Verfahren zur Herstellung von Struktur- und Chassisbautellen durch Warmformen Erwärmungsstation
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von insbesondere Strukturoder Chassisbauteilen für ein Kraftfahrzeug durch Warm- oder Halbwarmumformen, wobei eine Blechplatine in einer Erwärmungsstation wenigstens in einem ersten Bereich von einer Ausgangstemperatur auf eine Zieltemperatur erwärmt wird, und anschließend die warme Platine in ein gekühltes Presswerkzeug überführt und darin umgeformt und pressgehärtet wird. Weiterhin betrifft die Erfindung eine Erwärmungsstation bei der Verwendung bzw. dem Einsatz des Verfahrens.
Zur Herstellung von insbesondere Struktur- und Chassisbauteilen für Fahrzeuge werden häufig Blechplatinen von einem Bandmaterial ausgehend durch Beschnitt bereitgestellt, in einem Durchlaufofen erwärmt und
anschließend in einem gekühlten Presswerkzeug warm zu einem Formbauteil umgeformt und pressgehärtet. Dieses Verfahren ist auch als direktes Warmformen bekannt. Daneben ist das indirekte Warmformen geläufig, wo eine Blechplatine zunächst kalt umgeformt und anschließend erst erwärmt und darauf folgend in einem gekühlten Presswerkzeug endgeformt bzw. konfiguriert sowie pressgehärtet wird. Die Erwärmung der Blechplatinen erfolgt typischerweise in Durchlauföfen, wobei durch Wärmestrahlung und Korrektion eine indirekte Erwärmung über die aufgeheizte Luft erfolgt. In einem Durchlaufofen soll die Blechplatine unter definierten Bedingungen erwärmt werden. Je nachdem, ob unbeschichtete oder beschichtete Ausgangsmaterialien zu Einsatz kommen, sind die Erwärmungsparameter anzupassen.
Die DE 102010 004081 B3 offenbart ein direktes und indirektes Warmformverfahren von Stahl zur Herstellung von Bauteilen unterschiedlicher Duktilltät, wobei in einem Durchlaufofen die Platine oder das vorgeformte Bauteil auf eine Temperatur kleiner oder gleich Art und nur bestimmte Bereiche lokal durch Öl- bzw. Gasbrenner auf größer oder gleich Ac3 erwärmt und anschließend die Platine bzw. das vorgeformte Bauteil pressgehärtet wird.
Die WO 93/20248 A1 offenbart ein mehrstufiges Erwärmen von dünnen Metallteilen im Durchlaufzonenofen; wobei auf eine Vorwärmtemperatur unter Atmosphäre bis 850°C erwärmt und dann in reduzierter (02-freier) Atmosphäre auf Endtemperatur mit oberen und unteren Brennern auf Endtemperatur erwärmt wird.
Nachteilig hierbei sind der hohe Zeitbedarf für die Erwärmung und ggf. für die Legierung der Vorbeschichtung sowie der daraus resultierende hohe Platzbedarf der Durchlauföfen, um eine vorbestimmte Taktzeit einhalten zu können. Durch die lange Erwärmungszeit erfolgt die Rekristallisation bzw. Austenitisierung des Ausgangsmaterials derart, dass sich ein relativ grobkörniges Gefüge einstellt, welches beim anschließenden Presshärten in Martensit eingefroren wird. Diese Gefügestruktur ist nachteilig bzgl. der
Duktilität des fertigen Bauteils, welche für crashrelevante Bauteile besonders wichtig sein kann.
Durch die DE 102006005063 A1 ist ein Verfahren zur Wärmebehandlung von unbeschichteten Stahlprodukten bekannt, bei welchem ein Durchlaufofen mit Brennern ausgestattet ist, deren Flammen in direktem Kontakt mit den Stahlprodukten gebracht werden, um zum einen eine rasche Erwärmung und zum anderen eine Voroxidation der Oberfläche zu ermöglichen, welche für anschließende Beschichtungsschritte erforderlich sind. Verschiedene Temperaturzonen und der Sauerstoffgehalt im Bereich der Bandoberfläche werden über die Luftzahl Lamda (zugeführter Sauerstoffmenge zu bei Verbrennung umgesetzter Sauerstoffmenge) als Brennerparameter eingestellt.
