Verfahren zur elektrochemischen Detektion von Nukleinsäureoiigomerhybriden
Technisches Gebiet
Die vorliegende Erfindung betrifft ein modifiziertes Nukleinsäure-Oligomer, sowie ein Verfahren zur elektrochemischen Detektion von sequenzspezifischen Nukleinsäure- Oligomer-Hybridisierungsereignissen.
Stand der Technik
Zur Sequenzanalyse von DNA und RNA, z. B. in der Krankheitsdiagnose, bei toxikologischen Testverfahren, in der genetischen Forschung und Entwicklung, sowie auf dem Agrar- und pharmazeutischen Sektor, werden im allgemeinen gel- elektrophoretische Verfahren mit autoradiographischer oder optischer Detektion verwendet.
Zur Veranschaulichung des wichtigsten gel-elektrophoretischen Verfahrens mit optischer Detektion (Sanger-Verfahren) ist in Figur 1 b ein DNA-Fragment mit Primer dargestellt. Bei dem Sanger-Verfahren wird eine DNA enthaltende Lösung in vier Ansätze aufgeteilt und der Primer jedes Ansatzes mit je einem bei verschiedener Wellenlänge emitierenden Fluoreszenzfarbstoff kovalent modifiziert. Wie in Figur 1 b dargestellt wird zu jedem Ansatz Desoxyribonucleosid-Triphosphat der Basen A (Adenin), T (Thymin), C (Cytosin), und G (Guanin), also dATP, dTTP, dCTP und dGTP, gegeben, um den Einzelstrang, ausgehend vom Primer, durch DNA- Polymerase I enzymatisch zu replizieren. Zusätzlich zu den vier Desoxyribonucleosid-Triphosphaten enthält jedes Reaktionsgemisch noch genügend des 2',3'-Didesoxyanalogons (Figur 1a) eines dieser Nukleosidtriphosphate als Stopbase (je eine der 4 möglichen Stoppbasen pro Ansatz), um die Replikation an allen möglichen Bindungsstellen zu stoppen. Nach Vereinigung der vier Ansätze entstehen replizierte DNA-Fragment aller Längen mit stopbasenspezifischer Fluoreszenz, die gel-elektrophoretisch der Länge nach sortiert und durch Fluoreszenz-Spektroskopie charakterisiert werden können (Figur 1c).
Ein anderes optisches Detektionsverfahren basiert auf der Anlagerung von Fluoreszenzfarbstoffen wie z. B. Ethidiumbromid an Oligonukleotide. Die Fluoreszenz solcher Farbstoffe steigt im Vergleich zur freien Lösung des Farbstoffs um etwa das 20-fache an, wenn sie sich an doppelsträngige DNA oder RNA
anlagern und kann deshalb zum Nachweis hybridisierter DNA oder RNA verwendet werden.
Bei der radioaktiven Markierung wird 32P in das Phosphatgerüst der Oligonukleotide eingebaut, wobei P gewöhnlich am 5'-Hydroxylende durch Polynukleotid-Kinase addiert wird. Die markierte DNA wird anschließend an jeweils einem der vier Nukleotidtypen bevorzugt gespalten und zwar unter definierten Bedingungen, so daß pro Kette durchschnittlich eine Spaltung erfolgt. Damit liegen im Reaktionsgemisch für einen bestimmten Basentyp Ketten vor, die sich von der 32P-Markierung bis zur Position dieser Base erstrecken (bei mehrfachem Auftreten der Base erhält man entsprechend Ketten unterschiedlicher Länge). Die vier Fragmentgemische werden anschließend auf vier Bahnen gel-elektrophoretisch aufgetrennt. Danach wird vom Gel ein Autoradiogramm angefertigt, an dem die Sequenz unmittelbar abgelesen werden kann.
Vor einigen Jahren wurde ein weiteres, auf optischer (oder autoradiographischer) Detektion beruhendes Ver ahren zur DNA-Sequenzierung entwickelt, nämlich die Sequenzierung durch Oligomerhybridisierung (vgl. z. B. Drmanac et al., Genomics 4, (1989), S. 114-128 oder Bains et al., Theor. Biol. 135, (1988), S. 303-307). Bei diesem Verfahren wird ein vollständiger Satz kurzer Oligonukleotide bzw. Oligomere (Sonden-Oligonukleotide), z. B. alle 65 536 möglichen Kombinationen der Basen A, T, C und G eines Oligonukleotid-Oktamers auf ein Trägermaterial gebunden. Die Anbindung geschieht in einem geordneten Raster aus 65 536 Test-Sites, wobei jeweils eine größere Menge einer Oligonukleotid-Kombination ein Test-Site definieren und die Position jeder einzelnen Test-Site (Oligonukleotid-Kombination) bekannt ist. Auf solch einer Hybridisierungsmatrix, dem Oligomerchip, wird ein DNA- Fragment, dessen Sequenz man ermitteln will, das Target, mit Fluoreszenz-Farbstoff (oder 32P) markiert und unter Bedingungen, die nur eine spezifische Doppelstrangbildung erlauben, hybridisiert. Dadurch bindet das Target DNA- Fragment nur an die Oligomere (im Beispiel an die Oktamere), deren komplementäre Sequenz exakt einem Teil (einem Oktamer) seiner eigenen Sequenz entspricht. Durch optische (oder autoradiographische) Detektion der Bindungsposition des hybridisierten DNA-Fragments werden damit alle im Fragment vorhandenen Oligomersequenzen (Oktamersequenzen) bestimmt. Aufgrund der Überlappung benachbarter Oligomersequenzen kann durch geeignete mathematische Algorithmen die fortlaufende Sequenz des DNA-Fragments bestimmt werden. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen unter anderem in der Miniaturisierung der Sequenzierung und damit in der enormen Datenmenge, die gleichzeitig in einem Arbeitsgang erfaßt wird. Daneben kann auf Primer und auf das gel-
elektrophoretische Auftrennen der DNA-Fragmente verzichtet werden. Beispielhaft ist dieses Prinzip in Figur 2 für ein 13 Basen langes DNA-Fragment gezeigt.
Die Verwendung radioaktiver Markierungen bei der DNA-/RNA- Sequenzierung ist mit mehreren Nachteilen verbunden, wie z. B. aufwendige, gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit radioaktiven Materialien, die Strahlenbelastung, das begrenzte räumliche Auflösungsvermögen (maximal 1 mm2) und eine Sensitivität, die nur dann hoch ist, wenn die Strahlung der radioaktiven Fragmente entsprechend lange (Stunden bis Tage) auf einen Röntgenfilm einwirkt. Es kann zwar die räumliche Auflösung durch zusätzliche Hard- und Software erhöht und die Detektionszeit durch die Verwendung von ß-Scannem verkürzt werden, beides ist jedoch mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden.
Die Fluoreszenzfarbstoffe, die üblicherweise zur Markierung der DNA verwendet werden, sind zum Teil (z. B. Ethidiumbromid) mutagen und erfordern, ebenso wie die Anwendung der Autoradiographie, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. In fast allen Fällen erfordert die Verwendung optischer Detektion den Gebrauch von einem oder mehreren Lasersystemen und somit geschultes Personal und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Die eigentliche Detektion der Fluoreszenz erfordert zusätzliche Hardware, wie z. B. optische Bauelemente zur Verstärkung und, bei verschiedenen Anregungs- und Abfragewellenlängen wie im Sanger-Verfahren, ein Kontrollsystem. Abhängig von den benötigten Anregungswellenlängen und der gewünschten Detektionsleistung können somit erhebliche Investitionskosten entstehen. Bei der Sequenzierung durch Hybridisierung auf dem Oligomerchip ist die Detektion noch (kosten)aufwendiger, da, neben dem Anregungssystem, zur 2- dimensionalen Detektion der Fluoreszenzspots hochauflösende CCD-Kameras (Charge Coupled Device Kameras) benötigt werden.
Obwohl es also quantitative und extrem sensitive Methoden zur DNA-/RNA- Sequenzierung gibt, sind diese Methoden zeitaufwendig, bedingen aufwendige Probenpräparation und teure Ausstattung und sind im allgemeinen nicht als transportable Systeme verfügbar.
Darstellung der Erfindung
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es deshalb, eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Detektion von Nukleinsäureoligomerhybriden zu schaffen, welche die Nachteile des Standes der Technik nicht aufweisen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das modifizierte Oligonukleotid gemäß unabhängigem Patentanspruch 1 , durch das Verfahren zur Herstellung eines modifizierten Oligonukleotids gemäß unabhängigem Anspruch 9 und 10, durch die modifizierte leitfähige Oberfläche gemäß unabhängigem Patentanspruch 11 , das Verfahren zur Herstellung einer modifizierten leitfähigen Oberfläche gemäß unabhängigem Patentanspruch 21 , sowie durch das Verfahren zur elektrochemischen Detektion von Oligomerhybridisierungsereignissen gemäß unabhängigem Patentanspruch 27 gelöst.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden die folgenden Abkürzungen und Begriffe benutzt:
Genetik
DNA Desoxyribonukleinsäure
RNA Ribonukleinsäure
PNA Peptidnukleinsäure (synthetische DNA oder RNA, bei der die
Zucker-Phosphat Einheit durch eine Aminosäure ersetzt ist. Bei
Ersatz der Zucker-Phosphat Einheit durch die -NH-(CH2)2-
N(COCH2-Base)-CH2CO- Einheit hybridisiert PNA mit DNA).
