Verfahren zum Herstellen von Kristallen von Arzneimittelwirkstoffen, danach erhältliche Kristalle und deren Verwendung in pharmazeutischen Formulierungen
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Herstellen von Kristallen von Arzneimittelwirkstoffen, deren durchschnittliche Partikelgröße in einem vorgegebenen Bereich liegen und deren maximale Partikelgröße einen vorgegebenen Wert nicht überschreiten, nach diesem Verfahren erhältliche Kristalle und deren Verwendung in pharmazeutischen Formulierungen, insbesondere low dose Formulierungen.
Die meisten Arzneimittelwirkstoffe werden aus einem geeigneten Lösungsmittel kristallisiert. Bei einer konventionellen Kühlungs- oder Verdrängungskristaliisation entsteht in der Regel ein grobkörniges Kristallisat mit breiter Kornverteilung. Nach der Isolierung und Trocknung derartiger Kristallisate wird in einem speziellen Sieb- oder ahlprozess die Endkörnung, geeignet für die jeweilige pharmazeutische Formulierung und Dosis, hergestellt.
Beispielsweise wird um bei Low Dose Formulierungen die erforderliche Homogenität der Wirkstoffverteilung (CUT) und Dissolutionkinetik zu erreichen, das Kristallisat nach traditioneller Technologie in einer Strahlmühle mikronisiert. Dabei werden durchschnittliche Korngrößen von 1.5 bis 5 μm erreicht. Es erfolgt eine enorme Vergrößerung, aber auch eine thermodynamische Aktivierung der Oberfläche durch partielle Amorphisierung bzw. durch erhebliche Störungen in der Gitterstruktur. Mit dieser Verfahrensweise sind eine Reihe von Nachteilen verbunden, die in der Literatur (Thibert and Tawashhi: ,Micronization of pharmaceutical Solids', MML-Series, Volume 1, Ch11, 328-347; Otsuka at al: ,Effect of grinding on the ctγstallinity and chemical stability in the solid state of cephalothin sodium', intJ.of Pharmaceutics 62(1990) 65-73) beschrieben sind: Durch die partielle Amorphisierung wird der Wirkstoffe chemisch destabilisiert, in Wechselwirkung mit den Hilfsstoffen im Arzneimittel wird die chemische
Dekomposition verstärkt. Es liegt eine instabile physikalische Struktur durch Rekristallisation des amorphen Anteiles vor. Dies führt zu Verschlechterungen der Dissolutioneigenschaften und Veränderungen in der Partikelgröße während der Lagerung des Wirkstoffes, aber auch in der Arzneifertigware. Während der Mikronisierung kommt es zu Agglomeratbildungen und Verkrustungen, die zu einem unerwünschten Grobkornanteil im Mikronisat führen. Durch Mikronisierung läßt sich die Korngröße nur in sehr engen Grenzen gezielt beeinflussen. Eine Absenkung des Mahldruckes führt zwar zu einer geringfügigen Erhöhung der durchschnittlichen Partikelgröße, aber auch zu einem unerwünschten Anstieg ihrer Streubreite. Für die Funktion der Mühle ist jedoch ein gewisser Mindestdruck unbedingt erforderlich.
Für eine gezielte Herstellung physikalisch und chemisch stabiler Arzneimittelwirkstoffe, insbesondere steroidaler Wirkstoffe, mit einer an die jeweilige Dosierung angepassten Partikelgrößenverteilung ist die Mikronisierung als Verfahren nur bedingt geeignet. Das gleiche gilt für alternative Verfahren wie etwa die Herstellung mikrofeiner Wirkstoffe aus überkritischen Gasen {Steckel at al.: Micronizing of steroids for pulmonary delivery by supercritical corbon dioxide, Int. Journal of Pharmaceutics 152 (1997)99-110). Diese Verfahren sind technologisch sehr anspruchsvoll und apparativ wegen der hohen Drücke sehr aufwendig. Die Sprühtrocknung {Wendel at al.: ,An Overview of Spray-Drying Applications, Pharmaceutical Technology' , Oct 1997, 124-156) ist ebenfalls geeignet, mikrofeine Partikel zu erzeugen, aber auch hier besteht die Gefahr der Erzeugung instabiler amorpher oder teilkristalliπer Strukturen.
