Rongeur
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Rongeur, insbesondere einen Rongeur für nukleotomische Anwendungen.
Eine Bandscheibenoperation, auch Nukleotomie genannt, kann notwendig sein, wenn es durch einen Bandscheibenvorfall zu einer Kombination von Ausfällen der Hautempfindung, der Muskelkraft und/ oder der Reflexaktivität kommt, die sich dem Versorgungsgebiet einer Nervenwurzel zuordnen lässt (radikuläre Symptomatik).
In Fig. 1 ist ein Lendenwirbel 10, im Folgenden als Wirbel 10 bezeichnet, schematisch dargestellt. Der ventrale Teil des Wirbels 10 umfasst einen Wirbelkörper 12. Dorsal liegen Querfortsätze 14, Gelenkfortsätze 16 und ein Dornfortsatz 18. Der Dornfortsatz 18 ist in sagittaler Rich- tung eingestellt, während sich die Querfortsätze 14 in lateraler Richtung erstrecken. Zwischen jeweils einem Querfortsatz 14 und dem Dornfortsatz 18 ist ein Gelenkfortsatz 16 angeordnet. Diese Fortsätze sind an dem Wirbelbogen 20 angeordnet, der bogenförmig die Rückseite eines Wirbellochs 22 umschließt. Die aneinander gereihten Wirbellö- eher 22 der einzelnen Wirbel 10 der Wirbelsäule bilden den Wirbelkanal, in den das Rückenmark eingebettet ist.
Fig. 2 zeigt schematisch einen Wirbelsäulenabschnitt 24 in einer perspektivischen Ansicht. Die Bandscheiben 26 (Zwischenwirbelscheiben) sind zwischen den einzelnen Wirbelkörpern 12 der Wirbel 10 angeord- net. Die Bandscheiben 26 bestehen aus einem Faserring 28, der einen weichen Gallertkern 30 umschließt. Der Faserring 28 ist aus konzentrischen kollagenen Fasern und Faserknorpeln aufgebaut. Der Gallertkern 30 ist ein zellarmes gallertartiges Gewebe mit einem hohen Was-
sergehalt, das wie ein Wasserkissen stoßdämpfend wirkt. Darüber hinaus ist in Fig. 2 ein Teil eines Rückenmarks 32 dargestellt. Von diesem gehen zwischen den Wirbelbögen 20 und den Wirbelkörpern 12 der einzelnen Wirbel 10 in den Ebenen, in denen die Bandscheiben 26 an- geordnet sind, Spiralnerven 34 ab.
Schädigungen der Bandscheiben können etwa durch übermäßige und/ oder einseitige Belastungen der Wirbelsäule aufgrund von Fehlhaltungen oder muskulären Schwächen oder aber auch bei genetischer Disposition in den unterschiedlichsten Lebensaltersstufen auftreten. Die Bandscheiben 26 der Wirbelsäule sind dabei oft einer fortschreitenden Degeneration unterworfen. Es kommt häufig zu einer verminderten Hydration und damit zu einer Abnahme des Quellungsdrucks des Gallertkerns 30. Dadurch wird der Faserring 28 stärker zusammengedrückt, wobei es zu einer Schwächung meistens in einer poste- rioren Region der Bandscheibe 26 kommt. Durch das Zusammensinken einer Bandscheibe 26 oder durch eine Fissur des Faserrings 28 drückt entweder der Faserring 28 gegen Spiralnerven 34 (bulging) oder Teile des Gallertkerns 30 werden in den Wirbelkanal gedrückt (Diskushernie, Sequester). In Fig. 2 ist beispielhaft und vereinfacht ein Prolaps 36 dargestellt, d.h. ein Einriss im Randbereich der Bandscheibe, wobei durch austretendes Material des Gallertkerns 30 ein von dem Rückenmark 32 abgehender Spiralnerv 34 eingeklemmt und gereizt wird. Durch diesen Bandscheibenvorfall kann es zu ausstrahlenden Schmerzen, Taubheitsgefühlen und evtl. Lähmungen der von die- sem Nerv versorgten Muskulatur kommen. Eine Vielzahl von Patienten ist von solchen Bandscheibenvorfällen betroffen.
Ein derartiger Vorfall kann auf verschiedene Weise behandelt werden. So kann das betroffene Bewegungssegment der Wirbelsäule versteift oder dynamisch stabilisiert werden. Es kann auch eine künstliche
Bandscheibe oder ein künstlicher Gallertkernersatz (Nukleoplastie) eingesetzt werden. Für das Einsetzen eines künstlichen Gallertkerns 30 oder eines Cages, sowie in Fällen ohne Versorgung durch ein Implantat wird die Bandscheibe 26 ausgeräumt und der Gallertkern 30 entfernt. Die auf die Nerven drückenden Bandscheibenteile, gegebenenfalls sogar die ganze Bandscheibe 26, werden operativ entfernt (Nukleotomie). Dazu wird eine spezielle Hohlmeißelzange, auch Ron- geur genannt, in den Raum zwischen zwei Wirbelbögen 20 zweier Wirbel 10 von dorsal oder dorsolateral eingeführt. Die dabei gebräuch- lichsten Operationsmethoden sind dabei der posteriore oder der poste- rolaterale Zugang. Zusätzlich wird eine Laminektomie oder eine Hemi- laminektomie durchgeführt.
