Verfahren zur Herstellung eines Polymerisats
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Polymerisats.
Die klassischen Kenngroßen, die bei der Einstellung eines Polymerisationsprozesses relevant sind, sind die Zusammensetzung des Polymerisates, die Reaktionstemperatur, die Viskosität, der Reaktionsdruck, Konzentrationsverhaltnisse der Reaktanden, der pH-Wert bei wassrigen Systemen, die Molekulargewichtsverteilung sowie der Teilchengroße eines He- terophasenpolymerisates . Andere, aus dem Prozess ableitbare verfahrenstechnische Großen sind der Warmeubergangskoeffi- zient, die Mischzeit, der Dispergiergrad, Scherbelastung und maximale Scherspannung sowie der Leistungseintrag. Hierbei sei zu verstehen, dass die ersten genannten Kenngroßen mehr das polymere Produkt charakterisieren, wahrend die verfahrenstechnischen Großen hingegen den Prozess und die Prozesskontrolle beschreiben und charakterisieren. Eine sichere Prozesskontrolle, insbesondere in größeren Reakti- onsbehaltern, gewahrleistet den genauen Erhalt des Reaktionsproduktes mit den genannten und erforderlichen Produkteigenschaften.
Die EP 1 163 504 Bl offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Latex durch Emulsionspolymerisation, wobei die Online- Kontrolle/Steuerung mittels Raman-Spektroskopie erfolgt. Die anhand der Raman-Spektren gewonnenen Daten werden mit spezifischen Referenzdaten verglichen und ausgehend von diesem Vergleich werden die Reaktionsparameter so gesteuert, dass eine Abweichung der gemessenen Daten von den
Referenzdaten minimiert wird. Als Reaktionsparameter werden insbesondere Temperatur, Druck, Bewegung des Mediums und Monomerzudosierung genannt.
Aus der US 6 657 019 B2 ist ein Verfahren zum Vorhersagen von Polymerlatexeigenschaften in einem Polymerisationsverfahren bekannt, bei dem ein Satz von Verfahrensparametern gemessen, anhand von Wärme- und Massenbilanz ausgewertet wird und die erhaltenen Daten mit einem Satz vorbestimmter Daten und statistischen Beziehungen zwischen den Verfahrensparametern verglichen wird, um so die Eigenschaften des Polymers vorherzusagen.
Aus der US 6 991 763 B2 ist ein Verfahren zum Steuern des Monomerniveaus in einer Polymerisationsreaktion bekannt. Dieses Verfahren beruht auf einer kalorimetrischen Messung, in der die Kühlmediumtemperatur am Eingang des Kühlmantels und am Ausgang des Kühlmantels sowie die Durchflussmenge des Kühlmediums gemessen werden. Aus diesen Werten wird der Wärmeübertrag ermittelt und mit einem Zielwert für die Wärmeabgabe verglichen. Ausgehend hiervon wird die Monome- reinspeisung geregelt.
Waßmer et al. befassen sich in "A Unified Model for the Mixing of Non-Newtonian Fluids in the Laminar, Transition and Turbulent Region", Macromol. Mater. Eng. 2005, 290, 294-301 mit der Leistungseintragsberechnung bei strukturviskosen Systemen mit Flüssigkeiten, für die sich eine Rey- noldszahl nicht direkt berechnen lässt. Es wird festgestellt, dass das Flüssigkeitsverhalten von nicht-newtonschen Flüssigkeiten einen erheblichen Einfluss auf die Berechnung von verfahrenstechnischen Kenngrößen hat, insbesondere Leistungseintrag, Mischzeit und Wärmeübertragung. Es wird eine Relation zwischen Scherspannung und spezifischen Leistungseintrag beschrieben. Des weiteren wird beschrieben,
dass die effektive Scherrate im Übergangsbereich zwischen laminar und turbulent in einem Gefäß und die Rührerdrehzahl nicht linear abhängig sind.
Aus der US-PS 4 833 180 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polyvinylchlorid bekannt, bei dem der Polymerisations- prozess so eingestellt wird, dass eine bestimmte Scherrate (zwischen einem Blattrührer und einem Ableiter) erzielt wird. Ein Zusammenhang zwischen Scherraten und Koagulatbil- dung bzw. Variation der Scherraten zur Vermeidung von Koa- gulatbildung wird nicht angesprochen.
K. Takahashi et al. zeigen in "Mixing Performance experi- ments in impeller stirred tanks subjected to unsteady rota- tional speeds", Chem. Engineering Science, Vol. 53, No. 17, p.3031-3040 (1998), den Einfluss von unterschiedlichen Rührprofilen auf die Geschwindigkeit einer Entfärbereaktion in einer hochviskosen, homogenen Polymerlösung. Aus den Ergebnissen wird geschlossen, dass die Erhöhung der Turbulenz der flüssigen Phase aufgrund der nicht stationären Rührbedingungen zu einer Verbesserung der Mischwirkung führt. Die vorgestellte Methode beinhaltet eine Entfärbereaktion in einer transparenten Lösung, die die erforderlichen Änderungen der Rührbedingungen problemlos zulässt. Die Erkenntnisse können jedoch nicht auf disperse Systeme übertragen werden, die nicht transparent sind, häufig scherabhängige Viskositätswerte aufweisen und scherabhängige Koagulation zeigen.
Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung von Polymerisaten, bei dem insbesondere die Wärmeabfuhr optimiert ist und bei dem keine Koagulation der hergestellten Polymerisatpartikel auftritt. Dabei soll eine Verschlechterung der Produkteigenschaften vermieden werden.
Es wurde nun gefunden, dass eine Prozessoptimierung erfolgen kann, indem sogenannte kritische Zeitfenster ermittelt werden, innerhalb derer der Prozess droht, fehlerhaft zu werden, d.h. beispielsweise eine Koagulatbildung, verstärkte Schaumbildung oder Einrühren von Gas in das Produkt einsetzt. Während eines derartigen kritischen Zeitfensters soll der Prozess gezielt in das entsprechende Prozessfenster zurückgeführt bzw. in diesem gehalten werden. Dies kann beispielsweise durch Beeinflussung des Strömungsverhaltens erreicht werden, was wiederum insbesondere durch Variation der Rührdrehzahl, aber auch durch Variation anderer geeigneter Parameter erfolgen kann.
Bevorzugte Polymerisationsprozesskenngrößen sind der Wärmeübergangskoeffizient, die Reaktionstemperatur, der Reaktionsdruck, die spezifische Mischzeit, der Reaktionsumsatz, die Scherspannung, der Dispergiergrad oder der spezifische Leistungseintrag. Dabei soll die chemische Zusammensetzung des Polymerisates nicht verändert werden.
Als anzupassende Parameter kommen der Wärmeübergangskoeffizient, die Mischzeit, der Reaktionsumsatz, die Scherspannung oder der spezifische Leistungseintrag in Frage. Die Scherspannung ist bevorzugt, da diese leicht bestimmbar und über die Änderung der Rührerdrehzahl veränderbar ist und häufig für die Bildung von unerwünschten Nebenprodukten verantwortlich ist. Die Bestimmung der Scherspannung kann über empirische Verfahren (Trial and Error) erfolgen, über eine Scherspannungsmessung bzw. Viskositätsmessung (z.B. mit einem Reaktionsviskosimeter) oder mittels einer rheo- metrischen Zelle.
Als Prozessfenster wird der mögliche Bereich aller Prozesskenngrößen als Funktion der Reaktionszeit verstanden, in welcher ein Reaktionsprodukt erhalten wird, das den Erfor-
dernissen genügt. Die Erfordernisse werden durch die entsprechenden Anwendungseigenschaften des Produktes definiert.
Für den jeweiligen Polymerisationsprozess muss zunächst die Sensitivität der Reaktion bezüglich des ausgewählten Parameters ermittelt werden. Dies geschieht über die Ermittlung des Prozessfensters für den ausgewählten Parameter. Dazu wird beispielsweise in vorbereitenden Laborversuchen ermittelt, innerhalb welcher Grenzen der ausgewählte Parameter in dem betrachteten Prozess variiert werden kann. Anschließend wird das kritische Zeitfenster für den ausgewählten Parameter ermittelt. Dies kann online oder offline gemacht werden, sowohl im Labor-, Technikum- als auch im Produktionsmassstab erfolgen.