Aufgabe der Erfindung ist ausgehend vom beschriebenen Stand der Technik, den Erwärmungsprozess einer Blechplatine bei der Herstellung von Struktur- und Chassisbauteilen von Fahrzeugen schneller, mit wenigem Platzbedarf und damit insgesamt wirtschaftlicher zu gestalten.
Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gemäß den Merkmalen des Patentanspruches 1 sowie durch eine Erwärmungsstation zur Verwendung bei der Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß den Merkmalen von Patentanspruch 14.
Die Erfindung soll insbesondere ein Struktur- oder Chassisbauteil für ein Fahrzeug schaffen, welches gegenüber konventionell wärmebehandelten Blechplatinen verbesserte mechanische Eigenschaften aufweist und günstiger herzustellen ist.
Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, die Erwärmung einer Blechplatine aus einer metallischen Legierung in einer dem Warmumformprozess vorgelagerten Erwärmungsstation durchzuführen, wobei die Erwärmung von einer Ausgangstemperatur, vorzugsweise Raumtemperatur, auf eine Zieltemperatur erfolgt. Ein erster Aspekt der Erfindung sieht vor, dass die Zieltemperatur dabei im Wesentlichen der Austenltisierungstemperatur des Grundwerkstoffs der
Blechplatine entspricht, diese also auf größer Ac3 erwärmt wird. Für Stahl als Grundwerkstoff der Blechplatine ergibt sich dabei eine Zieltemperatur von ca. 930°C. Die Erwärmung findet dabei zumindest in einem ersten Bereich der Platine statt, wobei dieser Bereich vorzugsweise der Gesamtfläche der Platine entspricht. Erfindungswesentlich ist dabei, dass die Erwärmungsstation wenigstens eine Brennerzone aus wenigstens einem, insbesondere mehreren voneinander beabstandeten Brennern aufweist, die mit einem Brenngas und einem sauerstoffhaltigen Gas betrieben werden. Die Blechplatine besitzt dabei vorzugsweise bereits eine Kontur, die der Abwicklung des fertig ausgeformten Bauteils näherungsweise entspricht.
Kennzeichnend für die Erfindung ist, dass die Blechplatine durch die Brenner mit hoher Geschwindigkeit und extrem hohem Wirkungsgrad erwärmt wird, dadurch dass die Platine in direktem Kontakt mit den turbulent auf die Blechplatine strömenden Brennerflammen steht und Insbesondere vollumfänglich von den Flammen umhüllt wird. Dadurch ist es möglich, einen sehr gleichmäßigen Temperaturverlauf in der Blechplatine einzustellen und somit auch eine gleichmäßige Oberflächenbeschaffenheit im Falle von vorbeschichteten Material sowie eine gleichmäßige Gefügeumwandlung zu erreichen. Dies ist besonders ein Vorteil gegenüber der schnellen induktiven Erwärmung mittels nahe am Bauteil bzw. an der Blechplatine befindlichen Heizspulenwicklungen.
Insbesondere erfolgt die Erwärmung von der Ausgangstemperatur auf die Zieltemperatur mit einer Geschwindigkeit von mindestens 20K/s, besonders bevorzugt größer 50K/s am bevorzugsten größer 90K/s. Zumindest im Temperaturbereich zwischen 600-800°C wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, die Platine mit maximaler Erwärmungsgeschwindigkeit zu erwärmen, da dieser Temperaturbereich für Wasserstoffeintrag in das Grundmaterial am anfälligsten und diese Zeitdauer möglichst kurz zu halten ist. Die Erwärmungsgeschwindigkeit liegt dabei abhängig von der Platinenstärke vorzugsweise bei größer 50K/s am bevorzugsten bei größer 100K/s, wobei Platinenstärken zwischen 0,7 und 15mm In Betracht kommen. Einer
Wasseretoffversprödung im fertigen Bauteil kann damit wirksam vorgebeugt werden.