Grundsätzlich sind Rongeure zur nukleotomischen Anwendung bekannt. Diese umfassen einen Griff mit einem daran angebrachten lang gestreckten, gerade ausgebildeten Schaft. An dem dem Griff gegenüberliegenden Ende des Schafts ist ein Maul angebracht, mit dem zangenartig das Gewebe erfasst werden kann.
Es sind auch Varianten bekannt, bei denen sich das Maul auf einer Seite der Längsachse des Schafts öffnet, die derjenigen Seite gegenüber liegt, an welcher der Griff angeordnet ist. Griff und Maulöffnung sind also bezüglich der Schaftlängsachse sozusagen gespiegelt angeordnet und das Maul öffnet sich in eine Vorschubrichtung. Die Vorschubrichtung beschreibt die Richtung einer Einführbewegung des Rongeurs in den Körper eines Patienten. Zum Beispiel weisen einige Rongeure, die von der Firma Ackermann (Deutschland) vertrieben werden, eine derartig gespiegelte Anordnung von Griff und Maulöffnung auf. In einer Variante ist das Maul zusätzlich in eine Richtung abgewinkelt, die derjenigen Seite gegenüber liegt, an welcher der Griff angeordnet ist. Die Ebene, in der sich der Griff er-
streckt, und die Ebene, in der sich das Maul öffnet (Maulebene), sind hierbei identisch.
Des Weiteren ist auch ein so genannter reverser Rongeur bekannt, der auf dem Eurospine Kongress in Barcelona vom 20. bis zum 24. Sep- tember 2005 von der Firma Teleflex vorgestellt wurde. Dieser Rongeur 60 ist in Fig. 3a dargestellt. An eine Griffeinheit 62, die einen Manipulationsgriff 64 und ein Griffelement 66 umfasst, schließt sich ein lang gestreckter, gerader Schaft 68 mit einer oberen Schafteinheit 70 und einer unteren Schafteinheit 72 an. An dem Ende des Schafts 68, das der Griffeinheit 62 abgewandt ist, ist eine Mauleinheit 74 mit einem beweglichen Maulelement 76 angeordnet.
Fig. 3b zeigt eine vergrößerte Ansicht des linken Teils des in Fig. 3a dargestellten Rongeurs 60. Es ist zu erkennen, dass eine Maulelementaussparung 78 dem Maulelement 76 zugeordnet ist. Das Maul- element 76 und die Maulelementaussparung 78 wirken durch Betätigung des Manipulationsgriffs 64 zangenartig zusammen.
Bei dem reversen Rongeur gemäß Fig. 3a und 3b öffnet sich das Maul - im Gegensatz zu einer üblichen Handwerkszange - in Richtung des Griffs, also entgegen der Vorschubrichtung. Sowohl der Griff als auch das Maul des Rongeurs sind auf einer dem Operateur zugewandten
Seite der Längsachse des Schafts angeordnet. Mit anderen Worten bilden der Schaft und der Griff des Rongeurs im Wesentlichen eine L- Geometrie aus und das Maul öffnet sich innerhalb des durch dieses L begrenzten Bereichs. Bei weit geöffnetem Maul ergibt sich, vereinfa- chend dargestellt, eine U-Geometrie.
Es sind weitere reverse Rongeure bekannt (Website www.endopro.pl), bei denen sich das Maul zwar in der gleichen Ebene wie bei dem vorstehend beschriebenen bekannten Rongeur 60 (Fig. 3a und 3b) öffnet.
Allerdings öffnet sich das Maul nicht innerhalb des durch das L begrenzten Bereichs, sondern auf der gegenüberliegenden Seite des Schafts. Würde man im Fall des bekannten Rongeurs 60 bildlich von einer Öffnung des Mauls nach "unten" sprechen, so würde sich das Maul der weiteren bekannten reversen Rongeure also nach "oben" öffnen. Diese bekannten Rongeure besitzen einen geraden Schaft ohne arbeitsseitige Abwinkelung oder Krümmung.
Mit derartigen Rongeuren können viele Bereiche des Operationsraums nur schwer erreicht werden. Insbesondere kann es gegebenenfalls notwendig sein, die Operation von mehreren Seiten durchzuführen, um sicherzustellen, dass das den Nerv einengende Gewebe vollständig entfernt wurde. Dazu sind unter Umständen sogar mehrere Operationszugänge nötig.