Aus der Literatur ist bekannt, dass feine Körnungen durch Fällungen aus stark übersättigten Lösungen oder mit hoher Rührerdrehzahl erzeugt werden können (B.Yu. Shekunov at al.: 'Crystallization process in pharmaceutical technology and drug delivery design, Journal of Crystal Growth 211 (2000) 122-136; Halasz-Peterfi at al.: Formation of Micropartikies of pharmaceuticals by homogeneus nucleation, Industrial Crystallization, 1999, 1-11; Affonso at al.: Microcrystallization Methods for Aspirin, Journal of Pharmaceutical Sciences, oct 1971, 1572-1574).
In US-A-3,226,389 wird eine entsprechende Methode zur Erzeugung von Mikrokristallen durch rasche Kühlung und intensive Durchmischung beschrieben. Diese Kristallisate weisen jedoch oftmals eine große Streubreite auf und enthalten grobkörnige Agglomerate. Auch ist durch das komplexe Wechselspiel von Übersättigung, primärer und sekundärer Keimbildung und Kristallwachstum bzw. Agglomeratbildung die gezielte Erzeugung einer bestimmten Partikelgrößenverteilung nur schwer möglich.
Eine weitere Möglichkeit definierte Kornspektren mikrofeiner Steroidkristalle
(Arzneimitteiwirkstoff) unabhängig von einer mechanischen Prozedur zu erzeugen wird in WO- A-92/08730 beschrieben. Dort wird aus einem ternären Gemisch, bestehend aus einem
hydrophilen und lipophilen Lösungsmittel sowie einen Surfactanten, durch Kühlung ein Kristallisat erzeugt. Diese ist zwar feiner als das Ausgangsmaterial, jedoch für viele Anforderungen bei Low Dose Formulierungen noch zu grob und es bestehen die gleichen o.g. Nachteile, die ein Kristallisieren aus stark übersättigten Lösungen naturgemäß mit sich bringt. Hinzu kommt, dass eine Verunreinigung der Drug Substance mit Surfactanten in Kauf genommen werden muß.
In EP 0 522 700 wird die zum Stand des Wissens der Kristallisationstechnik gehörende Möglichkeit beschrieben auf vorhandene Startkristalle durch weitere definierte Abkühlung und Erwärmung eines Teilstromes, der in den Kristallisationsprozess rückgeführt wird, ein Kristallwachstum zu erreichen. Hierbei wird jedoch in erster Linie eine Kornvergröberung auf Korngrößen weit oberhalb 100 μm erzielt, um Filtrations- und Waschprozesse zur Erzielung höherer Reinheiten zu verbessern.
Der Einflüsse der Partikelgröße und Form auf den CUT-Wert in festen Arzneiformen wurden für sphärische Partikel in M.C.R. Johnson .Particle size distπbution of the activ ingredient for solid dosage forms of low dosage' Pharmaceutica Ada Helvetiae, 546-559, Vol.47, 1972, und unter Berücksichtigung anderer Formen in P.Guäard at al. .Maximale zulässige Partikelgrößenverteilung von Wirkstoffen für feste Arzneiformen in niedriger Dosierung'; Pharm.lnd.36, Nr.4(1974) beschrieben. Aus den dort aufgeführten Beziehungen können die maximalen Partikelabmessungen bezogen auf die jeweilige Dosis berechnet werden.
Für schlecht wasserlösliche Wirkstoffe ist die Dissolutionkinetik ein weiterer wichtiger Parameter zur Bewertung der Mikrokristalle.
Die pharmazeutische Eignung muß stets durch entsprechende standardisierte Tests nachgewiesen werden. Das gleiche gilt für die Stabilität der Mikrokristalle als Drug Substance . und im Arzneimittel.
Eine Kritik aller aufgeführten Verfahren zur Erzeugung von Mikrokristallen in Suspensionen vorallem für Low Dose Rezepturen besteht in der Isolierung und Trocknung. Es ist sehr problematisch derartige feinkörnige, feuchte Kristalliate zu trocknen, ohne die Korngrößenverteilung zu beeinträchtigen.
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen von Kristallen von Arzneimittelwirkstoffen bereitzustellen, das nicht die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile aufweist und mit dem insbesondere Kristalle erhältlich sind, die die Anforderungen an Low Dose Formulierungen erfüllen.