Auf das Bauteil bezogen gilt im Rahmen der Erfindung als Temperatur die Kerntemperatur, das heißt die Temperatur, die sich wenigstens im ersten Bereich der Blechplatine im Wesentlichen über die gesamte Materialstärke einstellt, wobei insbesondere für Panzerstahl mit eine Materialstärke deutlich über 5mm die Erwärmungsgeschwindigkeit eher zwischen 20 und 50K/s beträgt, während bei einer Materialstärke von weniger als 1mm eine Erwärmungsgeschwindigkeit von größer 100K/S erreichen lässt.
Wesentlich für die Erfindung ist auch die Verwendung eines speziellen Gasgemisches aus einem Brenngas, beispielsweise Erdgas, und einem sauerstoffhaltigen Gas. Dabei wird die Flamme umso heißer bzw. die Wärmestromdichte umso größer, je höher der Sauerstoffanteil im Gasgemisch ist. Daher ist insbesondere technischer Sauerstoff mit größer 75%, insbesondere größer 90% Sauerstoffgehalt vorgesehen.
Bei Einsatz von mehr Sauerstoff, als für den Verbrennungsprozess erforderlich, können die übrigen Sauerstoffatome vorteilhaft dazu genutzt werden, den über das Brenngas in die Platine eingebrachte Wasserstoff wenigstens teilweise zu binden. Dies trägt weiter zur Vermeidung von Wasserstoffversprödung im fertigen Bauteil bei.
Natürlich kann auch vorgesehen werden, dass wenigstens ein zweiter Bereich auf der Platine existiert, der nicht oder weniger stark erwärmt wird, beispielsweise ein Randbereich, welcher weniger stark von Brennerflammen befeuert ist. Ebenso ist es aber auch möglich, dass der zweite Bereich ganz gezielt auf eine Temperatur unterhalb Ac3 erwärmt wird, um eine vollständige Austenitisiemng des Materials zu vermeiden, aber dennoch eine ausreichende Warmformgebung in einem Pressformwerkzeug zu ermöglichen. So kann im zweiten Bereich eine größere Duktilität bzw. ein bainitisches bzw. ferritisches Gefüge oder ein Mischgefüge eingestellt werden.
Im Anschluss an die Erwärmung in der Erwärmungsstation erfolgt der Transfer in ein gekühltes Pressformwerkzeug, wo die warme Platine umgeformt und pressgehärtet wird.
Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren dann anzuwenden, wenn beschichtete Stahlblechplatinen, insbesondere Aluminium-Silizium- vorbeschichtete (Al-Si-) Stahlbleche zum Einsatz gelangen. In diesem Fall tritt ein Synergieeffekt dahingehend ein, dass während der Erwärmung in der Erwärmungsstation gleichzeitig zumindest eine teilweise Legierungsschichtausbildung an der Oberfläche der Blechplatine stattfindet. Dabei wandelt sich von innen nach außen aufgrund von Diffusionsprozessen die Al-Si-Schicht in eine intermetallische Eisen-Aluminium-Silizium-Legierungsschicht um, was umso schneller vonstatten geht, je höher die Temperatur an der Blechplatine ist. Dies ist im Vergleich zum Stand der Technik besonders deshalb vorteilhaft, da einerseits vorlegierte Blechbänder und Platinen heute noch sehr teuer im Anschaffungspreis und weltweit noch kaum verfügbar sind, und andererseits Al- Si-vorbeschichtete aber nicht vorlegierte Blechplatinen beim direkten Warmformen in der Regel die Standzeit der Rollen im Durchlaufofen extrem herabsetzen. Dies verhindert erfindungsgemäße Vorlegierung bzw. Durchlegierung in der Erwärmungsstation.
Ein weiterer Aspekt der Erfindung sieht vor, zwischen Erwärmungsstation und Pressformwerkzeug eine Ofenerwärmung, insbesondere im Durchlaufofen, zwischenzuschalten, um die vorbeschichtete Blechplatine vollständig durchzulegieren. Dabei wandeln sich eventuell noch vorhandene Aluminium- Silizium-Phasen vollständig von innen nach außen in die intermetallische Eisen-Aluminium-Silizium-Legierungsschicht um. Im Gegensatz zum Stand der Technik ist dieser Zwischenschritt im Ofen von kurzer Dauer, da die Temperatur im Wesentlichen nicht erhöht werden muss, sondern nur ein Halten auf der Zieltemperatur stattfindet, um die bereits vorlegierte Blechplatine im Hinblick auf ihre Oberflächenbeschichtung zu Homogenisieren. Damit kann die Länge der Durchlauföfen massiv verringert werden, wodurch auch der Energieverbrauch und die Wärmebelastung In der Produktionshalle gesenkt
werden kann. Zudem nimmt durch die in der Erwärmungsstation wenigstens erreichte Voriegierung bei vorbeschichteten Blechplatinen der Verschleiß an den Rollen erheblich ab.
