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Verfahren zum Herstellen von nahtlosen, gewalzten Rohren aus Automatenstählen
Gegenstand der Erfindung ist ein neues Verfahren zum Herstellen von nahtlosen, gewalzten
Rohren aus Automatenstählen mit hoher Zerspanbarkeit.
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Gute Zerspanurngseigenschaften bei unlegierten Stählen werden bekanntlich
meist durch Zulegierung von Schwefel erzielt. Der Schwefelgehalt liegt dabei im
allgemeinen über o,io bis etwa o,i5°/a, jedoch werden auch Schwefelgehalte von
0,3 bis 0,4 °/o und mehr gewählt. Es handelt sich dabei um unberuhigte Stähle,
die vorzugsweise durch Windfrischen erzeugt ,sind.
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Auch bei legierten Stählen erreicht man bekanntlich durch Zusatz von
Schwefel eine Verbesserung der Zerspanbarkeit. Ferner ist schon vorgeschlagen worden,
die Zerspanbarkeit legierter Stähle durch Zusatz von Blei zu verbessern. Hochlegierten
Stählen wurde zu diesem Zweck auch schon Zirkon oder Selen zugesetzt. Auf die Zerspanbarke.it
austenitischer Stähle hat sich das letztere Element besonders günstig ausgewirkt.
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Das Walzen der Automatenstähle, insbesondere der unlegierten Stähle
mit erhöhtem Schwefelgehalt, ist schwierig. Bei der Erstarrung und beim Wiederaufwärmen
ebenso wie beim Auswalzen der Blöcke müssen bestimmte Temperaturen eingehalten und
muß eine bestimmte Querschnittsabnahme von Stich zu Stich sorgfältig eingehalten
werden.
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Nahtlose Rohre aus Automatenstahl durch Walzen herzustellen, war aber
bisher infolge der außerordentlich hohen Brüchigkeit dieser Stähle nicht möglich.
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Hier setzt die Erfindung ein, die vorschlägt, daß als Werkstoff beruhigter
Automatenstahl mit äußerst feiner und gleichmäßiger Verteilung des
Mangan-
und Eisensulfids. sowie der sonstigen metallischen und nichtmetallischen Einschlüsse
verwendet wird und daß während des Walzens, besonders während der ersten Stiche,
eine Temperaturspanne von i 26o bis 1150' C genau eingehalten wird,
wobei die mittlere Walztemperatur innerhalb der Spanne von der Höhe des Kohlenstoffgehaltes
und anderer Legierungsbestandteile bestimmt wird.
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Es bestand bisher ein gewisses Vorurteil gegen das Walzen von nahtlosen
Rohren aus Automatenstahl, doch ist auch schon früher erkannt worden, unter welchen
Voraussetzungen bei Stählen mit höherem Schwefelgehalt (o,2o bis 0,30 0/0)
eine Warmverformung solcher Stähle sich doch errnögiichen läßt. Danach können einmal
die Blöcke vorher einer Hochtemperaturglühung vor der Verformung -unterworfen werden,
wodurch die sonst schädlichen filmartigen Korngrmzenausscheidungen zum Koagulieren
gebracht werden. Schließlich liegen noch Ergebnisse eingehender Gefügeunter-Buchungen
vor, wonach nicht der Gehalt allein, sondern auch der Verteilungszustand der manganreichen
Mischkristalle von Eisen- und Mangansul@fid von entscheidender Bedeutung für eine
gute Warmverformbarkeit ist.
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Auf ganz ähnlichen Erkenntnissen beruht auch das erfindungsgemäße
Verfahren, das ein einwandfreies Warmverformen ermöglicht, und zwar unter Vermeidung
der Rotbruchanfälligkeit des Automatenstahles trotz seines erhöhten Sch.wefel-ehaltes.
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Es muß darauf hir@gewiesenwerden, daß die mit etwa 126o bis 1150'
C angegebene Temperaturspanne bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eigentlich nur
für die ersten beiden Arbeitsgänge beim Rohrwalzen Gültigkeit hat; beim Stiefelverfahren
wäre dies das Lochen (im Scheibenwalzwerk) sowie das Strecken (im Duowalzwerk).
Für das Mannesmann-Verfahren bezieht sich die obere Grenze (126o°) auf die Wiedererhitzungstemperatur
der vorgelochten Blöcke, während die unte e Grenze (115o°) bei der Warmverformung
erst nach Beendigung des Pilgervorganges unterschritten werden kann, was bedingt,
daß nach diesem Verfahren infolge des geringen Temperaturintervalls im allgemeinen
nur verhältnismäßig kurze Rohre hergestellt werden können. Für das Stoßbankverfahren,
bei welchem bekanntlich die Arbeitsgeschwindigkeit erheblich höher als bei dem eigentlichen
Rohrwalzverfahren liegt, hat hingegen die erwähnte Temperaturspanne iültigkeit.