Im Falle der Scherspannung bedeutet dies beispielsweise, das kritische Zeitfenster mit der größten Scherempfindlichkeit während des Reaktionsverlaufs zu bestimmen. Bevorzugt erfolgt das Ermitteln des kritischen Zeitfensters durch Vergleichen eines (Mess-) Wertes für die mindestens eine Polymerisationsprozesskenngröße (durch zunehmende Scherung des Produktes erzeugte Scherspannung ) innerhalb des zugeordneten Prozessfensters während der Reaktionszeit. Die größte Scherempfindlichkeit des Produktes wird dann in dem Zeitverlauf gesehen, in dem es zur Bildung von Agglome- raten und Mikrokoagulat kommt und die Messgröße einen Toleranzwert überschreitet. Der Toleranzwert wird in einem vergleichbaren Experiment im nicht-optimierten Prozessfenster erhalten. Das so identifizierte Zeitfenster ist damit für diese Prozesskenngröße kritisch, wenn es darin vom akzeptablem Wert der Messgröße abweicht.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung unterliegt das zugeordnete Prozessfenster einer zeitlichen Änderung.
Gegenstand der Erfindung sind Verfahren zur Ermittlung eines kritischen Zeitfensters in einem Polymerisationspro- zess, der in einem Rührreaktor durchgeführt wird.
In einer Ausführungsform umfasst die Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines Zeitfensters bei einer Heteropha- senpolymerisation, in welchem Mikrokoagulat gebildet wird, durch kontinuierliche Entnahme einer Teilmenge der Reaktionsmischung aus dem Reaktionsbehälter und Umpumpen und gegebenenfalls Rückführung der Teilmenge in den Reaktionsbehälter über einen Bypass, in welchem sich eine Messanordnung befindet, die die Zunahme einer Teilchengröße misst, wobei das Zeitfenster dann vorliegt, wenn die gemessene Teilchengröße mindestens das l,5fache des erwarteten statistischen Mittelwertes des Endproduktes beträgt
Die Zunahme der Teilchengröße wird dabei durch Überwachung der Teilchengröße ermittelt. Man macht sich zunutze, dass bei der Polymerisation die Zahl der Teilchen konstant ist, d.h. während der Reaktion nimmt lediglich die Größe der Teilchen zu. Durch ständige Wiederholung der Messung sieht man damit die Zunahme der Teilchengröße.
In einer weiteren Ausführungsform umfasst die Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines Zeitfensters, in dem in einem Polymerisationsprozess Mikro- und/oder Scherkoagulat durch Scherbelastung erzeugt wird, durch kontinuierliche Entnahme einer Teilmenge der Reaktionsmischung aus dem Reaktionsbehälter und Umpumpen und gegebenenfalls Rückführung der Teilmenge in den Reaktionsbehälter über einen Bypass, in welchem ein schnell laufender Rührer ein Scherfeld
im umströmenden Produkt erzeugt, und dadurch gegebenenfalls die Zunahme der Größe von Polymerpartikeln induziert, und anschließende Detektion der Polymerpartikel durch Filtration und/oder optische und/oder elektrische Detektion.
In einer weiteren Ausführungsform umfasst die Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines Zeitfensters, in dem während des Herstellprozesses Mischvorgänge auftreten, die sich durch den Reaktionsfortschritt und/oder durch Veränderung der Prozessparameter ggf- nachteilig verändern (wie beispielsweise eine ungenügende oder zu langsame Einmischung von Reaktanden und/oder Mikrokoagulatbildung) , wobei das Zeitfenster durch Zugabe eines geeigneten Tracers zur Reaktionsmischung und Verfolgung der Homogenisierung der Reaktionsmischung mittels eines geeigneten spektroskopischen oder elektrochemischen Verfahrens im Behälter oder in einer Bypass-Leitung ermittelt wird. Das kritische Zeitfenster erkennt man hierbei durch Vergleich einer geeigneten Messgröße gegen deren Wertverlauf in einem Vergleichsversuch im nicht-optimierten Prozessfenster. Beispielsweise ist bekannt, dass Vinylester-Monomere bei ungünstigen pH-Werten eine Hydrolyse erfahren. Die Hydrolyse stellt eine Konkurrenzreaktion zur Polymerisation dar und führt zu nicht- polymeren Nebenprodukten, die sich störend im Endprodukt wiederfinden. Bei ungenügender Einmischung und Homogenisierung in einem Produktionsbehälter im Prozessfenster mit höherer Reaktionstemperatur und nicht neutralen pH- Bedingungen steigt der Nebenproduktspiegel an.
Gegenstand der Erfindung sind auch Vorrichtungen zur Ermittlung eines kritischen Zeitfensters in einem Polymerisa- tionsprozess, der in einem Rührreaktor durchgeführt wird.
Die erfindungsgemäßen Vorrichtungen umfassen Mittel zur Entnahme einer Teilmenge des Reaktionsgemischs aus dem
Reaktionsbehälter, Mittel zum Pumpen der Teilmenge des Reaktionsgemischs, sowie gegebenenfalls Mittel zur Rückführung der Teilmenge des Reaktionsgemischs in den Reaktionsbehälter, sowie Mittel zur Messung einer physikalischen Eigenschaft der Teilmenge des Reaktionsgemischs.
In einer Ausführungsform ist die zu messende physikalische Eigenschaft die Teilchengröße von Polymerpartikeln, die in der Teilmenge des Reaktionsgemischs suspendiert sind. In einer anderen Ausführungsform ist die zu messende physikalische Eigenschaft die Verteilung eines Tracers in der Teilmenge des Reaktionsgemischs. In einer weiteren Ausführungsform ist die zu messende physikalische Eigenschaft die Viskosität der Teilmenge des Reaktionsgemischs.
In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst die erfindungsgemäße Vorrichtung außerdem einen Behälter, durch den die Teilmenge des Reaktionsgemischs gepumpt wird, wobei in dem Behälter ein schnell laufender Rührer angeordnet ist, der ein Scherfeld im umströmenden Reaktionsgemisch erzeugt, sowie Mittel zur Filtration und/oder optischen und/oder elektrischen Detektion von Polymerpartikeln.
Gegenstand der Erfindung ist weiterhin ein Verfahren zum Durchführen eines Polymerisationsprozesses in einem Rührreaktor, bei dem mittels Überwachung mindestens einer Polymerisationsprozesskenngröße und eines zugeordneten Prozessfensters ein kritisches Zeitfenster in dem (sich gegebenenfalls zeitlich ändernden) Prozessfenster ermittelt und bei Vorliegen eines kritischen Zeitfensters gegebenenfalls eine Anpassung von Prozessbedingungen vorgenommen wird, um den Polymerisationsprozess prozessfensterkonform zu gestalten, d.h. den Prozess im Prozessfenster zu halten bzw. in dieses zurückzuführen. Dabei wird mindestens eine Prozesskenngröße aktiv auf einen neuen Wert eingestellt, der vorteilhaft für
den Prozess und oder das Produkt ist, d.h. die Prozessoder Produkteigenschaftensollen sich nicht verschlechtern. Prozessfensterkonform ist nicht so zu verstehen, dass ein einmal gewählter Parameter auf seinem Sollwert gehalten werden soll. Vielmehr wird gezielt ein neuer Wert derart gewählt, dass der Prozess im zeitlichen Verlauf der vorgeschriebenen Prozessgrößen bleibt, d.h. der zeitlichen Vorgabe, einschließlich möglichen Sollwert-Änderungen während der Polymerisationsreaktion von Temperatur, Druck, Dosierraten, Rührerdrehzahl, pH-Wert usw. Folge leistet.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung unterliegt das zugeordnete Prozessfenster einer zeitlichen Änderung. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die Anpassung der Prozessbedingungen durch Beeinflussen des Strömungsverhaltens.
Es hat sich gezeigt, dass es zur Optimierung des Polymerisationsprozesses vielfach ausreicht, die Scherspannung nur innerhalb des kritischen Zeitfensters anzupassen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die Veränderung des Parameters gegenläufige Effekte erzeugt werden. Eine Erhöhung der Scherspannung über die Erhöhung der Rührerdrehzahl führt zum einen zu einer Verbesserung des Wärmeübergangs, was eine intensivere Kühlung und dadurch eine schnellere Dosierung der Reaktanden erlaubt, zum anderen wird dadurch der spezifische Leistungseintrag erhöht und möglicherweise die Scherstabilität des Produkts überschritten, wodurch die Produktqualität negativ beeinflusst werden kann durch Ausbildung von Feinkoagulat (Stippen) . Ebenso steigt bei Erhöhung der Rührerdrehzahl die Gefahr scherinduzierter Koagu- latbildung im Produkt und an den Rührer- und sonstigen Behälteroberflächen und einer verstärkten Schaumbildung auf
der Produktoberfläche als auch ein Luft- oder Gaseintrag in das gerührten Produkt selbst.
