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Verfahren zur Herstellung von künstlich geformten Gebilden aus hochmolekularen
linearen Polyamiden Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von
künstlich geformten Gebilden, insbesondere Kunstfäden und Folien, aus hochmolekularen
linearen Polyamiden, welche lactambildende Aminocarbonsäuren als Komponenten enthalten
oder, mindestens anteilig, aus Lactamen durch Polymerisation oder gemischte Polymerisation
und Kondensation erhalten worden sind.
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Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß die durch Verspinnen
oder Vergießen aus dem Schmelzfluß oder durch thermoplastisches Verpressen zu verformende
Masse noch monomeres Lactam in einer Menge von mehr als 2 %, z. B. zwischen 2 und
20'/0, insbesondere aber zwischen 5 und 15'10, enthält.
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Hochpolymere Polyamide im obigen Sinne sind Kondensationsprodukte
aus beim Erhitzen polymerisierbare Lactame bildenden w-Aminocarbonsäuren, z. B.
6-Aminohexansäure, und in der Kette alkylierten, insbesondere methylierten Derivaten
derselben, Polymerisate aus Lactamen, z. B. aus den Lactamen der 6-Aminocapronsäure
oder der 7-Aminoheptansäure (deutsches Patent 7q.8253), ferner Mischpolymere, die
unter Verwendung von Lactamen oder beim Erhitzen lactambildender Aminosäuren hergestellt
worden sind, z. B. Mischpolymere
aus 6-Aminohexansäure, Pentamethylendiamin
und Sebacinsäure, weiter für Polyamide, die durch Zusammenpolymerisieren von mehr
oder weniger hochpolymeren Polyamiden mit monomeren Lactamen oder durch Zusammenkondensieren
polymerer Amide mit beim Erhitzen polymerisierbare Lactame bildenden Aminocarbonsäuren
entstehen, z. B. die Produkte nach dem deutschen Patent 929 933, und Mischpolymerisate,
wie sie nach Patent 745 388 erhältlich sind.
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Um den jeweils gewünschten Gehalt an monomerem Lactam zu erhalten,
kann man den fertig polymerisierten oder kondensierten, gegebenenfalls bereits Lactame
enthaltenden Schmelzen zu Ende der Reaktion noch eine bestimmte Menge monomeres
Lactam in festem, geschmolzenem oder verdampftem Zustand einverleiben. Gegebenenfalls
kann man auch, ausgehend von einem Reaktionsgemisch mit verhältnismäßig hohem Lactaingehalt,
einen Teil desselben durch Abdestillieren entfernen. Im allgemeinen ist es aber
zweckmäßiger, die Reaktionen so zu leiten, daß die gewünschte Menge Lactam, z. B.
7 bis 8 %, beim Abbruch der Reaktion noch übrigbleibt. Es entfällt dann die Notwendigkeit,
zum Schluß unter vermindertem Druck zu arbeiten. Dies ist ein wesentlicher Vorteil,
da die Vakuumbehandlung bei großen Einsätzen nicht leicht gleichmäßig durchzuführen
ist. Die Menge des im Reaktionsgemisch verbleibenden monomeren Lactams ist von Fall
zu Fall durch die Wahl der Arbeitsbedingungen, z. B. die Reaktionszeit, Menge der
zugesetzten reaktionsbeschleunigenden Stoffe, Art und Menge eines stabile Endgruppen
bildenden Katalysators bzw. Reglers, in weiten Grenzen zu beeinflussen. Wenn man
z. B. a-Caprolactam ohne Wasserzusatz mit sehr geringen Mengen eines regelnden Katalysators,
z. B. 0,375 % e-Aminocapronsäurehydrochlorid, durch 36- bis 64stündiges Erhitzen
auf 240 bis 25o ° C polymerisiert, so erhält man ein Produkt, welches einerseits
sehr lange Ketten, andererseits noch verhältnismäßig viel (z. B. 12 bis 18 %) monomeres
Lactam enthält. Arbeitet man mit einer etwas größeren Menge des letztgenannten Katalysators,
z. B. 0,75 0/0, und unter Zusatz von Wasser in einer Menge von z. B. i/5o
Mol, bezogen auf i Mol Lactam, so erhält man unter gleichen Bedingungen ein Produkt,
das nur noch etwa 7 bis 9 % monomeres Lactam enthält. Diese Zahlen beziehen sich
auf Reaktionsansätze, bei denen zum Schluß ein Erhitzen im Vakuum nicht stattgefunden
hat.