Erfindungsgemäß wird dies erreicht durch ein Verfahren zum Herstellen von Kristallen von Arzneimittelwirkstoffen, deren durchschnittliche Partikelgröße in einem vorgegebenen Bereich liegen und deren maximale Partikelgröße einen vorgegebenen Wert nicht überschreiten, wobei eine übersättigte Lösung eines Arzneimittelwirkstoffs während der Kristallisation einem Naßmahlen mittels einer Vorrichtung zum Naßmahlen unterzogen wird, wodurch eine Primärkornsuspension erhalten wird.
Unter dem Ausdruck .Arzneimittelwirkstoff' werden Stoffe oder Stoffgemische jeglicher Art verstanden, die als Wirkstoff in einem Arzneimittel vorliegen. Diese Wirkstoffe heilen, lindern, verhüten oder erkennen bei Anwendung im Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden. Solche Wirkstoffe sind z.B. chemische Elemente oder chemische Verbindungen, wie Steroide, z.B. 11ß-{4-[(Ethylaminocarbonyl)oximinomethyl]phenyi}-17ß- ; methoxy-17α-methoxymethyl-estra-4,9-dien-3-on (nachfolgend als J956 bezeichnet).
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es in überraschender Weise möglich, Kristalle zu erhalten, die ausreichend stabil sind und hinsichtlich der Parameter ihrer Partikelgrößenverteilung den pharmazeutischen Anforderungen bezüglich Homogenität der Wirkstoffverteilung (CUT) und Dissolutionskinetik für Low Dose Formulierungen eingestellt und somit gerecht werden können. Des weiteren kann eine für die jeweilige Dosis geeignete Korngrößenverteilung mit hoher Zielgenauigkeit und Reproduzierbarkeit hergestellt werden. Ferner kann das erfindungsgemäße Verfahren in einfacher, schneller und kostengünstiger Weise durchgeführt werden. Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlichen Kristalle können ohne Beeinträchtigung ihrer Korngrößenverteilung aus Suspension isoliert und getrocknet werden
Die Erfindung wird nachstehend unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert, wobei
Fig. 1 und 2 die Entwicklung der Korngröße beim erfindungsgemäßen Kristallisationsverfahren zeigt.
Vorzugsweise beträgt die durchschnittliche Partikelgröße 1 μm bis 25 μm, insbesondere 7 μm bis 15 μm. Die maximale Partikelgröße überschreitet vorzugsweise nicht 100 μm, insbesondere 80 μm. Der Ausdruck „maximale Partikelgröße" bedeutet dabei, daß kein Teilchen größer als der angegebene Wert ist. Innerhalb dieser Grenzen der durchschnittlichen Partikelgröße und der maximalen Partikelgröße ist es in günstiger Weise möglich, die Partikelgrößenverteilung so zu wählen, daß sie den pharmazeutischen Anforderungen bezüglich CUT und Dissolutionskinetik für low dose Formulierungen entspricht.
Im erfindungsgemäßen Verfahren wird eine übersättigte Lösung eines Arzneimittelwirkstoffs eingesetzt. Die Lösung enthält als Gelöstes den Arzneimittelwirkstoff, der in einem Lösungsmittel dafür gelöst ist. Als Lösungsmittel werden auch Gemische verschiedener Lösungsmittel verstanden. Eine im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte übersättigte Lösung, die beispielsweise durch Unterkühlung hergestellt werden kann, enthält mehr gelösten Stoff als sie in ihrem thermischen Gleichgewicht aufweisen dürfte. Es können im erfindungsgemäßen Verfahren übersättigte Lösungen eingesetzt werden, in denen Keime spontan gebildet werden.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens enthält die übersättigte Lösung 1 Gew.-% bis 60 Gew.-%, insbesondere 5 Gew.-% bis 35 Gew.-%, bezogen auf die übersättigte Lösung, des Arzneimittelwirkstoffs. Mit diesen übersättigten Lösungen können die vorstehend beschriebenen Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens in besonders günstiger Weise erreicht werden.
Die Herstellung der übersättigten Lösungen kann in üblicherweise erfolgen. Vorzugsweise wird die übersättigte Lösung hergestellt durch Auflösen des Arzneimittelwirkstoffs in einem Lösungsmittel bei einer Temperatur unterhalb des Siedepunkts und nachfolgendem Abkühlen auf eine Temperatur oberhalb des Gefrierpunkts der Lösung. Wird im erfindungsgemäßen Verfahren J956 und Ethylacetat als Lösungsmittel für die übersättigte Lösung eingesetzt, kann das Erwärme auf beispielsweise etwa 70CC erfolgen, bis J956 im Ethylacetat klar gelöst ist. Das Abkühlen kann während 10 Minuten bis 1 Stunde, insbesondere 15 Minuten bis 30 Minuten, auf etwa 35°C erfolgen. Der Fachmann kann durch einfache Tests aufgrund vorstehender Angaben die Parameter zur Herstellung einer übersättigten Lösung mit einem anderen Lösungsmittel als Ethylacetat und anderen Arzneimittelwirkstoffen als J956 ohne weiteres ermitteln.