Es soll nunmehr ein neuartiger Rongeur der eingangs genannten Art angegeben werden. Der nachfolgend beschriebene Rongeur vereinfacht, neben einer Reihe weiterer Eigenschaften, die Entfernung von Gewebeteilen, wobei insbesondere den Gegebenheiten bei einer nukleotomi- schen Anwendung Rechnung getragen werden soll.
Der hier angegebene Rongeur umfasst ein manipulationsseitiges Ende und ein arbeitsseitiges Ende, einen sich zwischen dem manipulations- seitigen Ende und dem arbeitsseitigen Ende erstreckenden Schaft, einen am manipulationsseitigen Ende des Schafts angeordneten und gegenüber dem Schaft abgewinkelten Griffabschnitt, und ein am arbeitsseitigen Ende des Schafts angeordnetes Maul. Ferner umfasst der Schaft an seinem manipulationsseitigen Ende einen ersten geraden
Schaftabschnitt mit einer ersten Längsachse und an seinem arbeitsseitigen Ende einen zweiten geraden Schaftabschnitt mit einer zweiten Längsachse, wobei die zweite Längsachse gegenüber der ersten Längsachse einen Winkel einschließt, derart, dass der zweite gerade Schaf-
tabschnitt ausgehend von dem ersten geraden Schaftabschnitt in einen ersten Halbraum hinein weist. Der erste Halbraum ist geometrisch als ein Halbraum definiert, der komplementär zu einem zweiten Halbraum ist, in welchem der Griffabschnitt liegt, wobei die Halbräume durch eine Ebene begrenzt sind, in der sich der erste gerade Schaftabschnitt erstreckt und die senkrecht auf einer durch den ersten geraden Schaftabschnitt und den abgewinkelten Griffabschnitt definierten Ebene steht, wobei das Maul in dem zweiten geraden Schaftabschnitt angeordnet ist und ein um eine Schwenkachse schwenkba- res Maulteil aufweist, und wobei die Schwenkachse an einem distalen Ende des Maulteils angeordnet ist, derart, dass sich das schwenkbare Maulteil bei geschlossenem Maul vom arbeitsseitigen Ende des Schafts weg erstreckt, so dass das Maul im geöffneten Zustand im Wesentlichen in Richtung des manipulationsseitigen Endes des Schafts weist. Es handelt sich damit um einen sogenannten „reveresen Rongeur" wie oben definiert. Im Weiteren ist das Maul auf einer dem Griff angewandten Seite des Schafts angeordnet, das heisst das Maulteil öffnet sich in einer in den ersten Halbraum hineinweisenden Richtung.
Im Folgenden werden der erste gerade Schaftabschnitt auch als "Schaft" und der zweite gerade Schaftabschnitt auch als "Maulabschnitt" bezeichnet.
Das Instrument kann mit anderen Worten wie folgt beschrieben werden: Der Rongeur weist einen Schaft auf mit einem manipulationsseitigen und einem arbeitsseitigen Ende, und am manipulationsseitigen Ende einen in einer Richtung vom Schaft abgewinkelten Griff. An einem zweiten, arbeitsseitigen Ende ist ein Maul angeordnet, das im Wesentlichen auf einer von der Richtung, in die Griff abgewinkelt ist, abgewandten Seite des Schaftes liegt, sowie ein schwenkbares Maulteil. Das Maulteil ist an seinem distalen Ende am Schaft gelagert, so, dass
die Öffnung des Mauls zum arbeitsseitigen Ende des Schaftes hin weist; es handelt sich also um einen Rongeur, dessen Arbeitsrichtung, also die Schab- und Schneidrichtung des Maulteils beim Schliessen, zum Operateur hin gewandt ist. Dabei weißt der Schaft eine Krüm- mung oder Abwinkelung auf, die insbesondere nahe am arbeitsseitigen Ende, aber proximal vom Maul liegt, und die ebenfalls wenigstens eine von der Abwinkelungsrichtung des Griffes wegweisende Komponente aufweist. Unter proximal ist dabei „zum manipulationsseitigen Ende hin" und unter distal „zum arbeitsseitigen Ende hin" zu verstehen. Bei dem hier angegebenen Rongeur können mit dem Maul, ähnlich wie mit einer herkömmlichen Zange, Gewebeteile erfasst werden. Anders als bei herkömmlichen Zangen öffnet sich das Maul aber in Richtung des Griffabschnitts bzw. des manipulationsseitigen Endes des Schafts, also entgegen der Vorschubrichtung (reverser Rongeur) . Im Gegensatz zu manchen der bekannten, vorstehend erwähnten reversen Rongeure öffnet sich das Maul allerdings nicht in einem Halbraum, in welchem der Griffabschnitt liegt und der durch eine Ebene begrenzt ist, in der sich der Schaft erstreckt und die senkrecht auf einer durch den Schaft und den Griffabschnitt definierten Ebene (Schaft-Griff-Ebene) steht. Vielmehr öffnet sich das Maul in dem dazu komplementären Halbraum. Bei diesem reversen Rongeur kann also bei geöffnetem Maul in weitestem Sinne von einer Z-Geometrie gesprochen werden, wobei die mittlere Linie des Z durch den Schaft gebildet wird, was die bezüglich der Längsachse des Rongeurs bzw. des ersten geraden Schaf- tabschnitts gespiegelte Anordnung von Griff und Maul bildlich ausdrückt. Anders ausgedrückt kann die Ebene, die durch das geöffnete Maul gebildet wird und in der die Zangenbewegung des Mauls erfolgt (Maulebene), gegenüber der Schaft-Griff- Ebene um die Längsachse des Schafts (ausgehend vom Griff des Griffabschnitts) um einen beliebigen
Winkel zwischen 90° und 270° verdreht sein. Die Maulebene muss nicht mit der Griff-Schaft-Ebene identisch sein.
