (B) (sowie gegebenenfalls zudem der Zusammensetzung (C)), wobei das vernetzte Gel magnetisierbare Teilchen enthält.
Die magnetisierbaren Teilchen können demnach auf beliebigem Weg in das gelbildende System gelangen. Sie können sowohl Bestandteil einer oder beider der Zusammensetzungen (A) und/oder (B) sein oder aber auch als Bestandteil einer weiteren Zusammensetzung (C) zugegeben werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführung dieses Aspekts der vorliegenden Erfindung enthält die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) (zudem) Chitosan. Besonders bevorzugt enthält die Zusammensetzung (B) Chitosan.
Gemäß einer (weiteren) bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung ist bzw. sind das bzw. ein, mehrere oder sämtliche kationisch vernetzbare Polymere der Zusammensetzung (A) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polysacchariden, insbesondere Polysacchariden mit deprotonierten oder deprotonierbaren funktionellen Gruppen, vorzugsweise Carboxy-Gruppen, bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Polyuronide, besonders bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Alginate und Pektine.
Hierbei gilt das oben zu den Polysacchariden der Zusammensetzung (A) bereits Gesagte entsprechend.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist bzw. sind das bzw. ein, mehrere oder sämtliche Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus zwei- und dreiwertigen Kationen, vorzugsweise Eisen- und Kalzium-Ionen.
Auch bezüglich der Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) gilt das oben Gesagte entsprechend.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung weist die Zusammensetzung (B) einen sauren pH-Wert auf, vorzugsweise einen pH im Bereich von 3, 5 bis 4,5.
Auch hier gilt das oben zum pH-Wert einer hierin beschriebenen Zusammensetzung (B) Gesagte entsprechend.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung sind die magnetisierbaren Teilchen ausgewählt aus Teilchen enthaltend oder bestehend aus ferromagnetische(n) Elemente(n) wie Eisen, Nickel und Kobalt sowie Legierungen wie AINiCo, SmCo, Nd2Fei4B, Ni80Fe20, NiFeCo und/oder deren Oxide wie Eisenoxidpartikel, insbesondere Eisenoxidnanopartikel aus Fe304 und/oder Y-Fe203.
Wiederum gilt auch hier das oben zu den magnetisierbaren Teilchen Gesagte entsprechend.
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein vernetztes Gel, insbesondere einen Klebstoff, zum teilweisen oder vollständigen Umschließen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten, im Harntrakt, insbesondere in der Niere, wobei das vernetzte Gel magnetisierbare Teilchen enthält und herstellbar oder hergestellt ist durch
(i) Bereitstellen einer Zusammensetzung (A), enthaltend ein oder mehrere kationisch vernetzbare Polymere, und einer Zusammensetzung (B), enthaltend einen oder mehrere Vernetzungsmittel zum Vernetzen des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere, sowie, optional, einer Zusammensetzung (C), wobei die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) und/oder, falls vorhanden, die Zusammensetzung (C) magnetisierbare Teilchen enthält,
(ii) in-Kontakt-Bringen der Zusammensetzungen (A) und (B) (sowie gegebenenfalls (C)) unter Bedingungen, die eine Vernetzung des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere ermöglichen, so dass ein vernetztes Gel entsteht.
Die Herstellung eines erfindungsgemäßen vernetzten Gels findet durch in- Kontakt-Bringen der Zusammensetzungen (A) und (B) (sowie gegebenenfalls (C)) statt. Das Abbinden erfolgt bevorzugt in einem Bereich des Harntrakts, insbesondere der Niere, in dem Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, insbesondere von kleiner und mittlerer Größe (vorzugsweise mit einem durchschnittlichen mittleren Durchmesser von 0.1 bis 4 mm, bevorzugt von 0.2 bis 3 mm, besonders bevorzugt von 0.5 bis 2 mm) vorliegen, damit diese vor Ort vollständig oder zumindest teilweise umschlossen werden. Das erfindungsgemäße vernetzte Gel bindet vorzugsweise unter physiologischen Bedingungen ab und weist eine ausreichende Stabilität und Flexibilität auf, um vorzugsweise in einem Stück aus dem Körper extrahiert zu werden. Weitere bevorzugte Ausgestaltungen ergeben sich aus den vorangehenden Ausführungen.