Günstigerweise wird die Kristallisation in einem Gefäß durchgeführt, das einen Rührer aufweist. Beispiel dafür sind die für technische Anwendungen an sich bekannten Kristallisatoren.
Im erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt während der Kristallisation ein Naßmahlen mittels einer Vorrichtung zum Naßmahlen. Die Kristallisation aus der übersättigten Lösung kann einsetzen, nachdem mit dem Naßmahlen begonnen wurde. Geeignete Vorrichtungen für den Schritt des Naßmahlens sind Dispergierwerkzeuge und Homogen isatoren, wie Rotor-Stator- Werkzeuge, Rührwerksmühlen, Walzenstühle und Kolloidmühlen.
Die erfindungsgemäße Herstellung der Kristalle erfolgt, wie bereits vorstehend beschrieben, durch Kristallisation aus einem Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch, z.B. aus einer durch Abkühlung erzeugten übersättigten Ethylacetatlösung, indem in der Startphase der Kristallisation, entweder kurz nachdem die Kristallisation begonnen hat oder bevor sie
begonnen hat, zusätzlich zum konventionellen Rührwerk ein Naßmahlen mittels einer Vorrichtung zum Naßmahlen, insbesondere eines Rotor-Stator-Werkzeugs oder einer Kolloidmühle, durchgeführt wird. Diese Vorrichtung zum Naßmahlen kann direkt als zusätzliches Rührwerk im Kristallisationsgefäß oder in einer Umlaufschleife des Kristallisators eingesetzt werden. Dabei wirkt der Rotor des Dispergierwerkzeuges (Roto-Stator) gleichzeitig als Förderaggregat. Wird ein Rotor-Stator-Werkzeug verwendet, so kann die Rotorumfangsgeschwindigkeit 10 m/s bis 50 m/s, vorzugsweise 20 m/s bis 40 m/s betragen. Durch den durch das Naßmahlen, insbesondere den Rotor-Stator, bewirkten zusätzlichen Energieeintrag wird eine sehr hohe sekundäre Keimbildungsrate erzeugt und dadurch das Kristallwachstum stark eingeschränkt. Zusätzlich werden sich evtl. bildende Agglomerate im engen Scherspalt zerschlagen. Somit wird ein feines Primärkorn erzeugt, dessen durchschnittliche Partikelgröße je nach eingestellter Übersättigung, eingesetztem Werkzeug und Rotorumfangsgeschwindigkeit zwischen 1 μm und 25 μm beträgt und dessen maximale Partikelgröße 25 μm bis 80 μm nicht übersteigt. Diese Partikelparameter können für low dose Formulierungen bereits ausreichend sein.
Erfindungsgemäß kann durch entsprechende Wahl des Werkzeuges und der Prozessbedingungen durch diese Kombination zweier Prozesse ein sehr feines und enges Kornspektrum gewonnen werden, da durch den überlagerten Kristallisationsprozess der für Mahlprozesse oftmals typische hohe Feinkornanteil reduziert wird. Die maximale Korngröße kann sehr kleingehalten werden, da die Aggiomeratbildung weitgehend vermieden wird.