Weiterhin ist bei dem hier angegebenen Rongeur im Gegensatz zu den bekannten reversen Rongeuren zusätzlich das Maul gegenüber dem Schaft abgewinkelt oder gekrümmt angeordnet, d.h. der Rongeur besitzt eine arbeitsseitige Abwinklung oder Krümmung. Das Maul liegt daher nicht auf der Längsachse des Schafts.
Das arbeitsseitige Ende des Schafts weist einen krümmungsfreien, geraden zweiten Schaftabschnitt oder Maulabschnitt auf. In diesem Maulabschnitt ist das Maul angeordnet, welches ein schwenkbares Maulteil aufweist. Das Maul ist somit kein stanzenartiges Element ("Puncher"), sondern gleicht eher einer Zange. Mit anderen Worten um- fasst das Maul einen klappbaren Kiefer, mit dem die - aus Sicht des Operateurs - verdeckten Bereiche des Bandscheibenraums erreicht und effizient ausgeräumt werden können. Das schwenkbare Maulteil hat bei der Betätigung damit eine Schabfunktion, ähnlich einer Kürette, und weißt bedingt durch ihren Schwenkradius eine gewisse Reichweite auf, innerhalb derer bei der Betätigung des Rongeurs Material ausgeräumt wird, was die Funktion deutlich von der einer Stanze un- terscheidet.
Insbesondere ist der Rongeur arbeitsseitig derart geformt und dimensioniert, dass es mit diesem starren Instrument möglich ist, einerseits beim Einführen des Rongeurs an den Dornfortsätzen 18 vorbeizukommen und andererseits bei eingeführtem Rongeur den gesamten Nukleus auszuräumen. Die Länge soll also so bemessen sein, dass einerseits der gesamte Bandscheibenraum erfasst werden kann, und anderseits das Instrument in dem kleinen zur Verfügung stehenden Eintrittsfenster zwischen den Wirbeln handhabbar und manövrierbar ist. Beispielsweise beträgt die Längserstreckung des zweiten geraden
Schaftabschnitts bzw. des Maulabschnitts zwischen 15 mm und 45 mm. Bei einem kürzeren Maulabschnitt wäre das dem Maulabschnitt zugeordnete Maulteil weniger gut geeignet, um alle Bereiche des Bandscheibenraums zu erfassen. Ein Maulabschnitt mit einer Längser- Streckung von über 45 mm würde hingegen keine weiteren Vorteile bezüglich der Erreichbarkeit aller Bereiche des Bandscheibenraums aufweisen und wäre daher unnötig sperrig und umständlich in der Handhabung.
Die arbeitsseitige Abwinklung oder Krümmung des Rongeurs bzw. der Winkel zwischen dem ersten und dem zweiten geraden Schaftabschnitt umfasst beispielsweise einen Winkelbereich von etwa 15° bis 35°. Bei einem Winkel von wenigstens 15° kann der Maulabschnitt die - aus Sicht des Operateurs - verdeckten Bereiche des Bandscheibenraums gut erreichen. Bei einem Winkel von mehr als 35° würde sich unter anderem das Einführen des Rongeurs in den Körper des Patienten als zunehmend schwierig bis unmöglich erweisen, da insbesondere die Dornfortsätze des Wirbels den zur Verfügung stehenden Manipulationsspielraum einschränken.