A Adenin
G Guanin
C Cytosin
T Thymin
Base A, G, T, oder C
Bp Basenpaar
Nukleinsäure wenigstens zwei kovalent verbundene Nukleotide oder wenigstens zwei kovalent verbundene Pyrimidin- (z. B. Cytosin,
Thymin oder Uracil) oder Purin-Basen (z. B. Adenin oder
Guanin). Der Begriff Nukleinsäure bezieht sich auf ein beliebiges "Rückgrat" der kovalent verbundenen Pyrimidin- oder
Purin-Basen, wie z. B. auf das Zucker-Phosphat Rückgrat der
DNA, cDNA oder RNA, auf ein Peptid-Rückgrat der PNA oder auf analoge Strukturen (z. B. Phosphoramid-, Thio-Phosphat- oder Dithio-Phosphat-Rückgrat). Wesentliches Merkmal einer
Nukleinsäure im Sinne der vorliegenden Erfindung ist, daß sie natürlich vorkommende cDNA oder RNA sequenzspezifisch binden kann.
Nukleinsäure- Nukleinsäure nicht näher spezifizierter Basenlänge (z. B. Oligomer Nukleinsäure-Oktamer: eine Nukleinsäure mit beliebigem Rückgrat, bei dem 8 Pyrimidin- oder Purin-Basen kovalent aneinander gebunden sind).
Oligomer Äquivalent zu Nukleinsäure-Oligomer. Oligonukleotid Äquivalent zu Oligomer oder Nukleinsäure-Oligomer, also z. B. ein DNA, PNA oder RNA Fragment nicht näher spezifizierter Basenlänge.
Oligo Abkürzung für Oligonukleotid. dATP Desoxyribonucleosid-Triphosphat des A (DNA-Einheit mit der Base A und zwei weiteren Phosphaten zum Aufbau eines längeren DNA-Fragments bzw. eines Oligonukleotids). dGTP Desoxyribonucleosid-Triphosphat des G (DNA-Einheit mit der Base G und zwei weiteren Phosphaten zum Aufbau eines längeren DNA-Fragments bzw. eines Oligonukleotids). dCTP Desoxyribonucleosid-Triphosphat des C (DNA-Einheit mit der Base C und zwei weiteren Phosphaten zum Aufbau eines längeren DNA-Fragments bzw. eines Oligonukleotids). dTTP Desoxyribonucleosid-Triphosphat des T (DNA-Einheit mit der Base T und zwei weiteren Phosphaten zum Aufbau eines längeren DNA-Fragments bzw. eines Oligonukleotids).
Primer Start-Komplementär-Fragment eines Oligonukleotids, wobei die Basenlänge des Primers nur ca. 4-8 Basen beträgt. Dient als Ansatzpunkt für die enzymatische Replikation des Oligonukleotids.
Mismatch Zur Ausbildung der Watson Crick Struktur doppelsträngiger Oligonukleotide hybridisieren die beiden Einzelstränge derart, daß die Base A (bzw. C) des einen Strangs mit der Base T (bzw. G) des anderen Strangs Wasserstoffbrücken ausbildet (bei RNA ist T durch Uracil ersetzt). Jede andere Basenpaarung bildet keine Wasserstoffbrücken aus, verzerrt die Struktur und wird als „Mismatch" bezeichnet.
ds double Strand (Doppelstrang)
SS Single Strand (Einzelstrang)
Chemische Substanzen/Gruppen
R beliebiger, nicht näher spezifizierter organischer Rest als Substituent oder Seitenkette.
Redox redoxaktive Substanz Alkyl Der Begriff "Alkyl" bezeichnet ein gesättigtes Kohlenwasserstoffradikal, das geradkettig oder verzweigt ist (z.B. Ethyl, Isopropyl oder 2,5-Dimethylhexyl etc.). Wenn "Alkyl" benutzt wird, um auf einen Linker oder Spacer zu verweisen, bezeichnet der Begriff eine Gruppe mit zwei verfügbaren Valenzen für die kovalente Verknüpfung (z. B. -CH2CH2-, -CH2CH2CH2- oder -CH2C(CH3)2CH2CH2C(CH3)2CH2- etc.). Bevorzugte Alkylgruppen als Substituenten oder Seitenketten R sind solche der Kettenlänge 1-30 (längste durchgehende Kette von aneinandergebundenen Atomen). Bevorzugte Alkylgruppen als Linker oder Spacer sind solche der Kettenlänge 1-20, insbesondere der Kettenlänge 1-14, wobei die Kettenlänge die kürzeste durchgehende Verbindung zwischen den Linker oder Spacer verbundenen Strukturen darstellt.
Alkenyl Alkylgruppen bei denen eine oder mehrere der C-C Einfachbindungen durch C=C Doppelbindungen ersetzt sind. Alkinyl Alkyl- oder Alkenylgruppen bei denen eine oder mehrere der C-C Einfach- oder C=C Doppelbindungen durch C≡C Dreifachbindungen ersetzt sind.
Hetero-Alkyl Alkylgruppen bei denen eine oder mehrere der C-H Bindungen oder C-C Einfachbindungen durch C-N, C=N, C-P, C=P, C-O, C=0, C-S oder C=S Bindungen ersetzt sind.
Hetero-Alkenyl Alkenylgruppen bei denen eine oder mehrere C-H Bindungen, C-C Einfach- oder C=C Doppelbindungen durch C-N, C=N, C-P, C=P, C-O, C=O, C-S oder C=S Bindungen ersetzt sind.
Hetero-Alkinyl Alkinylgruppen bei denen eine oder mehrere der C-H Bindungen, C-C Einfach-, C=C Doppel- oder C≡C Dreifachbindung durch C-N, C=N, C-P, C=P, C-O, C=0, C-S oder C=S Bindungen ersetzt sind.
Linker molekulare Verbindung zwischen zwei Molekülen bzw. zwischen einem Oberflächenatom, Oberflächenmolekül oder einer Oberflächenmolekülgruppe und einem anderen Molekül. In der Regel sind Linker als Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Hetero-Alkyl-, Hetero-Alkenyl- oder Heteroalkinylkette käuflich zu erwerben, wobei die Kette an zwei Stellen mit (gleichen oder verschiedenen) reaktiven Gruppen derivatisiert ist. Diese Gruppen bilden in einfachen/bekannten chemischen Reaktionen mit den entsprechenden Reaktionspartner eine kovalente chemische Bindung aus. Die reaktiven Gruppen können auch photoaktivierbar sein, d. h. die reaktiven Gruppen werden erst durch Licht bestimmter oder beliebiger Wellenlänge aktiviert. Bevorzugte Linker sind solche der Kettenlänge 1 - 20, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, wobei die Kettenlänge hier die kürzeste durchgehende Verbindung zwischen den zu verbindenden Strukturen, also zwischen den zwei Molekülen bzw. zwischen einem Oberflächenatom, Oberflächenmolekül oder einer Oberflächenmolekülgruppe und einem anderen Molekül, darstellt.
Spacer Linker, der über die reaktiven Gruppen an eine oder beide der zu verbindenden Strukturen (siehe Linker) kovalent angebunden ist. Bevorzugte Spacer sind solche der Kettenlänge 1 - 20, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, wobei die Kettenlänge die kürzeste durchgehende Verbindung zwischen den zu verbindenden Strukturen darstellt.
(n x HS-Spacer)- Nukleinsäure-Oligomer, an das n Thiolfunktionen über jeweils oligo einen Spacer angebunden sind, wobei die Spacer jeweils eine unterschiedliche Kettenlänge (kürzeste durchgehende Verbindung zwischen Thiolfunktion und Nukleinsäure-Oligomer) aufweisen können, insbesondere jeweils eine beliebige Kettenlänge zwischen 1 und 14. Diese Spacer können wiederum an verschiedene natürlich am Nukleinsäure-Oligomer vorhandene oder an diesem durch Modifikation angebrachte reaktive Gruppen gebunden sein und "n" ist eine beliebige ganze Zahl, insbesondere eine Zahl zwischen 1 und 20.
