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Verfahren zur Herstellung von Kunstkohlekörpern Kunstkohlen werden
industriell in großem Maßstab verwendet, z. B. als Elektroden bei Erzeugung von
Kalziumkarbid, Ferrosilicium, Aluminium, Stahl u. a., ferner als Auskleidung von
Hochöfen, Zellstoffkochern, Beizbehältern, Säurewaschtürmen usw., um einige wichtige
Anwendungsgebiete zu nennen. Der Grund ihrer großen, vielseitigen Anwendung ist
in einigen besonderen Eigenschaften zu suchen, wie Temperaturbeständigkeit, chemische
Indifferenz und elektrische Leitfähigkeit. Bei der chemischen Indifferenz ist eine
Einschränkung zu machen. Von Sauerstoff und sauerstoffabgebenden Stoffen, wie Wasserdampf
und Kohlendioxyd, wird die Kunstkohle bei höheren Temperaturen oxydiert und dabei
zerstört. Trotz dieses Mangels ist die Kunstkohle für die genannten Anwendungsgebiete
und viele andere unersetzlich, und es wird angestrebt, durch konstruktive Maßnahmen
bei ihrer Verwendung die schädliche Wirkung der Oxydation einzuschränken bzw. zu
vermeiden. Bei der Verwendung von Kunstkohlen als Elektroden sind diese oft bei
hohen Temperaturen der Einwirkung von Luftsauerstoff ausgesetzt und werden an ihrer
Oberfläche verbrannt. Da hier konstruktive Maßnahmen die Oxydation nicht genügend
verhindern können, versucht man, die Beständigkeit der Elektroden gegen Oxydation
zu erhöhen. Bei der Aluminiumerzeugung durch Elektrolyse tonexdehaltiger Kryolithschmelzen
ist nun andererseits die Oxydierbarkeit
der Anoden notwendig, da
sie durch die Sauerstoffaufnahme depolarisierend wirken und dadurch die Zersetzungsspannung
senken. Die Oxydation tritt an dem in die Schmelze tauchenden Teil der Anode durch
Abscheidung von Sauerstoff zwangsläufig ein. Die Oxydationsprodukte sind ein Gemisch
von Kohlendioxyd und Kohlenoxyd. Die beiden Forderungen, hohe Beständigkeit gegen
Angriff des Luftsauerstoffs einerseits und Oxydatidnsfähigkeit durch den elektrolytischen
Prozeß andererseits, schließen sich nicht gegenseitig aus, im Gegenteil, ihr Verhalten
und ihre Haltbarkeit, also ihr spezifischer Verbrauch im elektrolytischen Prozeß,
wird erfahrungsgemäß durch vergrößerte Resistenz gegen Oxydation verbessert.
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Dabei spielt die Oxydationsbeständigkeit des verkokten Bindemittels
eine wichtige Rolle; der Bindemittelkoks verkittet die Körner des gemahlenen Koksrohstoffs
zu einem einheitlichen Körper. Bei nicht genügender Oxydationsbeständigkeit des
Bindemittelkokses wird dieser durch die Oxydation zerstört, und die Körnung des
gemahlenen Kokses verliert ihren Zusammenhalt. Bei Anoden für Aluminiumelektrolyse
wirken sich solche Mängel sehr nachteilig aus, indem große Mengen abgerieselter
Kokskörner in den Elektrolyt gelangen und den Ofengang empfindlich stören. Bei anderen
Anwendungsarten der Kunstkohlen ist der Mangel an Oxydationsbeständigkeit ebenso
nachteilig. Man bemüht sich deshalb schon lange, die Kunstkohlen möglichst schwer
verbrennlich zu machen. Es ist bekannt, daß das sogenannte Kalzinieren der verwendeten
Kokssorten, das ist eine Wärmebehandlung bei über iooo° C vor dem Mahlen und Vermischen
mit Bindemittel, die Erzeugnisse auch in Bezug auf Oxydationsbeständigkeit verbessert.
Die aus Kokspulver mit Bindemittel gemischten und geformten Kunstkohlen werden anschließend
in Brennöfen unter Luftausschluß bei möglichst hohen Temperaturen gebrannt, indem
sie z. B. während des Brennens in Kokspulver eingebettet sind; die Höhe der Brenntemperatur
ist ebenfalls förderlich für eine höhere Beständigkeit der Kunstkohlen gegen Oxydation.
Man hat auch durch die Wahl geeigneter Kokssorten die Oxydationsbeständigkeit zu
verbessern gesucht.
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Durch die Elektrografitierung bei Temperaturen über 2ooo° C hat man
Kunstkohlen in Grafitkohlen umgewandelt und für manche Zwecke, z. B. in der Elektrostahlindustrie,
als Elektroden verwendet, wobei
Eigenschaften des Peches Oxydationsbeständigkeit |
Erweichungs- Benzol- Pyridn- der unter gleichen |
Bedingungen daraus |
punkt unlösliches unlösliches hergestellten Anoden |
o C o / 0 o / 0 Rest |
Übliche Bindemittel . . . . . .. . . .. . . 70 22,7 12,2 36 |
Bindemittel gemäß Erfindung .... 70 7,4 2,0 53 |
Die Verbesserung der Oxydationsbeständigkeit ist erheblich und war nach dem Stand
der Technik weder vorauszusehen noch bekannt. sich die grafitierte Elektrode durch
ihre bessere Oxydationsbeständigkeit und höhere elektrische Leitfähigkeit auszeichnet.
Wegen der hohen Erzeugungskosten und vielfach auch wegen ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit
können grafitierte Kunstkohlen die einfach gebrannten Kunstkohlen nur in bestimmten
Fällen ersetzen, und es bleiben für die letzteren noch sehr große Anwendungsgebiete.