Um entsprechend den pharmazeutischen Anforderungen auch gröbere Körnungen mit definierter Partikelgrößenverteilung mit entsprechender Zielgenauigkeit und hoher Reproduzierbarkeit herstellen zu können, wird die Primärkornsuspension vorzugsweise einem oszillatorischen Temperaturprofil unterworfen. Hierzu wird die erzeugte feine Primärkornsuspension auf eine Temperatur Tmax unterhalb der Löslichkeitsgrenze der Primärkörner in der Suspension erwärmt und nachfolgend langsam auf eine Temperatur Tmin, die oberhalb des Gefrierpunkts der Suspension liegt, abgekühlt. Beim Aufwärmvorgang wird die Feinkornfraktion der Primärkornsuspension aufgelöst und bei dem anschließenden Kühlvorgang auf die vorhandene Grobkornfraktion aufkristallisiert. Hierdurch ergibt sich eine definierte Verschiebung der Partikelgrößenverteilung zum gröberen Bereich. Vorzugsweise wird Tmaχ so gewählt, daß 10 Gew.-% bis 95 Gew.-%, insbesondere 20 Gew.-% bis 50 Gew.-%, ganz besonders etwa 30 Gew.-% der Primärkömer im Lösungsmittel aufgelöst werden. Der Anteil der aufzulösenden Menge der Primärkörner wird in Abhängigkeit von der vorgegebenen Körnung gewählt, die wiederum durch die Art der low dose Formulierung bestimmt ist. Wird ein hoher Anteil der Primärkörner aufgelöst, wird eine gröbere Körnung erhalten.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird Tmin so gewählt, daß die aufgelösten Primärkörner im wesentlichen wieder kristallisieren. Günstigerweise sollten, um die Verluste an Wirkstoff gering zu halten, nahezu alle der aufgelösten Primärkörner an den noch verbleibenden Primärkörnern kristallisieren.
Vorzugsweise erfolgt das Abkühlen von Tmax auf Tm|n während 1 Minute bis 10 Stunden, insbesondere während 0,5 Stunden bis 2 Stunden.
Die Abkühlflanke des Temperaturprofils sollte dabei so gesteuert werden, daß die erneute Keimbildung möglichst gering gehalten wird. Die Schrittweite dieser Vergröberung ist abhängig von dem im Heizzyklus aufgelösten Mengenanteil des Kristallisates, welcher wiederum von Lage der beiden Temperaturen Tmax und Tmiπ in bezug auf die Löslichkeitsgrenze und von der Feststoffkonzentration der Suspension bestimmt ist. Dieser Heiz-Kühlzyklus kann so oft wiederholt werden, vorzugsweise 1 bis 20 mal, bis die gewünschte Partikelgrößenverteilung erreicht wird. Steuerparameter sind dabei Tmaχ, Tmjn und die Anzahl der Zyklen. Je geringer die gewünschte Vergröberung, um so geringer sollte Tmax gewählt werden. Somit kann man sich in kleinen Schritten der gewünschten Endkörnung annähern. Der Verlauf des aufgelösten Anteils des Kristallisates in den Heizperioden wird dabei so dimensioniert, daß der maximale Partikeldurchmesser nur noch in sehr geringem Maße zunimmt und die Vergröberung im Bereich der feineren Partikeln stattfindet. So wird beispielsweise bei Auflösung und Rekristallisieren von 40% der aus einer 20 Gew%-igen Essigesterlösung auskristallisierten J956-Menge der durchschnittliche Partikeldurchmesser (X50) von 4.9 μm auf 7.8 μm erhöht, während eine Vergrößerung der maximalen Korngröße (X100) kaum meßbar ist. Dies bedeutet, daß die Partikelgrößenverteilung bei Wachstum ihres Durchschnittwertes (X50) deutlich enger wird. Bezüglich der pharmazeutischen Verwendung, insbesondere für die Erzielung entsprechender CUT-Werte und Dissolutionseigenschaften, ist dieser Effekt besonders vorteilhaft .
Nach der Durchführung des oszillatorischen Temperaturprofils kann die erhaltene Kristallsuspension filtriert und mit einem Lösungsmittel gewaschen werden, indem der Arzneimittelwirkstoff nur in geringen Mengen von beispielsweise weniger als 1 Gew.-% löslich ist. Beispiele solcher Lösungsmittel sind Methyl-tert.-butylether, Hexan, Heptan, Wasser oder Gemische von zwei oder mehreren dieser. Dadurch wird beim anschließenden Trocknungsprozeß, der vorteilhafterweise direkt in der Filtrationseinheit durch ein Trocknungsgas oder im Vakuum erfolgt, eine Brückenbildung und Agglomeration der Partikel vermieden.
Die Trocknung kann durch Konvektions- oder Vakuumtrocknung in ruhender oder bewegter Schüttung erfolgen.