(n x R-S-S- Nukleinsäure-Oligomer, an das n Disulfidfunktionen über jeweils Spacer)-oligo einen Spacer angebunden sind, wobei ein beliebiger Rest R die Disulfidfunktion absättigt. Der Spacer zur Anbindung der
Disulfidfunktion an das Nukleinsäure-Oligomer kann jeweils eine unterschiedliche Kettenlänge (kürzeste durchgehende Verbindung zwischen Disulfidfunktion und Nukleinsäure- Oligomer) aufweisen, insbesondere jeweils eine beliebige Kettenlänge zwischen 1 und 14. Diese Spacer können wiederum an verschiedene natürlich am Nukleinsäure-Oligomer vorhandene oder an diesem durch Modifikation angebrachte reaktive Gruppen gebunden sein. Der Platzhalter "n" ist eine beliebige ganze Zahl, insbesondere eine Zahl zwischen 1 und 20. oligo-Spacer-S-S- zwei gleiche oder verschiedene Nukleinsäure-Oligomere, die Spacer-oligo über eine Disulfid-Brücke miteinander verbunden sind, wobei die Disulfidbrücke über zwei beliebige Spacer an die Nukleinsäure-Oligomere angebunden ist und die beiden Spacer eine unterschiedliche Kettenlänge (kürzeste durchgehende Verbindung zwischen Disulfidbrücke und dem jeweiligen Nukleinsäure-Oligomer) aufweisen können, insbesondere jeweils eine beliebige Kettenlänge zwischen 1 und 14 und diese Spacer wiederum an verschiedene natürlich am Nukleinsäure- Oligomer vorhandene oder an diese durch Modifikation angebrachte reaktive Gruppen gebunden sein können.
PQQ Pyrrolo-Chinolino-Chinon, entspricht: 4,5-Dihydro-4,5-dioxo-1 H- pyrrolo-[2,3-f]-chinolin-2,7,9-tricarboxylsäure)
TEATFB Tetraethylammonium-tetrafluoroborat sulfo-NHS N-Hydroxysulfosuccinimid
EDC (3-Dimethylaminopropyl)-carbodiimid
HEPES N-[2-Hydroxyethyl]piperazin-N'-[2-ethansulfonsäure]
Tris Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan
EDTA Ethylendiamin-Tetraacetat (Natriumsalz)
Cystamin (H2N-CH2-CH2-S-)2
modifizierte Oberflächen/Elektroden
Mica Muskovit-Plättchen, Trägermaterial zum Aufbringen dünner Schichten.
Au-S-ss-oligo-PQQ Gold-Film auf Mica mit kovalent aufgebrachter Monolayer aus derivatisiertem 12Bp Einzelstrang Oligonukleotid (Sequenz:
TAGTCGGAAGCA). Hierbei ist die endständigen Phosphatgruppe des Oligonukleotids am 3' Ende mit (HO-(CH2)2-S)2 zum P-O- (CH2)2-S-S-(CH2)2-OH verestert, wobei die S-S Bindung homolytisch gespalten wird und je eine Au-S-R Bindung bewirkt. Die endständige Base Thymin am 5'- Ende des Oligonukleotids ist am C-5 Kohlenstoff mit -CH=CH-CO-NH-CH2-CH2-NH2 modifiziert und dieser Rest wiederum ist über seine freie Aminogruppe durch Amidbildung mit einer Carbonsäuregruppe des PQQ verbunden.
Au-S-ds-oligo-PQQ Au-S-ss-oligo-PQQ, welches mit dem zu ss-oligo (Sequenz: TAGTCGGAAGCA) komplementären Oligonukleotid hybridisiert vorliegt.
Elektrochemie
Elektrodenpotential, das an der Arbeitselektrode anliegt.
Halbstufenpotential, Potential in der Mitte zwischen den Strom- Maxima für Oxidation und Reduktion einer in der Cyclovoltametrie reversiblen Elektrooxidation oder -reduktion.
Stromdichte (Strom pro cm2 Elektrodenoberfläche)
Cyclovoltametrie Aufzeichnung einer Strom/Spannungskurve. Hierbei wird das Potential einer stationären Arbeitselektrode zeitabhängig linear verändert, ausgehend von einem Potential bei dem keine Elektrooxidation oder -reduktion stattfindet bis zu einem Potential bei dem eine gelöste oder an die Elektrode adsorbierte Spezies oxidiert oder reduziert wird (also Strom fließt). Nach Durchlaufen des Oxidations- bzw. Reduktionsvorgangs, der in der Strom/Spannungskurve einen zunächst ansteigenden Strom und nach Erreichen eines Maximums einen allmählich abfallenden Strom erzeugt, wird die Richtung des Potentialvorschubs umgekehrt. Im Rücklauf wird dann das Verhalten der Produkte der Elektrooxidation oder -reduktion aufgezeichnet.
Amperometrie Aufzeichnung einer Strom/Zeitkurve. Hierbei wird das Potential einer stationären Arbeitselektrode z. B. durch einen Potentialsprung auf ein Potential gesetzt, bei dem die Elektrooxidation oder -reduktion einer gelösten oder adsorbierten Spezies stattfindet und der fließende Strom wird in Abhängigkeit von der Zeit aufgezeichnet.
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Nukleinsäure-Oligomer, das durch chemische Anbindung einer redoxaktiven Substanz modifiziert ist. Als Nukleinsäure-Oligomer wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Verbindung aus wenigstens zwei kovalent verbundenen Nukleotiden oder aus wenigstens zwei kovalent verbundenen Pyrimidin- (z. B. Cytosin, Thymin oder Uracil) oder Purin-Basen (z. B. Adenin oder Guanin), bevorzugt ein DNA-, RNA- oder PNA-Fragment, verwendet. In der vorliegenden Erfindung bezieht sich der Begriff Nukleinsäure auf ein beliebiges "Rückgrat" der kovalent verbundenen Pyrimidin- oder Purin-Basen, wie z. B. auf das Zucker-Phosphat Rückgrat der DNA, cDNA oder RNA, auf ein Peptid-Rückgrat der PNA oder auf analoge Rückgrat-Strukturen, wie z. B. ein Thio-Phosphat-, ein Dithio- Phosphat- oder ein Phosphoramid-Rückgrat. Wesentliches Merkmal einer Nukleinsäure im Sinne der vorliegenden Erfindung ist, daß sie natürlich vorkommende cDNA oder RNA sequenzspezifisch binden kann. Alternativ zu dem Begriff "Nukleinsäure-Oligomer" werden die Begriffe "(Sonden-) Oligonukleotid", "Nukleinsäure" oder "Oligomer" verwendet.
Die redoxaktive Substanz ist bei einem Potential φ selektiv oxidierbar und reduzierbar, wobei φ der Bedingung 2,0 V > φ > - 2,0 V genügt. Das Potential bezieht sich hierbei auf die freie, unmodifizierte, redoxaktive Substanz in einem geeigneten Lösungsmittel, gemessen gegen Normalwasserstoffelektrode. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist der Potentialbereich 1 ,7 V > φ ≥ - 1.7 V bevorzugt, wobei der Bereich 1 ,4 V > φ > - 1 ,2 V besonders bevorzugt ist und der Bereich 0,9 V > φ > - 0,7 V, in dem die redoxaktive Substanz des Anwendungsbeispiels reduziert und reoxidiert wird, ganz besonders bevorzugt ist. Daneben betrifft die vorliegende Erfindung eine leitfähige Oberfläche, an die direkt oder indirekt (über einen Spacer) ein Nukleinsäure-Oligomer mit angebundener redoxaktiver Substanz chemisch gebunden ist. Außerdem betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer modifizierten leitfähigen Oberfläche, wobei ein modifiziertes Nukleinsäure-Oligomer auf eine leitfähige Oberfläche aufgebracht wird. Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren, das die elektrochemische Detektion molekularer Strukturen, insbesondere die elektrochemische Detektion von DNA-/RNA-/PNA- Fragmenten in einer Probenlösung durch sequenzspezifische Nukleinsäure-Oligomer-Hybridisierung ermöglicht. Die Detektion der Hybridisierungsereignisse durch elektrische Signale ist eine einfache und kostengünstige Methode und ermöglicht in einer batteriebetriebenen Variante eines Sequenziergeräts den Einsatz vor Ort.
Bindung einer redoxaktiven Substanz an ein Nukleinsäure-Oligomer
Voraussetzung für das erfindungsgemäße Verfahren ist die Bindung einer redoxaktiven Substanz an ein Nukleinsäure-Oligomer. Erfindungsgemäß kann dazu jede redoxaktive Substanz verwendet werden, solange sie bei einem Potential φ, das der Bedingung 2,0 V > φ > - 2,0 V genügt, selektiv oxidierbar und reduzierbar ist. Das Potential bezieht sich hierbei auf die freie, unmodifizierte, redoxaktive Substanz in einem geeigneten Lösungsmittel, gemessen gegen Normalwasserstoffelektrode. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist der Potentialbereich 1 ,7 V > φ > - 1.7 V bevorzugt, wobei der Bereich 1 ,4 V > φ > - 1 ,2 V besonders bevorzugt ist und der Bereich 0,9 V > φ > - 0,7 V , in dem die redoxaktive Substanz des Anwendungsbeispiels reduziert und reoxidiert wird, ganz besonders bevorzugt ist. Unter dem Begriff "selektiv oxidierbar und reduzierbar" wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Redoxreaktion, also Abgabe oder Aufnahme eines Elektrons, verstanden, welche selektiv am Ort der redoxaktiven Substanz stattfindet. Durch das angelegte Potential wird also letztendlich kein anderer Teil des Nukleinsäure-Oligomers reduziert oder oxidiert, sondern ausschließlich die an das Nukleinsäure-Oligomer gebundene redoxaktive Substanz.