Möglich ist auch, die vollständige Austenitisierung der Blechplatine erst während des Zwischenschrittes im Durchlaufofen durchzuführen, so dass die Zieltemperatur in der Erwärmungsstation kleiner Ac3 eingestellt wird und im Durchlaufofen größer oder gleich Ac3 eingestellt wird.
Die Blechplatine wird vor dem Transfer in ein Pressformwerkzeug bzw. in den der Erwärmungsstation nachgelagerten Ofen bevorzugt unbewegt von der Ausgangstemperatur auf die Zieltemperatur erwärmt. Dabei kann vorgesehen werden, dass das Brennerfeld beweglich abgeordnet ist und beispielsweise eine oszillierende Bewegung parallel der Ebene der Blechplatine vollzieht. Weiterhin ist es möglich, dass einzelne Brenner der Erwärmungsstation sich in der Höhe bzw. von der Blechplatine weg verstellen lassen, so dass das Brennerfeld selbst nur durch die aktiven, nicht von der Platine zurückversetzten Brenner gebildet wird.
Natürlich kann auch vorgesehen werden, die Platine selbst mit einem bestimmten Bewegungsmuster relativ zum Brennerfeld zu bewegen, wobei aber bei den meisten Blechplatinen für Struktur- und Chassisbauteile eine derartige Relativbewegung unerwünscht bzw. nicht erforderlich ist. Dies erspart auch eine komplizierte Ansteuerung einzelner Brenner zur Vermeidung von Leerlaufbetrieb und insbesondere zur Vermeidung von Schäden bei gegenüberliegenden Brennerzonen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Erfindung befasst sich mit einer Erwärmungsstation zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens.
Dabei ist vorgesehen, die Erwärmungsstation derart zu gestalten, dass mehrere Brenner innerhalb wenigstens eines Brennerfeldes voneinander beabstandet angeordnet sind, wobei der Abstand zwischen den Brennern größer (>) 30mm, vorzugsweise >50mm, besonders bevorzugt >70mm ist. Dies erlaubt einerseits
einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum Schutz vor gegenseitiger Beflammung, insbesondere Aufgrund von Flammenrückschlag an der Blechplatine, andererseits aber auch eine ausreichend hohe Wärmestromdichte von 250 bis 2000 KW/m2. Ein maximaler Abstand von 150mm sollte jedoch nicht überschritten werden.
In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist weiter vorgesehen, das die Düsen der Brenner des wenigstens einen Brennerfeldes mit einem Abstand zur Blechplatine von >75mm, vorzugsweise >100mm, besonders bevorzugt >170mm angeordnet sind. Dieser Abstand stellt insbesondere eine hochturbulente Gasströmung an der Oberfläche der Blechplatine sicher, und dient weiterhin einem Selbstschutz. Ein maximaler Abstand zwischen Blechplatine und Brenner von 250mm sollte jedoch nicht überschritten werden, da ansonsten ein übermäßig hoher Gasdruck aufgebaut oder eine breitere Düse verwendet werden muss, um eine ausreichend weite Flamme zu erzeugen.
Im Rahmen der Erfindung beziehen sich Abstandsangaben zwischen den Brennern untereinander und zur Blechplatine insbesondere auf die Brennerdüsen.