Wenn eine konventionelle Filtration und Trocknung schwer möglich ist und zu einer Beeinträchtigung der bei der Kristallisation erzeugten Partikelgrößenverteilung führt, wie beispielsweise im Falle sehr feiner Körnungen, kann alternativ der filtrierte und gewaschene Filterkuchen mit einer Suspendierflüssigkeit mit sehr geringer Löslichkeit für den Arzneimittelwirkstoff, beispielsweise weniger als 1 Gew.-%, z.B. Wasser, aufgeschlämmt werden. Die erhaltene Suspension kann über Sprühtrocknung in die getrocknete feste Form des Arzneimittelwirkstoffs überführt werden.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind weiterhin Kristalle des Arzneimittelwirkstoffs, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlich sind. Zur Durchführung des Verfahrens wird auf die vorstehenden Ausführungen, in denen das erfindungsgemäße Verfahren im Detail beschrieben wurde, verwiesen. <
Die vorliegende Erfindung betrifft ferner pharmazeutische Formulierungen, die die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlichen Kristalle des Arzneimittelwirkstoffs aufweisen. Als pharmazeutisch wirksame Arzneiformen, insbesondere für die perorale Anwendung werden beispielsweise Hartgelatinekapseln oder Tabletten mit und ohne Überzug verwendet. Die mit dem Arzneimittelwirkstoff hergestellten Arzneiformen dürfen nicht die chemische und kristalline Stabilität der Mikrokristalle beeinträchtigen. Dies kann dadurch erreicht werden, daß die Arzneiformen einen Lichtschutz beinhalten z.B. durch gefärbte Kapselhüllen oder Aufbringen eines gefärbten Überzuges; daß oberflächenvergrößernde Hilfsstoffe, wie hochdisperses Siliciumdioxid, nicht eingesetzt werden; - daß möglichst keine oder nur Wasser als Lösungsmittel oder Hilfsstoff zum Einsatz kommen, und/oder daß der Wassergehalt der Arzneiform durch gute Trocknung niedrig gehalten wird.
Ein Beispiel einer geeigneten Kapselrezeptur ist in Tabelle 1 angegeben:
Tab 1 : Zusammensetzung einer geeigneten Kapselrezeptur der Dosierung 1 mg J956
In Tabelle 2 ist ein Beispiel einer geeigneten Tablettenrezeptur angegeben:
Tab 2: Zusammensetzung einer geeigneten Tablettenrezeptur der Dosierung 1 mg J956
Ein wesentliches Ergebnis der Erfindung besteht darin, daß Mikrokristalle der Arzneimittelwirkstoffe erhältlich sind, die chemisch deutlich stabiler sind als bisher bekannte Mikronisate, da sie zum einen eine geringere spezifische Oberfläche und zum anderen eine durch den erfindungsgemäßen Kristallisationsprozeß ungestörte und hochkristalline Oberfläche aufweisen.
Ein weiteres Ergebnis ist, daß die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlichen Mikrokristalle der Arzneimittelwirkstoffe bezüglich ihrer Korngrößenverteilung und Löslichkeitseigenschaften den pharmazeutischen Anforderungen der Arzneifertigware bezüglich CUT und Dissolution entsprechen.
Am Beispiel der 1 mg Kapsel und 1 mg Tablette (vergleiche vorstehend) konnte gezeigt werden, daß die erreichten Werte bei der Beispielsverbindung J956 denen bei Verwendung von mikronisiertem Festkörper nicht nachstehen (Tab. 3, Tab. 4).
Tab 3: J956: Freisetzung aus 1 mg Kapseln mit mikrokistallinem Festkörper im vgl. zu Kapseln mit mikronisiertem Wirkstoff
Tab 4: J956: Schwankungsbreite der CUT-Werte 1 mg Kapsel mit mikrokristallinem Festkörper im Vergleich zu Kapseln mit mikronisiertem Wirkstoff
Tab 5: J956: Freisetzung aus 1 mg Tablette mit mikrokistallinem Festkörper im vgl. zu Tabletten mikronisiertem Wirkstoff
Tab 6: J956: Schwankungsbreite der CUT-Werte 1 mg Tablette mit mikrokristallinem Festkörper im Vergleich zurTablette mit mikronisiertem Wirkstoff
Ein weiteres wichtiges Resultat ist, daß mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zielgenau und mit hoher Reproduzierbarkeit die pharmazeutisch erforderliche Korngrößenverteilung der Arzneimittelwirkstoffe erzeugt werden kann. In Fig. 1 und 2 ist die Entwicklung der Korngröße im Kristallisationsverfahren dargestellt. Dabei ist von Vorteil, daß sich die Streuung der Partikelgrößenverteilung deutlich vermindert und trotz Vervielfachung der durchschnittlichen Korngröße die maximale Korngröße deutlich weniger zunimmt. Dies unterstützt die Erzielung guter CUT-Werte auch in low dose Formulierungen.