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Die betriebsmäßige Durchführung der Temperaturkontrolle beim Walzgut
kann sowohl im Ofen als auch außerhalb desselben auf den Rollgängen sowie während
des Walzens mittels eineE optischen Pyrometers vorgenommen werden.
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Im .praktischen Betrieb wird man also darauf achten müssen, daß die
mittlere Walztemperatur innerhalb der erwähnten Spanne von der Höhe des Kohlenstoffgehaltes
undandererLegierungsbes.tandteile bestimmt wird.
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Wird nämlich das Rohr zu kalt, z. B. bei echleppendem Arbeitsgang,
so zeigen sich sofort die bekannten Rotbrucherscheinungen, die ein schlechtes Ausbringen
zur Folge haben. Der Walzvorgaiag muß also rasch und fließend vonstatten gehen.
Eine Erhitzung des Walzgutes von außen während des Walzvorganges kommt nicht in
Frage. Die übliche Walzgeschwindigkeit ist daher nicht ohne weiteres ausreichend.
Auch die Querschnittsabna&me beim Lochen soll keine allzu große sein, d. h.,
di'e Abmessung des zu lochenden Rundknüppels soll gegenüber dem äußeren Durchmesser
der Rohrluppen keine allzu großen Unterschiede aufweisen. Die Weiterverarbeitung
auf kleinere Abmessungen erfolgt entweder nach Wiedererhitzer durch Warmreduzieren
(Streckreduzieren) oder/und durch Kaltverformung (Blankziehen), wobei die Einschaltung
von Zwischenglühungen erforderlich werden kann. Spannungsrisse werden beim Kaltziehen
mit Sicherheit vermieden, wenn die Ouerschnittsverminderung bei den einzelnen Zügen
um etwa 1o % geringer gehalten wird als bei Nichtautomatenstählen.
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Die Erzielung einer für die vorgesehene Wei-terverarbeitungerforderlichen
möglichst feinen Ausbildung und gleichmäßigen Verteilung der Mangan-und Eisensulfid-
sowie der sonstigen metallischen und nichtmetallischen Einschlüsse setzt eine über
die normale Beruhigung bzw. Desoxydation des Stahlbades (mit Silizium oder Mangan
und. Silizium) hinausgehende Feinstverteilung und teilweise Zerstörung der Einschlüsse
bei einwandfreier Schmelzführung voraus. Für diesen Zweck, d. h. zur Erreichung
des hierfür notwendigen Beruhigungsgrades ist es üblich, Kalziumsi.lizium- oder
Kalziumalu@miniumlegnerungen oder Kalziurnsiliziumaluminium (Alsical) neben ähnlichen
handelsüblichen Beruhigungs- bzw. Desoxydat.ionsmitteln teils in die Pfanne, den
Gießstrahl, in die Kokiäle oder aber erst - nach teilweiser Erstarrung des Blockes
- in den Gießtrichter zu geben, und zwar entweder in feinkörniger oder flüssiger
Form.
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Als geeignet für das erfindungsgemäße Verfahren haben sich außer bekannten
urlegierten Automatenstählen mit etwa o,12 % C, 0,80% Mn, 0,25 % Si, 0,030 % P und
o,i8o 0/a S und Rest Eisen höhergekohlte Vergütungsautomatenstähle, z. B. 22
S:20,
30 S 20, 35 S 20, 45 S 2o, 6o S 2o nach DIN 17 290 E,
oder legierte Automatenstähle, wie sie z. B. in der Stahl- und Eisenliste des VDEH
unter laufender N r. B 202 : 16 Mn Cr S 5 oder unter Nr. 250 : 12 Cr S 52 aufgeführt
sind, oder Autoinatenstähle mit Bleizusatz erwiesen.
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Das Verfahren- nach der Erfindung ermöglicht die Herstellung von zahlreichen
von der Industrie dringend benötigten Gegenständen aus Rohrabschnitten, die eine
hohe Zerspanbarkeit besitzen müssen, z. B. Hohlkörpern, Muffen, Buchsen, Hohlwellen,
einfachen Lagern, Lagerschalen, Überwurfmuttern und ähnlichen Masseneinzelteilen
für Kleinmaschinengeräte- und Apparatebau sowie für die Autemobilindustrie.