Besonders bevorzugt für dickere Blechplatinen, insbesondere Panzerblechplatinen, ist es, wenigstens ein Brennerfeld oberhalb und ein Brennerfeld unterhalb der Blechplatine anzuordnen, um ein Maximum an Wärmestromeintrag und damit Erwärmungsgeschwindigkeit sicherzustellen. Dabei kann aufgrund der unterschiedlichen Wärmeströmung vorgesehen sein, dass der Abstand der Brennerdüsen eines oberen Brennerfeldes kleiner als der Abstand der Düsen eines unteren Brennerfeldes ist. Im Falle einer vertikalen Ausrichtung der Blechplatine in der Erwärmungsstation ist es natürlich auch vorstellbar, Brennerfelder rechts und links von der Platine anzuordnen, wobei dann zumindest randseitig eine individuelle an die Platinenform angepasste Ausrichtung der Brennerdüsen sinnvoll ist. Dies kann einen veränderten
Abstand dieser Brennerdüsen im Vergleich zum gesamten Brennerfeld zur Folge haben, oder relativ zur Blechplatine unterschiedliche Anstellwinkel.
Besonders bevorzugt ist die Erwärmungsstation derart kompakt gestaltet, dass die wenigstens eine Blechplatine relativ zur Erwärmungsstation unbewegt innerhalb der Erwärmungsstation auf eine Zieltemperatur erwärmt wird, wobei die Blechplatine linienförmig oder punktuell, insbesondere auf einem Nagelkissen oder Gitterrost, in der Erwärmungsstation positioniert ist. Dabei ist es vorteilhaft, wenn die Handhabungszeit zur Auflage und Abnahme der Blechplatine möglichst kurz ist, und die Erwärmungsstation dafür nicht übermäßig lange belegt wird. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die Blechplatine nicht direkt in eine Auflage innerhalb des Ofens verbracht wird, sondern ein Transportmodul zum Beispiel nach Art einer Einschublade genutzt wird, welches samt aufliegender Blechplatine besonders schnell in die Erwärmungsstation ein- bzw. ausfahrbar ist. Die Blechplatine kommt dabei direkt auf dem Transportmodul zum liegen und wird durch dieses in die Erwärmungsstation befördert, darin erwärmt und wieder rausgeführt. Dadurch wird die Zugänglichkeit für ein Handhabungsgerät verbessert und damit die Handhabungszeit selbst kann verringert werden. In Kombination mit einem zweiten Transportmodul, welches im Wechsel mit dem ersten Transportmodul betrieben wird, ist die Kapazität der Erwärmungsstation im Hinblick auf die Belegungszeit weiter optimierbar. Das zweite Transportmodul kann dabei von der Gegenseite ein- bzw. ausfahrbar angeordnet sein, so dass sich zwischen beiden Transportmodulen ein Wechselzyklus ergibt.
Wie bereits erwähnt ist es unter bestimmten Umständen auch möglich und sinnvoll, eine Relativbewegung zwischen Blechplatine und Brennerfeld zu realisieren, wobei diese Bewegung bevorzugt oszillierend erfolgt. Im Falle der Nutzung ein oder mehrerer Transportmodule können diese auch für die Bewegung während der Erwärmung sorgen.
Zur Sicherstellung der Einhaltung von Umwelt- und Arbeitschutzauflagen ist weiterhin vorgesehen, das im der Erwärmungsstation entstandene Abgas
abzuführen, wobei dies vorzugsweise durch eine Absaugung bzw. Ableitung nach außen stattfindet. Durch eine Filterung können umweltschädliche Bestandteile zurückgehalten werden, auch eine Abfackelung in Abhängigkeit beispielsweise vom CO-Gehalt ist bei kontinuierlichem Betrieb möglich.
Besonders vorteilhaft kann das Abgas bzw. die in der Erwärmungsstation überschüssige Wärmemenge zur Vorheizung eines nachgeschalteten Ofens, insbesondere Durchlaufofens, dienen. Dazu kann das Abgas entweder durch einen Wärmetauscher geleitet und an ein anderes Medium übertragen oder direkt in den nachgeschalteten Ofen eingebracht werden.
Der gegenständliche Teil der Erfindung betrifft gemäß Anspruch 13 ein Struktur- oder Chassisbauteil für ein Kraftfahrzeug, welches nach oben beschriebenen Verfahren hergestellt wird, und dabei gegenüber konventionell hergestellten gleichartigen Bauteilen eine Reihe von vorteilhaften Eigenschaften erhält.