Gemäß einer bevorzugten Ausführung des vernetzen Gels, insbesondere des Klebstoffes, enthält die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) Chitosan. Besonders bevorzugt enthält die Zusammensetzung (B) Chitosan.
Eine besonders bevorzugte Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung betrifft ein vernetztes Gel, insbesondere einen Klebstoff, wie oben beschrieben, wobei das bzw. ein, mehrere oder sämtliche kationisch vernetzbare Polymere der Zusammensetzung (A) ausgewählt ist bzw. sind aus der Gruppe bestehend aus Polysacchariden, insbesondere Polysacchariden mit deprotonierten oder deprotonierbaren funktionellen Gruppen, vorzugsweise Carboxy-Gruppen, bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Polyuronide, besonders bevorzugt Polysacchariden aus der Gruppe der Alginate und Pektine.
Hierbei gilt wiederum das oben zu den Polysacchariden der Zusammensetzung (A) bereits Gesagte entsprechend.
Eine weitere bevorzugte Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung betrifft ein vernetztes Gel, insbesondere einen Klebstoff, wie oben beschrieben, wobei das bzw. ein, mehrere oder sämtliche Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) ausgewählt ist bzw. sind aus der Gruppe bestehend aus zwei- und dreiwertigen Kationen, vorzugsweise Eisen- und Kalzium-Ionen.
Auch in Bezug auf die Vernetzungsmittel der Zusammensetzung (B) gilt hier das oben Gesagte entsprechend.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird hierin auch ein Verfahren zum Entfernen von Harnsteinen und/oder Harnsteinfragmenten, insbesondere Nierensteinen und/oder Nierensteinfragmenten aus einem Bereich des Harntrakts, insbesondere der Niere, der zu entfernende Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, enthält, beschrieben, bestehend aus oder umfassend folgende Schritte:
(i) Bereitstellen einer Zusammensetzung (A), enthaltend ein kationisch vernetzbares Polymer, vorzugsweise ein Polysaccharid mit deprotonierten Carboxy-Gruppen, besonders bevorzugt ein Polysaccharid ausgewählt aus der Gruppe der Polyuronide, insbesondere ein Alginat oder ein Pektin, und einer Zusammensetzung (B), enthaltend ein Vernetzungsmittel zum Vernetzen des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere, vorzugsweise
zwei- und/oder dreiwertige Kationen, insbesondere Eisen- und/oder Kalzium-Ionen, wobei die Zusammensetzung (A) und/oder die Zusammensetzung (B) vorzugsweise zudem magnetisierbare Teilchen, zum Beispiel Eisenoxidpartikel, enthält, oder wobei zudem eine Zusammensetzung (C) bereitgestellt wird, die magnetisierbare Teilchen, zum Beispiel Eisenoxidnanopartikel, enthält,
(ii) gleichzeitiges oder zeitlich versetztes Einbringen der Zusammensetzungen (A) und (B) sowie gegebenenfalls (C) in den Bereich des Harntrakts, insbesondere der Niere, der zu entfernende Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente, enthält, wobei die Zusammensetzung (B) vorzugsweise vor der Zusammensetzung (A) eingebracht wird, unter Bedingungen, die bei Kontakt der Zusammensetzung (A) mit der Zusammensetzung (B) (sowie gegebenenfalls der Zusammensetzung (C)) eine Vernetzung des bzw. der kationisch vernetzbaren Polymere ermöglichen, so dass ein vernetztes Gel entsteht, das die zu entfernenden Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteinfragmente, teilweise oder vollständig umschließt und zudem magnetisierbare Teilchen enthält,
(iii) Entfernen des vernetzten Gels samt der davon umschlossenen Harnsteine und/oder Harnsteinfragmente, insbesondere Nierensteine und/oder Nierensteinfragmente aus dem Harntrakt, insbesondere der Niere.