Weiter wurde erreicht, daß die in Suspension erzeugte Korngrößenverteilung auch im getrockneten Festkörper erhalten bleibt.
Tab. 7: Korngrößenverteilung vor und nach Trocknung
*) Suspension J956 in Ethylacetat mit 14 Gew.-% Mikrokristalle J956 **)Suspension J956 in Wasser/Ehanol (90/10 w/w) mit 10 Gew.-% Mikrokristalle J956
Zur Ermittlung der experimentellen Daten wurden folgende Meßverfahren eingesetzt:
Korngrößenverteilung:
Sympatec HELOS (H0445), Trockendispergiersystem (RODOS), Druck 2 bar.
Content Uniformity Test
Gehaltsbestimmung entsprechend USP/Ph. Eur. an Einzelkapseln nach Ausspülen durch HPLC mit externer Kalibrierung Säule: LiChrospher 5 μ RP-18 encapped, 150 x 3 mm Eluent: Acetonitril / Wasser = 45 / 55 Fluß: 1 ml / min Detektion UV (272 nm)
Wirkstofffreisetzung
Wirkstofffreisetzung in 1000 mL Wasser mit 0,3 % Natriumdodecylsulfat, 100 U/min
Gehaltsbestimmung durch HPLC mit externer Kalibrierung
Säule: LiChrospher 5 μ RP-18 encapped, 150 x 3 mm
Eluent: Acetonitril / Wasser = 45 / 55 Fluß: 1 ml / min
Detektion UV (272 nm)
Die nachfolgenden Beispiele dienen zur Erläuterung der Erfindung ohne sie aber darauf zu beschränken.
Beispiel 1
In einem Sulfierkolben mit Blattrührer und thermostatisiertem Heiz/Kühlbad werden 50 g J956 in 200 g Ethylacetat bei 70°C klar gelöst. Die Lösung wird innerhalb von 15 min auf 35°C gekühlt. Es wird ein Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (Ultra Turrax, T25 basic, mit S25N-25F) eingebracht und mit einer Drehzahl von 12000-16000 U/min betrieben. Nach 2 min setzt Kristallisation ein. Der Ultra Turrax wird noch weitere 10 min betrieben und dann abgestellt. Die erhaltene Startsuspension wird auf 50°C aufgeheizt und anschließend innerhalb von 1h auf 20°C gekühlt. Dieser Prozess wird noch zweimal wiederholt.
Anschließend wird die Suspension über eine Fritte filtriert und mit 100 ml MtBE gewaschen. Der Filterkuchen wird mit 1000 ml Wasser sehr gründlich gewaschen und anschließend in 300 g Wasser aufgeschlämmt. Die Suspension wird unter folgenden Bedingungen in einem Laborsprühtrockner mit Zweistoffdüse(2 mm) (QVF/Yamato) sprühgetrocknet Trocknungsgas_Eintrittstemperatur: 170°C Trocknungsgas_Austrittstemperatur: 60°C Durchsatz Trocknungsgas : 0.23 m3/min
Sprühdüse(d= 2 mm) : 2.5 bar
Feed : 8-10 ml/min
Im Abscheidefilter des Sprühtrockners wurden Mikrokristalle mit folgender Korngrößenverteilung erhalten
Beispiel 2
In einem Glasreaktor mit Ankerrührer und Heiz/Kühldoppelmantel werden 270 g J956 in 1200 ml Ethylacetat bei 75°C klar gelöst. Die Lösung wird innerhalb von 30 min auf 38°C gekühlt. Die Lösung wird vom Kristallisator-Bodenauslauf über ein externes Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (IKA-Labor-Pilot 2000/4 mit DR-Modul) zurück in den Kristallisator gefahren. Das Dispergierwerkzeug wird mit einer Drehzahl 9000 U/min betrieben. Nach 2-5 min setzt Kristallisation ein. Das Dispergierwerkzeug wird noch weitere 10 min betrieben und dann abgestellt.
Die erhaltene Primärkornsuspension wird zweimal auf 50°C aufgeheizt und anschließend innerhalb von 1h 20 min auf 20°C gekühlt. Dieser Prozess wird noch zweimal wiederholt. Anschließend wird über eine Fritte filtriert und mit 500 ml kaltem MTBE gewaschen. Der Filterkuchen wird mit Luft trockengesaugt.