Unter redoxaktiver Substanz wird erfindungsgemäß jedes beliebige Molekül verstanden, daß im elektrochemisch zugänglichen Potentialbereich der jeweiligen Trägeroberfläche (Elektrode) durch Anlegen einer äußeren Spannung an dieser Elektrode elektrooxidiert/-reduziert werden kann. Neben üblichen organischen und anorganischen redoxaktiven Substanzen wie z. B. Hexacyanoferraten, Ferrocenen, Acridinen oder Phtalocyaninen eignen sich zur Anbindung an das Sonden- Oligonukleotid insbesondere redoxaktive Farbstoffe wie z. B. (Metallo-) Porphyrine der allgemeinen Formel 1 , (Metallo-) Chlorophylle der allgemeinen Formel 2 oder (Metallo-) Bakteriochlorophylle der allgemeinen Formel 3, (farbige) natürlich vorkommende Oxidations-Agentien wie z. B. Flavine der allgemeinen Formel 4, Pyridin-Nukleotide der allgemeinen Formel 5 oder Pyrrolo-Chinolin-Chinone (PQQ) der allgemeinen Formel 6 oder sonstige Chinone wie z. B 1 ,4-Benzochinone der allgemeinen Formel 7, 1 ,2-Benzochinone der allgemeinen Formel 8, 1 ,4- Naphtochinone der allgemeinen Formel 9, 1 ,2-Naphtochinone der allgemeinen Formel 10 oder 9,10-Anthrachinone der allgemeinen Formel 11.
Formel 1 Formel 2
Formel 3
M = 2H, Mg, Zn, Cu, Ni, Pd, Co, Cd, Mn, Fe, Sn, Pt etc.; R, bis R12 sind unabhängig voneinander H oder beliebige Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Heteroalkyl-, Heteroalkenyl- oder Heteroalkinyl-Substituenten.
Formel 4 Formel 5
Formel 6 Formel 7
Formel 10 Formel 11
R bis R8 sind unabhängig voneinander H oder beliebige Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Heteroalkyl-, Heteroalkenyl- oder Heteroalkinyl-Substituenten.
Erfindungsgemäß wird eine redoxaktive Substanz an ein Oligonukleotid kovalent durch die Reaktion des Oligonukleotids mit der redoxaktiven Substanz gebunden. Diese Bindung kann auf drei verschiedene Arten durchgeführt werden:
a) Als reaktive Gruppe zur Bindungsbildung am Nukleinsäure-Oligomer wird eine freie Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppe des Oligonukleotid-Rückgrats, insbesondere eine Gruppe an einem der beiden Enden des Oligonukleotid-Rückgrats, verwendet. Die freien, endständigen Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppen weisen eine erhöhte Reaktivität auf und gehen daher leicht typische Reaktionen wie z. B. Amidbildung mit (primären oder sekundären) Aminogruppen bzw. mit Säuregruppen, Esterbildung mit (primären, sekundären oder tertiären) Alkoholen bzw. mit Säuregruppen, Thioesterbildung mit (primären, sekundären oder tertiären) Thio-Alkoholen bzw. mit Säuregruppen oder die Kondensation von Amin und Aldehyd mit anschließender Reduktion der entstandenen CH=N Bindung zur CH2-NH Bindung ein. Die zur kovalenten Anbindung der redoxaktiven Substanz nötige Kopplungsgruppe (Säure-, Amin-, Alkohol-, Thioalkohol- oder Aldehydfunktion) ist entweder natürlicherweise an der redoxaktiven Substanz vorhanden oder wird durch chemische Modifikation der redoxaktiven Substanz erhalten.
b) Das Nukleinsäure-Oligomer ist über einen kovalent angebundenen Molekülteil (Spacer) beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge (kürzeste durchgehende Verbindung zwischen den zu verbindenden Strukturen darstellt), insbesondere der Kettenlänge 1 bis 14, am Oligonukleotid-Rückgrat bzw. an einer Base mit einer reaktiven Gruppe modifiziert. Die Modifikation erfolgt bevorzugt an einem der Enden des Oligonukleotid-Rückgrats bzw. an einer terminalen Base. Als Spacer kann z.B. ein Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Heteroalkyl-, Heteroalkenyl- oder Heteroalkinylsubstituent verwendet werden. Mögliche einfache Reaktionen zur Ausbildung der kovalenten Bindung zwischen redoxaktiver Substanz und des so modifizierten Nukleinsäure-Oligomers sind wie unter a) beschrieben, die Amidbildung aus Säure- und Amino-Gruppe, die Esterbildung aus Säure- und Alkohol-Gruppe, die Thioesterbildung aus Säure- und Thio-Alkohol-Gruppe oder die Kondensation von Aldehyd und Amin mit anschließender Reduktion der entstandenen CH=N Bindung zur CH2-NH Bindung.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Nukleinsäure-Oligomer durch eine redoxaktive Substanz modifiziert, die Bereiche mit einem überwiegend planaren, in einer Ebene ausgedehnten p-π-Orbital-System aufweist, wie z. B. das PQQ des Beispiels 1 oder die Chinone der Formel 5 oder 7-12 oder die porphinoiden
Strukturen der Formeln 1 - 4 bzw. die Pyridin-Nukleotide der allgemeinen Formel 6 bzw. Derivate dieser redoxaktiven Substanzen. In diesem Fall kann der Spacer, über den die redoxaktive Substanz an das Nukleinsäure-Oligomer gebunden ist, so gewählt werden, daß sich die Ebene der π-Orbitale der redoxaktiven Substanz parallel zu den p-π-Orbitalen der an die redoxaktive Substanz angrenzenden Basen des Nukleinsäure-Oligomers anordnen kann. Diese räumliche Anordnung von redoxaktiver Substanz mit teilweise planarem in einer Ebene ausgedehnten p-π- Orbitalen erweist sich als besonders günstig.
c) Bei der Synthese des Nukleinsäure-Oligomers wird eine terminale Base durch die redoxaktive Substanz ersetzt.
Erfindungsgemäß kann die Bindung der redoxaktiven Substanz an das Oligonukleotid wie unter a) und b) beschrieben vor oder nach der Bindung des Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche erfolgen. Die Anbindung der redoxaktiven Substanz an das auf der leitfähigen Oberfläche gebundene Oligonukleotid erfolgt dann ebenfalls wie unter a) und b) beschrieben.
Bei mehreren verschiedenen Oligonukleotid-Kombinationen (Test-Sites) auf einer gemeinsamen Oberfläche ist es vorteilhaft, die (kovalente) Anbindung der redoxaktiven Substanz an die Sonden-Oligonukleotide durch geeignete Wahl der reaktiven Gruppe an den freien Sonden-Oligonukleotidenden der verschiedenen Test-Sites für die gesamte Oberfläche zu vereinheitlichen.
Die leitfähige Oberfläche
Unter dem Begriff "leitfähige Oberfläche" wird erfindungsgemäß jeder Träger mit einer elektrisch leitfähigen Oberfläche beliebiger Dicke verstanden, insbesondere Oberflächen aus Platin, Palladium, Gold, Cadmium, Quecksilber, Nickel, Zink, Kohlenstoff, Silber, Kupfer, Eisen, Blei, Aluminium und Mangan. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden die Begriffe "Elektrode" und "leitfähige (Träger-) Oberfläche" alternativ zu "leitfähige Oberfläche " gebraucht.
Daneben können auch beliebige dotierte oder nicht dotierte Halbleiteroberflächen beliebiger Dicke verwendet werden. Sämtliche Halbleiter können als Reinsubstanzen oder als Gemische Verwendung finden. Als nicht einschränkend gemeinte Beispiele seien an dieser Stelle Kohlenstoff, Silizium, Germanium, α-Zinn, Cu(l)- und Ag(l)- Halogenide beleibiger Kristallstruktur genannt. Geeignet sind ebenfalls sämtliche
binären Verbindungen beliebiger Zusammensetzung und beliebiger Struktur der Elemente der Gruppen 14 und 16, der Elemente der Gruppen 13 und 15, sowie der Elemente der Gruppen 15 und 16. Daneben können ternäre Verbindungen beliebiger Zusammensetzung und beliebiger Struktur der Elemente der Gruppen 11 , 13 und 16 oder der Elemente der Gruppen 12, 13 und 16 verwendet werden. Die Bezeichnungen der Gruppen des Periodensystems der Elemente beziehen sich auf die lUPAC-Empfehlung von 1985.