Im Folgenden wird die vorliegende Erfindung anhand ausgewählter Beispiele näher erläutert.
Kurze Beschreibung der Figuren:
Figur 1 : Modifkationsstrategie zu CMC (Carboxymethylcellulose) mit DOPA und einer der unter R zusammengefassten Aminosäuren (unterer Kasten); die einge-
setzten Aminosäuren sind zum Teil geschützt; von links nach rechts: 3,4- Dihydroxyphenylalanin, N-Boc-Lysin, t-Butyl-Cystein, Histidin.
Figur 2: Fotodokumentation einer Mischung aus katecholmodifizierter Carboxymethylcellulose (schwarzbraunes Hydrogel, oben) und des enzymfreien Referenzhydrogels (elfenbeinfarben, unten, hier grau dargestellt) auf Parafilm unter dem Einfluss der Schwerkraft im zeitlichen Verlauf.
Beispiel 1 : Herstellung von Zusammensetzungen (A), (B) und (C)
Zur Herstellung einer beispielhaften Zusammensetzung (A) werden 2 g Alginat in 200 mL Wasser gelöst.
Zur Herstellung einer beispielhaften Zusammensetzung (B) werden zunächst eine wässrige FeCI3-Lösung (1 M), sowie eine wasserbasierte Chitosanlösung (0.32 Gew.- %, pH 6) und eine Oxalsäurelösung in Wasser (1 M) hergestellt. 3 mL der Chitosanlösung werden mit ca. 5 Tropfen der Oxalsäurelösung versetzt und zu diesem Gemisch werden 0.5 mL der Eisenchloridlösung gegeben.
Zur Herstellung einer beispielhaften Zusammensetzung (C) wird eine 4 bis 40 mM Eisen (0.35 bis 3.5 g pro Liter) enthaltende Partikel-Suspension in Wasser oder physiologischem Puffer zubereitet (M. Geppert et al., Nanotechnology 22 (201 1 ) 145101 ). Diese Lösung wird zu 1 % bis 50% zu A oder B gegeben.
Beispiel 2 (Versuch): Gelbildung mit modifizierten Biopolymeren am Beispiel eines Aminosäure Carboxymethylcellulose-Hybrids
Das dem Alginat ähnliche Zuckerderivat Natrium-Carboxymethylcellulose (CMC) wurde jeweils mit den Aminosäuren DOPA, Lysin, Cystein und Histidin funktionalisiert (Figur 1 ). Das DOPA-modifizierte CMC wurde mit dem aminfunktionalen Polysaccharid Chitosan gemischt und das durch elektrostatische Interaktion zwischen den unterschiedlich geladenen Zuckern entstehende Hydrogel auf seine Adhäsionseigenschaften untersucht. Außerdem wurden sämtliche der Aminosäure-Cellulose-Hybride als Gelees angemischt und die Verbundfestigkeit bei der Adhäsion auf Titan überprüft. Ziel der Versuche war es, die adhäsiven Eigenschaften des (beispielhaften) Hybrids im feuchten Millieu zu verbessern, um die Einbindung der Harnsteine bzw. Harnsteinfrag- mente und die Flexibilität des Klebstoffes zu verändern.
Für die Funktionalisierung mit DOPA wurden zwei unterschiedliche Substitutionsgrade angestrebt. Jedes Mol CMC verfügt über acht Mol Acetatgruppen. Darauf bezogen wurden zum einen mit einem halben Promille (PA-S6) und zum anderen mit 0,3 Äquivalenten DOPA (PA-S7) modifiziert.