Häufig wird sich das Prozessfenster während eines Polymerisationsprozesses verändern, korrespondierend zu den verschiedenen Phasen der Polymerisation. So steht während der Dosierungsphase des Prozesses die Mischung der Komponenten im Vordergrund mit dem Ziel einer möglichst homogenen Vermischung innerhalb möglichst kurzer Zeit. Während der Reaktion der Monomeren gilt es, die Bildung von Koagulaten zu unterdrücken, bei fortschreitender Reaktion rückt durch den Anstieg der Viskosität des Reaktionsgemischs der Wärmeübergang in den Fokus, wogegen insbesondere im Stadium der Teilchenbildung der Leistungseintrag kontrolliert werden muss. Entsprechend können auch mehrere kritische Zeitfenster während des Polymerisationsprozesses auftreten, die jeweils einer unterschiedlichen Phase der Reaktion zugeordnet sind. Auch kann es angebracht sein, für jede Phase einen anderen Prozessparameter auszuwählen, z.B. die Mischzeit für die Dosierphase, die Scherspannung für die Phase der Koagulatbildung, den Wärmeübergangskoeffizienten für die Phase des Viskositätsanstiegs und den Leistungseintrag für die Phase der Teilchenbildung. Die Phasen können, je nach System, auch gleichzeitig auftreten oder zeitlich überlappen. Wenn kein kritisches Zeitfenster erkannt wurde, bedeutet dies, dass der Polymerisationsprozess nicht kritisch gegenüber diesem Prozessparameter in den untersuchten Grenzen ist und dieser zu Optimierungszwecken weiter angehoben werden kann, bis er kritisch wird.
Die Anpassung der Prozessbedingungen bei Vorliegen eines kritischen Zeitfensters, um den Polymerisationsprozess pro- zessfensterkonform zu gestalten, d.h. den betrachteten Prozessparameter innerhalb des Prozessfensters zu halten oder ihn bei einer Abweichung dorthin zurückzuführen, kann über
die Beeinflussung des Strömungsverhaltens der Reaktionsmischung erfolgen, beispielsweise über die Variation (in der Regel einem Anstieg) der Rührerdrehzahl. Diese kann linear als Stufe oder nicht-linear sein; sie kann auch mehrmals erfolgen oder auch periodisch angehoben und abgesenkt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Veränderung (in der Regel eine Anhebung) der Reaktionstemperatur, um die Viskosität des Produktes abzusenken, die Reaktionsgeschwindigkeit und die Kühlleistung des Reaktors zu erhöhen.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann in verschiedenen Arten von Polymerisationsprozessen eingesetzt werden, insbesondere Masse-, Lösungs-, Emulsions- und Suspensionspolymerisation. In der Emulsionspolymerisation, die in ihrer Form der semi-batch-Fahrweise bevorzugt ist, lassen sich neben Verringerung der Koagulatbildung und Verbesserung der Wärmeabfuhr auch bei Mitverwendung von leichtsiedenden Monomeren ein geringerer Druck am Ende der Reaktion sowie eine schnellere Dosierung der Monomeren erzielen. Bei der Suspensionspolymerisation erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren neben einer Verkürzung der Zykluszeit und des Druckanstiegs im Verfahren auch eine verbesserte Kontrolle der Teilchengröße und Teilchengrößenverteilung. In der Lösungspolymerisation lassen sich insbesondere bei sehr viskosen Produkten Verbesserungen in der Wärmeabfuhr und in der Einmischung des rücklaufenden Kondensates der Siedekühlung erzielen. Dies gilt im vergleichbaren Maße auch für Emulsions-, Massepolymerisation und Polyadditions- und Polykon- densationsreaktionen. Die Polymerisation kann sowohl radikalisch, kationisch oder auch anionisch gestartet sein.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann in vergleichbarer Art und Weise auch bei Polykondensations- und -Polyadditions- reaktionen eingesetzt werden, bei welchen niedermolekulare Bausteine in Lösung oder in Substanz durch chemische Reak-
tionen in hochmolekulare Polymere überführt werden. Bei diesen Prozessen werden neben den Reaktionsparametern ebenfalls die verfahrentechnischen Kenngrößen wie Wärmeübergangskoeffizient, Mischzeit und Leistungseintrag kontrolliert, in Ausnahmefällen auch Scherspannung, wenn es sich um schäumende Systeme handelt.
Polymerisationsreaktionen können sowohl bei niedrigem Reaktionsdruck, z.B. Unterdruck, unter Luft oder unter Inertgas durchgeführt oder begonnen werden, oder auch bei gasförmigen Einsatzstoffen unter hohem Druck bis zu 200 bar durchgeführt werden. Je nach Reaktivität der Einsatzstoffe werden Reaktionstemperaturen von -40 0C bis 180 0C gewählt, bevorzugt von 10 0C bis 150 0C, ganz besonders bevorzugt von 60 0C bis 130 0C.
Eine besondere Ausführungsform stellen Heterophasenpolymere dar, bei denen das Polymer in einer separaten Phase vorliegt. Diese separate Phase ist fein in einem Lösungsmittel, in der Regel Wasser, dispergiert und ihr Anteil beträgt üblicherweise von 30 bis 70 Gew.- %. Die Produkte können monomodal, bimodal oder polymodal vorliegen, d.h. entweder über einheitliche Partikel-Teilchengrößen oder sehr uneinheitliche Teilchengrößen verfügen, was bedeutet, dass z.B. kleine Partikel neben großen Partikeln vorliegen. Die Teilchengröße bewegt sich im Bereich von 30 nm bis 1 μm, bevorzugt im Bereich von 100 bis 600 nm. Typische pH- Werte der Produkte liegen im Bereich von 3 bis 9, die dynamischen Viskositäten im Bereich von 0,01 bis 2 Pas. Erschwerend tritt bei solchen Produkten häufig auch nicht- newtonsches Rheologieverhalten auf. Die in der Synthese mit verwendeten Hilfsstoffe, die Teilchengrößenverteilung der Partikel sowie der Eigen-pH-Wert und die Viskosität werden normalerweise durch den technischen Anwendungsbereich der Produkte vorgegeben und definiert. Bevorzugt wird die ein-
mal in einem Laborexperiment gefundene für die Anwendung sich als geeignet erwiesene Zusammensetzung des Polymerisates beibehalten, wenn es im Produktionsmaßstab wiederholt wird, denn häufig sind Zulassungen an die Polymerzusammensetzungen gebunden.
Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens bedient sich der radikalischen Emulsionspolymerisation von ungesättigten Monomeren. Derartige Monomere sind Ester der Acryl- und/oder Methacrylsäure mit Cl- bis C12- Alkoholen in der Seitenkette, Styrol, Acrylnitril, Acryl- und/oder Methacrylsäure und/oder deren Amide, Vinylacetat, Butadien, Vinylchlorid und/oder Vinylidenchlorid. Die Monomere können alleine zu den Homopolymeren umgesetzt werden oder in bestimmten Mischungen zu entsprechenden Copolymeren führen. Die Reaktion wird üblicherweise mittels Diazover- bindungen oder Peroxiden, wie Wasserstoffperoxid, Alkalipe- roxodisulfaten oder Hydroperoxiden, ggfs. in Kombination mit Reduktionsmitteln und mehrwertigen Metallsalzen, gestartet. Als weitere, wichtige Additive sind Vernetzungsmittel, Polymerisationsregler und Emulgatoren sowie weitere Hilfsmittel wie Neutralisationsmittel und Konservierungsmittel zu nennen, deren Gebrauch und Einsatz dem Fachmann aus dem Stand der Technik hinreichend gut bekannt ist. Deren Gebrauch führt zu geeigneten Polymereigenschaften und Produktquälitäten.
Im folgenden werden die Prozessparameter beschrieben, derer man sich in dem erfindungsgemäßen Verfahren bedienen kann:
Bei wässrigen Systemen von Heterophasenpolymerisaten spielen vor allem pH-Wert und Elektrolytbeständigkeit der kolloidalen Systeme insbesondere in der Anfangsphase der Polymerisationsreaktion eine entscheidende Rolle. Diese Größen können durch eine pH-Sonde oder eine Leitfähigkeitsmessson-
de im Polymerisationsbehälter quantitativ bestimmt und verfolgt werden.
Die Verfolgung des Reaktionsumsatzes ist entweder online oder durch diskrete Probennahme zu ermitteln. In der online-Verfolgung wird entweder der Massenanteil des durch die Polymerisationsreaktion entstandenen Polymeren oder aber in einem als Reaktionsgefäß dienenden Kalorimeter die freigewordene Reaktionsenthalpie des Systems als Funktion der zudosierten Monomermasse bestimmt. Auch gelingt es, die Zunahme des Polymergehaltes durch Messung der Schallgeschwindigkeit in der Reaktionsmischung oder durch Verfolgung einer für das Polymeren charakteristischen Absorptionsbande in NIR zu bestimmen. Alternativ bietet sich natürlich auch an, in bestimmten Zeitabschnitten Proben zu entnehmen und diese auf ihren Polymergehalt oder dem Gehalt an nicht umgesetzten Edukten hin zu untersuchen. In bestimmten Fällen kann auch eine Konzentrationsabnahme eines Monomeren direkt verfolgt werden.