Im Weiteren hängt die Einführbarkeit bei einem gegebenen Winkel auch von der Übergangsgeometrie zwischen dem ersten und dem zweiten Schaftabschnitt ab. In einem Ausführungsbeispiel ist ein Übergangsbereich zwischen dem ersten geraden Schaftabschnitt und dem zweiten geraden Schaftabschnitt als Bogensegment mit im Wesentlichen konstanter Krümmung ausgebildet, und zwar derart, dass der Übergangsbereich im Wesentlichen einen Kreisbogenabschnitt darstellt. Beispielsweise beträgt der Krümmungsradius des Bogenseg- ments zwischen 50 mm und 125 mm.
Eine derart definierte Krümmung verläuft einerseits so, dass der Ron- geur einfach zu handhaben ist. Andererseits ist der durch obige Werte
definierte Krümmungswinkel groß genug, um den gesamten Bandscheibenraum mit dem Maulabschnitt zu erreichen. Als Faustregel kann festgehalten werden, dass ein grosser Krümmungsradius einen grosseren Winkel ermöglicht, auf der anderen Seite aber die Handha- bung, insbesondere beim Zugang und beim Ausführen des Instruments, insgesamt nicht erleichtert.
Durch die hier angegebene geometrische Ausgestaltung des Rongeurs wird die Bedienung vereinfacht und es können zuverlässig alle störenden Gewebeteile, insbesondere der gesamte Nukleus, entfernt werden, da die bei einer Operation relevanten Bereiche erreichbar sind und es insbesondere möglich ist, das Instrument bzw. dessen arbeitsseitigen Endbereich mit dem Maulabschnitt um die Dornfortsätze herumzuführen. Eine optimale Kontrolle über das chirurgische Instrument und vor allem über das Maul ist von besonderer Bedeutung, da sich im Fall einer Nukleotomie die Operation nahe dem Rückenmark abspielt und Schädigungen des Rückenmarks im Verlauf der Operation unbedingt zu vermeiden sind.
In einer Ausführungsform liegen der erste gerade Schaftabschnitt und der zweite gerade Schaftabschnitt in einer Ebene, die mit einer Ebene zumindest im Wesentlichen identisch ist, in der die Öffnung des Mauls liegt.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform liegt die Öffnung des Mauls in einer Ebene, die mit einer Ebene zumindest im Wesentlichen identisch ist, die durch den ersten geraden Schaftabschnitt und den abgewinkel- ten Griffabschnitt definiert ist.
In einer Ausführungsform liegen der erste gerade Schaftabschnitt und der zweite gerade Schaftabschnitt in einer Ebene, die mit einer Ebene
zumindest im Wesentlichen identisch ist, die durch den ersten geraden Schaftabschnitt und den abgewinkelten Griffabschnitt definiert ist.
Die verschiedenen Ausführungsformen sind an die jeweils herrschenden Operationsbedingungen angepasst, wobei verschiedene Kombina- tionsmöglichkeiten der beschriebenen Geometrien vorstellbar sind. Der Operateur kann also das für die Situation geeignete Instrument wählen, um gute Resultate zu erhalten und den Eingriff möglichst schonend zu gestalten.
Eine weitere Ausführungsform des Rongeurs weist am Maul und/ oder am Schaft eine Tiefenskala auf. Diese Markierungen dienen zur Orientierung des Operateurs, der damit einschätzen kann, wie tief sich das chirurgische Instrument im Körper des Patienten befindet. Diese Kontrolle über die Lage des Rongeurs vereinfacht die Operation und stellt auch einen Sicherheitsaspekt dar. Eine weitere Orientierungshilfe ist in einer weiteren Ausführungsform realisiert. In einem dem Griffbereich zugewandten Bereich des Schafts ist wenigstens ein Anzeigemittel vorgesehen, das dem Operateur die Richtung der arbeitsseitigen Krümmung oder Abwinklung des Schaftes und damit der Maulebene anzeigt. Weitere Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen angegeben.
Die Erfindung wird im Folgenden rein beispielhaft anhand möglicher Ausführungsformen und unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben. Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Wirbels (siehe
Einleitung) .
Fig. 2 zeigt eine Perspektivansicht eines schematisch dargestellten Wirbelsäulenabschnitts von schräg oben (siehe Einleitung) .
Fig. 3a zeigt einen reversen Rongeur, wie er beim Eurospine Kongress im September 2005 vorgestellt wurde.
Fig. 3b zeigt eine Vergrößerung des Mauls eines reversen Ron- geurs aus Fig. 3a.
Fig. 4 zeigt einen Rongeur, der von posterior in den Bandscheibenraum eingeführt ist. Fig. 5 zeigt eine Vergrößerung des linken Bildausschnitts von
Fig. 4 mit einem Wirbel und dem arbeitsseitigen Rongeu- rende.
Fig. 5a zeigt eine Ausführungsform eines Rongeurs.
Fig. 6 zeigt schematisch einen Rongeur mit geradem Schaft von vorne zur Erläuterung möglicher Orientierungen des
Mauls.