Die Natrium-Carboxymethylcellulose (CMC), wurde zunächst nach einem unkonventionellen Verfahren mit der Aminosäure 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) funktionalisiert [1]. Hierfür wurden zunächst 2 g CMC (2 mmol) in 30 mL dd-Wassers über 90 min bei
40°C gelöst. Der pH der Lösung von ca. 7 wurde mit einer wässrigen HCI-Lösung (2 N) auf einen pH von 4-5 eingestellt. Zu der viskosen Lösung wurden 19 mg EDC (0,1 mmol) und 12 mg NHS (0,1 mmol) gegeben. Nach 30 min wurden 20 mg (0,1 mmol) DOPA, in 1 ,5 mL dd-Wasser gelöst, über eine feine Kanüle langsam, während die Lösung stetig rührte, hinzugetropft. Die Lösung wurde über Nacht weitergerührt.
Von dieser Lösung wurden 10 mL abgenommen (PA-S6). Weitere 2 mL der Lösung wurden für ATR Analysen lyophilisiert. Der verbleibende Rest (ca. 18 mL) der Lösung wurde mit 1 ,1 g EDC (5,8 mmol) und 0,7 g NHS (6,1 mmol) erneut 30 min aktiviert. Eine saure Lösung aus 0,6 g DOPA (3 mmol) in 10 mL dd-Wassers und 1 mL einer wässrigen HCI-Lösung (2N), wie schon für PA-S6, langsam über eine feine Kanüle zugegeben, während eine gute Durchmischung sichergestellt war. Von dieser Lösung PA-S7 wurde ebenfalls ein ATR angefertigt.
Das Produkt (PA-S6) wurde mit einer frischen 0,3 m%-igen Chitosanlösung (pH 6) zu gleichen Teilen gemischt. Die Mischung wurde auf zwei Gefäße aufgeteilt. Zu einer der beiden Mischungen wurden 0,5 v% einer frischen Laccaselösung (1 mg/mL) zugegeben. Beide Mischungen wurden gut durchmischt und im Anschluss, liegend auf einer beheizbaren Rüttelplatte, arretiert. Der Rüttler wurde auf eine Laufzeit von vier Stunden bei 47 °C und 650 rpm programmiert.
Die DOPA-CMC-Chitosan-Lösung (PAChi) und die DOPA-CMC-Chitosan-Lösung in Gegenwart der Peroxidase Laccase (PAChiLA), die die Vernetzung der Katechole initiiert, wurden inkubiert, um die Eigenschaften des erwarteten Hydrogels zu verändern. Dabei entstanden in beiden Reaktionsgefäßen elastische Hydrogele.
Die beiden Proben mit (PAChiLA) und ohne Laccase (PAChi) wurden danach hinsichtlich ihres unterschiedlichen Adhäsionspotentials untersucht. Hierfür wurden jeweils eine Probe (PAChiLA; PAChi) auf Parafilm aufgebracht und der Probenaufbau orthogonal ausgerichtet. Hierdurch wirkte die Schwerkraft auf die Haftfläche zwischen dem Cellulosehydrogel und der Parafilmoberfläche. Die Weglängen, die die Proben infolge der auf sie einwirkenden Schwerkraft über die Zeit zurücklegten wurden photographisch festgehalten (Figur 2).
Das Hydrogel der Referenz zeichnete sich durch eine elfenbeinähnliche Färbung aus, während das katecholhaltige Hydrogel, das durch Laccase polymerisiert wurde, braunschwarz gefärbt war. Diese Verfärbung ist charakteristisch für Polyphenole und spricht für eine Oxidation der DOPA-Gruppe am CMC-Polymerrückgrat. Durch die seitens des
Chitosans angebotenen Amine, kann es zur Bildung eines kovalentes Netzwerkes infolge von Michaelreaktionen mit Aminen und zu radikalischer Addition gekommen sein. Die Bildung eines Hydrogels für die Referenz der katecholhaltigen Cellulose mit Chitosan ohne Enzym lässt sich mit elektrostatischer Wechselwirkung zwischen den noch freien Carbonsäuren der Carboxycellulose und den Aminen des Chitosans erklären. Beide Hydrogele wurden im Anschluss in einem Funktionsexperiment hinsichtlich ihrer makroskopischen Haftungsunterschiede auf Parafilm untersucht. Unter dem Einfluss des Kraftvektors Schwerkraft gaben die Wechselwirkungskräfte unterschiedlich stark nach, wie sich am zurückgelegten Weg ablesen lässt. Die Ergebnisse der Photodokumentation zeigen eine stärkere Haftung des vernetzten Hydrogels auf Parafilm im Vergleich mit der nicht kovalent vernetzten Referenz, die ohne Enzym inkubiert wurde.