Zum einen liegt durch die sehr hohe Erwärmungsgeschwindigkeit nach dem Erwärmen eine vergleichsweise feinkörnige Gefügestruktur vor. Dies Hegt darin begründet, dass sich bei konventioneller Erwärmung im Durchlaufofen über mehrere Minuten das an sich feinkörnig vorliegende Gefüge nach und nach In eine gröbere Struktur umwandelt, und zwar umso stärker, je länger die Blechplatine im Ofen unter erhöhter Temperatur verbleibt.
Erfindungsgemäß wird nach dem Warmformen und Presshärten insbesondere eine höhere Duktilität erzielt bei im Wesentlichen unveränderter Festigkeit des fertigen Bauteils. Bei einer bevorzugten Erwärmungsgeschwindigkeit von im Mittel >20K/s und einer Erwärmungsgeschwindigkeit innerhalb des Temperaturbereichs 600 bis 800°C von >50K/s ergibt sich gegenüber einer konventionell - beispielsweise über eine Zeitdauer von 4 Minuten - im Durchlaufofen erwärmten Blechplatine am fertigen Bauteil eine Steigerung der Duktilität von mehr als 5% bis 10%. Die Duktilitätssteigerung ist dabei umso größer, je kürzer die Erwärmungszeit bzw. je höher die Erwärmungsgeschwindigkeit ist. Somit sind am bevorzugsten
Duktilitätssteigerungen von >10% bei einer Erwärmungsgeschwindigkeit von >90K/s möglich.
Die Duktilität ist ermittelbar über den Biegewinkel im Rahmen einer Biegeprüfung einer Probe eines nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Bauteils. Dabei wird eine bevorzugt ebene Probe auf 2 Rollen linienförmig schwimmend aufgelegt und gelagert, dann ein Biegestempel mit abgerundetem Stoßbereich mittig und senkrecht von oben an die Probe herangeführt. Sodann erfolgt die Biegung der Probe linienförmig zwischen die Rollen, bis zu einer vorher definierten Kraftabfallgrenze, wobei sowohl der Stempelweg als auch die Stempelkraft kontinuierlich erfasst werden. Je nach Auswertemethode kann direkt ein Biegewinkel gemessen werden oder über eine die elastische Rückfederung, die Blechdicke, den Rollenradius und weitere Parameter berücksichtigende Formel der Biegewinkel errechnet werden. Die erfindungsgemäße Vergrößerung der Duktilität ist direkt proportional mit dem derart ermittelten Biegewinkel.
Beispielhaft soll hier von einer Blechplatine aus borlegiertem Stahl der Sorte HC1000W mit einer Blechstärke von 2 mm ausgegangen werden, der konventionell über 4 Minuten in einem Durchlaufofen erwärmt und vollständig austenitisiert und anschließend warm umgeformt und pressgehärtet wurde. Bei Versuchen ergab sich eine Zugfestigkeit von 1320 MPa bei einem errechneten Biegewinkel von 52°. Demgegenüber wurde bei nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Proben identischer Geometrie und gleichem Materials eine nahezu identische Zugfestigkeit von 1312 MPa bei einem erhöhten Biegewinkel von 59° ermittelt. Dies ergibt eine Steigerung der Duktilität und des Biegewinkels von ca. 13%.
Im Rahmen der Erfindung sind unter Struktur- oder Chassisbauteile für Kraftfahrzeuge auch Panzerungsteile zu verstehen, die eine Abwehrfunktion gegen ballistische Geschosse oder Ansprengung erfüllen, aber gleichzeitig oder ergänzend auch als Struktur- der Chassisbauteil dienen.