Die Messung der Leistungsaufnahme und des Drehmomentes des Rührorgans gelingt durch Verfolgung und Messung der Drehzahl und der Stromaufnahme des elektrischen Antriebes, nach entsprechender Korrektur der Reibungsverluste.
Für die Leistungsaufnahme P besteht folgender Zusammenhang mit den Rührbedingungen:
P = Ne • n3 • d5 -p
mit Ne = Leistungskennzahl (Newtonzahl) , die die geometrischen Daten des Behälter, der Strömung im Behälter und der Viskosität des Produktes zusammenfasst ; n = Rührerdrehzahl, d = Rührerdurchmesser und p = Dichte der Reaktionsmischung.
In Kenntnis der Leistungsaufnahme P der Reaktionsmischung, die sich in dem Volumen der Reaktionsmischung V verteilt, kann eine mittlere, effektive Scherrate τ errechnet werden:
τ = C • P / (n • V)
wobei C eine charakteristische Konstante für den Behälter und die Reaktionsmischung darstellt.
Häufig liegen diskrete Polymerpartikel, beispielsweise bei der Emulsionspolymerisation vor. Der Fortschritt der Polymerisation macht sich hierbei durch gleichmäßige Vergrößerung der Polymerpartikel bemerkbar, die durch Messung der gemittelten Teilchengröße der Partikel mittels einer Lichtstreusonde verfolgbar ist. Für manche Anwendungen und Produkte ist es von Bedeutung, neben dem Reaktionsumsatz auch die Molekulargewichtsverteilung zu verfolgen. Dies gelingt durch diskrete Probennahme und Messung in einer GPC- Einheit. Durch automatische Probennahme aus dem Reaktionsansatz und unmittelbare Auftragung auf entsprechende GPC- Säulen gelingt es, quasi zeitnah die Molekulargewichtsverteilung zu erfassen. Mit Hilfe der Probennahmetechnik lässt sich auch die Oberflächenspannung von wässrigen Systemen leicht zeitlich verfolgen.
Auch die für technische Reaktionsbehälter wichtigen Mischzeiten lassen sich in Kenntnis des Viskositätsverlaufes der flüssigen Phase entweder durch Tracer-Methoden, z.B. durch Entfärbereaktionen, oder durch Zusatz einer abreagierenden Substanz und Verfolgung deren Konzentrationsabnahme ermitteln - oder im Falle des Zusatzes einer inerten Komponente die Geschwindigkeit deren Konzentrationshomogenisierung. Wird beispielsweise die Einmischung eines von oben dosierten inerten Additivs mit zunehmender Reaktionsviskosität schwerer, so kann aus dessen Konzentrationsverlauf einer am
Reaktorboden angebrachten NIR Sonde eine Mischzeit bestimmt werden. Für einfache Modellberechnungen findet der Fachmann in der Literatur (z.B. Ullmann's Enzyklopädie der technischen Chmeie, 4. Aufl., 3. Band, Seiten 259 ff.) idealisierte Zusammenhänge, die eine Abschätzung der Mischzeit θ zulassen:
n θ = f (Re) und Re = n d2 • p/η
Darin ist die Mischzeit eine Funktion der Reynoldszahl Re, die sich aus der Drehzahl n, dem Rührerdurchmesser d sowie der Dichte und Viskosität des Reaktionsmediums zusammensetzt.
Die Messung des Dispergiergrades kann in analoger Weise mittels einer Lichtstreueinrichtung erfolgen. Durch zunehmende Dispergierung infolge der eingetragenen Scherenergie nimmt die mittlere Partikelgröße im Falle von Feststoffen oder der Tropfengröße im Falle von mit dem Lösemittel unmischbaren Flüssigphase ab (z.B. in einer Emulsion), was durch die zeitlich gemittelte Partikelgröße gemessen werden kann.
Der Wärmeübergangskoeffizient oder -durchgangskoeffizient beschreibt die Güte, mit der Reaktionswärme aus dem Innern eines Reaktors an die Umgebung oder das Kühlmedium abgegeben werden kann. Er hängt sowohl von den geometrischen Daten, als auch von Material-, Kühlmittel- und Produkteigenschaften ab, die dem Fachmann hinreichend bekannt sind. Die Verringerung dieses Wertes ist allgemein angestrebt, weil es dadurch gelingt, die Reaktionsmischung effektiver zu kühlen. Die Definition des Wärmedurchgangskoeffizienten k ist gemäss
Reaktionswärme =
= k • Wärmeaustauschfläche • Temperaturdifferenz
wenn angenommen wird, dass die gesamte Reaktionswärme durch die Reaktorwand, die die Wärmeaustauschfläche darstellt, durchtreten muss und eine Temperaturdifferenz zwischen dem Reaktorinhalt und dem Kühlmedium existiert.
Der Wärmeübergangskoeffizient lässt sich besonders einfach in einer Kalorimetereinrichtung messtechnisch erfassen und verfolgen. Hierbei ist der Anteil an Monomeren bekannt, welche in das Reaktionsgefäß zudosiert wurde und damit die maximale Reaktionsenthalpie, die zu erwarten ist. Durch Messung der tatsächlich über die Kühlung abgeführten Reaktionsenthalpie ist der Reaktionsumsatz zu jedem Zeitpunkt der Reaktion ermittelbar. Die in der Emulsionspolymerisation sehr wichtige Frage nach dem mittleren Zahl der aktiven Zentren ή in einem Polymerpartikel, die die mittlere Reaktionsgeschwindigkeit, damit auch die Reaktionsenthalpierate, das Copolymerisationsverhalten und den Verzweigungsgrad kontrollieren, ist experimentell über eine sogenannte Bypassmessung zugänglich. Hierbei wird ein kleiner Strom aus dem Reaktionsgefäß über eine Pumpe durch eine für die Messung geeignete Messzelle gepumpt. Beispielsweise kann die Magnetisierung einer Probe in einem Messkopf eines ESR- Gerätes bestimmt werden. Entsprechend dieser Technik können auch andere spektroskopische Messungen oder auch Lichtstreuexperimente durchgeführt werden.
Instabilitäten in kolloidalen Systemen zeichnen sich häufig dadurch aus, dass es zur Koagulation von Partikeln kommt. Dabei nimmt der Durchmesser dieses Partikel zu und dies kann messtechnisch verfolgt werden. Je nach Größe der Teilchen spricht man von Mikro- oder Feinkoagulat, Stippen,
Gries oder Grobkoagulat ; alle diese Erscheinungen sind unerwünscht, denn die reduzieren die Qualität des Endproduktes, müssen ggf. mit erheblichem Aufwand entfernt werden oder lagern sich als Beläge in den Polymerisationsbehälter ab und müssen dann aufwendig durch Reinigung entfernt werden. Auch besteht die Gefahr, dass die Produkte zwar herstellbar sind, aber unter den Bedingungen der Applikation unzureichende Stabilität aufweisen. In der Regel nehmen die Instabilitäten mit steigender Temperatur zu.
Dem Fachmann sind natürlich noch weitere Messgrößen bekannt, die zur Verfolgung der Reaktion herangezogen werden können. Gegenstand der Erfindung ist die Nutzung der bekannten Methoden zum Erkennen von kritischen Zeitfenstern, die dann genutzt werden, um den Polymerisationsprozess sicherer oder das Produkt in besserer Qualität zu gewinnen.
Gegenstand der Erfindung sind weiterhin einige Messanordnungen, Geräte und Verfahren, mit denen Zeitfenster untersucht werden können, um Abweichungen vom Normalverlauf der Polymerisationsreaktion zu erkennen.
Geeignete Behälter zur Herstellung der Polymeren sind dem Fachmann hinreichend bekannt aus dem Stand der Technik, z.B. J. R. Richards, Computers and Chemical Eng. 30 (2006) 1447-1463 und Ullmann' s Encyclopedia of Industrial Chemist- ry, 4th Ed., VoI, 3, pp. 505-510. Häufig enthalten sind auch Einbauten, z.B. Strömungsbrecher. In der Regel sind die metallischen Wandmaterialien des Behälters, Rührers und der Einbauen entweder elektropoliert oder mit einer geeigneten Beschichtung versehen.
Rührerkonstruktionen und verfahrenstechnische Beschreibung des Rührvorganges sind dem Fachmann aus einer Vielzahl von Publikation bekannt (so z.B. Winnacker, Chem. Technologie,
4. Aufl., Bd. 6, S. 336, München 1982; Ullmann' s Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl. Bd. 2, S. 259, Weinheim). Verglichen mit normalen Rührvorgängen, z.B. dem Herstellen und Homogenisieren von Lösungen, treten bei der Polymerherstellung zusätzliche Schwierigkeiten auf. Eines der größten Probleme hierbei ist die Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Rührung im gesamten Reaktionsgemisch, so dass erstens keine Ruhezonen mit hohem Monomerü- berschuss und zweitens keine Zonen mit hoher Scherung sich bilden können. Dabei stellt die ständig ändernde Zusammensetzung des Reaktionsgemisches und die damit verbundenen Transportreaktionen von Monomeren, Hilfsstoffen und Reaktionswärme eine permanent wechselnde Anforderungen an das Rührsystem, insbesondere in Rührkesseln, in denen unterschiedliche Produkte, ggf. sogar durch unterschiedliche Polymerisationsreaktionen, produziert werden.
Eine der Aufgabenstellung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, bei dem während des Herstellprozesses im Bereich von kritischen Zeitfenstern geeignete Prozessgrößen dahingehend verändert werden, dass das Produkt prozesskonform und qualitätskonform erhalten wird.
Als Zeitfenster versteht man eine zeitlich begrenzte Dauer während des Herstellprozesses, insbesondere, aber nicht ausschließlich, während der eigentlichen Polymerisation. Es kann sich hierbei, je nach Dauer und Geschwindigkeit der Reaktion um Minuten bis zu bis etwa 2 Stunden handeln, in der Regel von 1 bis etwa 30 % der eigentlichen Reaktionszeit. Als kritisches Zeitfenster soll verstanden werden, die Zeit in der der Prozess (bzw. die Produkteigenschaften) von seinem optimal vorgesehenen Reaktionsweg, d.h. prozesskonformen Weg, abweicht oder abzuweichen droht und eine korrigierende Maßnahme erfordert. Es können auch mehrere Zeitfenster existieren, die ggf. von unterschiedlichen Pro-
zessgrößen abhängen, und sich ggf. auch überschneiden. Von zeitlichen Änderungen des Prozessfensters spricht man, wenn sich in diesem Zeitfenster ein oder mehrere Verfahrensparameter verändern, beispielsweise nimmt in einer Aufheizphase die Temperatur der Reaktionsmischung zu.
Zur Ermittlung des kritischen Zeitfensters, in dem in einem Polymerisationsprozess Mikro- und/oder Scherkoagulat durch Scherbelastung erzeugt wird, können unterschiedliche Verfahren angewendet werden, die darauf basieren, dass zu unterschiedlichen Zeiten des Polymerisationsprozesses das Reaktionsgemisch oder ein Teil davon einer Scherbelastung unterworfen wird und der Effekt der Belastung auf den Fein- koagulatgehalt mit einer geeigneten Methode untersucht wird. Scherbelastung kann sowohl direkt im Polymerisationsreaktor als auch an einer kontinuierlich (Bypassleitung) oder diskontinuierlich (Probennahme) entnommenen Teilmenge des Reaktionsgemisches erfolgen. Eine bestimmte Scherbelastung kann dabei auf unterschiedliche, dem Fachmann bekannte Art und Weise erreicht werden, hierzu gehören beispielsweise das Rühren im Reaktor oder in einer externen Anordnung, das Umpumpen, Durchdrücken durch eine Kapillare oder andere Einengung, welche erlaubt, hohe Scherbelastung zu erreichen. Die geeigneten Methoden für das Detektieren oder die quantitative Bestimmung des Koagulats in der Dispersion sind dem Fachmann auch bekannt. Hierzu gehören zum Beispiel beschriebene Partikel-Zähler (Coulter-Counter) , das Messen des Druckanstieges bei Filtration der belasteten Dispersion durch einen geeigneten Filter, das Messen des Druckanstieges beim Durchdrücken der Dispersion durch eine Kapillare, Messung der Lichtstreuung des Produktes vor und nach der Scherbelastung oder das Abfiltrieren und Abwiegen des Koa- gulates usw.
Bevorzugte Ausführungen des Verfahrens zu Ermittlung von kritischen Zeitfensters werden nun beschrieben:
Zur Ermittlung für Zeitfenster haben sich geeignete Messgeräte in bestimmter Anordnung an dem Polymerisationsbehälter bewährt. Ein Partikelzähler (Coulter-Counter) , welcher nach dem Coulter-Prinzip Partikel im μm-Bereich detektiert, wird insbesondere zur Zellkulturbestimmung verwendet, kann aber im Bereich von Polymerdispersionen genutzt werden, um eine beginnende Koagulation zu detektieren, wenn aus normalen Dispersionspartikeln durch Zusammenlagerung größerer Partikel entstehen, die der Fachmann als Mikrokoagulat oder Stippen bezeichnet. Derartige Verunreinigungen im Endprodukt sind unerwünscht, denn sie bezeugen eine Qualitätsminderung des Endproduktes und sind in der Regel nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand und Zeitbedarf durch Filtration zu entfernen. Für Anwendungen z.B. in unpigmentierten Klar- beschichtungen ist Mikrokoagulat sogar absolut unerwünscht.
Durch halbautomatische Anordnung kann aus dem reagierenden System eine Probe online mit einem für die Messung geeigneten Elektrolyten verdünnt durch die Messanordnung gepumpt werden, welches die Zahl der gefundenen Partikel pro Zeiteinheit feststellt. Je nach Software kann ggf. auch eine gemittelte Verteilung berechnet werden.
Durch Variation der Parameter während der Herstellung wird beispielsweise die zeitliche Zunahme von 2 μm großen Teilchen verfolgt. Als mögliche Variable zur Steuerung des Prozesses dienen neben der Reaktionstemperatur, Zulaufszeit und Konzentrationen aber auch Einflussgrößen durch die gewählte Zusammensetzung wie pH-Wert, z.B. durch zudosierte Mengen an Basen oder Puffer, oder Emulgatorkonzentrationen, Feststoffanteil, Viskosität, Initiatormenge oder die Polymerpolarität. Dem Fachmann ist hinreichend bekannt, dass
alle diese Parameter Einfluss auf die Stabilität des Produktes haben, verbunden jeweils mit entsprechenden Nachteilen. Beispielsweise führt ein zu hoher pH-Wert oder eine zu hohe Polymertemperatur verstärkter Hydrolyse der Monomeren oder polymeren und damit zur Zunahme der flüchtigen Geruchsträger oder eine Erhöhung der Emulgatorkonzentration zu verstärkter Schaumbildungstendenz.
Im Falle von transparenten Polymerlösungen kann der beschriebene Bypass genutzt werden, um die Reaktionsmischung durch eine kontinuierliche Messzelle zu leiten, durch welche eine IR- oder UV-Absorptionsmessung oder auch eine rheologische Messung erfolgt. Setzt man zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Herstellung in einer Stoßmarkierung an einer Stelle des Reaktors der Reaktionsmischung ein inertes Material zu, das über geeignete Absorptionsbanden im Spektrum verfügt, so kann man die Homogenisierung spektroskopisch im Bypass verfolgen. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf die Mischzeit zu gewinnen, in Abhängigkeit beispielsweise von Rührbedingungen, wie Leistungsaufnahme, oder der momentanen Viskosität der Mischung. Die Markierung kann auch mehrmals nacheinander durchgeführt werden oder auch durch verschiedene Inerte verfolgt werden.
Zur Ermittlung der Scherbelastung wird in die Bypassleitung des Polymerisationsbehälters ein kleiner Behälter eingebaut, in welchem ein passend geformter Rührer enthalten ist. Die Form kann beliebig gewählt werden. Es haben sich jedoch Vorteile ergeben, wenn der Wandabstand gering gewählt wird, ca. 1 mm, und das Rührblatt das ganze Volumen des Behälters überstreicht. Der Rührmotor kann sehr hohe Umdrehungszahlen erzeugen (bis zu 10000 UpM) und ist stufenlos regulierbar. Unmittelbar nach dieser Rührzelle befindet sich eine Filterzelle mit einem 2 μm Filter, welches kontinuierlich die Bypass-Mischung filtriert. Im Bypass-
Kreis befinden sich Druckaufnehmer, die einen Druckanstieg in der Leitung infolge Zunahme der Filterbelegung registrieren. Während der gesamten Polymerisationszeit werden die Bypassleitung, die Rührzelle und die Filterzelle vom heißen Reaktionsmedium durchströmt. Durch Erhöhung der Rührerdrehzahl kann auf die momentane Reaktionsmischung eine sehr hohe Scherbelastung ausgeübt werden, die zur Bildung von Koa- gulat führt. Die Abscheidung des Koagulates an der Filterfläche erhöht dann den Differenzdruck am Filter. Die Höhe des Differenzdruckes spiegelt die Filterbelegung und damit die Scherempfindlichkeit der Reaktionsmischung wieder. Natürlich kann die Messung der Größenzunahme der Partikel oder des Mikrokoagulats, gegebenenfalls nach Verdünnung, auf optischem, z.B. durch Lichtstreuung, oder elektrochemischem Weg, z.B. durch Coulter-Messung erfolgen. Durch die räumliche Trennung von Polymerisation, Scherung und Koagu- latentfernung wird vermieden, gebildetes Scherkoagulat wieder in den Reaktor zurückzuführen während zur Herstellung des Produktes im Reaktor stets vergleichbare Bedingungen eingestellt werden können. Eine Verlängerung der Bypassleitung zu einer zweiten Messeinrichtung liefert weitere Messdaten; zweckmäßigerweise lässt sich die Erweiterung durch Ventile zum geeigneten Zeitpunkt separat zuschalten.
Wird die Scherbelastung periodisch im Laufe des Herstellprozesses verändert, kann die Scherempfindlichkeit der Reaktionsmischung als Funktion der Reaktionszeit abgetastet werden. Auch der einfache Fall, nämlich die Durchströmung der mit konstanter Drehzahl gerührten Zelle, liefert unmittelbar das Zeitfenster, in welchem die Reaktionsmischung bei der angelegten Scherbeanspruchung instabil wird.
Das Auftreten von kritischen Zeitfenstern kann in Kenntnis der ablaufenden Prozesse häufig leicht gedeutet werden, obwohl die chemisch-kinetischen, physikalischen und verfah-
renstechnischen Zusammenhänge bei der Emulsionspolymerisation sehr komplex sind. Es sei beispielsweise angemerkt, dass unter Polymerisationsbedingungen, bei denen die Gesamtteilchenzahl konstant bleibt, durch den Polymerisati- onsprozess die Partikel an Größe zunehmen. Durch die Größenzunahme nimmt die Gesamtoberfläche der Partikel zu, auf der die stabilisierenden Emulgatormoleküle absorbiert vorliegen. Erfolgt die Oberflächenzunahme der polymeren Phase schneller als die Zugaberate der stabilisierenden Emulatoren nimmt im allgemeinen die kolloidale Stabilität des Systems ab. In vergleichbarer Weise kann auch der Einfluss des pH-Wertes und der Viskosität erklärt werden. Aus dem Zusammenwirken dieser Einflüsse entstehen während des Herstellprozesses ganz bestimmte Phasen (kritische Zeitfenster) mit besonders hoher Empfindlichkeit, bei denen gegebenenfalls entgegengesteuert werden muss. Derartige Maßnahmen können, je nach Ursache der verminderten Stabilität kurzzeitig an- gepasste Rührerdrehzahländerungen, Veränderung der Monomer- Dosiergeschwindigkeit und damit der Reaktionswärmeerzeugung, pH-Veränderung, erhöhte Emulgatordosierung, Verdünnung durch Lösungsmittel-Zugabe, Veränderung der Reaktionstemperatur, Viskositätsregulierung, veränderte Initiatordosierung oder Anpassung der Druckverhältnisse (bei Druckreaktionen) sein.
Die Erfindung umfasst auch ein Computerprogramm mit Programmcode, das dazu geeignet ist, ein Verfahren gemäß der Erfindung durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einer geeigneten Rechen- bzw. Steuereinrichtung abläuft.
Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
Die Erfindung wird im folgenden anhand einiger Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme auf die Figuren illustriert.
Figur 1 zeigt eine grafische Darstellung der Messergebnisse der Koagulatbildung aus einem Versuchsbeispiel 5, wobei die Menge der groben Teilchen in relativen Einheiten über der Reaktionszeit aufgetragen ist.
Figur 2 zeigt eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Messanordung mit einer rheologischen Zelle-
Beispiele
Beispiel Ia:
In einem 40 1 Reaktor ausgestattet mit einem MIG Rührer wird eine Mischung aus 5,5 kg Wasser, 0,52 kg Emulgator 1 und 125 g Itaconsaure unter Stickstoff vorgelegt und nach Zugabe von 5 % der Zulaufes 1 mit 140 UpM auf 95 0C geheizt. Nach Zugabe von 0,60 kg einer 5%igen Lösung von Nat- riumperoxodisulfat wird nach 10 min der Rest an Zulauf 1 sowie parallel dazu eine Lösung von 2,25 kg einer 4,4%igen Natriumperoxosulfat-Lösung in 4 h zudosiert. Nach weiteren 2 h bei 90 0C wird mit einer Lösung von 0,9 kg einer 2%igen Lösung von tert . -Butylhydroperoxid und 0,95 kg einer verdünnten, wässrigen Lösung von 66 g Natriumhydrogensulfit (40%ig) und 5 g Aceton in 2h behandelt und danach auf 50 0C gekühlt und mit Natronlauge auf einen pH-Wert von ca. 5,5 langsam eingestellt. Nach Zugabe üblicher Mengen an Entschäumer und Bakterizid wird mit Dampf unumgesetztes Monomer im Laufe von 5 h entfernt. Es wird eine 47%ige, koagu- latfreie Dispersion erhalten, pH ca. 5,7, Teilchengröße 82 nm (Lichtstreuung und einer Glastemperatur von ca. 4 0C er-
halten. Die Viskosität wurde zu 150 mPas bestimmt (Brook- field, RV, Sp.2, 100UpM, 25 0C). Gaschromatographisch wurden 50 ppm Styrol und 20 ppm Phenylcyclohexen (PCH), jedoch kein Butadien und Acrylnitril mehr gefunden.
Zusammensetzung von Zulauf 1 (aus verschiedenen Behältern gleichzeitig dosiert) :
6,2 kg Wasser
0,3 kg 30%ige Lösung eines sulfatierten C12-Fettalkohol- ethoxilates (3EO) (Emulgator 1)
0,27 kg Natronlauge (25%ig)
0, 6 kg Acrylsäure
7,2 kg Styrol
0,8 kg Acrylnitril
0,45 kg Acrylamid (50%ig)
6, 0 kg Butadien
0,45 kg Polymerisationsregler
0,5 kg Wasser zum Spülen der Leitungen
Beispiele lb-e)
Beispiel Ia wurde reproduziert dabei entsprechend folgender Angaben die Drehzahl während der Reaktion verändert: b) 180 min Rühren bei 90 UpM, 180 min bei 140 UpM c) 15 min Rühren bei 90 UpM, 345 min bei 140 UpM d) 15 min Rühren bei 140 UpM, 345 min bei 90 UpM e) permanente Drehzahlveränderung zwischen 140 und 90 UpM (jew. 10 min Abnahme, dann 10 min Zunahme)
Beispiel If)
Die Koagulatgehalte der erzeugten Produkte la-e sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst . Die Schaumbildungsneigung während der Reaktion als auch am fertigen Produkt waren nicht unterschiedlich. Die physikalischen Daten der Produkte unterscheiden sich im Rahmen der Messgenauigkeit nicht von denen des Beispieles Ia.
Die Koagulatwerte (s. Tab .1) wurden durch Siebfraktionie- rung über ein 4fach Sieb erhalten, indem 1,0 kg Dispersion mit 1,0 kg Wasser verdünnt und in 1 min durch die Filterkombination laufen gelassen wurde. Nach Trocknung (120 0C) wurde der Koagulatanteil gravimetrisch bestimmt.
Tab.1 Koagulatgehalte in mg/kg Dispersion
Es zeigt sich, dass durch die Reduzierung der Rührerdrehzahl in der ersten Viertelstunde der Reaktion die Koagulat- bildung wirksam reduziert werden kann. Die ersten 15 min stellen das kritische Zeitfenster für dieses Produkt hinsichtlich Koagulatbildung dar.
Beispiel 2a)
Eine bimodale Polymerdispersion wird im Produktionsmaßstab hergestellt. Unter Stickstoff wird eine Vorlage aus 0,4 Teilen Ascorbinsäure in 86,6 Teilen Wasser auf 90 0C erhitzt und dabei mit einem mehrstufigen Rührer mit einer äußeren Blattgeschwindigkeit von ca. 5 m/s gerührt. Bei 90 0C werden 14 Teile einer 5%igen Natriumperoxodisulfat-Lösung zugegeben und begonnen, eine Emulsion gemäß Zulauf 1 zuzu- dosieren. Die Zugabe erfolgt mit der Maßgabe, dass sie im Laufe von ca. I h langsam von einer Startmenge linear in zwei Stufen auf einen Maximalwert (4 fache Menge des Startwertes) gesteigert wird (Zeitfenster 1), aber in der Art geführt wird, dass gegen Ende der Zugabe die volle Kühlkapazität des Reaktors ausgenutzt wird. Hierzu sind ca. 5,0 h
Zudosierzeit der Monomeremulsion erforderlich. In dieser Zeit werden gleichzeitig noch weitere 39 Teile Natriumpersulfatlösung zudosiert, und mit 8 Teilen Wasser nachgespült.
Die Emulsion besteht aus Wasser 161 Teile,
2-Ethylhexylacrylat 580 Teile, Methylmethacrylat 51 Teile,
Vinylacetat 27 Teile,
Acrylsäure 3 Teile, sowie 5,0 Teilen Emulgator 2 und 6,0 Teilen Emulgator 3, 5,0 Teilen Natronlauge (25%ig) sowie weiteren 15 Teilen eines copolymerisierbaren Monomeren. Diese Komponenten werden z.T. gestuft zugegeben.
Emulgator 2 ist eine 45 % Lösung eines neutralisierten Bis- alkyl-diphenyloxid disulfonates und Emulgator 3 ein Natriumsalz eines C12-Fettalkoholethersulfates mit ca. 30 mol EO (100%ig gerechnet) .
Im weiteren, nachfolgenden Prozessschritten werden weitere 29 Teile verschiedener Rohstoffe zugegeben, so dass am Ende eine 65 Gew.-%ige Dispersion vorliegt. Die Dispersion fällt bei der Filtration koagulatfrei an und weist einem pH-Wert von 4,7 sowie eine Viskosität ca. 450 mPas auf (Rotations- viskosimeter bei 100/sec) .
Beispiel 2b)
Die Vorschrift 2a) wird im gleichen Reaktionsbehälter reproduziert. Nach ca. 70 min Dosierzeit der Emulsion (also 10 min nach Zeitfenster 1) wird die Drehzahl des Rührers um 14 % erhöht (Zeitfenster 2) . Unter erneuter Ausnutzung der maximalen Kühlleistung des Reaktors kann nun die Dosierzeit der Emulsion um 40 min verkürzt oder um 13 % reduziert wer-
den. Es wird eine Verbesserung der Wäremabfuhr erzielt, die physikalischen Messgrößen der Dispersion inklusive der Teilchengrößenverteilung und die anwendungstechnischen Eigenschaften sind im Rahmen der Messtoleranzen identisch.
2c) Vergleichsversuch:
Die Versuchsvorschrift 2a wird im gleichen Reaktionsbehälter mit dem Unterschied reproduziert, dass eine über die Dosierzeit konstante Dosierrate (Maximalwert) der Emulsion eingestellt wird, d.h. die Dosierrate in Zeitfenster 1 ist konstant und wird auch nach dem Zeitfenster 1 beibehalten. Die Rührerdrehzahl wird ebenfalls konstant gelassen (konstante Rührerdrehzahl in Zeitfenster 2) . Die Dosierung erfolgt unter Ausnutzung der maximalen Kühlkapazität in 4,5 h Dosierzeit. Während der Herstellung verdickte die Dispersion.
Durch Vergleich von 2c mit 2a zeigt sich, dass die ersten 60 min der Polymerisation das kritische Zeitfenster 1 hinsichtlich Viskosität darstellen. Der Vergleich 2b gegen 2a zeigt, dass die Optimierung der Rührbedingungen im Zeitfenster 2 es ermöglicht, die Dosierzeit, die durch die Wärmeabfuhr limitiert wird, weiter abzusenken.
Beispiel 3a:
In einem Druckreaktor mit 200 1 Fassungsvermögen wird unter Stickstoff eine Vorlage bestehend aus 2,0 kg Wasser, 0,2 kg eines 20 gew%igen Saatlatex vorgelegt und aufgeheizt. Bei 75 0C Innentemperatur wird 0,33 kg von Zulauf 2 zugegeben und in 1 h auf 80 0C aufgeheizt (Zeitfenster 1) . Danach wird der Zulauf 1 und Zulauf 2 gestartet und in 6,0 h zugefahren. Nach Beendigung der Zuläufe wird der Vorlagebehälter mit 0,25 kg Wasser gespült und der Reaktorinhalt auf 85 0C zur vollständigen Auspolymerisation aufgeheizt. Nach 1 h Rühren wird auf 60 °C abgekühlt und im Verlauf von 2 h mit
jeweils einer Lösung von 34,0 g tert-Butylhydroperoxid (70%ig) in 0,20 kg Wasser und einer Lösung von 21,0 g Natriumdisulfit in 0,25 kg Wasser gleichzeitig versetzt. Nach einer weiteren Stunde Rühren wird abgekühlt und mit 0,24 kg 25 gew%iger Natronlauge in 30 min neutralisiert und mit 20 g eines Entschäumers sowie 50 g eines üblichen, wässrigen Bakterizids versetzt. Das Produkt fällt koagulat- und stippenfrei an, weist einen pH von 6,7, einen Trockenwert von 48,3 % sowie eine Lichtdurchlässigkeit (0,01%ig, 1 cm Schichtdicke, Photometer) von 77 % auf und lässt sich einfach filtrieren. Eine 1 kg Probe wird durch ein 45 μm Feinsieb filtriert und hinterlässt < 0,01 % an Koagulat.
Zusammensetzung von Zulauf 1:
Wasser 4,40 kg
Natriumpyrophosphat 40 g
Emulgator 2 50 g
Natriumlaurylsulfat (15 %) 104 g
Natronlauge (25 %) 0,18 kg
Acrylsäure 0,25 kg
Styrol 1,36 kg
Acrylnitril 2,00 kg n-Butylacrylat 4,40 kg
Zulauf 2 ist eine Lösung von 46 g Natriumperoxodisulfat in 0, 62 kg Wasser.
Beispiel 3b) Der Versuch 3a) wird mit folgendem Unterschied wiederholt :
Der Ansatz wird in einem 1 m3 Druckreaktor hergestellt, die 5 fachen Mengenangaben werden verwendet . Die Zugabe von Zulauf 1 und 2 wird bei 85 0C Innentemperatur begonnen, dabei wird der Reaktorinhalt in 15 min (Zeitfenster 1) weiter aufgeheizt und bei 100 0C Innentemperatur wird dann Zulauf
1 und 2 in 3,0 h zudosiert. Nach vollständiger Zugabe wird 1 h bei 100 0C gerührt, dann auf 60 0C gekühlt und entsprechend weiter verfahren.
Das Produkt fällt koagulat- und stippenfrei an, weist einen pH von 7,0, einen Trockenwert von 49,8 % sowie eine Lichtdurchlässigkeit von 64 % auf und lässt sich einfach filtrieren. Eine 1 kg Probe wird durch ein 45 μm Feinsieb filtriert und hinterlässt 0,013 % an Koagulat.
Beispiel 3c)
Der Versuch 3a) wird mit folgendem Unterschied wiederholt: Die Zugabe von Zulauf 1 und 2 wird bei 95 0C Innentemperatur begonnen, dabei wird der Reaktorinhalt in 15 min (Zeitfenster 1) weiter aufgeheizt und bei 110 0C Innentemperatur wird dann Zulauf 1 und 2 in 2,0 h zudosiert. Nach vollständiger Zugabe wird 1 h bei 110 0C gerührt, dann auf 60 0C gekühlt und entsprechend weiter verfahren.
Das Produkt fällt koagulat- und stippenfrei an, weist einen pH von 6,9, einen Trockenwert von 49,9 % sowie einen LD- Wert von 68 % auf und lässt sich einfach filtrieren. Eine 1 kg Probe wird durch ein 45 μm Feinsieb filtriert und hinterlässt < 0,010 % an Koagulat.
Beispiel 3d)
Der Versuch 3a) wird mit folgendem Unterschied wiederholt: Die Zugabe von Zulauf 1 und 2 wird bei 95 0C Innentemperatur begonnen, dabei wird der Reaktorinhalt in 15 min (Zeitfenster 1) weiter aufgeheizt und bei 120 °C Innentemperatur wird dann Zulauf 1 und 2 in 3,0 h zudosiert. Nach vollständiger Zugabe wird 1 h bei 120 0C gerührt, dann auf 60 0C gekühlt und entsprechend weiter verfahren.
Das Produkt fällt koagulat- und stippenfrei an, weist einen pH von 6,9, einen Trockenwert von 49,9 % sowie einen LD- Wert von 68 % auf und lässt sich einfach filtrieren. Eine 1 kg Probe wird durch ein 45μm Feinsieb filtriert und hinter- lässt <0,010 % an Koagulat.