Diese Ergebnisse bestärken die Annahme, daß es sich im Fall des oxidiert vorliegenden DOPA-CMC-Chitosan (PAChi) um kein kovalent vernetztes Hydrogel handelt. Der Zusammenhang zwischen Haftung und den durch das Katechol provozierten Veränderung in der Zuckermatrix, eröffnen steuerbare Hydrogeleigenschaften. Die rein elektrostatisch wechselwirkenden Netzwerke ordnen sich innerhalb des Hydrogels um und geben unter dem Einfluss eines Kraftvektors nach. Dieses Phänomen ist als Kriechverhalten für Thermoplasten bekannt.
Das enzymatisch oxidierte DOPA-CMC-Chitosan (PAChiLA) verfügt über kovalente Quervernetzungen innerhalb des Hydrogels und ist in einer Umorientierung infolge wirkender Scherkräfte eingeschränkt. Weiterhin kann es zu Wechselwirkungen zwischen den Polyphenolen im Hydrogelnetzwerk mit den Polyolefinen und Paraffinwachsen im Parafilm kommen.
Die Funktionalisierung der Carboxymethylcellulose wurde über das Katechol DOPA hinaus auf drei weitere Aminosäuren ausgeweitet (Figur 1 ). Ziel dieser Diversifizierung war es, durch Kombination aus diesen Hybriden, die adhäsiven Eigenschaften in feuchtem Milieu zu verbessern.
Für die Synthese wurden zunächst 13,5 g CMC (14 mmol) in einem 1 L Becherglas eingewogen und in 550 mL dd-Wasser unter leichtem Rühren bei 40 °C gelöst. Nach 90 Minuten wurde die klare gelbliche Lösung unter Rühren auf RT gekühlt. Wie oben beschrieben wurde das vorgelegte CMC unter Verwendung von EDC/NHS teils in N- Succinimid-Aktivester überführt. Nach ca. 40 Minuten wurde das Reaktionsgemisch auf fünf Erlmeyerkolben ä 83 mL (ca. 2 g CMC) aufgeteilt. Nun wurden jeweils 40 mmol der Aminosäure unter starkem Rühren in eines der Reaktionsgefäße gegeben.
76 mg DOPA bzw. 60 mg Histidin wurden zuvor jeweils in 100 μΙ_ HCl (2N) und 1900 μΙ_ dd-Wasser angelöst. 95 mg H-Lys(Boc) bzw. 83 H-Cys(tBut)-OH*HCI mussten in 2 mL dd-Wasser aufgenommen werden, um die Schutzgruppe zu erhalten. In Referenz wurde eine Probe ohne Zugabe einer Aminosäure mitgeführt. Nach 24 Stunden wurde die Reaktion abgebrochen und in Etappen jeweils 10 mL der Lösung lyophilisiert.
Auf eine Extraktion des Produktes gegen Ether wurde verzichtet, da die durch evtl. Verunreinigungen verursachten Fehler innerhalb des Fehlerbereichs des Funktionsexperimentes liegen. Unter dem Aspekt, dass dieses Experiment der Bewertung von adhäsiven Wechselwirkungen auf makroskopischer Ebene gewidmet ist, erschien dies plausibel. Die resultierenden Produkte (PX) wurden bei -20 °C gelagert. Die Nomenklatur ist in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1 : Nomenklatur der synthetisierten CMCs, PX; a) Mischung aus PH, PC, PA und PK (15:20:30:35).