Die Erfindung wird anhand von folgenden Figuren näher erläutert:
Figur 1 Erwärmungsverlauf in erfindungsgemäßer Erwärmungsstation
Figur 2 Erwärmungsverlauf nach erfindungsgemäßem Verfahren Figur 3a
und 3b Ausführungsvariante einer erfindungsgemäßen
Erwärmungsstation in einer Schnittansicht
Figur 4 Transportmodul für erfindungsgemäße Erwärmungsstation zur
Auflage einer Blechplatine
Figur 5 Schema zur Veranschaulichung des erfindungsgemäßen
Verfahrens
Figur 6 Schematische Darstellung eines Blechbauteils hergestellt nach erfindungsgemäßen Verfahren
Sämtliche Temperaturangaben der Beschreibung, insbesondere der Figuren 1 und 2 beziehen sich jeweils auf die Verwendung von Bor-Mangan-Stählen, insbesondere 22MnB5 als Grundwerkstoff der Blechplatinen. Die Erfindung ist aber nicht darauf beschränkt. So können auch Panzerstähle sowie Aluminiumlegierungen, Aluminiumlegierungen, insbesondere kupferhaltige Aluminiumknetlegierungen zur Anwendung gelangen, wobei sich dafür jeweils abweichende Erwärmungstemperaturen für das Warm- bzw. Halbwarmumformen ergeben.
Als Richtwert können dabei folgende Werte für die Erwärmungstemperatur angenommen werden:
Panzerstahl beispielsweise nach DE102008010168B4 hat eine Erwärmungstemperatur von ca. 900-930°C.
Al-Zn-Mg Legierung besitzt eine Erwärmungstemperatur von ca. 250-350°C.
Figur 1 zeigt Erwärmungskurven mit unterschiedlichen Zieltemperaturen. Kurve 2 bis 4 zeigen zweistufige Erwärmungsverläufe, bei welchen nach einer
raschen Erwärmungszeit TE von ca. 10 Sekunden auf eine Zieltemperatur sich eine Haltezeit TH anschließt, welche umso länger ist, je geringer die Zieltemperatur eingestellt wurde. Zum Ende der Haltezeit TH liegt jeweils ein vollständig austenitisches Gefüge vor. Ersichtlich ist in Kurve 1 , dass dies auch mit einer leichten Überhitzung ohne jede Haltezeit möglich ist und am schnellsten von Statten geht.
Figur 2 stellt den Verfahrensablauf anhand zweier Zeit-Temperatur-Kurven dar, wobei Kurve 1 sich zu der Kurve 1 aus Figur 1 nur dadurch unterschiedet, dass in einem Zwischenschritt eine Homogenisierung In einem kurzen Durchlaufofen bei >Ac3 durchgeführt wird. Zu erkennen ist eine Übemitzung der Blechplatine auf ca. 1000°C, also ca. 70°C über dem Ac3-Punkt der Legierung des Grundmaterials der Blechplatine.
Kurve 2 in Figur 2 zeigt darüber hinaus eine etwas langsamere Erwärmung auf eine Zieltemperatur <Ac3 in der Erwärmungsstation und erst im Zwischenschritt TZ eine Erwärmung auf über Ac3 im Durchlaufofen. Diese langsamere Erwärmung kann bedingt durch eine dickere Blechplatine zustande kommen, oder aber durch eine Brennerzone mit größerem Brennerabstand, weniger Sauerstoffgehalt oder aber durch Flammenbeaufschlagung von nur einer Platinenseite.
Bei beiden Kurven ist eine kurze Abfallzeit TA der Temperatur nach ca. 10 Sekunden angedeutet, der den Wärmeverlust beim Transfer von Erwärmungsstation in den nachgeschalteten Ofen veranschaulichen soll. Dieser kann durch enge Verknüpfung bis hin zur Integration von Wärmestation und Ofen minimiert werden.
Figur 3a und 3b stellen schematisch eine Schnittansicht auf die erfindungsgemäße Erwärmungsstation 1 mit einer oberen Brennerzone 2 und einer unteren Brennerzone 3 dar. Die Erwärmungsstation besteht im Wesentlichen aus einer oberen und einer unteren Brennerzone 2,3, zwischen welchen die Blechplatine 10 angeordnet ist. Isoliermittel 9 dienen der thermischen Abschottung zur Umgebung.
Figur 3a unterscheidet sich nur dadurch von Figur 3b, dass die Auflage der Blechplatine nicht dargestellt wird, dafür aber das Zuleitungssystem für das Brenngas und sauerstoffhaltige Gas sowie eine Abgasleitung. In das Zuleitungssystem sind Sicherungsmechanismen zur Verhinderung eines Gasrückschlages sowie eines Überdrucks im System vorzusehen, hier angedeutet durch ein Sicherheitsventil.