In Fig. 4 ist eine Ausführungsform eines Rongeurs 40 dargestellt. Dieser umfasst einen Griffabschnitt A und einen Schaft B. Der manipula- tionsseitige Griffabschnitt A weist einen Haltegriff 42 und einen Betäti- gungsgriff 44 auf. Der lang gestreckte Schaft B mit einem ersten geraden Schaftabschnitt 56 weist ein oberes Schaftelement 46 und ein unteres Schaftelement 48 auf. Das Maul 50 befindet sich am arbeitsseitigen Ende des Rongeurs 40, das einen zweiten geraden Schaftabschnitt, der im Folgenden auch als Maulabschnitt 55 bezeichnet wird, umfasst. Das Maul 50 umfasst ein Maulteil 52 und eine dem Maulteil 52 zugeordnete Maulaussparung 54. Außerdem ist der Wirbel 10 dargestellt. In dieser Darstellung wurde der Rongeur durch eine Öffnung zwischen dem Dornfortsatz 18 und dem Gelenkvorsatz 16 in den Bandscheiben-
räum eingeführt. Weitere Details des arbeitsseitigen Endes des Ron- geurs können der Fig. 5 entnommen werden.
Fig. 4 verdeutlicht auf besonders anschauliche Weise die Vorteile der bezüglich der Längsachse des Rongeurs 40 - d.h. bezüglich der Längs- achse des ersten geraden Schaftabschnitts 56 - in komplementären Halbräumen oder - anders ausgedrückt - auf unterschiedlichen Seiten angebrachten Funktionselemente Griff und Maul. Dadurch kann auch Bandscheibenmaterial, das aus der Sicht des Operateurs durch das Rückenmark 32 in dem Wirbelloch 22 verdeckt wird, erfasst werden. Dies wird auch durch den gekrümmten Verlauf des Übergangsbereiches zwischen dem ersten geraden Schaftabschnitt 56 und dem zweiten geraden Schaftabschnitt (Maulabschnitt) 55 erleichtert.
Ein Rongeur der bekannten Art würde bei einem operativen Eingriff durch dieselbe Öffnung zwischen dem Dornfortsatz 18 und dem unte- ren Gelenkfortsatz 16 nur Material erfassen, welches im Wesentlichen unterhalb der Sagittalebene (angedeutet durch die Linie XX') liegt. Durch die Z-Geometrie des Rongeurs 40 und die Abwinkelung des Maulabschnitts 55 gegenüber dem Schaft B werden ehedem nicht oder nur schwer zugängliche Bereiche des Bandscheibenraums erreicht. Der Rongeur 40 erlaubt es durch seine Formgebung vor allem, auch um das Rückenmark 32, das sich in dem Wirbelloch 22 befindet, herum zu arbeiten. Dies ermöglicht eine schonende Behandlungsweise, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass das zu entfernende Gewebe vollständig erfasst wird. Da sich die Wirbel 10 entlang der Wirbelsäule bezüglich ihrer Größe und Formgebung unterscheiden, können auch verschiedene Rongeure 40 unterschiedliche Größen und Formen aufweisen und dadurch für die jeweilige Aufgabe optimiert sein. Dies betrifft sowohl die Länge des Schafts B bzw. des ersten geraden Schaftabschnitts 56, die Ausgestal-
tung des Griffabschnitts A, als auch die Größe und Geometrie des Mauls 50. Auch kann der Rongeur 40 in seinem lang gestreckten Verlauf auf unterschiedlichste Arten und unterschiedlich stark abgewinkelt und gekrümmt sein. Auch Ausführungsformen mit einem gegen- über dem Schaft B abgewinkelten oder gekrümmten Maul 50 können vorgesehen sein.
Bei dem dargestellten Rongeur 40 wird das Maulteil 52 durch eine Bewegung des Betätigungsgriffs 44 bewegt. Dabei kann der hier nicht gezeigte und auch nicht näher erläuterte Betätigungsmechanismus der- art ausgelegt sein, dass das Maul 50 bei betätigtem Betätigungsgriff 44, das heißt wenn der Betätigungsgriff 44 und der Haltegriff 42 aufeinander zu geführt wurden, geschlossen ist. Der umgekehrte Fall, das heißt ein geschlossenes Maul 50, wenn der Betätigungsgriff 44 nicht betätigt ist, kann ebenso auf eine einfache Weise verwirklicht werden. Die Bewegung des Betätigungsmechanismus kann durch eine Relativbewegung des oberen Schaftelements 46 gegenüber dem unteren Schaftelement 48 vom Griffabschnitt A zum Maul 50 übertragen werden. Es kann eine Vielzahl von verschiedenartigen Griffen und Betätigungsmechanismen verwirklicht werden. Zusätzlich ist der Rongeur 40 mit einem Maulebenenanzeiger 84 versehen. In diesem lediglich beispielhaften Fall ist der Maulebenenanzeiger 84 eine kleine Fläche, die parallel zur Maulebene, d.h. die Ebene, in der sich das Maul öffnet, ausgerichtet ist. Dadurch zeigt der Maulebenenanzeiger 84 dem Operateur die Lage der Maulebene an und er- leichtert somit die Orientierung des Instruments im Körper eines Patienten während der Operation. Je nach Ausführungsform können derartige Anzeigemittel unterschiedlich ausgestaltet und z.B. als Stab oder Zeiger ausgebildet sein und beispielsweise auch die Lage einer Krüm- mungs-/Abwinkelungsebene des arbeitsseitigen Endes des Schafts B
anzeigen. Derartige Anzeigemittel sind bei komplexen geometrischen Ausgestaltungen des Rongeurs 40 von besonderer Bedeutung.