Die resultierenden Aminosäure-Cellulose-Hybride wurden jeweils als Gelees angemischt Zudem wurde eine Mischung aus den modifizierten CMCs aller vier Aminosäuren im Verhältnis PH : PC : PA : PK 15:20:30:35 verwendet (PHCAK). Diese Gelees wurden in eine Zellkulturplatte gespachtelt und einer Vorstudie zu den notwendigen Aushärtebedingungen unterzogen.
Basierend auf den Ergebnissen zu dieser Vorstudie wurden zwei Verbundfestigkeitsstudien zur Untersuchung der Adhäsion auf Titan angefertigt. In Studie A wurde das reine Gelee (PO) neben dem katecholhaltigen Gelee (PA) und dem cysteinmodifizierten Gelee (PC), sowie der Mischung PHCAKV unter Salzwasser auf Titan gefügt. Die Salzwasserlösung wurde, nachdem die Proben gefügt wurden, mit FeCI3 als Oxidati- onsmittel versetzt.
In Studie B wurden Proben mit den gleichen Gelees gefügt. Zuvor wurden diese jedoch mit FeCI3 vorbehandelt (geprimert), d.h. die Substrate wurden mit FeCI3- Lösung benetzt und getrocknet. Danach wurde analog zu Studie A verfahren, jedoch ohne FeCI3 der Salzwasserlösung zuzugeben.
Nach vier Tagen Auslagerung wurden die Proben geprüft, wobei die Prüflinge der Studie B sofortiges Adhäsionsversagen zeigten.
Die Prüflinge der Studie A wurden mit einem Bondtester in sechsfacher Bestimmung ausgewertet. Die Mischung PHCAK zeigte für die Adhäsionen ähnliche Festigkeiten wie die Prüfungen der Referenz (ca. 2 N). PA zeigte kaum noch messbare Adhäsion (ca. 1 N). Die Adhäsionsproben, die mit PC gefügt wurden, führten in allen Fällen zu Adhäsionsversagen und überstanden das Lösen aus der Fügevorrichtung nicht.
Die Bruchflächen zeigen in allen Fällen eine orangebraune Verfärbung der gehärteten Gelees. Diese Verfärbung tritt vor allem in den randnahen Bereichen auf. Weiterhin sind große Teile, die mit Gelee benetzt waren, nicht verfärbt und lagen noch Gel-artig in ihrer Konsistenz vor. Die Proben, die den Scherkräften am längsten standhielten, weisen in großen Teilen des benetzten Bereiches Adhäsionsbrüche auf. Kohäsions- brüche zeigen sich nur vereinzelt (ca. 5 %) an den Rändern.
Das vorzeitige Adhäsionsversagen der PC-Proben läßt sich durch das Fehlen möglicher Reaktionspartner wie Katecholen erklären. Dennoch bleibt offen, warum diese Fügungen, als auch die von PA schlechter adhärierten als die Referenz.
Die geprüften Adhäsivproben präsentierten in den Bruchflächen klare Indizien für die Ursache der nachgiebigen Fügung. Nur am Rand befinden sich rigide Bereiche, die in Einzelfällen als Zeugen eines Kohäsionsbruchs zu deuten sind. Die rotbraune Verfärbung wird durch die komplexierten Eisenionen verursacht. Die Bereiche, die sich weiter entfernt vom Rand befinden, liegen sichtbar noch als Gel vor. Diese Bereiche leisten demnach keinen Kohäsionsbeitrag zur Verbundfestigkeit.
Dies äußerte sich ebenfalls im Verlauf des Kraft-Zeit-Diagramms der Scherprüfung (nicht gezeigt). Aus der parabelartigen Funktion konnte abgelesen werden, dass es sich um ein nicht gehärtetes Adhäsiv handelte. Dieser Effekt wurde auch von Cha et al. bestätigt [2]. Sie hatten ein Muschelprotein über Bakterien exprimiert und die posttranslationale Modifikation des Tyrosins im Kolben vorgenommen. Die Adhäsivfügungen mit unmodifizierten Protein zeigten einen ähnlich parabelartigen Verlauf.