Die Auflage der Blechplatine ist in Figur 3b beispielhaft als Nadelkissen 12 realisiert, welches auf einem horizontal verfahrbaren Transportmodul 11 in die Erwärmungsstation 1 hinein- und hinausbewegt werden kann. Das Transportmodul selbst kann über Rollen oder Schienen geführt werden. Das Isoliermittel ist an einer Wand als beweglicher Schott 9' realisiert, welche während der Erwärmung geschlossen ist und nur zum Zuführung bzw. Abführung der Blechplatine geöffnet werden muss. Ein weiteres, insbesondere gegenüberliegendes Schott ist dann vorzusehen, wenn ein zweites Transportmodul in derselben Erwärmungsstation im Wechselzyklus eingesetzt wird.
Figur 4 schließlich stellt eine vorteilhafte Ausführungsfomn der Aufnahme einer Blechplatine 10 während der Erwärmung dar. So sind auf einem ebenen Grundrahmen 13 eine Vielzahl senkrecht abstehender Nadeln 12a zu erkennen, welche das Nadelkissen 12 bilden und einen engen und identischen Abstand sowie eine identische Höhe aufweisen und damit im Wesentlich eine gleichmäßige Auflage der Blechplatine 10 erlauben, ohne dass auf der Unterseite eine Abschattung der Brennerflammen 5 stattfindet. Naturgemäß ist der Abstand der Nadeln 12a untereinander umso kleiner zu wählen, je dünner und damit im erwärmten Zustand weicher die Blechplatine ist. Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für eine alternative linienförmige Auflage der Blechplatine unabhängig davon, ob die Auflage direkt in der Erwärmungsstation oder in einem Transportmodul 11 erfolgt.
Figur 5 stellt eine Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens als Ablaufschema dar. Aus einem Blechband 15 werden Blechplatinen 10
zugeschnitten und anschließend in der Erwärmungsstation 1 auf eine Zieltemperatur erwärmt. Anschließend wird die erwärmte Platine in einem Zwischenschritt in einen kurzen Durchlaufofen 17 verbracht und homogenisiert. Danach erfolgt die warme Umformung in einem gekühlten Pressformwerkzeug 18. Es entsteht so das fertige Struktur- oder Chassisbauteil 14.
Figur 6 schließlich stellt ein Strukturbauteil nach einer Ausführungsvariante der Erfindung dar. Konkret ist eine B-Säule für ein Fahrzeug aufgezeigt, die einen ersten Bereich 19 und einem zweiten Bereich 20 umfasst. Der zweite Bereich ist nach Verfahrensabschluss weicher als der erste Bereich, um eine ausreichende Deformation ohne Rissbildung oder Bruch des Bauteils bei einem Sertenaufprallunfall zu erlauben. Der erste Bereich 19 der Blechplatine entspricht dabei weitestgehend dem hier dargestellten ersten Bereich 19' des fertigen Bauteils 14, jedoch zuzüglich weggeschnittener und/oder umgestellter Randbereiche und Öffnungsbutzen.
Bezugszeichen:
1 - Erwärmungsstation
2- Brennerzone
3- Brennerzone
4 - Brenner mit Düse
5- Brennerflamme
6- Gaszuleitung
7- Sicherheitsventil
8- Abluftleitung
9- Isoliermittel
9'- Schott
10- Blechplatine
11- Transportmodu!
12 - Nadelkissen mit Nadeln 12a
13- Grundrahmen
14 - Struktur- oder Chassisbauteil
15- Blechband
16- Platinenzuschnitt
17- Durchlaufofen
18- Pressformwerkzeug
19 - erster Bereich von 10 bzw.14
20 - zweiter Bereich von 10 bzw.14
A- Brenngastank
B - Sauerstoff
C - Abstand Brenner-Brenner in einer Brennerzone
D - Versatz Brenner-Brenner zweier gegenüberliegender Brennerzonen
E - Abstand Brennerzone zu Platine
TE- Erwärmungszeit
TH - Haltezeit
TA- Abfallzeit
TZ- Zwischenerhitzung