Fig. 5 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt des arbeitsseitigen Endes des Rongeurs 40 in einer Stellung innerhalb eines Bandscheibenzwi- schenraums, wie sie bei einer Operation typischerweise auftritt. Das Maul 50 ist dabei geöffnet und das Maulteil 52 ist mit einer Profilierung 58 versehen, um Bandscheibenteile leichter ergreifen und fixieren zu können. Im geschlossenen Zustand füllt das Maulteil 52 die ihm zugeordnete Maulteilaussparung 54 im Wesentlichen vollständig aus. Dadurch wird erreicht, dass der Querschnitt des arbeitsseitigen Endes des Rongeurs 40 möglichst klein ist und hervorstehende Partien, die gesundes Gewebe verletzen könnten, vermieden werden. Zusätzlich sind an dem Rongeur 40 Markierungen 59 angebracht. Diese erleichtern die Positionsbestimmung des Rongeurs 40 innerhalb des Band- scheibenraums. Diese Markierungen 59 können beispielsweise Gravuren sein. Aber auch andere Markierungsmöglichkeiten sind vorstellbar.
Wie aus Fig. 4 wird auch aus Fig. 5 ersichtlich, dass durch den gekrümmten Verlauf des Rongeurs 40 um das empfindliche Rückenmark 32, welches sich in dem Wirbelloch 22 befindet, im Wesentlichen her- umgearbeitet werden kann. Verletzungen des Rückenmarks 32 werden damit weitgehend vermieden. Ebenso ist zu erkennen, dass Gewebeteile, die aus Sicht des Operateurs oberhalb der Sagittalebene XX' angeordnet sind, erreicht werden. Ein bekannter Rongeur 40 mit einer re- versen Öffnung des Mauls 50 würde nur einen kleinen Teil des Band- scheibenraums unterhalb der Sagittalebene XX' erreichen können.
Ohne eine Abwinklung im Verlauf des Rongeurs 40 ist gerade ein Bereich, der aus Sicht des Operateurs knapp hinter dem Rückenmark 32 angeordnet ist, kaum zu erreichen. Der hier angegebene Rongeur 40
ermöglicht es daher, dass viele nukleotomische Eingriffe mit nur einem Operationsloch auskommen.
Fig. 5a zeigt einen Rongeur 40 und verdeutlicht eine Ausgestaltung des arbeitsseitigen Endes. Das arbeitsseitige Ende des Rongeurs 40 um- fasst einen geraden Maulabschnitt bzw. einen zweiten geraden Schaftabschnitt 55, der keine Krümmung in seinem Verlauf aufweist. Seine Längserstreckung wird daher im Wesentlichen durch eine Maulab- schnittslängsachse 57 definiert. Wie Fig. 5a zu entnehmen ist, schließen die Maulabschnittslängsachse 57 und eine Längsachse 57a des ersten geraden Schaftabschnitts 56 einen Winkel K ein, der in diesem Fall etwa 22° beträgt. Andere Winkel können je nach Bedarf vorgesehen sein. Einfachen geometrischen Betrachtungen ist zu entnehmen, dass der Winkel K' in Fig. 5a dem Winkel K entspricht. Der Winkel K liegt insbesondere im Bereich von 15° bis 35°. An das manipulationsseitige Ende des zweiten geraden Schaftabschnitts 55 schließt sich ein Übergangsbereich 49 des Schaftes B an, der als eine kreisbogenförmige Krümmung bzw. als Kreisbogenabschnitt ausgebildet ist und der - neben dem Winkel K - durch den Krümmungsradius R dieses Bogensegments definiert wird. Der Radius R liegt insbesondere im Bereich von 50 mm bis 125 mm.