Die katecholhaltigen Proben (nach posttranslationaler Oxidation durch Tyrosinase) indes gaben die typische Kurve aus, in der ein Bindungsbruch an einem rapiden Abfall der Kraft, die gegen die angelegte Scherkraft wirkt, festzumachen ist.
Eine weitergehende Betrachtung der Bruchflächen legt offen, weshalb diese Fügung nicht homogen härten konnte. Die Härtung ist ähnlich wie bei einem Polyurethan diffu- sionskontrolliert. Ab einer kritischen Schichtdicke, in diesem Fall der Abstand zum Rand, stoppt die Härtung aufgrund der Abwesenheit der notwendigen Eisenionen. Die-
se Abhängigkeit der Härtung durch Komplexbildung wurde in einem korrespondierenden Experiment, der Hydrogelstudie, plakativ untersucht. Da in diesem Fall keine Fügeteile die Gelees begrenzen, konnte der Härtungsfortschritt photographisch dokumentiert werden. Das Ergebnis der Probe für die Mischung PHCAK zeigte von allen Proben den homogensten Härtungsprozess. Die Ergebnisse der korrespondierenden Auslagerung der Gelpellets in Salzwasser, das mit FeCI3-Lösung versetzt wurde, erbrachte für die Pellets von PHCAK wie auch in der Studie A zur Verbundfestigkeit die homogensten Härtungsfortschritte.
[1 ] Leung, A. C. W.; Hrapovic, S.; Lam, E.; Liu, Y.; Male, K. B.; Mahmoud, K. A.; Luong, J. H. T. small 201 1 , 7, 302-305.
[2] Cha, H. J.; Hwang, D. S.; Lim, S.; White, J. D.; Matos-Perez, C. R.; Wilker, J. J. Biofouling 2009, 25, 99-107.
Beispiel 3: Anwendung eines erfindunqsqemäßen qelbildenden Systems
Ein Zugang zum Harntraktlumen (z.B. zum Nierenbeckenkelchsystem) wird entweder ureterorenoskopisch (durch Harnröhre, Blase und Harnleiter) oder perkutan (durch Hautpunktion an der Flanke) geschaffen. Eine spezielle Schleuse (ggf. ein Metallschaft) mit einem Innendurchmesser von 3 bis 9 mm wird darin platziert. Über den vorgelegten Zugangsschaft wird ein Endoskop ins Harntraktlumen (z.B. ins Nierenbeckenkelchsystem) eingebracht, das Operationsgebiet inspiziert und der Harnstein bzw. die Harnsteine visualisiert. Der Harnstein bzw. die Harnsteine werden mittels eines Holmium-Lasers zertrümmert. Die großen und mittelgroßen Fragmente werden mit einem Steinfanginstrument entfernt. 10 mL einer Zusammensetzung (B) gemäß Beispiel 1 werden mit 1 mL einer Zusammensetzung (C) gemäß Beispiel 1 in einer Mischspritze gemischt. Anschließend wird ein Katheter über das Endoskopgerät (durch den Zugang) eingeführt und die Mischung der Zusammensetzungen (B) und (C) wird in den Bereich des Harntrakts (z.B. ins Nierenbeckenkelchsystem), der die Fragmente des bzw. der zertrümmerten Harnsteine(s) enthält, injiziert. Der Katheter wird mit 0.9 % NaCI-Lösung gespült und es werden 10 ml (oder nach Bedarf mehr oder weniger) einer Zusammensetzung (A) gemäß Beispiel 1 appliziert, wodurch es über einen Zeitraum von ca. 1 min zur Gelbildung kommt. Dann wird ein Greifinstrument über das Operationsendoskop über den Zugangsschaft eingeführt. Mit dem Greifinstrument wird das gefestigte Gel in einem Stück oder in mehreren Teilen gefasst und durch Extraktion aus dem Körper entfernt.