Bindung eines Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche
Erfindungsgemäß wird ein Oligonukleotid direkt oder über einen Linker/Spacer mit den Trägeroberflächenatomen oder -molekülen einer leitfähigen Trägeroberfläche der oben beschriebenen Art verknüpft. Diese Bindung kann auf drei verschiedene Arten durchgeführt werden:
a) Die Oberfläche wird so modifiziert, daß eine reaktive Molekül-Gruppe zugänglich ist. Dies kann durch direkte Derivatisierung der Oberflächenmoleküle, z. B. durch naßchemische oder elektrochemische Oxidation/Reduktion geschehen. So kann z. B. die Oberfläche von Graphitelektroden durch Oxidation naßchemisch mit Aldehydoder Carbonsäure-Gruppen versehen werden. Elektrochemisch besteht z. B. die Möglichkeit durch Reduktion in Gegenwart von Aryl-Diazoniumsalzen das entsprechende (funktionalisierte, also mit einer reaktiven Gruppe versehene) Aryl- Radikal oder durch Oxidation in Gegenwart von R'CO2H das (funktionalisierte) R'- Radikal auf der Graphit-Elektrodenoberfläche anzukoppeln. Ein Beispiel der direkten Modifikation von Halbleiteroberflächen ist die Derivatisierung von Siliziumoberflächen zu reaktiven Silanolen, d. h. Silizium-Träger mit Si-OR" Gruppen an der Oberfläche, wobei R" ebenso wie R' einen beliebigen, funktionalisierten, organischen Rest darstellt (z.B. Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Heteroalkyl-, Heteroalkenyl- oder Heteroalkinylsubstituent). Alternativ kann die gesamte Oberfläche durch die kovalente Anbindung einer reaktiven Gruppe eines bifunktionalen Linkers modifiziert werden, so daß auf der Oberfläche eine monomolekulare Schicht beliebiger Moleküle entsteht, die, bevorzugt endständig, eine reaktive Gruppe enthalten. Unter dem Begriff "bifunktionaler Linker" wird jedes Molekül beliebiger Kettenlänge, insbesondere der Kettenlängen 2-14, mit zwei gleichen (homo-bifunktional) oder zwei verschiedenen (hetero-bifunktional) reaktiven Molekül-Gruppen verstanden.
Sollen mehrere verschiedene Test-Sites auf der Oberfläche durch Ausnutzen der Methodik der Photolithographie gebildet werden, so ist mindestens eine der
reaktiven Gruppen des homo- oder hetereo-bifunktionalen Linkers eine photoinduzierbar reaktive Gruppe, d. h. eine erst durch Lichteinstrahlung bestimmter oder beliebiger Wellenlänge reaktiv werdende Gruppe. Dieser Linker wird so aufgebracht, daß die/eine photoaktivierbare reaktive Gruppe nach der kovalenten Anbindung des Linkers auf der Oberfläche zur Verfügung steht. An die so modifizierte Oberfläche werden die Nukleinsäure-Oligomere kovalent angebunden, wobei diese selbst über einen Spacer beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, mit einer reaktiven Gruppe modifiziert sind, bevorzugt in der Nähe eines Endes des Nukleinsäure-Oligomers. Bei der reaktiven Gruppe des Oligonukleotids handelt es sich um Gruppen, die direkt (oder indirekt) mit der modifizierten Oberfläche unter Ausbildung einer kovalenten Bindung reagieren. Daneben kann an die Nukleinsäure-Oligomere in der Nähe ihres zweiten Endes eine weitere reaktive Gruppe gebunden sein, wobei diese reaktive Gruppe wiederum, wie oben beschrieben, direkt oder über einen Spacer beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, angebunden ist. Desweiteren kann die redoxaktive Substanz alternativ zu dieser weiteren reaktiven Gruppe, an diesem zweiten Ende des Nukleinsäure-Oligomers angebunden sein.
b) Das Nukleinsäure-Oligomer, das auf die leitfähige Oberfläche aufgebracht werden soll, ist über einen kovalent angebundenen Spacer beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, mit einer oder mehreren reaktiven Gruppe modifiziert, wobei sich diese reaktiven Gruppen bevorzugt in der Nähe eines Endes des Nukleinsäure-Oligomers befinden. Bei den reaktiven Gruppen handelt es sich um Gruppen, die direkt mit der unmodifizierten Oberfläche reagieren können. Beispiele hierfür sind: (i) Thiol- (HS-) oder Disulfid- (S-S-) derivatisierte Nukleinsäure-Oligomere der allgemeinen Formel (n x HS-Spacer)-oligo, (n x R-S-S- Spacer)-oligo oder oligo-Spacer-S-S-Spacer-oligo, die mit einer Goldoberfläche unter Ausbildung von Gold-Schwefelbindungen reagieren oder (ii) Amine, die sich durch Chemi- oder Physisorption an Platin- oder Silizium-Oberflächen anlagern. Daneben kann an die Nukleinsäure-Oligomere in der Nähe ihres zweiten Endes eine weitere reaktive Gruppe gebunden sein, wobei diese reaktive Gruppe wiederum, wie oben beschrieben, direkt oder über einen Spacer beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, angebunden ist. Desweiteren kann die redoxaktive Substanz alternativ zu dieser weiteren reaktiven Gruppe, an diesem zweiten Ende des Oligonukleotids angebunden sein. Insbesondere Nukleinsäure-Oligomere die mit mehreren Spacer-verbrückten Thiol oder Disulfidbrücken modifiziert sind ((n x HS-Spacer)-oligo bzw. (n x R-S-S-Spacer)- oligo) haben den Vorteil, daß solche Nukleinsäure-Oligomere unter einem
bestimmten Anstellwinkel gegen die leitfähige Oberfläche (Winkel zwischen der Oberflächennormalen und der Helixachse eines doppelsträngigen helikalen Nukleinsäure-Oligomers bzw. zwischen der Oberflächennormalen und der Achse senkrecht zu den Basenpaaren eines doppelsträngigen nicht-helikalen Nukleinsäure- Oligomers) aufgebracht werden können, wenn die die Thiol- bzw. Disulfid- Funktionen an das Nukleinsäure-Oligomer anbindenden Spacer, von einem Ende der Nukleinsäure her betrachtet, eine zunehmende bzw. abnehmende Kettenlänge besitzen.
c) Als reaktive Gruppe am Sonden-Nukleinsäure-Oligomer werden die Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppen des Oligonukleotid-Rückgrats, insbesondere endständige Gruppen, verwendet. Die Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppen weisen eine erhöhte Reaktivität auf und gehen daher leicht typische Reaktionen wie z. B. Amidbildung mit (primären oder sekundären) Amino- bzw. Säuregruppen, Esterbildung mit (primären, sekundären oder tertiären) Alkoholen bzw. Säuregruppen, Thioesterbildung mit (primären, sekundären oder tertiären) Thio- Alkoholen bzw. Säuregruppen oder die Kondensation von Amin und Aldehyd mit anschließender Reduktion der entstandenen CH=N Bindung zur CH2-NH Bindung ein. Die nötige Kopplungs-Gruppe zur kovalenten Anbindung an die Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppe ist in diesem Fall ein Teil der Oberflächenderivatisierung mit einer (monomolekularen) Schicht beliebiger Moleküllänge, wie unter a) in diesem Abschnitt beschrieben, oder die Phosphorsäure-, Zucker-C-3-Hydroxy-, Carbonsäure- oder Amin-Gruppe kann direkt mit der unmodifizierten Oberfläche reagieren, wie unter b) in diesem Abschnitt beschrieben. Daneben kann an die Oligonukleotide in der Nähe ihres zweiten Endes eine weitere reaktive Gruppe gebunden sein, wobei diese reaktive Gruppe wiederum, wie oben beschrieben, direkt oder über einen Spacer beliebiger Zusammensetzung und Kettenlänge, insbesondere der Kettenlänge 1 - 14, angebunden ist. Desweiteren kann die redoxaktive Substanz alternativ zu dieser weiteren reaktiven Gruppe, an diesem zweiten Ende des Nukleinsäure-Oligomers angebunden sein.
Die Bindung des Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche kann alternativ vor oder nach der Anbindung der redoxaktiven Substanz an das Oligonukleotid bzw. vor oder nach Anbinden des mit einer reaktiven Gruppe versehenen Spacers zur Bindung der redoxaktiven Substanz erfolgen. Die Bindung des bereits modifizierten Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche, d. h. die Bindung an die Oberfläche nach der Anbindung der redoxaktiven Substanz an das Oligonukleotid bzw. nach der
Anbindung des mit einer reaktiven Gruppe versehenen Spacers zur Bindung der redoxaktiven Substanz, erfolgt ebenfalls wie unter a) bis c) (Abschnitt "Bindung eines Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche") beschrieben.
Bei der Herstellung der Test-Sites muß bei der Anbindung der Einzelstrang- Oligonukleotide an die Oberfläche darauf geachtet werden, daß zwischen den einzelnen Oligonukleotiden ein genügend großer Abstand verbleibt, um den für eine Hybridisierung mit dem Target-Oligonukleotid nötigen Freiraum zur Verfügung zu stellen. Dazu bieten sich unter anderem zwei verschiedene Vorgehensweisen an:
1.) Herstellung einer modifizierten Trägeroberfläche durch Anbindung eines hybridisierten Oligonukleotids, also eine Trägeroberflächen-Derivatisierung mit hybridisiertem Sonden-Oligonukleotid statt mit Einzelstrang-Sonden-Oligonukleotid. Der zur Hybridisierung verwendete Oligonukleotidstrang ist unmodifiziert (die Oberflächenanbindung wird durchgeführt wie unter a) - c) im Abschnitt "Bindung eines Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche" beschrieben). Anschließend wird der hybridisierte Oligonukleotid-Doppelstrang thermischer dehybridisiert, wodurch eine Einzelstrang-Oligonukleotid modifizierte Trägeroberfläche mit größerem Abstand zwischen den Proboligonukleotiden hergestellt wird.
2.) Herstellung einer modifizierten Trägeroberfläche durch Anbindung eines Einzelstrang- oder Doppelstrang-Oligonukleotids, wobei während der Trägeroberflächen-Derivatisierung ein geeigneter monofunktionaler Linker zugesetzt wird, der neben dem Einzelstrang- oder Doppelstrang-Oligonukleotid auch an die Oberfläche gebunden wird (die Oberflächenanbindung wird durchgeführt wie unter a) - c) im Abschnitt "Bindung eines Oligonukleotids an die leitfähige Oberfläche" beschrieben). Erfindungsgemäß hat der monofunktionale Linker eine Kettenlänge, die der Kettenlänge des Spacers zwischen Trägeroberfläche und Oligonukleotid identisch ist oder um maximal acht Kettenatome abweicht. Bei der Verwendung von Doppelstrang-Oligonukleotid zur Trägeroberflächen-Derivatisierung wird nach der Anbindung des Doppelstrang-Oligonukleotids und des Linkers an die Trägeroberfläche der hybridisierte Oligonukleotid-Doppelstrang thermischer dehybridisiert, wie oben unter 1.) beschrieben. Durch die gleichzeitige Anbindung eines Linkers an die Oberfläche wird der Abstand zwischen den ebenfalls an die Oberfläche gebundenen Einzel- oder Doppelstrang-Nukleinsäure-Oligomeren vergrößert. Im Falle der Verwendung von Doppelstrang-Nukleinsäure-Oligomer wird dieser Effekt durch die anschließende thermische Dehybridisierung noch verstärkt. Verfahren zur elektrochemischen Detektion von Nukleinsäureoligomerhybriden
Vorteilhafterweise werden gemäß dem Verfahren zur elektrochemischen Detektion mehrere Sonden-Oligonukleotide unterschiedlicher Sequenz, idealerweise alle nötigen Kombinationen des Nukleinsäure-Oligomers, auf einem Oligomer- oder DNA-Chip aufgebracht, um die Sequenz eines beliebigen Target-Oligomers oder einer (fragmentierten) Target-DNA sicher zu detektieren bzw. um Mutationen im Target aufzuspüren und sequenzspezifisch nachzuweisen. Dazu werden auf einer leitfähigen Trägeroberfläche die Trägeroberflächenatome oder -moleküle eines definierten Bereichs (einer Test-Site) mit DNA-/RNA-/PNA-Oligonukleotiden bekannter, aber beliebiger Sequenz, wie oben beschrieben, verknüpft. In einer allgemeinsten Ausführungsform kann aber der DNA-Chip auch mit einem einzigen Sonden-Oligonukleotid derivatisiert werden. Als Sonden-Oligonukleotide werden Nukleinsäure-Oligomere (DNA-, RNA- oder PNA-Fragmente) der Basenlänge 3 bis 50, bevorzugt der Länge 5 bis 30, besonders bevorzugt der Länge 7 bis 25 verwendet. Erfindungsgemäß wird an die Sonden-Oligonukleotide entweder vor oder nach deren Bindung an die leitfähige Oberfläche eine redoxaktive Substanz gebunden.
Erfolgt die Modifikation der Sonden-Oligonukleotide vor der Bindung an die leitfähige Oberfläche, so werden die bereits modifizierten Sonden-Oligonukleotide wie oben beschrieben an die leitfähige Oberfläche gebunden. Alternativ werden die nicht modifizierten, an die leitfähige Oberfläche gebundenen Sonden-Oligonukleotide am zweiten, freien Ende der Oligonukleotidkette direkt oder indirekt über einen Spacer mit einer redoxaktive Substanz modifiziert.
In beiden Fällen entsteht ein Oberflächen-Hybrid der allgemeinen Struktur Elek- Spacer-ss-oligo-Spacer-Redox (Figur 3). Die elektrische Kommunikation zwischen der (leitfähigen) Trägeroberfläche und dem über ein Einzelstrang-Oligonukleotid verbrückten redoxaktiven Substanz ("Redox") in der allgemeinen Struktur Elek- Spacer-ss-oligo-Spacer-Redox ist schwach oder gar nicht vorhanden. Die Verbrückungen können natürlich auch ohne Spacer oder mit nur einem Spacer (Elek-ss-oligo-Spacer-Redox bzw Elek-Spacer-ss-oligo-Redox) durchgeführt werden.
In einem nächsten Schritt werden die Test-Sites mit der zu untersuchenden Oligonukleotid-Lösung (Target) in Kontakt gebracht. Dabei kommt es nur in dem Fall zur Hybridisierung, in dem die Lösung Oligonukleotid-Stränge enthält, die zu den an die leitfähige Oberfläche gebundenen Sonden-Oligonukleotiden komplementär, oder zumindest in weiten Bereichen komplementär sind. Im Falle der Hybridisierung zwischen Sonden- und Target-Oligonukleotid kommt es zu einer verstärkten Leitfähigkeit zwischen der Trägeroberfläche und der redoxaktiven Substanz, da
diese nunmehr über das aus einem Doppelstrang bestehende Oligonukleotid verbrückt sind (in Figur 3 an einem Beispiel der Elek-Spacer-ss-oligo-Spacer-Redox schematisch gezeigt).
Durch die Veränderung der elektrischen Kommunikation zwischen der (leitfähigen) Trägeroberfläche und der redoxaktiven Substanz aufgrund der Hybridisierung von Sonden-Oligonukleotid und dem dazu komplementären Oligonukleotid-Strang (Target) kann somit ein sequenzspezifisches Hybridisierungsereignis durch elektrochemische Verfahren wie z. B. Cyclovoltametrie, Amperometrie oder Leitfähigkeitsmessungen detektiert werden.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird eine redoxaktive Substanz verwendet, die Bereiche mit einem überwiegend planaren, in einer Ebene ausgedehnten p-π-Orbital-System aufweist, wie z. B. das PQQ des Beispiels 1 (vgl. Figur 3), oder die Chinone der Formel 5 oder 7-12 oder die porphinoiden Strukturen der Formeln 1 - 4, die Pyridin-Nukleotide der allgemeinen Formel 6 sowie Derivate dieser redoxaktiven Substanzen. In diesem Fall wird der Spacer zwischen Nukleinsäure-Oligomer und der redoxaktiven Substanz so gewählt, daß sich die Ebene der π-Orbitale der redoxaktiven Substanz parallel zu den p-π-Orbitalen des an die redoxaktive Substanz angrenzenden Basenpaars des mit Komplimentärstrang hybridisierten Nukleinsäure-Oligomers anordnen kann. Diese räumliche Anordnung von redoxaktiver Substanz mit teilweise planarem in einer Ebene ausgedehnten p-π-Orbitalen erweist sich für die elektrische Leitfähigkeit der Doppelstrang-Nukleinsäure-Oligomere als besonders günstig.
Bei der Cyclovoltametrie wird das Potential einer stationären Arbeitselektrode zeitabhängig linear verändert. Ausgehend von einem Potential bei dem keine Elektrooxidation oder - reduktion stattfindet, wird das Potential solange verändert bis die redoxaktive Substanz oxidiert oder reduziert wird (also Strom fließt). Nach Durchlaufen des Oxidations- bzw. Reduktionsvorgangs, der in der Strom/Spannungskurve einen zunächst ansteigenden Strom, einen Maximalstrom (Peak) und dann einen allmählich abfallenden Strom erzeugt, wird die Richtung des Potentialvorschubs umgekehrt. Im Rücklauf wird dann das Verhalten der Produkte der Elektrooxidation oder -reduktion aufgezeichnet.
Eine alternative elektrische Detektionsmethode, die Amperometrie, wird dadurch ermöglicht, daß die redoxaktive Substanz durch Anlegen eines geeigneten, konstant gehaltenen Elektrodenpotentials zwar elektrooxidiert (elektroreduziert) wird, die Rereduktion (Reoxidation) der redoxaktiven Substanz in den ursprünglichen Zustand aber nicht durch Änderung des Elektrodenpotentials erreicht wird, wie in der
Cyclovoltametrie, sondern durch ein der Targetlösung zugesetztes geeignetes Reduktionsmittel (Oxidationsmittel), wodurch der Stromkreis des Gesamtsystems geschlossen wird. Solange Reduktionsmittel (Oxidationsmittel) vorhanden ist bzw. solange verbrauchtes Reduktionsmittel (Oxidationsmittel) an der Gegenelektrode rereduziert (reoxidiert) wird, fließt Strom, der amperometrisch detektiert werden kann und der proportional zur Zahl der Hybridisierungsereignisse ist.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Es zeigen
Fig. 1 Schematische Darstellung des Sanger-Verfahrens der Oligonukleotid-
Sequenzierung;
Fig. 2 Schematische Darstellung der Oligonukleotid-Sequenzierung durch
Hybridisierung auf einem Chip;
Fig. 3 Schematische Darstellung des Oberflächen-Hybrids der allgemeinen
Struktur Elek-Spacer-ss-oligo-Spacer-Redox mit einem 12 Bp Sonden- Oligonukleotid der exemplarischen Sequenz 5'-TAGTCGGAAGCA-3' (links) und Au-S-ss-oligo-PQQ im hybridisierten Zustand als Ausführungsbeispiel einer Elek-Spacer-ss-oligo-Spacer-Redox, wobei nur ein Teil des Sonden-Oligonukleotids mit hybridisierten Komplementärstrang gezeigt ist (rechts) und die Anbindung des Oligonukleotids an die Oberfläche über einen -S-CH2CH2- Spacer sowie die Anbindung der redoxaktiven Substanz PQQ über den Spacer -CH2- CH=CH-CO-NH-CH2-CH2-NH- erfolgte;
Fig. 4 Cyclovoltagramm einer Test-Site aus Au-S-ss-oligo-PQQ (gepunktet) im Vergleich zu einer identischen Test-Site mit vollständig hybridisiertem Target (Au-S-ds-oligo-PQQ, durchgezogene Linie);
Fig. 5 Cyclovoltagramm einer Test-Site mit vollständig hybridisiertem Target
(Au-S-ds-oligo-PQQ) (durchgezogene Linie) im Vergleich zu einer Test- Site mit hybridisiertem Target, das 2 Basenpaar Mismatches aufweist (Au-S-ds-oligo-PQQ mit 2 Bp Mismatches, gestrichelt).
Wege zur Ausführung der Erfindung
Eine exemplarische Test-Site mit hybridisiertem Target (Au-S-ds-oligo-PQQ) der allgemeinen Struktur Elek-Spacer-ds-oligo-Spacer-Redox ist in Figur 3 dargestellt. In dem Beispiel der Figur 3 ist die Trägeroberfläche eine Gold-Elektrode. Die Verbindung zwischen Gold-Elektrode und Sonden-Oligonukleotid wurde mit dem Linker (HO-(CH2)2-S)2 aufgebaut, der mit der endständigen Phosphatgruppe am 3' Ende zu P-0-(CH2)2-S-S-(CH2)2-OH verestert wurde und nach homolytischer Spaltung der S-S Bindung an der Gold-Oberfläche je eine Au-S Bindung bewirkte, womit 2-Hydroxy- mercaptoethanol und Mercaptoethanol-verbrücktes Oligonukleotid auf der Oberfläche koadsorbiert wurde. Die redoxaktive Substanz im Beispiel der Figur 3 ist tricarboxylisches Pyrrolo-Chinolin-Chinon (PQQ), wobei eine der drei Carbonsäurefunktionen des PQQ (im Beispiel die C-7-C02H-Funktion) zur kovalenten Anbindung des PQQ an das Sonden-Oligonukleotid verwendet wurde (Amidbildung unter Wasserabspaltung mit der terminalen Aminofunktion des an die C-5-Position des 5'-Thymins angebundenen -CH=CH-CO-NH-CH2-CH2-NH2 Spacers). Sowohl freies, unmodifiziertes PQQ als auch über einen kurzen Spacer der Kettenlänge 1-6, wie z. B. -S-(CH2)2-NH-, oder über (modifiziertes) Doppelstrang- Oligonukleotid mit der Trägeroberfläche verbrücktes PQQ wird, z. B. in HEPES Puffer mit 0.7 molarem Zusatz von TEATFB (siehe Abkürzungen), im Potentialbereich 0,7 V > φ > 0,0 V, gemessen gegen Normalwasserstoffelektrode, selektiv reduziert und reoxidiert.
Die elektrische Kommunikation zwischen der (leitfähigen) Trägeroberfläche und dem über Einzelstrang-Oligonukleotid verbrückten Redoxpaar in der allgemeinen Struktur Elek-Spacer-ds-oligo-Spacer-Redox ist schwach oder gar nicht vorhanden. Für die exemplarische Test-Site Au-S-ss-oligo-PQQ (mit 12-Bp Sonden-Oligonukleotiden) ist dies anhand der Cyclovoltametrie (Figur 4) gezeigt. Ohne an eine theoretische Beschreibung gebunden sein zu wollen, wird angenommen, daß die negativen Ladungen des Phosphatgerüsts eine gegenseitig Abstoßung der Oligonukleotid- Einzelstränge bedingen und so einen Aufbau der -Spacer-ds-oligo-Spacer-Redox Kette (in Richtung Helixachse) unter einem Winkel ψ < 70 ° zur Normalen der Trägeroberfläche („stehende Röhren") erzwingen. Die (hybridisierte) Test-Site Au-S- ds-oligo-PQQ der Figur 3 weist einen Aufbau mit ψ = 30 ° auf. Aufgrund der Länge der -Spacer-ds-oligo-Spacer-Redox Kette (z. B. ca. 40 A Länge eines 12-Basenpaar- Oligonukleotids; die Spacer und das angebundene PQQ sind rund 10 Ä lang)
entsteht bei φ < 70 ° zwischen Trägeroberfläche und redoxaktiver Substanz ein Abstand von > 17 A. Dadurch kann ein direkter Elektron- oder Lochtransfer zwischen Trägeroberfläche und redoxaktiver Substanz ausgeschlossen werden. Durch Behandlung der Test-Site(s) mit einer zu untersuchenden Oligonukleotid-Lösung, kommt es, im Falle der Hybridisierung zwischen Sonde und Target zu einer verstärkten Leitfähigkeit zwischen der Trägeroberfläche und dem über das Doppelstrang-Oligonukleotid verbrückten Redoxpaar. Die Änderung der Leitfähigkeit äußert sich cyclovoltammetrisch in einem deutlichen Stromfluß zwischen Trägeroberfläche und redoxaktiver Substanz (Figur 4). Damit ist es möglich, die sequenzspezifische Hybridisierung des Targets mit den Sonden-Oligonukleotiden durch elektrochemische Verfahren wie z. B. cyclische Voltametrie zu detektieren.
Daneben können fehlerhafte Basenpaarungen (Basenpaar Mismatches) durch eine geänderte cyclovoltammetrische Charakteristik erkannt werden (Figur 5). Ein Mismatch äußert sich in einem größeren Potentialabstand zwischen den Strommaxima der Elektoreduktion und der Elektroreoxidation (Umkehrung der Elektroreduktion bei umgekehrter Potentialvorschubrichtung) bzw. der Elektrooxidation und Elektrorereduktion in einem cyclovoltammetrisch reversiblen Elektronenübertragungsprozess zwischen der elektrisch leitenden Trägeroberfläche und der redoxaktiven Substanz. Dieser Umstand wirkt sich vor allem in der amperometrischen Detektion günstig aus, da dort der Strom bei einem Potential getestet werden kann, bei dem zwar das perfekt hybridisierende Oligonukleotid-Target signifikant Strom liefert, nicht aber das fehlerhaft gepaarte Oligonukleotid-Target. Im Beispiel der Figur 5 ist dies bei einem Potential E-E0 von ca. 0,03 V möglich.
Beispiel 1: Herstellung der Oligonukleotid-Elektrode Au-S-ds-oligo-PQQ. Die Herstellung von Au-S-ds-oligo-PQQ gliedert sich in 4 Teilabschnitte, nämlich Darstellung der Trägeroberfläche, Hybridisierung des Sonden-Oligonukleotids mit dem komplementären Doppelstrang (Hybridisierungsschritt), Derivatisierung der Trägeroberfläche mit dem Doppelstrang-Oligonukleotid (Inkubationsschritt) und Anbindung der redoxaktiven Substanz (Redoxschritt).
Das Trägermaterial für die kovalente Anbindung der Doppelstrang-Oligonukleotide bildet ein ca. 100nm dünner Gold-Film auf Mica (Muskovit Plättchen). Dazu wurde in einer elektrischen Entladungskammer frisch gespaltenes Mica mit einem Argon- lonenplasma gereinigt und durch elektrische Entladung Gold (99.99%) in einer Schichtdicke von ca. 100nm aufgebracht. Anschließend wurde der Gold-Film mit 30 % H202, / 70 % H2S04 von Oberflächenverunreinigungen befreit (Oxidation organischer Ablagerungen) und für ca. 20 Minuten in Ethanol getaucht, um an der
Oberfläche adsorbierten Sauerstoff zu verdrängen. Nach Abspülen der Trägeroberfläche mit bidestilliertem Wasser wird auf die horizontal gelagerte Trägeroberfläche eine vorher bereitete 1 x 10~4 molare Lösung des (modifizierten) Doppelstrang-Oligonukleotids aufgetragen, so daß die komplette Trägeroberfläche benetzt wird (Inkubationsschritt, siehe auch unten).
Zur Bereitung der ds-Oligonukleotid Lösung wurde ein doppelt modifiziertes 12 Bp Einzelstrang-Oligonukleotid der Sequenz 5'-TAGTCGGAAGCA-3' verwendet, das an der Phosphatgruppe des 3' Endes mit (HO-(CH2)2-S)2 zum P-0-(CH2)2-S-S-(CH2)2-OH verestert ist. Am 5'-Ende ist die endständige Base des Oligonukleotids, Thymin, am C-5 Kohlenstoff mit -CH=CH-CO-NH-CH2-CH2-NH2 modifiziert. Eine 2 x 10"4 molare Lösung dieses Oligonukleotids im Hybridisierungspuffer (10 mM Tris, 1 mM EDTA, pH 7.5 mit 0.7 molarem Zusatz von TEATFB, siehe Abkürzungen) wurde mit einer 2 x 10"4 molaren Lösung des (unmodifizierten) komplementären Strang im Hybridisierungspuffer bei Raumtemperatur für ca. 2h hybridisiert (Hybridisierungsschritt). Während einer Reaktionszeit von ca. 12-24h wurde der Disulfidspacer P-0-(CH2)2-S-S-(CH2)2-OH des Oligonukleotids homolytisch gespalten. Dabei bildet der Spacer mit den Au-Atomen der Oberfläche eine kovalente Au-S Bindung aus, wodurch es zu einer 1 :1 Koadsorption des ds-Oligonukleotids und des 2-Hydroxy-mercaptoethanols kommt (Inkubationsschritt).
Die so mit einer dichten (1 :1 ) Monolayer aus ds-Oligonukleotid und 2-Hydroxy- mercaptoethanol modifizierte Goldelektrode wurde mit bidestilliertem Wasser gewaschen und anschließend mit einer Lösung von 3x103 molarem Chinon PQQ, 10"2 molarem EDC und 10"2 molarem sulfo-NHS in HEPES Puffer benetzt. Nach einer Reaktionszeit von ca. 1 h bindet der -CH=CH-CO-NH-CH2-CH2-NH2 Spacer das PQQ kovalent an (Amidbildung zwischen der Aminogruppe des Spacers und einer Säurefunktion des PQQ, Redoxschritt).
Die Aufklärung der Oberflächenbeschaffenheit mit XPS (X-Ray Photoelektronenspektroskopie) ergab eine maximal dicht gepackte Monolayer aus 1 :1 koadsorbiertem ds-Oligonukleotid und 2-Hydroxy-mercaptoethanol (4.7 x 1012 ds- Oligonukleotide/cm2), wobei die lange Achse (Richtung der Helixachse) der ds- Oligonukleotide mit der Flächennormalen der Goldoberfläche einen Winkel von φ « 30 ° bildet.
Beispiel 2: Herstellung der Oligonukleotid-Elektrode Au-S-ss-oligo-PQQ. Analog zur Darstellung des Systems Au-S-ds-oligo-PQQ wird die Trägeroberfläche mit modifiziertem Einzelstrang-Oligonukleotid derivatisiert, wobei lediglich auf die
Hybridisierung des modifizierten Oligonukleotids der Sequenz 5'-TAGTCGGAAGCA- 3' mit seinem komplementären Strang verzichtet wurde und im Inkubationsschritt nur das doppelt modifizierte 12 Bp Einzelstrang-Sonden-Oligonukleotid (siehe Beispiel 1 ) als 1 x 10^ molare Lösung in Wasser und in Gegenwart von 10"2 molarem Tris, 10"3 molarem EDTA und 0.7 molarem TEATFB (oder 1 molarem NaCI) bei pH 7.5 verwendet wurde. Der Redoxschritt wurde, wie in Beispiel 1 angegeben, durchgeführt.
Beispiel 3: Herstellung der Oligonukleotid-Elektrode Au-S-ds-oligo-PQQ mit 2-Bp- Mismatches. Die Herstellung einer Trägeroberfläche derivatisiert mit modifiziertem Doppelstrang-Oligonukleotid wurde analog zur Darstellung des Systems Au-S-ds- oligo-PQQ durchgeführt, wobei lediglich bei der Hybridisierung des modifizierten Oligonukleotids der Sequenz 5'-TAGTCGGAAGCA-3' ein komplementärer Strang verwendet wurde (Sequenz: 5'-ATCAGΛ7TTCGT-3'), bei dem die eigentlich komplementären Basen Nr. 6 und 7 (vom 5'-Ende gezählt) von C nach A bzw. von C nach 7 modifiziert wurden, um so zwei Basenpaar Mismatches einzuführen.
Beispiel 4: Herstellung einer Oligonukleotid-Elektrode Au-S-ss-oligo-PQQ mit erhöhtem Inter-Oligonukleotid-Abstand. Bei der Herstellung der Test-Sites muß bei der Derivatisierung der Trägeroberfläche mit Einzelstrang-Sonden-Oligonukleotid darauf geachtet werden, daß zwischen den angebundenen Einzelsträngen genügend Platz verbleibt, um eine Hybridisierung mit dem Target-Oligonukleotid zu ermöglichen. Dazu bieten sich drei verschiedene Vorgehensweisen an: (a) Herstellung einer Au-S-ds-oligo-PQQ Elektrode wie in Beispiel 1 beschrieben mit anschließender thermischer Dehybridisierung der Doppelstränge bei Temperaturen von T > 40 °C. (b) Herstellung einer Au-ss-oligo-PQQ Elektrode wie unter Beispiel 2 beschrieben, aber im Inkubationsschritt zur Derivatisierung der Goldoberfläche mit (doppelt derivatisiertem) Einzelstrang-Oligonukleotid wird 2-Hydroxy- mercaptoethanol oder ein anderer Thiol- oder Disulfid-Linker geeigneter Kettenlänge 10"5 bis 10~1 molar zugesetzt (je nach gewünschtem Inter-Oligonukleotid-Abstand), das gemeinsam mit dem Einzelstrang Oligonukleotid an die Goldoberfläche koadsorbiert. (c) Herstellung einer Au-ss-oligo-PQQ Elektrode wie unter Beispiel 2 beschrieben, aber unter Weglassen des 0.7 molaren Zusatzes an Elektrolyten (im Beispiel TEATFB) im Inkubationsschritt zur Derivatisierung der Goldoberfläche mit (doppelt derivatisiertem) Einzelstrang-Oligonukleotid. Die Phosphatgruppen und Basen-Sickstoffatome des Oligonukleotids sind durch die Abwesenheit des Salzes elektrostatisch nicht abgeschirmt und wechselwirken stark mit der Goldoberfläche. Dadurch kommt es zu einer flachen Anlagerung der Oligonukleotide auf der Elektrodenoberfläche (ψ > 60 °) und es werden pro Flächeneinheit deutlich weniger Oligonukleotide gebunden. Anschließend können die Oligonukleotide wieder in die
gewünschte Position gebracht werden, indem in einem 2. Inkubationsschritt (vor oder nach Anbringen des PQQ) 2-Hydroxy-mercaptoethanol oder ein anderer Thiol- oder Disulfid-Linker geeigneter Kettenlänge kovalent an die noch freien Oberflächen- Goldatome angebunden wird. Dazu wird die weniger dicht mit Einzelstrang- Oligonukleotid belegte Elektrode vor oder nach Modifikation mit PQQ (Au-S-ss-oligo bzw. Au-S-ss-oligo-PQQ) mit einer ca. 5x10"2 molaren Lösung des 2-Hydroxy- mercaptoethanols oder eines andereren Thiol- oder Disulfid-Linkers geeigneter Kettenlänge in Ethanol oder HEPES Puffer (bzw. einem Gemisch daraus, abhängig von der Löslichkeit des Thiols) benetzt und 2-24h inkubiert.
Beispiel 5: Durchführung der cyclovoltammetrischen Messungen. Die cyciovoltammetrischen Messungen wurden mit einem Computer-kontrolliertem Bipotentiostaten (CH Instruments, Model 832) bei Raumtemperatur in einer Standard Zelle mit 3-Elektroden-Anordung vermessen. Die modifizierte Goldelektrode wurde als Arbeitselektrode verwendet, als Hilfselektrode (Gegenelektrode) diente ein Platindraht und als Referenzelektrode zur Potentialbestimmung wurde eine über eine Luggin Kapillare vom Probenraum abgetrennte Ag/AgCI-Elektrode mit interner gesättigter KCI Lösung verwendet. Als Elektrolyt diente 0.7 molares TEATFB oder 1 molares NaCI. Ein Cyclovaltagramm der Au-S-ds-oligo-PQQ Elektrode im Vergleich zu einer Au-S-ss-oligo-PQQ Elektrode ist in Figur 4 gezeigt, die Auswirkung der 2 Bp Mismatches auf das Cyclovoltagramm der Au-S-ds-oligo-PQQ Elektrode ist in Abbildung 5 dargestellt. Die Potentiale sind jeweils als E-E0, also relativ zum Halbstufenpotential angegeben.
Aus Figur 4 ist ein deutlich erhöhter Stromfluß bei Vorliegen eines Doppelstrang- Oligonukleotids gegenüber der nicht hybridisierten Form zu erkennen. Dadurch können sequenzspezifische Hybridisierungsereignisse detektiert werden. Aus Figur 5 wird deutlich, daß bei Hybridisierung mit einem Target-Oligonukleotid-Strang, der 2 Basenpaar-Mismatches aufweist zum einen ein geringerer Strom fließt, zum anderen die Differenz der Strommaxima vergrößert wird.