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Die monomeren Lactame wirken als Flußmittel und erleichtern die Verformung.
Außerdem erhält man sehr elastische und geschmeidige Produkte. Gegenüber Phenolen,
die z. B. beim Polymerisieren oder Kondensieren in Lösung verwendet -werden und
wegen ihrer hohen Lösewirkung und geringen Flüchtigkeit selbst im Vakuum nicht vollständig
zu entfernen sind, ergibt sich der weitere Vorteil der fehlenden Geruchsbelästigung
und des Ausbleibens von Verfärbungen in Berührung mit Schwermetallen, insbesondere
Eisen.
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Eine günstige Auswirkung des Lactamgehalts in verformten Produkten
zeigt sich auch. beim Recken von Fäden oder Folien im trockenen Zustand. Bei' Filmen
und starken Fadengebilden, wie Borsten oder Roßhaar, ist die Gefahr des Reißens
erheblich vermindert. Das Ausstrecken der Fäden erfolgt gleichmäßig ohne Bildung
von Verdickungen, d. h. ungenügend gereckter Stellen, die in anderen Fällen durch
besondere Maßnahmen, wie erhöhte Spannung oder Benetzung mit Wasser, verhindert
werden müssen. Beim Kunstseidenspinnen ist auch das in gewissem Umfang stattfindende
Ausschwitzen von in unreinem Zustand hydroskopischen Lactam während des Spinnvorganges
und noch auf dem ersten Wickelkörper von Vorteil. Es ergibt sich hierbei, insbesondere
in Verbindung mit einem klebrigen Präparationsmittel, z. B. Wollfett oder synthetischen
Fett- und Harzprodukten ähnlicher physikalischer Beschaffenheit, eine Verklebung
des Einzelfaserbündels ähnlich wie beim Spinnen der Kupferkunstseide. Hierdurch
wird die Abarbeitung der primären Wickel trotz einer gewissen Klebrigkeit erleichtert.
Insbesondere kannmansolcheFäden, die z. B. 6 bis 15 % Lactam enthalten können, mit
guter Ausbeute ohne vorausgehende Drehung oder mindestens mit einer nur geringen
Vordrehung von z. B. 4o bis 8o Drehungen pro m nachstrecken, zweckmäßig in Verbindung
mit einerRingzwirnung. Störende elektrostatische Ladungen treten nicht auf. Hierbei
ist die relative Feuchtigkeit im Verarbeitungsraum zu beachten und zur Erzielung
bester Textilausbeuten dem im Gespinst vorhandenen Gehalt an monomerem Lactam anzupassen.
Andererseits ist für eine gegebene relative Feuchtigkeit zweckmäßig eine bestimmte
optimale Menge an Lactam einzustellen. Dieses Verhältnis ist für jeden Kunststoff
durch Versuche zu ermitteln. Bei Kunstfäden aus polymerem E-Caprolactam, die noch
etwa 9 % monomeres Lactam enthalten, ist die in Textilbetrieben übliche Luftfeuchtigkeit
von 6o bis 65 % gut brauchbar.
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Das lactamhaltige Material läßt sich auch leichter kräuseln, z. B.
durch Passieren durch Prägewalzen und nachfolgendes Dämpfen oder Kochen mit heißem
Wasser, wie bei Acetatkunstseide üblich.
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Zur Entfernung und Rückgewinnung der monomeren Lactame kann man die
Formlinge, z. B. Fäden, Folien, Bänder, vor oder meist zweckmäßiger nach dem Recken
mit lactamlösenden Mitteln, z. B. Wasser oder wäßrigen Lösungen oder organischen
Lösungsmitteln, wie Methanol, Äthanol. Isopropylalkohol, Aceton, Methylenchlorid,
Benzol, Chlorbenzol, Benzin, waschen oder extrahieren. Auch durch Erhitzen im Vakuum
läßt sich wenigstens bei,, Gebilden mit großer Oberfläche, insbesondere Kunstseide,
ein großer Teil des Lactamgehaltes verflüchtigen. Aus den Dämpfen gewinnt man das
Lactam durch Abkühlen in kristallisierter Form oder durch Auswaschen mit Lösungsmitteln
oder auch durch Adsorbieren an Aktivkohle.