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten:
Beispiel 3
In einem Glasreaktor mit Ankerrührer und Heiz/Kühldoppelmantel werden 270 g J956 in 1200 ml Ethylacetat bei 75°C klar gelöst. Die Lösung wird innerhalb von 30 min auf 26°C gekühlt. Die Lösung wird vom Kristallisator-Bodenauslauf über eine externe gekühlte Kolloidmühle (IKA-
Labor-Pilot 2000/4 mit Kolloidmühlenmodul) zurück in den Kristallisator gefahren. Das Dispergierwerkzeug wird mit einer Drehzahl 8900 U/min betrieben. Nach 30 sec setzt bei 36°C Kristallisation ein. Die Kolloidmühle wird noch weitere 10 min betrieben, die Suspension beprobt und dann abgestellt. Die erhaltene Primärkornsuspension wird anschließend auf 55°C aufgeheizt und anschließend innerhalb von 2h auf 20°C gekühlt.
Anschließend wird über eine Fritte filtriert und mit 500 ml kaltem MTBE gewaschen. Der Filterkuchen wird mit Luft trockengesaugt.
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten:
Beispiel 4
In einem Glaskolben werden 63 g Testosteronundekanoat in 130 ml Aceton gelöst und auf 18°C gekühlt. Es wird ein Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (Ultra Turrax, T25 basic, mit S25N-25F) eingebracht und mit einer Drehzahl von 12000-16000 U/min betrieben. Nach 1 min setzt Kristallisation ein. Der Ultra Turrax wird noch weitere 10 min betrieben und dann abgestellt. Die Primärkornsuspension wird anschließend mit einem Zyklus auf 21 °C aufgeheizt und danach innerhalb von 30 min auf 5°C abgekühlt. Die Suspension wird filtriert und mit Hexan gewaschen.
Der Filterkuchen wird mit Luft trockengesaugt.
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten:
Beispiel 5
In einem Glaskolben werden 13 g Gestoden in 130 ml Essigester/Ethanol (2.3 % Vol) - Gemisch gelöst und auf 35°C gekühlt. Es wird ein Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (Ultra Turrax, T25 basic, mit S25N-25F) eingebracht und mit einer Drehzahl von 22000 U/min betrieben. Nach 1 min setzt Kristallisation ein. Der Ultra Turrax wird noch weitere 10 min betrieben und dann abgestellt. Die Primärkornsuspension wird anschließend auf 45°C aufgeheizt und danach innerhalb von 30 min auf 15°C abgekühlt. Die Suspension wird filtriert und mit Hexan gewaschen.
Der Filterkuchen wird mit Luft trockengesaugt.
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten:
Beispiel 6
In einem Glaskolben werden 28 g Norethisteronacetat in 140 ml Methanol gelöst und auf 29°C gekühlt. Es wird ein Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (Ultra Turrax, T25 basic, mit S25N-25F) eingebracht und mit einer Drehzahl von 22000 U/min betrieben. Nach 1 min setzt Kristallisation ein. Der Ultra Turrax wird noch weitere 10 min betrieben, die Suspension beprobt und dann abgestellt. Die Primärkornsuspension wird anschließend auf 34°C aufgeheizt und danach innerhalb von 1h, 15 min auf 5°C abgekühlt. Die Suspension wird filtriert und mit Hexan gewaschen.
Der Filterkuchen wird mit Luft trockengesaugt.
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten:
Beispiel 7
In einem Glaskolben werden 50 g Methylnortestosteron werden in 250 g Ethanol gelöst und auf 20°C gekühlt. Es wird ein Rotor-Stator Dispergierwerkzeug (Ultra Turrax, T25 basic, mit S25N- 25F) eingebracht und mit einer Drehzahl von 22000 U/min betrieben Gleichzeitig werden 375 ml Wasser zugegeben. Es setzt sofortige Kristallisation ein. Der Ultra Turrax wird noch weitere 10 min betrieben und dann abgestellt. Die Primärkornsuspension wird anschließend auf 21 °C abgekühlt. Die Suspension wird filtriert und mit Wasser gewaschen, in Wasser zu einer 10%igen Suspension aufgeschlämmt und sprühgetrocknet
Es wurden Mikrokristalle mit folgender Partikelgrößenverteilung erhalten: