Verfahren und Testkit zur Untersuchung der Reparatur von DNS
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Testkit zur Untersuchung der Reparatur von DNS-Modifikationen und Basenfehlpaarungen sowie Apurin- oder Apyrimidinstellen durch DNS-Reparaturenzyme. Dies ermöglicht u.a. die Bestimmung der Reparaturkapazität der Reparaturenzyme und damit auch der Reparaturkapazität von Zellen oder Geweben, aus denen bei dem Verfahren eingesetzte, Reparaturenzyme enthaltende Zusammensetzungen gewonnen wurden. Die Reparaturkapazität ist beispielsweise im Zusammenhang mit Vorgängen von Bedeutung, die zur Krebsentstehung führen, ist aber auch bei verschiedenen Formen der Krebstherapie wichtig.
A. Einleitung
Krebs entsteht in mehreren Stufen durch die allmähliche Akkumulation von Mutationen in den krebsrelevanten Genen (Protoonkogene und Tumorsuppressorgene) einer Zelle. Bei der Entstehung von Mutationen spielen besonders kanzerogene Faktoren eine Rolle, die u.a. in der Umwelt, in Nahrungsmitteln, Kosmetika, Medikamenten und am Arbeitsplatz vorkommen (UV-Licht, ionisierende Strahlen, Stäube, Schwermetalle und die Vielzahl der chemischen Kanzerogene) , aber auch endogen (z.B. Nitrosamine, reaktive Stickstoff- und SauerstoffVerbindungen) entstehen können.
Trotz ihrer unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften wirken alle Kanzerogene nach dem gleichen Prinzip. Sie reagieren mit den einzelnen Bausteinen der DNS und verändern auf diese Weise deren Struktur und Eigenschaften.
Aber auch ohne die Einwirkung von Kanzerogenen kommt es zu Strukturveränderungen der DNS-Komponenten. Diese entstehen durch thermische Hydrolyse chemischer Bindungen in der DNS.
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Dazu zählen vor allem der Ersatz der Aminogruppen in den Basen Cytosin, Adenin oder Guanin durch Hydroxylgruppen (Deaminierung) und die hydrolytische Spaltung der N-glykosi- dischen Bindung zwischen (insbesondere) den Purinbasen Guanin und Adenin und dem Desoxyriboseanteil der DNS (Depurinie- rung) .
Zu Basenfehlpaarungen kann es während der DNS-Replikation kommen, wenn zu wenige oder zu viele Nukleotide bzw. wenn falsche Nukleotide in die neu synthetisierten DNS-Stränge inkorporiert werden. Letzteres passiert, wenn die vier DNS- Basen in ihrer seltenen tautomeren Form vorliegen. So bildet z.B. Cytosin in der seltenen tautomeren Form ein Basenpaar mit Adenin anstatt mit Guanin, Guanin in der seltenen tautomeren Form ein Basenpaar mit Thymin anstatt mit Cytosin etc. Werden diese oder die anderen möglichen Basenfehlpaarungen nicht rechtzeitig repariert, entstehen in der genomischen DNS nach einer weiteren Replikationsrunde Transitionsmutationen (Austausch z.B. von C-G durch T-A oder von T-A durch C-G) . Diese werden dann stets auf die Tochterzellen weitervererbt. Sturkturmodifikationen können alle möglichen Mutationsarten erzeugen (Transitionen, Transversionen, Deletionen, Insertio- nen etc.). Art und Verteilungsmuster der im Genom entstandenen Mutationen sind dabei oft für das Kanzerogen charakteristisch, das für die entstandenen Strukturmodifikationen verantwortlich ist. Die sukzessive Akkumulation von Mutationen in den krebsrelevanten Genen (Protoonkogene, Tu or- suppressorgene) führt dann schließlich zur Ausprägung des malignen Phänotyps einer Zelle.
Darüber hinaus kann die Einwirkung von Agentien, die die DNS schädigen, aber auch unmittelbar zur Folge haben, daß eine betroffene Zelle abstirbt. Dies ist z.B. bei der Therapie von Tumorerkrankungen mit Strahlen oder gentoxischen Chemothera- peutika von Bedeutung.
Die Zelle besitzt zu ihrem Schutz eine Reihe wirksamer Ab-
wehrmechanismen. Diese umfassen zum einen Enzyme (z.B. Glu- tathionsynthetase, Superoxidismutasen, Katalasen) und niedermolekulare Substanzen (u.a. Cystein, Glutathion, Flavine und die Vitamine C, E) und zum anderen spezifische Reparatursysteme, die DNS-Modifikationen erkennen und enzymatisch aus der DNS entfernen. Die Wirksamkeit der Abwehrmechanismen kann allerdings von Individuum zu Individuum und von Zelltyp zu Zelltyp innerhalb eines Individuums erheblich variieren. Ihre Effizienz ist mitentscheidend für die Tumorempfindlichkeit eines Individuums gegenüber kanzerogenen Faktoren. Die vorliegende Erfindung beschäftigt sich speziell auch mit der Bestimmung der Aktivität von Reparatursystemen (d.h. der Reparaturkapazität) sowie Anwendungen solcher Aktivitätsbestimmungen.
B. Stand der Technik
Zur Bestimmung der Reparaturkapazität menschlicher Zellen oder Gewebe für verschiedene Kanzerogen-DNS-Modifikätionen gibt es eine Vielzahl von Verfahren. Nachfolgend sind die gebräuchlichsten zusammengef ßt. Sie lassen sich prinzipiell in zwei verschiedene Verfahrensarten unterteilen.
I. Eine der Verfahrensarten beruht auf der Behandlung von Zellen ex vivo mit einem bestimmten Kanzerogen in vitro. Gemessen wird dann die Geschwindigkeit, mit der die kanzerogenerzeugten DNS-Modifikationen enzymatisch aus der DNS der Zellen entfernt werden. Zu diesem Zweck wird die DNS der Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Kanzerogenbehandlung auf die jeweils noch verbliebene Menge der entsprechenden DNS-Modifikationen untersucht. Die so erhaltenen Daten werden zur Berechnung der zellulären Reparaturkapazität herangezogen.
I.I. Zur Bestimmung der Menge an definierten DNS-Modifikationen wird die DNS aus den entsprechenden Zellproben isoliert und auf den Gehalt an DNS-Modifikationen untersucht. Die
Quantifizierung der DNS-Modifikationen in den einzelnen DNS- Proben kann erfolgen:
a) In intakten DNS-Molekülen mit der Immuno-Slot-Blot- Methode unter der Verwendung von Antikörpern gegen definierte DNS-Modifikationen (Nehls et al . , 1984b).
b) Nach enzymatischer Hydrolyse der DNS in die einzelnen Desoxyribonukleotide
• mit dem kompetitiven Radioimmunoassay unter der Verwendung von Antikörpern gegen definierte DNS-Modifikationen (Nehls et al . , 1984a),
• mit einem elektrochemischen Detektorsystem nach Trennung des Desoxyribonukleosidgemisches mit einem HPLC- Gerät (Floyd et al . , 1986),
• massenspektroskopisch nach Trennung des Desoxyribonukleosidgemisches mittels Gaschromatographie (Dizdaroglu et al. , 1985) .
I.II. Zum anderen sind Verfahren entwickelt worden, mit denen DNS-Modifikationen direkt in einzelnen Zellen gemessen werden können. Dazu zählen
a) der Immuncytologische Assay (Nehls et al . , 1997) und b) der Comet Assay (Ostling und Johnson, 1984) .
II. Eine weitere Verfahrensart besteht in der Inkubation von Proteinextrakten aus Zellen und Geweben mit DNS-Molekülen, die entweder definierte DNS-Modifikationen (synthetische DNS- Moleküle) enthalten oder mit bestimmten Kanzerogenen behandelt worden sind. Bestimmt wird dann die Geschwindigkeit, mit der die jeweiligen DNS-Modifikationen aus den DNS-Molekülen entfernt werden. Dies kann mit folgenden Verfahren praktiziert werden:
II. I.Mit dem "DNA Nicking Assay" (Castaing et al . , 1993). Mit diesem Verfahren wird die Elimination von DNS-Modifikationen durch enzymatische Exzision aus der DNS nachgewiesen. Das Herausschneiden der DNS-Modifikationen geschieht entweder in einem Schritt durch meistens spezifisch wirkende Endonu- kleasen oder in zwei Schritten durch DNS-Glykosylasen, die bestimmte modifizierte Basen erkennen und eliminieren, und AP-Endonukleasen, die die verbliebenen Apurin- bzw. Apyrimidinstellen aus der DNS herausschneiden. In beiden Fällen entstehen an den Stellen der DNS-Modifikationen DNS-Strangbrüche, die zu einer Verkürzung des ursprünglichen DNS-Moleküls führen. Für diesen Assay werden hauptsächlich synthetische, radioaktiv markierte DNS-Moleküle bestimmter Länge verwendet, die an einer vorher bestimmten Position eine definierte DNS-Modifikation enthalten. Die quantitative Bestimmung der noch intakten und der verkürzten DNS-Moleküle erfolgt nach Trennung der unterschiedlich langen DNS-Moleküle durch denaturierende Polyacrylamid-Gelelektrophorese.
II. II. Mit dem Filterbindungstest (Nehls und Rajewsky, 1990). Dieses Verfahren basiert auf der Beobachtung, daß DNS-Antikörper-Komplexe auf Nitrozellulosefiltern immobilisiert werden können, während proteinfreie DNS nicht retiniert wird. Das Prinzip des Verfahrens besteht in der Bestimmung der Menge der DNS-Moleküle, die noch zur Antikörperbindung fähig sind. Zu diesem Zweck wird DNS, die (idealerweise) eine DNS- Modifikation pro DNS-Molekül enthält, mit Proteinextrakten inkubiert, nach verschiedenen Reaktionszeiten mit einem spezifisch bindenden Antikörper versetzt und durch Nitrozellulosefilter filtriert. Aus der Geschwindigkeit, mit der die Menge der filtergebundenen DNS-Antikörperkomplexe abnimmt, läßt sich die Reparaturkapazität eines Zelltyps oder Gewebes für definierte DNS-Modifikationen bestimmen, gegen die Antikörper verfügbar sind.
II. III. Die meisten DNS-Modifikationen werden durch
Exzisionsreparatur eliminiert. Eine Ausnahme bilden bestimmte DNS-Modifikationen, die durch alkylierende Kanzerogene erzeugt werden (z.B. Os-Alkylguanin, O4-Methylthymin) . Diese Alkylierungsprodukte können von einem Enzym (Os-Alkylguanin- DNS-Alkyltransferase; AT) repariert werden, das die Alkylgruppe von den DNS-Basen auf sich selbst überträgt und danach inaktiv ist. Die wichtigen Verfahren zur quantitativen Bestimmung dieses Reparaturenzyms in Zellen und Geweben sind nachfolgend aufgeführt .
a) Filterbindungstest (siehe II. II.).
b) Das Prinzip eines häufig verwendeten Tests besteht in der Bestimmung der Menge an radioaktiv markiertem O6- Alkylguanin in einer mit einem [3H] -markierten Alkylans behandelten DNS vor und zu verschiedenen Zeiten nach Zugabe von Zeil- oder Gewebeextrakten. Nach saurer Hydrolyse der alkylierten DNS werden die freigesetzten Purine chromatographisch getrennt (HPLC, Sephadex G-10) und die Radioaktivität in der Os-Alkylguanin enthaltenden Fraktion bestimmt (Foote et al., 1983).
c) Ein weiteres oft benutztes Verfahren beruht auf der Erkenntnis, daß die Alkylgruppe auf einen Cysteinrest der AT kovalent übertragen wird. Nach Inkubation einer [3H] -Alkyl-DNS mit Proteinextrakten wird die Menge der auf die AT übertragenen Alkylgruppen durch Bestimmung der Radioaktivität im Proteinanteil des Extrakts bestimmt. Alternativ wird die Menge der in der DNS verbliebenen Radioaktivität gemessen und nach Hydrolyse der Proteine die Menge an gebildeten [3H] - Alkylcystein-Molekülen ermittelt (Pegg et al . , 1983; Waldstein et al., 1982) .
III. Aus der WO 96/28571 ist ein Verfahren zur Bestimmung von DNS-Schäden bekannt, bei dem DNS durch Adsorption an ein Polykation auf einem Träger fixiert wird. Bei diesem Verfahren läßt man auf die adsorbierte DNS, die Schäden
aufweist, eine Zusammensetzung einwirken, die einen Zellextrakt mit Reparaturaktivität und markierte Nukleotide enthält . Der im Fall der Reparatur erfolgende Einbau der markierten Nukleotide wird dann nachgewiesen.
IV. Aus dem Stand der Technik sind Verfahren zur kovalenten Kopplung von Biomolekülen an feste Träger bekannt, allerdings nicht im Zusammenhang mit der Untersuchung der Reparatur von DNS-Schäden.
So ist aus der DE-A-43 41 524 ein Verfahren zur Immobilisierung von Biomolekülen und Affinitätsliganden an polymere Träger unter Verwendung eines Quadratsäurederiva es bekannt. Die DE-C-44 99 550 beschreibt Kopplungsreaktionen unter Verwendung von Quadratsäurederivaten und erwähnt die Möglichkeit, Biomoleküle kovalent mit einer Matrix zu verknüpfen. Aus der DE-A-196 24 990 ist ein Verfahren zur chemisch kontrollierten Modifizierung von Oberflächen sowie von Acyl- und/oder Hydroxylgruppen tragenden Polymeren bekannt .
Die oben beschriebenen, aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren zur Bestimmung der Reparaturkapazität sind insbesondere zeitraubend, arbeitsintensiv und kostspielig durchführbar. Bei manchen der Verfahren besteht auch das Problem des Verlustes von Probenmaterial während der Aufarbeitung.
Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Verfahren zur Untersuchung der Reparatur von DNS- Modifikationen, Basenfehlpaarungen sowie Apurin- und Apyrimidinstellen durch DNS-Reparaturenzyme bereitzustellen. Insbesondere soll das Verfahren einfach, effizient und kostengünstig durchführbar sein und die oben genannten Nachteile vermeiden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein Verfahren zur Untersuchung der Reparatur von DNS-Modifikationen und Basenfehlpaarungen sowie Apurin- und Apyrimidinstel-
len bereitgestellt wird, das folgende Schritte umfaßt:
(a) Bereitstellung von einzelsträngigen oder doppelsträngigen DNS-Molekülen, die über eine am 5 ' -Ende oder am 3 ' -Ende der DNS oder an der 2' -Position zumindest eines Desoxy- ribosylrestes innerhalb des DNS-Moleküls eingebrachte primäre oder sekundäre Aminogruppe mit einer primäre oder sekundäre Aminogruppen tragenden Festphasenmatrix durch Umsetzung mit einem reaktiven Quadratsäurederivat kovalent gekoppelt wurden und die Modifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen aufweisen;
(b) Inkontaktbringen der DNS-Moleküle mit einer DNS-Reparaturenzyme enthaltenden Zusammensetzung;
(c) Bestimmung der Eliminierung der DNS-Modifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen.
Erfindungsgemäß werden auch Testkits bereitgestellt, die die für die Ausführung der Verfahren nach der Erfindung benötigten Komponenten umfassen.
Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, den Ausführungsbeispielen sowie die anliegenden Patentansprüchen.
C. Zusammenfassende Darstellung der Erfindung
Das der Erfindung zugrundeliegende Prinzip besteht darin, daß man Reparaturenzyme auf DNS-Moleküle, die kovalent an einen festen Träger gebunden sind und eine Modifikation und/oder eine Basenfehlpaarung und/oder eine Apurin- oder Apyrimidin- stelle (Schädigung) aufweisen, einwirken läßt und die Beseitigung der Modifikation bzw. der Basenfehlpaarung bzw. der Apurin- oder Apyrimidinstelle beobachtet. Die kovalente Verknüpfung der DNS-Moleküle mit dem Träger erfolgt mit Hilfe
eines reaktiven Quadratsäurederivats . Ein zweckmäßiges Verfahren zur qualitativen oder quantitativen Bestimmung der Beseitigung der Modifikation bzw. der Basenfehlpaarung bzw. der Apurin- oder Apyrimidinstelle bedient sich spezifischer Antikörper oder Antikörperfragmente gegen die Modifikation bzw. die Basenfehlpaarung bzw. die Apurin- oder Apyrimidinstelle (oder im Fall einer Apurin- oder Apyrimidinstelle auch gegen ein Derivat einer solchen Stelle) . Der Bindungsanteil solcher spezifischen Antikörper wird bestimmt . Erfolgt die Reparatur durch Exzision, so kann der qualitative oder quantitative Nachweis auch durch Beobachtung des Verlusts einer geeignet eingebrachten Markierung erfolgen; die Markierung (oder eine Bindungsregion für eine Markierung) ist also in einen DNS-Abschnitt eingebracht, der nach der Exzision nicht mehr mit dem Träger verbunden ist. Es kann die Menge freigesetzter und/oder gebunden verbleibender Markierung bestimmt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt es beispielsweise, die Reparaturkapazität einer Reparaturenzyme enthaltenden Zusammensetzung für eine vorgegebene DNS-Modifikation oder Basenfehlpaarung oder Apurin- oder Apyrimidinstellen zu untersuchen. Andererseits können aber auch DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstelle festgestellt werden, indem definierte Reparaturenzyme zum Einsatz kommen. Weiterhin kann auch der Einfluß von Agentien auf DNS getestet werden, indem durch die Einwirkung der Agentien hervorgerufene Modifikationen (z.B. durch spezifisch wirkende Reparaturproteine) sowie deren Reparatur untersucht werden. Dies ermöglicht Aussagen über das DNS-schädigende Potential der Agentien. Schließlich ist es auch möglich, den Einfluß von Reaktionsbedingungen und insbesondere von Substanzen auf den Ablauf der Reparatur zu untersuchen.
Die Reparaturkapazität bezeichnet allgemein eine Aktivität bei der Eliminierung von DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen. Insbesondere
ist die Reparaturkapazität im hier verstandenen Sinn ein Maß für die Abnahme des Gehalts an DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen in einer Probe. Quantitative Untersuchungen werden in den Beispielen erläutert, wobei die dort angegebenen mathematischen Beziehungen allgemein bei der jeweiligen Art von Untersuchungsverfahren anwendbar sind.
D. Ausführliche Darstellung bevorzugter Ausführungsformen
Die Erfindung betrifft somit u.a. ein Verfahren, mit dem die Fähigkeit von Zellen oder Geweben zur enzymatischen Reparatur definierter DNS-Strukturmodifikationen (auch DNS-Modifikationen, DNS-Schäden oder DNS-Addukte genannt) und DNS-Fehlpaarungen schnell und präzise bestimmt werden kann. Weiterhin kann, bei Einsatz definierter DNS-Reparaturenzyme, auch die Natur der DNS-Strukturmodifikationen und Basenfehlpaarungen untersucht werden. Dementsprechend stellt die Erfindung auch ein Verfahren zur Bestimmung der Reparaturkapazität von DNS- Strukturmodifikationen, Basenfehlpaarungen und Apurin- oder Apyrimidinstellen durch DNS-Reparaturenzyme enthaltende Zusammensetzungen (insbesondere Lösungen) , das sich auch zum Nachweis von DNS-Strukturmodifikationen, Basenfehlpaarungen und Apurin- oder Apyrimidinstellen selbst eignet, mit den nachfolgenden Schritten bereit :
(a) Einzelsträngige oder doppelsträngige DNS-Moleküle oder DNS-Analoga, die so modifiziert wurden, daß sie am 5 ' -Ende oder am 3 ' -Ende der DNS oder an der 2 '-Position zumindest eines Desoxyribosylrestes innerhalb des DNS-Moleküls eine primäre oder sekundäre Aminogruppe tragen und die DNS- Strukturmodifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen aufweisen können, werden durch Umsetzung mit einem Quadratsäureester über eine primäre oder sekundäre Aminogruppen tragende Festphasenmatrix kovalent an die Matrix gekoppelt;
(b) Inkontaktbringen der an die Festphasenmatrix gebundenen DNS-Moleküle mit einer Reparaturenzyme enthaltenden Lösung;
(c) qualitative und/oder quantitative Bestimmung der Reparatur möglicher Strukturmodifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen durch die in der Lösung vorhandenen Reparaturenzyme.
Im Falle der Bestimmung einer Strukturmodifikation und/oder Basenfehlpaarung und/oder Apurin- oder Apyrimidinstelle werden definierte Reparaturenzyme eingesetzt, die zur Reparatur einer spezifischen Strukturmodifikation und/oder Basenfehlpaarung und/oder Apurin- oder Apyrimidinstelle befähigt sind.
Die Reparaturfähigkeit kann sowohl von Zelltyp zu Zelltyp innerhalb eines Individuums wie auch von Individuum zu Individuum stark variieren.
Sie ist demnach ein wichtiger Parameter für
• die individuelle Tumorsuszeptibilitat,
• die Empfindlichkeit von Tumorpatienten gegenüber einer Strahlentherapie oder genotoxischen Chemotherapie,
• die Resistenz von Tumorzellen gegenüber einer Strahlentherapie oder genotoxischen Chemotherapie.
Die individuelle Tumorsuszeptibilitat hängt mit der Fähigkeit von Zellen eines Individuums zusammen, DNS-Modifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen zu reparieren. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können der Reparaturstatus eines Individuums und damit die Tumorsuszeptibilitat bestimmt werden, indem man eine in geeigneter Weise aus Zellen oder Gewebeproben gewonnene Zusammensetzung auf eine DNS einwirken läßt, die Modifikationen bzw. Basenfehlpaarungen bzw. Apurin- oder Apyrimidinstellen aufweist, und deren Beseitigung nachweist. Ist bekannt, daß ein bestimmtes Kanzerogen eine bestimmte Art von
Modifikation und/oder Basenfehlpaarung und/oder Apurin- oder Apyrimidinstelle hervorruft, so kann der Reparaturstatus in bezug darauf bestimmt werden und somit auch die Tumorsuszeptibilitat für das Kanzerogen festgestellt werden.
Die Bestimmung der individuellen Strahlenempfindlichkeit ist insofern von großer Bedeutung, als bei einer Strahlentherapie, z.B. von Krebserkrankungen, bei etwa 30 % der Patienten wegen Schädigung von dem Tumor benachbarten gesunden strahlenempfindlichen Geweben eine stationäre Behandlung erforderlich ist, wobei bei etwa 2 % sogar bleibende Schäden hervorgerufen werden. Andererseits wäre es für eine optimale Bekämpfung des Tumors gelegentlich wünschenswert, höhere als die üblichen Strahlendosen anzuwenden. Um nun erfindungsgemäß die Strahlenempfindlichkeit zu bestimmen, wird aus einer Probe eines gesunden Gewebes, das bei der Therapie Strahlung ausgesetzt wird, oder eines geeigneten Surrogatgewebes nach der Entnahme eine Zusammensetzung für die weitere Untersuchung (eine Suspension oder ein Extrakt) hergestellt. Anschließend wird die Kinetik der Reparatur von DNS-Schäden untersucht . Dazu läßt man die vorstehend genannte Zusammensetzung auf DNS-Moleküle einwirken, in die vor oder nach der Kopplung eine oder mehrere geeignete Modifikationen und/oder Basenfehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen eingebracht wurden. Die Strahlenempfindlichkeit kann nun bestimmt werden, indem die zeitliche Abnahme der Menge an DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen, insbesondere der Menge an Modifikationen, die durch reaktive Sauerstoffspezies hervorgerufen werden, z.B. der Menge an 8-Oxoguanin, gemessen und mit Standarddaten korrelliert wird. Auf diese Weise ist es möglich, die gesamte Strahlendosis und die Verteilung der Einzeldosen über die Zeit bei fraktionierter Bestrahlung individuell festzulegen. Gemäß einer speziellen Ausführungsform ist es außerdem vorgesehen, die wie vorstehend ermittelten Daten, die die Reparaturkapazität der Zellen in bezug auf DNS-Schäden widerspiegeln, mit Daten zu kombinieren, die die Proliferation der
Zellen beschreiben, um zu einer noch präziseren Festlegung der Strahlendosis zu gelangen. Auf entsprechende Weise kann auch die Strahlenempfindlichkeit von Tumorgewebe bestimmt werden, um die für eine Behandlung erforderliche Strahlendosis abzuschätzen.
Analog zur Bestimmung der Empfindlichkeit von Tumorpatienten gegenüber einer Strahlentherapie kann auch die Bestimmung der Empfindlichkeit gegenüber einer genotoxischen Chemotherapie erfolgen. Die Reparaturkapazität wird hier insbesondere für eine oder mehrere geeignet gewählte DNS-Modifikationen bestimmt. Bei bekanntem Wirkungsmechanismus des chemotherapeutischen Mittels können DNS-Modifikationen auf Basis dieses Mechanismus gewählt werden. Z.B. kann im Zusammenhang mit einem alkylierenden Mittel die Reparatur von entsprechenden alkylierten Basen untersucht werden. Die gleichen Überlegungen gelten auch für die Bestimmung der Resistenz von Tumorzellen gegenüber einem bestimmten Mittel.
Grundlage des Verfahrens zur Untersuchung der Reparatur ist die kovalente Bindung von modifizierten DNS-Molekülen oder DNS-Molekülen mit Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen an feste Phasen wie z.B. Filter, Gold, Beads, Mikrotiterplatten oder Glasoberflächen. Geeignete Träger sind insbesondere auch Chips (DNS-Chiptechnologie) . Die immobilisierte DNS wird mit Proteinextrakten aus Zellen oder Geweben inkubiert. Gemessen wird die Geschwindigkeit, mit der definierte DNS-Addukte oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen durch die in den Extrakten enthaltenen Reparaturproteine entfernt werden.
Als Kopplungsagens dient ein reaktives Quadratsäurederivat, das zur Reaktion mit Aminogruppen imstande ist. Bevorzugt ist ein Quadratsäuredies er, insbesondere ein Quadratsäuredi- alkylester, wie speziell Quadratsäurediethylester, der jeweils zwei primäre oder sekundäre Aminogruppen miteinander verknüpfen kann. Überraschenderweise reagieren die erfin-
dungsgemäß verwendeten Quadratsäurederivate nur mit aliphati- schen Aminogruppen, nicht aber mit den Stickstoffatomen der DNS-Basen. Dies ist ein unschätzbarer Vorteil gegenüber anderen Kopplungsagentien, die mit den reaktiven Gruppen der DNS reagieren und auf diese Weise zu unerwünschten Schädigungen führen können (z.B. Dialdehyde) . Durch die Einführung einer primären oder sekundären Aminogruppe am 5 ' -Ende oder am 3 ' -Ende oder an der 2 ' -Position zumindest eines Desoxyribo- sylrestes innerhalb der DNS-Moleküle wurde somit ein schonendes, hochreproduzierbares und kostengünstiges Verfahren für die regiospezifische Immobilisierung von einzel- und doppel- strängigen Oligonukleotiden an feste Phasen entdeckt, die an ihrer Oberfläche Aminogruppen tragen. Bevorzugt ist, die Aminogruppe am 5 ' -Ende einzuführen. Die Einführung einer primären Aminogruppe (NH2-Gruppe) ist besonders bevorzugt. Bei doppelsträngigen DNS-Molekülen wird vorzugsweise ein Strang, z.B. über dessen 5 '-Ende, mit dem Träger kovalent verknüpft.
Als Festphasenmatrix können an sich bekannte Materialien eingesetzt werden, beispielsweise solche, die aus Zellulose, Polystyrol, Polypropylen, Polycarbonat , einem Polyamid, Glas oder Goldoberflächen bestehen. Die Festphasenmatrix kann in an sich bekannten Formen vorliegen, beispielsweise in Form eines Filters, in Form von Mikrotiterplatten, Membranen, Säulen, Kügelchen, beispielsweise Magnetkügelchen.
Erfindungsgemäß umfaßt der Ausdruck DNS-Moleküle einzelsträngige und doppelsträngige Moleküle mit beliebiger natürlicher oder synthetischer Sequenz. Die Zahl der Basen in dem DNS- Molekül kann beliebig gewählt werden, sofern eine ausreichende Zahl von Basen für die Wechselwirkung mit dem Reparaturenzym zur Verfügung steht. In einigen Fällen können bereits Oligonukleotide mit wenigen Basen ausreichen. Für einige Reparaturenzyme hat es sich als zweckmäßig erwiesen, Oligonukleotide mit drei vollständigen Windungen einzusetzen, wobei sich die Modifikation oder Fehlpaarung oder Apurin- oder Apyrimidinstelle in der mittleren Windung befindet. Länge der
Sequenz und Anordnung der zu reparierenden Stelle können jedoch vom Fachmann in Routineversuchen variiert werden. Ebenso kann der Fachmann Variationen in der Sequenz untersuchen. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, Sequenzen einzusetzen, die keine Rückfaltung erlauben. Der Fachmann kann auch durch Variationen der Sequenz den Einfluß der Umgebung auf die Reparatur der zu reparierenden Stelle untersuchen.
Wie bereits erwähnt, ist in die DNS-Moleküle eine Aminogruppe zur Kopplung mit dem Träger eingeführt. Ferner sind Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- doer Apyrimidinstellen eingebracht, die repariert werden können. Darüber hinaus schließt der Ausdruck DNS-Moleküle auch DNS-Analoga ein.
Als DNS-Analoga können beispielsweise am Phosphat-Zucker- Gerüst modifizierte DNS-Moleküle eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind Moleküle, bei denen die Phosphatgruppen durch Phosphothiate (Thiophosphate) ersetzt sind oder die Phospho- diesterbindung durch eine Peptidbindung ersetzt ist. Als DNS- Analoga kommen auch Moleküle in Betracht, bei denen einige oder alle Desoxyribonukleotide durch Ribonukleotide ersetzt sind.
Erfindungsgemäß werden mit den DNS-Reparaturenzymen DNS- Moleküle in Kontakt gebracht, die DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen enthalten, von denen angenommen wird, daß sie durch die Enzyme repariert werden können. Die genannten Veränderungen der DNS können unmittelbar oder mittelbar durch kanzerogene Faktoren (einschließlich Strahlung) hervorgerufen werden. Die DNS- Modifikationen umfassen insbesondere Basenmodifikationen. Typischerweise handelt es sich um Addukte mit reaktiven Agentien, wie Kanzerogenen. Eine DNS-Modifikation in dem hier verstandenen Sinn ist aber nicht auf eine bestimmte Art der Veränderung der DNS beschränkt. Erfindungsgemäß ist es insbesondere auch möglich, gezielt synthetisierte DNS-Moleküle,
insbesondere Oligonukleotide, mit genau definierten Modifikationen oder Basenfehlpaarungen zu untersuchen. Ferner können Modifikationen auch durch Einwirkung von Agentien auf DNS erzeugt werden.
Die kovalente Bindung der DNS-Moleküle an Festphasen erlaubt es, alle praktischen Schritte eines Experiments schnell und effizient in einem einzigen Reaktionsgefäß durchzuführen. Für Arbeitsgänge wie die Zugabe oder das Entfernen von Enzymen, Nukleinsäuren, Antikörpern oder farbgebenden Substraten, für den Wechsel von Pufferlösungen und für Waschvorgänge etc. sind nur noch weitgehend automatisierbare Pipettiervorgänge nötig, d.h., zeit- und personalintensive Arbeitsschritte wie z.B. Fällen und wiederholtes Zentrifugieren der DNS sowie die chromatographische oder elektrophoretische Trennung der DNS- Moleküle von anderen Komponenten entfallen. Außerdem können Verluste von DNS durch aufwendige Aufarbeitung von Probenmaterial vermieden werden.
Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, daß die fixierten DNS-Moleküle kovalent mit dem Träger an einer genau definierten Stelle des Moleküls verbunden, sich aber ansonsten frei in Lösung befinden. DNS-Modifikationen, Basenfehlpaarungen und Apurin- oder Apyrimidinstellen sind damit für Reparaturenzyme frei zugänglich.
Durch den Einsatz verschiedener markierter Substrate ist es erstmalig möglich, Proteinextrakte aus Zellen oder Geweben im gleichen Reaktionsgefäß auf ihre Reparaturfähigkeit für verschiedene DNS-Modifikationen und/oder DNS-Fehlpaarungen und/oder Apurin- oder Apyrimidinstellen zu untersuchen. Dies geschieht, indem verschiedene modifizierte Oligonukleotide an die Oberfläche der Reaktionsgefäße (oder anderer Träger) gebunden werden, wobei Oligonukleotide mit gleicher Modifikation typischerweise jeweils die gleiche Markierung oder die gleiche Bindungsgruppe für eine Markierung enthalten.
Mit dem Verfahren kann der Reparaturstatus einer Person schnell und präzise bestimmt und somit deren Suszeptibilität gegenüber kanzerogenen Faktoren in der Umwelt oder am Arbeitsplatz zuverlässig abgeschätzt werden. Das Verfahren kann außerdem zur schnellen Abschätzung der Empfindlichkeit von Tumorpatienten (z.B. Zellen des blutbildenden Systems im Knochenmark, des Darms und des Schleimhautepithels) gegenüber einer Radiotherapie oder genotoxischen Cytostatika eingesetzt werden. Schließlich kann mit dieser Methode die Reparaturkapazität von Tumorzellen rasch und genau bestimmt werden, die eine wichtige Rolle bei der Resistenz gegenüber DNS-reaktiven Cytostatika einnimmt .
Das hier beschriebene Kopplungsverfahren eignet sich prinzipiell für schonende und regiospezifische Immobilisierung von Oligonukleotiden an feste Phasen.
Eine bevorzugte Ausführungsform des hier beschriebenen Verfahrens beinhaltet
• die Immobilisierung selektiv modifizierter Nukleinsäuren an feste Phasen und
• die Verwendung von Quadratsäurediethylester für die kovalente Bindung modifizierter Nukleinsäuremoleküle an feste Phasen (wie z.B. Filter, Mikrotiterplatten, Membranen, Glasoberflächen, Gold, Beads und Magnetobeads) .
Als Kopplungsagens für die kovalente Bindung modifizierter Nukleinsäuremoleküle bieten sich vor allen anderen Agentien Quadratsäurediester an.
Überraschenderweise reagieren aktivierte Quadratsäurederivate, wie insbesondere Quadratsäurediester, nicht mit den Aminogruppen der Purin- und Pyrimidinbasen der DNS . Vielmehr reagieren sie selektiv mit primären und sekundären aliphati- schen Aminogruppen. Im Vergleich zu anderen Kopplungsagentien
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ist dies ein entscheidender Vorteil : Eine unerwünschte Schädigung oder Vernetzung der DNS-Moleküle durch die Kopplungssubstanz findet nicht statt .
Durch das Einführen von Aminogruppen z.B. am 5 ' -Ende können DNS-Moleküle regiospezifisch mit Festphasen verknüpft werden, an deren Oberflächen sich ebenfalls Aminogruppen befinden.
E. Herstellung von DNS-Matrizen mit definierten DNS-Addukten durch den synthetischen Einbau bestimmter, kanzerogenspezifischer Basemnodifikationen sowie Herstellung von DNS-Molekülen mit bestimmten Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können vorteilhaft DNS- Moleküle mit festgelegter Sequenz und definierten Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen eingesetzt werden. Nachstehend werden beispielhaft verschiedene Ansätze erläutert, die jedoch die Erfindung nicht beschränken sollen. Die erforderlichen Synthesetechniken sind dem Fachmann bekannt und können der Literatur entnommen werden.
I. Synthese von einzelsträngigen Oligonukleotiden definierter Sequenz mit den gängigen Verfahren, die
a) eine bestimmte Basenmodifikation (z.B. 8-Oxoguanin, 0S- Alkylguanin) an einer vorbestimmten Stelle der Basensequenz haben, b) am 5 ' -Terminus der DNS-Moleküle eine NH2-Gruppe enthalten, c) am 3 ' -Terminus eine OH-Gruppe enthalten.
I.I. Markierung der 3 ' -Termini der DNS-Moleküle
Enzymatisehe Verlängerung der 3 ' -Termini durch den Einbau von z.B. fluoreszenzmarkierten Triphosphaten mit der Terminalen
Desoxynukleotidtransferase (TdT) . Wenn verschiedene modifizierte Oligonukleotide an den gleichen Träger gebunden werden (gleichzeitige Überprüfung von Proteinextrakten auf ihre Reparaturfähigkeit für verschiedene DNS-Modifikationen) , werden verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe eingesetzt, wobei Oligonukleotide mit gleicher Modifikation jeweils den gleichen Fluoreszenzfarbstoff enthalten. Alternativ kann auch eine andere Markierung oder eine Gruppierung, die eine Markierung binden kann, eingebaut werden. Darüber hinaus ist ohne weiteres ersichtlich, daß sich die Markierung nicht am 3 ' -Ende befinden muß, sondern lediglich in einer solchen Position, daß sie nach der Exzision nicht mehr mit dem Träger in Verbindung steht .
I.II. Herstellung von doppelsträngigen (ds-) Oligonukleotiden:
a) Verschmelzung der modifizierten Oligonukleotide mit den komplementären Oligonukleotiden. (Vorzugsweise ist also der die Modifikation tragende Strang kovalent mit dem Träger verknüpft . )
b) Für Untersuchungen zur Reparatur von DNS-Fehlpaarungen (Mismatch-Reparatur) durch Proteinextrakte werden unmo- difizierte oder modifizierte Oligonukleotide mit komplementären Oligonukleotiden verschmolzen, die an einer bestimmten Position der Basensequenz bzw. gegenüber der Position des DNS-Adduktes unterschiedliche natürliche Nukleotide enthalten.
I.III. Kopplung der ds-Oligonukleotide am 5 ' -Ende an eine feste Phase mittels eines chemisch stabilen oder eines spaltbaren Linkers. Allgemein ist es in der vorliegenden Erfindung möglich, Linker (Abstandshalter) vorzusehen, die mit der Oberfläche des festen Trägers verknüpft sind und an dem von der Oberfläche abgewandten Ende Aminogruppen tragen, über die die Kopplung mit DNS-Molekülen mit Hilfe von
Quadratsäurederivaten möglich ist. Ebenso kann ein Linker mit dem DNS-Molekül verbunden sein, wobei der Linker wiederum eine Aminogruppe trägt, die die Quadratsäurekopplung ermöglicht. Innerhalb des Linkers kann eine spaltbare Gruppe vorgesehen sein, die die Trennung des DNS-Moleküls von der Festphasenmatrix mit Hilfe geeigneter Reagentien für weitere Untersuchungen erlaubt .
I.IV. Wenn ausschließlich einheitlich modifizierte ds- Oligonukleotide verwendet werden, können die DNS-Moleküle beispielsweise zuerst über die 5 ' -NH2-Termini an eine feste Phase gebunden werden und anschließend am 3 ' -Ende
a) mit einem modifizierten Desoxynukleotid (z.B. biotiny- liertes dUTP) , an das eine nachweisbare Markierung, wie ein Fluroeszenzfarbstoff , hochaffin bindet (z.B. TRITC an Streptavidin gekoppelt) , oder
b) mit einem fluoreszenzfarbstoffgekoppelten (oder radioaktiv oder auf andere Weise markierten) Desoxynukleotid enzymatisch markiert werden.
II. Herstellung von DNS-Matrizen mit spezifischen DNS- Modifikationen durch die Behandlung von ds-Oligonukleotiden oder linearer Plasmid-DNS mit kanzerogenen Faktoren (reaktive chemische Substanzen wie z.B. Benzo (a) pyrendiolepoxid, Methyl- oder Ethylnitrosoharnstoff , UV-Licht, ionisierende Strahlen, Wasserstoffperoxid, Methylenblau in Verbindung mit sichtbarem Licht) .
II. I. Herstellung von ds-Oligonukleotiden mit NH2-Gruppen am 5 ' -Ende und OH-Gruppen am 3 ' -Ende der Moleküle wie unter I. beschrieben. Behandlung der Moleküle mit Kanzerogenen. Bindung der Moleküle über die NH2-Gruppen an eine feste Phase (siehe I.IV.) und enzymatische Markierung der gebundenen Moleküle, beispielsweise mit einem Fluoreszenzfarbstoff.
II. II. Alternativ können die ds-Oligonukleotide zuerst an eine feste Phase gebunden werden. Die Behandlung mit einem reaktiven Kanzerogen und die enzymatische Markierung der Oligonukleotide erfolgt dann erst danach.
II. III. Einführung von NH2-Gruppen am 5 ' -Ende der Plasmid-DNS :
a) Mit Hilfe der PCR-Methode unter der Verwendung von Primern, von denen einer am 5 ' -Ende eine NH2-Gruppe trägt.
b) Spaltung der Plasmide mit einer Restriktase, so daß zwei neue, kürzere DNS-Moleküle mit jeweils nur noch einer NH2- Gruppe an einem der beiden 5 ' -Termini/DNS-Molekül entstehen. Enzymatischer Einbau von z.B. biotinyliertem dUTP an den 3'- Enden der Plasmid-Moleküle. Nach Behandlung mit einem Kanzerogen erfolgt die Bindung der DNS-Matritzen an eine feste Phase. Gemäß dieser Ausführungsform kann eine Nachweisreaktion mit Hilfe eines Steptavidin-Farbstoff-Konjugats erfolgen, das an Biotin bindet.
III. Herstellung von DNS-Molekülen mit Apurin- oder Apyrimidinstellen:
Es ist beispielsweise möglich, ein DNS-Molekül zu synthetisieren, in das ein Uridinmonophosphat eingebaut wird, wobei die Base ausschließlich enzymatisch abgetrennt wird. Außerdem sind Enzyme bekannt, die modifizierte Basen entfernen, wobei eine Apurin- oder Apyrimidinstelle zurückbleibt.
F. Praktische Druchführung des Reparaturtests
Bei der Durchführung von Reparaturtesus bringt man eine Zusammensetzung, von der angenommen wird, daß sie Reparaturenzyme enthält, mit fixierter DNS in Kontakt. Bei der Zusammensetzung kann es sich um einen Zellextrakt oder Gewebeextrakt handeln. In diesem Fall sind mit dem erfindungs- gemäßen Verfahren Aussagen über die Reparaturaktivität der
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Zellen bzw. des Gewebes möglich.
Der Nachweis der Elimination von bestimmten DNS-Modifikationen oder Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen durch enzymatische Reparatur kann auf zweierlei Weise erfolgen:
I . Durch die Verwendung mono- oder polyklonaler Antikörper, die spezifisch an bestimmte DNS-Modifikation binden (z.B. 8- Oxoguanin, 06-Alkylguanin, PAH-Addukte der DNS, Pyrimidindi- mere etc.). Derartige Antikörper sind in der Literatur beschrieben. Ihre Herstellung kann nach dem Fachmann bekannten Verfahren erfolgen. Es können auch Antikörperfragmente mit geeigneter Affinität eingesetzt werden.
• Dieses Verfahren eignet sich prinzipiell zum Nachweis einer jeden DNS-Modifikation, gegen die ein geeigneter Antikörper vorhanden ist.
• Eine Markierung der DNS-Moleküle ist bei dieser Verfahrensweise nicht nötig.
• Für eine quantitative Analyse der Reparaturkapazität eines Zellextrakts muß die Anzahl der DNS-Addukte im Reaktionsansatz bekannt sein; die Anzahl der DNS-Addukte pro DNS-Molekül ist unerheblich.
Es werden hierzu immobilisierte DNS-Moleküle, die entweder eine definierte DNS-Modifikation (ein definiertes DNS-Addukt) enthalten oder mit einem bestimmten Kanzerogen behandelt wurden, zunächst mit einem zu untersuchenden Zeil- oder Gewebeextrakt inkubiert. Anschließend gibt man einen Antikörper hinzu, der spezifisch an die Modifikation bindet (Erst- antikörper) ; zur Quantifizierung der gebundenen Antikörpermenge wird dann typischerweise ein Zweitantikörper hinzugegeben, der entweder mit einem Fluoreszenzfarbstoff (TRITC, FITC, Fluorescein etc.) oder auf sonstige Weise, etwa radio-
aktiv, markiert ist oder an den ein Enzym (z.B. Phosphatase, Katalase) gekoppelt ist, das mit geeigneten Substraten zu einer Farbreaktion führt. Unter konstanten Bedingungen ist die Bindung der AK-Moleküle direkt proportional zu der Menge der verbliebenen DNS-Addukte (Nehls und Rajewsky, 1990) ; d.h., die Intensität des Farbstoffs ist ein Maß für die Adduktmenge.
Analog können mit geeigneten Antikörpern auch Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen untersucht werden. Bei der Untersuchung der Reparatur von Apurin- oder Apyrimidinstellen ist es auch möglich, diese Stellen mit geeigneten chemischen Mitteln, wie Methoxyaminen, Hydrazinderivaten oder substituierten aromatischen Aminen, zu derivatisieren und zum Nachweis Antikörper (oder Antikδrperfragmente) gegen die derivatisierten Stellen zu verwenden. Zweckmäßigerweise erfolgt die Derivatisierung nach der Einwirkung der Reparaturenzyme .
II. Durch das Ausnützen der Tatsache, daß bei der Elimination von DNS-Modifikationen und Basenfehlpaarungen durch Exzisionsreparatur DNS-Strangbrüche erfolgen.
• Dieses Verfahren eignet sich zum Nachweis von Reparaturprozessen, die zu DNS-Strangbrüchen führen. Die meisten bekannten Reparaturvorgänge erfolgen nach diesem Mechanismus. Eine Ausnahme bildet die Reparatur von z.B. Os-Alkylguanin durch die AT (siehe C. II. III.) .
• Für dieses Verfahren eignen sich bevorzugt ds-Oligonukleotide.
Für die Durchführung des Verfahrens muß gewährleistet sein,
a) daß nur ein DNS-Strang (möglichst) ein definiertes DNS- Addukt enthält,
b) daß dieser DNS-Strang immobilisiert ist
c) und daß dieser DNS-Strang so in bezug auf die DNS-Modifikation markiert ist, daß die Markierung nach der Exzision nicht mehr mit dem Träger verbunden ist. Wenn beispielsweise der DNS-Strang über das 5 ' -Ende kovalent mit dem Träger verknpüft ist, kann eine Markierung am 3 ' -Ende angebracht sein. Allgemein muß sich in diesem Fall die Markierung in einer Position 3' in bezug auf die Stelle, an der die DNS bei der Reparatur geschnitten wurde, befinden. Es kann auch ein strukturmodifiziertes Nukleotid, das durch die Exzision enfernt wird, markiert sein. Besonders geeignet ist in diesem Fall eine radioaktive Markierung. Es ist auch möglich, eine zusätzliche Markierung einzubringen, die bei der Reparatur (Exzision) nicht verlorengeht und mit der z.B. in jedem Stadium des Verfahrens die Menge der immobilisierten DNS untersucht werden kann. Für eine Untersuchung der Eliminierung von DNS-Modifikationen, Basenfehlpaarungen oder Apurin- oder Apyrimidinstellen, wie sie vorstehend beschrieben wurde, eignet sich eine derartige, ggf. zusätzlich vorgesehene Markierung aber nicht.
Für die Quantifizierung der Reparaturleistung eines Zellextraktes muß die Anzahl der DNS-Addukte pro Reaktionsansatz bekannt sein.
Immobilisierte DNS-Moleküle werden mit einem zu untersuchenden Zeil- oder Gewebeextrakt inkubiert. Werden DNS-Addukte durch enzymatische Exzision entfernt, zerfallen die kovalent gebundenen Stränge in zwei Bruchstücke, von denen die Fragmente mit der Markierung nicht mehr kovalent mit der festen Phase verbunden sind. Durch Erhitzen der DNS-Moleküle in einem geeigneten Puffergemisch lösen sich die Wasserstoffbrücken zwischen den beiden DNS-Strängen. Die ungebundenen Fragmente trennen sich somit von den komplementären (nicht markierten) Gegensträngen ab und können problemlos durch z.B. Absaugen entfernt werden. DNS-Moleküle, die ihre DNS-Addukte
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behalten haben, besitzen noch die Markierungen und können so leicht quantifiziert werden. Auf die gleiche Weise können auch Basenfehlpaarungen sowie Apurin- oder Apyrimidinstellen untersucht werden.
G. Kurze Beschreibung der Zeichnungen
In den beigefügten Zeichnungen zeigt
Fig. 1 die Kinetik der Entfernung von 8-Oxoguanin aus ds- Oligonukleotiden durch Zellextrakte;
Fig. 2 die Kinetik der Reparatur von Oε-Ethylguanin durch Zellextrakte .
H. Applikationsbeispiele
Herstellung modifizierter Oligodesoxynukleotide.
Es wurden drei verschiedene Oligodesoxynukleotide, jeweils aus 34 Nukleotiden bestehend, hergestellt, die am 5 ' -Ende eine NH2-Gruppe enthielten. Die Basenfolge der drei Oligonukleotide war mit Ausnahme der Position 16 identisch und lautete:
5"-GGC TTC ATC GTT ATT X ATG ACC TGG TGG ATA CCG-3" wobei X in der Position 16 sein kann:
8-Oxoguanin oder Os-Ethylguanin oder Guanin. Als Base an Position 16 enthielt das erste Oligonukleotid also das Oxidationsprodukt 8-Oxoguanin, das zweite das Alkylierungsprodukt Oδ-Ethylguanin und das dritte die natürliche Base Guanin. Das dritte Oligonukleotid diente als Kontrolle. Außerdem wurde der komplementäre DNS-Gegenstrang synthetisiert, der ausschließlich aus den vier natürlichen Basen bestand und der um zwei Basen über das 3 ' -Ende der modifizierten Oligonukleotide hinausragte. Gegenüber X befand sich C. Dies ermöglichte den enzymatischen Einbau von biotinyliertem dUTP oder fluoreszenzmarkierten Nukleotiden am
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3 ' -Ende der modifizierten Oligonukleotide bzw. des Kontroll- Oligonukleotids .
Die Oligonukleotide wurden nach dem Phosphoramidit-Verfahren vollautomatisch hergestellt. Wie üblich, erfolgte die Synthese vom 3 ' -Ende her an Festphasen (CPG) . Nach der Abtrennung vom Trägermaterial und der Abspaltung der Schutzgruppen (0,25 M 2 -Mercaptoäthanol in konz. Ammoniak, 55°C, 20 Std.) wurden die Oligonukleotide durch Gelfiltration vom Ammoniak befreit und anschließend durch präparative Polyacrylamid-Gelelektrophorese oder HPLC gereinigt . Nach einem weiteren Reinigungsschritt wurden die Oligonukleotide lyophilisiert und bei -20°C aufbewahrt.
Herstellung doppeisträngiger (ds) Substrate:
In bidest. Wasser gelöste Oligonukleotide (100 pMol DNS-Moleküle/ml) wurden mit der 1,2 -fachen Menge des komplementären DNS-Stranges (120 pMol/ml) versetzt. Die Proben wurden in einem Wasserbad 5 min bei 90°C erhitzt; die Verschmelzung der einzelsträngigen Moleküle zu doppelsträngigen (ds) Oligonukleotiden erfolgte während der mehrstündigen Abkühlungsphase des Wasserbades auf Raumtemperatur.
Herstellung aktiver Mikrotiterplatten:
Für die Tests wurden Mikrotiterplatten (MP) verwendet, deren Vertiefungen flache Böden und NH2-Gruppen an der Oberfläche (10 nMol NH2-Gruppen/Well) enthielten. In die Vertiefungen der MP wurden jeweils 25 μl einer Lösung aus Quadratsäurediethylester (0,1 mM) und Triethylamin (0,01 M) in Methanol (> 99%) pipettiert. Die MP wurden abgedeckt und 10 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Nach der Entfernung der Lösung wurden die Vertiefungen mit Methanol gewaschen und getrocknet .
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Kovalente Bindung von ds-Oligonukleotiden an aktivierte MP:
Zur Kopplung der ds-Oligonukleotide an die Oberfläche der aktivierten MP-Vertiefungen wurden jeweils 10 μl der DNS- Lösungen (50 pMol 8-OxoGua-ds-Oligonukleotide/ml, 2,5 pMol 06- EtGua-ds-Oligonukleotide/ml) in 50 mM wäßriger Natriumboratlδsung, pH 9,5 in die Vertiefungen pipettiert und die MP abgedeckt. Nach 20 Minuten bei Raumtemperatur wurden die DNS-Lösungen entfernt und die Vertiefungen mit bidest. Wasser gewaschen.
Die restlichen reaktiven Gruppen der Quadratsäure wurden mit 30 μl einer wäßrigen Ethanolaminlösung (100 mM, pH 8,5) inaktiviert. Nach 10 Minuten wurden die MP-Vertiefungen mit bidest . Wasser gewaschen und getrocknet .
Beispiel A:
Entfernung von 8-Oxodesoxyguanosin aus ds-Oligonukleotiden.
Art der Reparatur:
Die meisten DNS-Modifikationen, postreplikativen Basenfehlpaarungen und Apurin- oder Apyrimidinstellen werden durch Exzisionsreparatur (ein enzymatischer Prozeß) aus der DNS entfernt. Das DNS-Oxidationsprodukt 8-Oxoguanin (8- OxoGua) wird nach dem gleichen mechanistischen Prinzip repariert . Beim Menschen gibt es mindestens zwei verschiedene ReparaturSysteme, die diese Basen-Modifikation aus der DNS eliminieren. Bei der Maus wurde nur eines der beiden Reparatursysteme nachgewiesen.
Unabhängig vom Mechanismus der 8 -OxoGua-Exzision entsteht in der DNS intermediär eine Lücke von der Größe eines Nukleotids .
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Praktische Durchführung des Tests:
Für den Test wurden MP verwendet, in deren Vertiefungen mit flachen Böden ds-Oligonukleotide (30 x 10"15 Mol dsDNS- Moleküle/Vertiefung) immobilisiert waren, die an der Position 16 das Oxidationsprodukt 8-OxoGua und an den Positionen 35 und 36 biotinyliertes Uracil enthielten.
Der zu untersuchende Zellextrakt wurde aus Mausmyelom-Zellen der Zeil-Linie P3-X63-Ag hergestellt. Dazu wurden die Zellen zweimal in eiskalter PBS gewaschen und in einer Konzentration von 5 x 107 Zellen/ml in Puffergemisch A (50 mM Tris-HCl, pH 7,6, 1 mM EDTA, 1 mM DTT, 100 mM KCl, 0,1 % BSA) resuspendiert. Die Zellen wurden durch Ultraschallbehandlung desintegriert, und die festen Bestandteile wurden durch
Zentrifugation (10 000 g, 4°C, 10 min) enfernt. Der klare
Überstand wurde in Portionen bei -80°C aufbewahrt.
In zehn Vertiefungen einer MP wurden 25 μl einer Lösung pipettiert, die das Puffergemisch A und den Proteinextrakt von 6xl05 Mausmyelom-Zellen enthielt (Probenfeld) .
In vier Felder wurden 25 μl des gleichen Puffers, aber ohne Proteinextrakt , pipettiert (Kontrollfeld) . Die MP wurde bei
37°C inkubiert.
Nach 5, 30, 60, 90 und 120 Minuten wurde die Reaktion durch die Zugabe von 1 μl Proteinase K (1 mg/ml) in jeweils zwei Vertiefungen pro Zeitpunkt gestoppt. In die Vertiefungen des Kontrollfeldes wurden nach 120 Minuten ebenfalls 1 μl Proteinase K zugegeben. Die MP wurde 5 Minuten lang auf 90°C erwärmt und anschließend schnell in einem Eis-Wasser-Gemisch abgekühlt. Die Lösungen wurden aus den Vertiefungen entfernt und die Vertiefungen dreimal mit 30 μl des Puffers B (50 mM Tris-HCl, pH 7,6, 1 mM EDTA, 0,1 % BSA) gewaschen.
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Nach der Zugabe von 25 μl einer Lösung, die ein Streptavidin- Cy3-Konjugat (2,5 μg/ml ,- bezogen von der Fa. Sigma) in Puffer
B enthielt, wurde die MP 45 Minuten bei 37°C inkubiert. Nach der Abnahme der Lösung wurden die Vertiefungen der MP dreimal mit Puffer B gespült und abschließend mit 25 μl des gleichen Puffers versetzt.
Die Intensität des Fluoreszenzfarbstoffs in den einzelnen Vertiefungen wurde mit einem Bildanalysegerät bestehend aus einem Fluoreszenzmikroskop, einer CCD-Kamera und einem computergestützten Analyseprogramm quantitativ bestimmt. Alternativ kann ein empfindliches UV-ELISA-Leseger t zur Messung der Fluoreszenzintensitäten verwendet werden.
Die Berechnung der Proben erfolgte nach der Formel
R = M (1 - P/Ko) wobei
R die Menge der reparierten 8-OxoGuanin-Moleküle in fMol (10"1S Mol) ,
M die Gesamtmenge der 8-OxoGuanin-Moleküle in jeder MP- Vertiefung,
Ko die Fluoreszenzintensität in den Vertiefungen des Kontrollfeldes und p die Fluoreszenzintensität in den Vertiefungen des Probenfeldes ist.
In Abbildung 1 ist die 8-OxoGuanin-Reparatur durch einen definierten Zellextrakt (Extrakt von 6 x 10s Zellen einer Mausmyelom-Zellinie) als Funktion der Inkubationszeit dargestellt . Aus der AnfangsSteigung der Kurve läßt sich berechnen, wieviele 8-OxoGuanin-Moleküle pro Stunde maximal aus den Oligonukleotiden unter Standardbedingungen (Gesamtmenga an 8-Oxoguanin, 30 fMol; Extrakt von 6 x 105 Zellen) entfernt werden. In dem vorliegenden Fall waren es 13,7 f ol/h.
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Beispiel B :
Dealkylierung von 06-Ethylguanin in ds-Oligonukleotiden.
Art der Reparatur:
Das durch alkylierende Kanzerogene gebildete Os-Ethylguanin (06-EtGua) wird durch eine 06-Alkylguanin-DNS-Alkyltransferase (AT) in einem Schritt repariert . Dabei überträgt die AT eine Alkylgruppe von der 06-Position des Guanins auf ein Cystein im aktiven Zentrum des Proteins. Durch die Übernahme der Alkylgruppe wird die AT inaktiviert . Jedes AT-Molekül kann somit immer nur ein Os-EtGua-Molekül reparieren. Die Reparatur erfolgt demnach in einer bimolekularen Reaktion.
Die Reparatur kann mit Hilfe von Antikörpern gegen Os- Ethyldesoxyguanosin untersucht werden. Es können monoklonale oder polyklonale Antikörper eingesetzt werden. Monoklonale Antikörper können beispielsweise wie folgt hergestellt werden:
Zunächst erfolgt die Synthese von Os-Ethylriboguanosin und die Kopplung des Alkylierungsproduktes an KLH (keyhole limpet haemocyanin) nach der Beschreibung von R. Müller und M.F. Rajewsky (Z. Naturforsch., 33c, 897-901, 1978). Zur Herstellung von Antikörpern wird das Antigen BALB/c Mäusen über einen Zeitraum von drei Monaten fünfmal i.p. injiziert. Milzzellen der immunisierten Mäuse werden mit Myelomzellen (P3-X63-Ag8) fusioniert. Die so erhaltenen Hybridome werden auf Mikrotiterplatten ausgesät, die Peritonealmakrophagen von BALB/c Mäusen enthalten. Hybridomzellen, die Antikörper gegen Os-Ethyldesoxyguanosin produzieren, werden rekloniert und in Kultur genommen. Die Antikörper werden in zwei Reinigungsschritten von anderen Proteinen abgetrennt (Ammoniumsulfat- fällung, 50 % Sättigung, und Ionenaustauschchromatographie mit DE-52 Säulenmaterial) . Die gereinigten Antikörper werden
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konzentriert und in Portionen bei -80°C aufbewahrt.
Praktische Durchführung des Tests:
Für den Test wurden MP verwendet, in deren Vertiefungen ds- Oligonukleotide (1,2 x 10"15 Mol dsDNS-Moleküle/Vertiefung) immobilisiert waren, die an der Position 16 ein 06-EtGua enthielten. Die 3 ' -Enden wurden nicht aufgefüllt. In einem Teil der Vertiefungen waren ds-Oligonukleotide immobilisiert, die an der Position 16 lediglich ein Guanin enthielten (Kontrollfeld 2) .
Der zu untersuchende Zellextrakt wurde hergestellt, indem L929 Mausfibroblasten nach Behandlung mit Trypsin-EDTA einmal in Kulturmedium (DMEM, supplementiert mit 10 % fötalem Kälberserum) und zweimal in eiskalter PBS gewaschen wurden. Die Zellen wurden dann in Extraktionspuffer (500 mM NaCl, 50 mM Tris-HCl, pH 7,8, 1 mM Dithiothreit , 1 M EDTA und 5 % Glyzerin) in einer Konzentration von 6xl07 Zellen/ml resuspendiert und durch Ultraschallbehandlung desintegriert . Die unlöslichen Bestandteile wurden durch Zentrifugation entfernt (10 000 g, 4°C, 10 min) , und der klare Überstand wurde in Portionen bei -80°C aufbewahrt.
In 14 Vertiefungen einer MP wurden 50 μl einer Lösung pipettiert, die einen Reaktionspuffer (50 mM HEPES, pH 7,8, 1 mM DTT, 1 mM EDTA, 5% Glyzerin und 0,05 % Triton X-100) und 3 μg Proteinextrakt aus L929 Mausfibroblasten enthielt (Probenfeld) .
In vier Felder wurden 25 μl des Reaktionspuffers ohne Proteinextrakt pipettiert (Kontrollfeld 1) . In vier Vertiefungen des Kontrollfeldes 2, das unmodifizierte ds- Oligonukleotide zur Bestimmung der unspezifischen Bindung der Antikörper enthielt, wurde Reaktionspuffer und Proteinextrakt pipettiert .
Nach 5, 10, 15, 20, 30, 45, 60 Minuten wurde die Reaktion durch die Zugabe von 1 μl Proteinase K (1 mg/ml) in jeweils zwei Vertiefungen pro Zeitpunkt gestoppt . In die Vertiefung der Kontrollfelder 1 und 2 wurde nach 60 Minuten ebenfalls 1 μl Proteinase K zugegeben.
Nach weiteren 15 Minuten bei 37°C wurden die Lösungen aus den Vertiefungen entfernt und die Vertiefungen dreimal mit 30 μl Puffer C (100 mM NaCl, 10 mM Tris-HCl, pH 7,5, 1 mM EDTA und 0,1 % BSA) gewasche .
In die Vertiefungen wurden dann jeweils 15 μl einer Lösung pipettiert, die 2 μg eines anti- (06-EtGua) -Antikörpers in Puffer C enthielten. Nach 45 Minuten bei Raumtemperatur wurde die Antikörperlösung entfernt. Anschließend wurden die Vertiefungen zur Entfernung ungebundener Antikörper-Moleküle dreimal mit Puffer C gewaschen.
Zum Nachweis der spezifisch gebundenen Antikörper-Moleküle wurden 20 μl TRITC-markierte anti- (IgG) F (ab) 2-Fragmente in Puffer C (5 μg/ml) in die Vertiefungen gegeben. Nach 45 Minuten bei Raumtemperatur wurde die Antikörperlösung entfernt. Ungebundener Antikörper wurde durch dreimaliges Waschen mit 25 μl Puffer C entfernt. Abschließend wurden 25 μl Puffer C in die Vertiefungen pipettiert. Die Bestimmung der Fluoreszenzintensität in den einzelnen Vertiefungen erfolgte wie zuvor.
Die Berechnung der einzelnen Probenwerte erfolgte nach der Formel
R = M (1- (P-K2) / (K1-K2) ) wobei
R die Menge der reparierten O6- EtGua -Moleküle in fMol
(10~15 Mol) , M die Gesamtmenge der 0s-EtGua-Moleküle in j eder
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Vertiefung in fMol,
Ki die gesamte Fluoreszenzintensität in den Vertiefungen ohne Proteinextrakt,
K2 die Fluoreszenzintensität für die unspezifische
Antikörperbindung,
P die Fluoreszenzintensität in den Vertiefungen des
Probenfeldes .
In Abbildung 2 ist die Reparatur von Os-EtGua durch einen definierten Zellextrakt (3 μg Proteinextrakt aus L929 Mausfibroblasten) als Funktion der Zeit dargestellt. Da die Reparatur von Oδ-EtGua in einer bimolekularen Reaktion (Reaktion zweiter Ordnung) erfolgt, läßt sich die Konzentration der AT-Moleküle (AT) im Testansatz und die Geschwindigkeitskonstante K der Reparaturreaktion nach der Formel
K x t = l/(Ao-B0) In (B0(Ao-P) / A0(B0-P))
berechnen, wobei die Ausdrücke A0, B0 und P der initialen Konzentration der O6- EtGua-Moleküle (Ao) , der AT-Moleküle (B0) und der Konzentration der dealkylierten Os-EtGua-Moleküle (P) zum Zeitpunkt t der Reparaturreaktion entsprechen. Für die Berechnung von AT und K wurde ein Computerprogramm entwickelt. Demnach enthielt der Zellextrakt 0,7 fMol AT- Moleküle, und K betrug 4 x 107 1/Mol x sec.
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