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Bei Gebilden mit sehr großer Oberfläche, insbesondere Fäden, genügt
gewöhnlich schon eine Behandlung in der Kälte, besonders bei Verwendung von Wasser
und hydroxylhaltigen Lösungsmitteln, um die Lactame praktisch vollständig zu entfernen.
Man
kommt aber wesentlich rascher zum Ziel, wenn die Behandlung in der Wärme, z. B.
mit heißem Wasser, beispielsweise von go bis ioo ° C, vorgenommen wird. Höhere Temperaturen
als ioo ° C lassen sich erzielen mit wäßrigen Lösungen, die beispielsweise Alkalinitrat,
Ammoniumsulfat. Ammoniumnitrat, Harnstoff, Äthylenglykol, Diäthylenglykol, Glukose
enthalten können. Durch Zusätze dieser Art kann man auch den Ouellungsgrad der Gebilde
während der Behandlung regeln und bis zu einem gewissen Grade die Eigenschaften,
z. B. in bezug auf Färbbarkeit und Wasserlängung, beeinflussen. Um eine intensivere
Quellwirkung zu erzielen, können stark hydrotrope Salze, wie Rhodanide, allein oder
neben anderen Quellmitteln angewandt werden.
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Von den organischen Lösungsmitteln haben sich besonders Kohlenwasserstoffe,
z. B. heißes Benzin vom Siedepunkt go ° C (Behandlungstemperatur etwa 7o ° C), oder
die ab i5o ° C siedende, unter der Bezeichnung »Kristallöl« im Handel befindliche
Mineralölfraktion bewährt (Aehandlungstemperatur ioo bis 130 ° C), die neben aliphatischen
Kohlenwasserstoffen noch etwa 15 % aromatische Kohlenwasserstoffe enthält. Man verwendet
diese Kohlenwasserstoffe in verschlossenen Apparaten, z. B. vom Typus der Färbeapparate,
und kann dann aus den angereicherten Extrakten durch Abkühlen die Lactame in reiner
kristallierter Form zurückerhalten.
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Die Entfernung der Lactame kann bei Fäden und Flächengebilden in gespanntem
und ungespanntem Zustand vorgenommen werden. Wenn es sich um ausgereckte Gebilde
handelt, so ist die Behandlung unter Spannung besonders dann vorzuziehen, wenn sie
kontinuierlich am laufenden Faden oder Band durchgeführt werden kann. Hierbei wird
die bei allen verstreckten Fäden vorhandene Neigung zum Schrumpfen überwunden, und
zwar um so vollständiger, je höher die Temperatur gewählt wird. Für textile Zwecke
genügen im allgemeinen Temperaturen zwischen 70 und 120 ° C, um nachträglichen
Längenänderungen bei späteren Naßbehandlungen vorzubeugen.
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Behandelt man die Fäden oder Folien ohne Spannung, z. B. in Form von
Strängen oder trägerlosen Wickeln, so schrumpft der Faden bei der angegebenen Temperatur
von 7o bis i2o° C in verhältnismäßig kurzer Zeit aus. Es hat sich gezeigt, daß die
Längenänderung geringer ist, wenn man die Gebilde in Stufen auf die maximale Temperatur
in Nachbehandlungsbädern bringt, insbesondere wenn man nach einer Vorbehandlung
bei niederer Temperatur, z. B. bei 2o bis 30 ° C, erst wieder trocknet und dann
bei höherer Temperatur, z. B. go ° C, nachbehandelt.
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Die Naßbehandlung der laufenden Fäden oder Bänder unter Spannung erfolgt
vorteilhaft in der Weise, daß man eine größere Schar paralleler Fäden in Form eines
Bandes durch Behandlungströge oder Rinnen führt. Nachher kann man sie entweder in
bekannter Weise wieder auf einzelne Spulen verteilen oder als Bänder auf Trommeln
von beliebiger Breite aufwickeln, wie sie z. B. in der Kettenwirkerei üblich sind.
Es steht nichts im Wege, in dieser Weise auch Webketten zu behandeln und diese gegebenenfalls
im Laufe der Behandlung noch mit einem Schlichtemittel zu versehen.