Beispiel 3e)
Beispiel 3d wird unter folgender Veränderung wiederholt: Die Zugabe von Zulauf 1 und Zulauf 2 wird unter Druck bei einer Innentemperatur von 120 °C durchgeführt (Zeitfenster 1 = 0 min) . Die Dosierung erfolgt in 3h. Danach wird analog Beispiel 3a weiterverfahren. Das Produkt fällt koagulat- und stippenarm an, weist einen pH-Wert von 6,5, einen Trockenwert von 49,3 % sowie einen LD-Wert von 62 % auf und lässt sich einfach filtrieren. Der Filtrationstest (45 μm Sieb) liefert einen nicht mehr tolerierbaren Koagulatwert von 0,3 %. Eine Molekulargewichtsbestimmung liefert geringeres Molekulargewicht als die Produkte aus den Beispielen 3a-3d.
Durch Vergleich der Beispiele 3a bis 3e zeigt sich, dass die erste Reaktionsphase (Zeitfenster 1) kritisch hinsichtlich der Prozessgröße Temperatur und dem Koagulatgehalt ist. Außerhalb des Zeitfensters kann die höhere Temperatur zur Verbesserung der Kühlleistung herangezogen werden, was sich in einer kürzeren Dosierzeit widerspiegelt.
Beispiel 4)
Die Produkte aus den Beispielen 3a, 3c und 3d wurden gegen eine entsprechende Produktionsware als Bindemittel für Papierstreichfarben geprüft. Das Produkt aus Beispiel 3e erweist sich neben dem Koagulatanteil hinsichtlich mechanischer Stabilität (10 min Rühren mit Ultraturrax-Rührer bei 5000 UpM, welches einen Vortest darstellt) und Viskosität als ungeeignet und wurde nicht mitgeprüft.
Tab. 2 : Formulierung (alle Angaben in Gew%;
1) Handelsprodukt der Fa. Omya, Köln, Deutschland.^ 2) Handelsprodukt der Fa. Kaolin International B. V. Antwerpen, Niederlande; 3) Handelsprodukt der BASF AG, Ludwigshafen, Deutschland.
Tab. 3 : Prüfergebnisse Maschinenstrich 10 g/m2 auf Scheufeien
Beispiel 5a)
Ermittlung eines kritischen Zeitfensters bei der Herstellung einer Dispersion in einer Labor-Versuchsapparatur mittels Partikelmessung
In einer 4 1 doppelmanteligen Glasapparatur mit aufgesetztem Rührmotor (Pilotanlage), drei getrennten Zuläufen und einem aufgesetzten Rückflusskühler wird nach folgender allgemeiner Vorschrift eine Dispersion hergestellt. Als Rührer dient dabei ein dreistufiger Kreuzbalkenrührer mit einem d/D Verhältnis von 0,9, der mit 150 UpM betrieben wird (1,4 m/s Blattgeschwindigkeit) .
Aus einem Monomerengemisch der Zusammensetzung 50 Gew% n-Butylacrylat 46 Gew% Styrol,
2 Gew% Acrylsäure,
2 Gew% Methacrylsäure wurde unter Verwendung von 0,1 Gew% Emulgator 2 und 0,1 Gew% Natriumlaurylsulfat (jew. bezogen auf Summe der Monomeren) eine Emulsion in einem Vorlagebehälter durch intensives Rühren bereitet. Die Zusammensetzung der Emulsion ist so bemessen, dass am Reaktionsende eine 50 gew%ige Dispersion vorliegt.
In dem Reaktionsgefäß wurde 0,30 kg entionisiertes Wasser vorgelegt, mit einer definierten Menge Natriumlaurylsulfat versetzt und unter Stickstoff auf 80 0C aufgeheizt. Die Menge an vorgelegtem Natriumlaurylsulfat ist so bemessen, dass der mittlere Teilchendurchmesser der Enddispersion gerade 150 nm (Lichtstreuung) beträgt. Alternativ kann auch eine entsprechende Menge an Saatlatex verwendet werden. Zu der Vorlage werden 2 % der bereiteten Monomeremulsion zugegeben und eine Lösung von 0,3 Gew% Natriumperoxodisulfat in 200 g Wasser (= Zulauf 2), eine Lösung von 8,0 g Natriumbi-
carbonat in 200 g Wasser (= Zulauf 3) und den Rest der Emulsion in 3 h bei der definierten Polymerisationstemperatur kontinuierlich zuzudosieren.
Aus dem Reaktionsraum kann über eine Bodenöffnung Reaktionsmischung entnommen werden und mittels einer kleinen Schlauchpumpe wieder zurückgeführt werden. Auf der Druckseite der Schlauchpumpe wird jedoch eine kleine Teilmenge abgezweigt, temperiert und im geeigneten Verhältnis mit einer Elektrolytlösung verdünnt und einem Coulter-Counter- Gerät halbkontinuierlich zugeführt. Die Messzeit beträgt ca. 1 min, danach erfolgt die nächste Dosierung.
Durch Variation der Zusammensetzung und der Reaktionsbedingungen kann das Auftreten von Mikrokoagulat beobachtet werden. Damit erlaubt die Messanordnung die direkte Überprüfung von Prozessgrößen zur Bestimmung von kritischen Zeitfenstern.
Beispiel 5b)
Wie Beispiel 5a, jedoch ohne Natriumbicarbonat in Zulauf 3.
Beispiel 5c) wie Beispiel 5b, jedoch bei 95 0C Polymerisationstemperatur
Beispiel 5d)
Wie Beispiel 5a, mit dem Unterschied, dass nach 60 min Zulaufszeit (Zeitfenster 1) die Reaktionstemperatur in 15 min langsam auf 95 0C gesteigert und dabei auch die Rührerdrehzahl auf 200 UpM erhöht wird (Zeitfenster 2) .
Die Ergebnisse der Messung sind in Figur 1 wiedergegeben. Das Weglassen eines Hilfsstoffes (Natriumbicarbonat, Beispiel 5b gegenüber Beispiel 5a) zeigt die Bildung von Mikrokoagulat während der gesamten Reaktion und im Beispiel 5c
im kritischen Zeitfenster von 60 min durch Zunahme der relativen Einheiten des Messsignales. Bei niedriger Reaktionstemperatur im Zeitfenster 1 und in Gegenwart des Hilfs- stoffes wird keine Bildung des Mikrokoagulates beobachtet, auch wenn die Scherbelastung durch Erhöhung der Rührerdrehzahl in Zeitfenster 2 erhöht wird. Zeitfenster 1 und 2 beziehen sich auf unterschiedliche Prozessgrößen und überlappen nicht.
Beispiel 6)
Ermittlung eines kritischen Zeitfensters bei der Herstellung einer Dispersion in einer Labor-Versuchsapparatur mittels Scherzelle
Beispiel 5b wird wiederholt. In der Bypassleitung befindet sich eine Schlauchpumpe 20 (Förderleistung von max. 120 ml/min) die die Reaktionsmischung mit 25 ml/min durch eine rheologische Zelle 14 durchpumpt (vgl. Figur 2) . Die Zelle 14, in der ein von einem Motor M angetriebener zylindrischer Rotor regelbar bis zu 10.000 UpM rotiert, hat ein Volumen von 25 ml. Hinter der Zelle 14 ist in den Umpumpkreis ein Planfilter 18 mit 2 μm Porenweite eingebaut. Die Filterbelegung wird durch Differenzdruckmessung mittels Druckaufnehmern 16 vor und nach dem Filter 18 ermittelt und in einem Computer bzw. einer Steuereinrichtung (nicht dargestellt) als Funktion der Reaktionszeit bei der Messung (= Erhöhung der Drehzahl in der Zelle) registriert. Das FiIt- rat wird in thermisch isolierten Leitungen wieder in den Reaktionsbehälter 12 zurückgeführt.
5 min nach Anspringen der Polymerisation wird erstmals das Drehzahlprogramm zur Messung in der Scherzelle 14 gestartet. Aus der Ruhedrehzahl (50 UpM) wird innerhalb von 40 sec die Drehzahl auf 3000 UpM gesteigert, 20 sec gehalten und in 20 sec wieder auf 50 UpM gesenkt. Dabei werden der
Druck der beiden Messdosen 16 sowie der entsprechende Differenzdruck und die Temperatur des Mediums kontinuierlich registriert. Aus der Dosierzeit und der Dosierrate und der Zusammensetzung der Monomeremulsion wird rechnerisch der momentane Feststoffanteil im Reaktor 12 ermittelt. Bei einem Differenzdruck von 150 mbar ist der Filter voll belegt.
Die Apparatur zeigt die Zunahme von abgeschiedenem Feinkoa- gulat beginnend nach ca . 85 min Reaktions zeit . In diesem Fall ist das kritische Zeit fenster ab ca . 80 min Reaktionszeit zu sehen .