Eine geeignete Dimensionierung einer Erstreckung 55' des geraden Schaftabschnitts 55 dient dazu, den Rongeur 40 einerseits nicht unnötig sperrig zu gestalten, andererseits aber auch ein effizientes und vollständiges Ausräumen des Bandscheibenraums zu ermöglichen. Die Länge des zweiten geraden Maulabschnittes 55, also dessen Erstreckung 55', liegt insbesondere im Bereich von 15 mm bis 45 mm.
Das um eine im distalen Bereich des Maulabschnitts 55 gelegene Schwenkachse 61 schwenkbare Maulteil 52 ist in Fig. 5a im geschlos-
senen Zustand dargestellt. Durch eine gestrichelte Linie ist ein geöffnetes Maulteil 52' angedeutet. Dadurch, dass sich das schwenkbare Maulteil 52 bei geschlossenem Maul vom arbeitsseitigen Ende des Schafts B weg, also ausgehend von der Schwenkachse 61 in Richtung des Übergangsbereiches 49, erstreckt, weist das Maul im geöffneten Zustand im Wesentlichen in Richtung des manipulationsseitigen Endes des Schafts B.
Fig. 6 zeigt schematisch einen Rongeur 40 in einer frontalen Ansicht, der der Einfachheit halber zur Erläuterung unterschiedlicher Maulori- entierungen mit einem geraden Schaft B, also ohne abgewinkelten, in den ersten Halbraum (hier nach oben) weisenden Maulabschnitt, dargestellt ist. In dieser Ansicht verdeckt der Betätigungsgriff 44 den dahinter liegenden Haltegriff 42 (nicht gezeigt). Das Maul 50 ist geöffnet, d.h. das bewegliche Maulteil 52 befindet sich in einer ausgeschwenk- ten Position. Dabei ist die Rückseite - also die der Maulaussparung 54 (nicht gezeigt) abgewandte Seite - des Maulteils 52 zu sehen. Die HaIb- raumgrenzebene YY' liegt jeweils senkrecht zur Zeichenebene und zur Schaft-Griff- Ebene ZZ', die durch den Schaft B und den Griffabschnitt A definiert ist. Beispielsweise ist in Fig. 4 die Schaft-Griff-Ebene ZZ' also die Zeichenebene.
Aus Fig. 6 wird deutlich, dass sich das Maul 50 in einem Halbraum öffnet, welcher durch die Halbraumgrenzebene YY' begrenzt wird und der dem Griff abgewandt ist. Mit anderen Worten kann die Projektion der Längsachse des Maulteils 52 auf die Zeichenebene - die Maulteil- achse 80 - mit dem Griff in der Schaft-Griff-Ebene ZZ' einen Maul- Griff-Winkel 82 von 90° bis 270° einschließen.
Anders als in Fig. 6 dargestellt, ist der Rongeur 40 tatsächlich mit wenigstens einer arbeitsseitigen Krümmung oder Abwinkelung versehen, wie sie vorstehend erläutert wurde, wobei diese grundsätzlich beliebig
ausgestaltet sein kann. Durch die Kombination einer oder mehrerer solcher Abwinklungen/ Krümmungen mit einem beliebigen Maul-Griff- Winkel 82 zwischen 90° und 270° können verschiedene komplexe geometrische Formen des Rongeurs 40 realisiert werden, um einen Ron- geur 40 zu schaffen, der für bestimmte Operationsbedingungen optimiert ist.
Bezugszeichenliste
10 Wirbel
12 Wirbelkörper
14 Querfortsatz
16 Gelenkfortsatz
18 Dornfortsatz
20 Wirbelbogen
22 Wirbelloch
24 Wirbelsäulenabschnitt
26 Bandscheibe
28 Faserring
30 Gallertkern
32 Rückenmark
34 Spiralnerv
36 Prolaps
A Griffabschnitt
B Schaft
40 Rongeur
42 Haltegriff
44 Betätigungsgriff
46 oberes Schaftelement
48 unteres Schaftelement
49 Übergangsbereich
50 Maul
52 Maulteil
54 Maulaussparung
55 Maulabschnitt (zweiter gerader Schaftabschnitt) 55' Erstreckung des Maulabschnitts
56 erster gerader Schaftabschnitt
57 Maulabschnittslängsachse
57a Längsachse des ersten geraden Schaftabschnitts
58 Profilierung 59 Markierung
60 Rongeur
61 Schwenkachse des Maulteils
62 Griffeinheit
64 Manipulationsgriff 66 Griffelement
68 Schaft
70 obere Schafteinheit
72 untere Schafteinheit
74 Mauleinheit 76 Maulelement
78 Maulelementaussparung
80 Maulteilachse
82 Maul-Griff-Winkel
84 Maulebenenanzeiger K, K' Krümmungswinkel
R Radius
XX' Sagittalebene
YY' Halbraumgrenzebene
ZZ' Schaft-Griff-Ebene