Der Hauptbestandteil des für die Herstellung von Kunstkohlen verwendeten Bindemittels
ist meist ein Steinkohlenteerpech mit einem Erweichungspunkt von etwa 7o bis 75°
C. Bindemittel mit niedrigerem Erweichungspunkt werden durch geringe Zusätze von
entwässertem Rohteer oder Teerölen zu dem Pech erhalten. An das Pech werden besondere
Ansprüche gestellt; nach dem Stand der Technik wird verlangt, daß der Koksrückstand
und der Anteil an Benzolunlöslichem möglichst hoch sind; der letztere soll nicht
unter 25 °/`o betragen. Auch die sogenannten Teerharze, das ist die Differenz zwischen
den Prozentzahlen des in Benzol und des in Pyridin Unlöslichen im Bindemittel, werden
vielfach zur Güteprüfung des Bindemittels benutzt und sollen über io °% betragen,
während für das in Pyridin Unlösliche ebenfalls über io °/o gefordert wird. Dadurch
soll die Bildsamkeit und Klebekraft der Kunstkohlenmassen verbessert werden, was
bei der Formgebung durch Pressen, Stampfen usw. von Vorteil ist; außerdem sollen
die Kunstkohlen durch Verwendung dieser Pechqualitäten besonders hohe Festigkeiten
erreichen.
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Bei den Versuchen, die Oxydationsbeständigkeit der Kunstkohlen noch
weiter zu erhöhen, wurde nun überraschenderweise gefunden, daß die Oxydationsbeständigkeit
wesentlich verbessert wird, wenn man im Gegensatz zur herrschenden Ansicht eine
Pech verwendet, das einen Gehalt an Benzolunlöslichem von weniger als etwa 16 °/o
und/oder Pyridinunlöslichem von weniger als etwa 5 °/o besitzt. Vorzugsweise gelangt
ein Pech zur Anwendung, das weniger als etwa io % Benzol- und/oder weniger als etwa
3 °/a pyridinunlösliche Stoffe enthält. Die Oxydationsbeständigkeit wird durch die
erfindungsgemäße Verwendung eines solchen Peches sehr verbessert. Die nachstehende
Tabelle zeigt die Steigerung der Oxydationsbeständigkeit von Anoden für die AIuminiumelektrolyse.
Bei der Prüfung wurden Probekörper unter gleichen Bedingungen der Einwirkung von
Sauerstoff ausgesetzt und das Gewicht des verbliebenen Restes in Prozent des ursprünglichen
Gewichtes der Probe ermittelt. Etwa geringe nachteilige Wirkungen der erfindungsgemäß
benutzten Peche auf andere Eigenschaften der Kunstkohlen sind in den meisten Anwendungsfällen
tragbar.
Durch geeignete Maßnahmen, wie geschickte Zusammenstellung der Korngrößenanteile
im Trockenstoff der Kunstkohlen, lassen sich für die Kaltdruckfestigkeit und Porosität
bei Verwendung dieser Peche normale Zahlen erreichen.
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Zur Festlegung, was unter den Bezeichnungen Benzolunlösliches und
Pyridinunlösliches zu verstehen ist, werden nachstehend die hierfür geltenden analytischen.
Bestimmungsmethoden angeführt: i. Benzolunlösliches: 2 g Pech von unter
0,5 mm Körnung werden in einem 3oo-cm3-Erlenmeyerkolben mit 150 cm3 Benzol
reinst (Merck) versetzt und mit einem Rückflußkühler versehen. Nach 1/Estündiger
Behandlung bei Siedetemperatur, wobei das Zusammenballen des Pechs im Lösungsmittel
durch öfteren Umschütteln zu verhindern ist, wird die Lösung in kaltem Wasser auf
2o° C abgekühlt. Die Lösung wird j etzt durch zwei ineinandergesteckte Rundfilter
(i2,5 cm s73 Nr. 597 von der Firma Schleicher und Schüll), welche vorher bei io5°
C getrocknet und im W ägegläschen nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen wurden,
unter ständigem Umschütteln filtriert. Der verbleibende Rückstand auf den Filtern
wird mit 300 cm3 Benzol reinst von 2o° C ausgewaschen und die Filter mit
den darauf befindlichen Rückständen i Stunde bei io5° C im Wägegläschen getrocknet
und nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen.
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2. Pyridinunlösliches: 3 g Pech von einer Körnung unter o,5 mm werden
in einem ioo-cm3-Erlenmeyerkolben mit 30 cm3 Pyridin rein (Merck) versetzt
und mit einem Rückflußkühler versehen. Nach 114stündiger Behandlung bei Siedetemperatur,
wobei das Zusammenballen des Pechs im Lösungsmittel durch öfteres Umschütteln zu
verhindern ist, wird die Lösung in kaltem Wasser auf 2o° C abgekühlt. Die Lösung
wird jetzt durch zwei inein;mdergesteckte Rundfilter (i2,5 cm ö2 Nr. 597 von der
Firma Schleicher und Schüll), welche vorher bei 1o5° C getrocknet und im Wägegläschen
nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen wurden, unter ständigem Umschütteln filtriert.
Der verbleibende Rückstand auf den Filtern wird mit 150 cm3 Pyridin rein
von 2o' C ausgewaschen. Anschließend wird der in den Filtern verbleibende Pyridinrest
mit roo cm3' Benzol reinst von 2o° C ausgewaschen. Die Filter mit dem darauf befindlichen
Rückstand werden i Stunde bei 1o5° C im Wägegläschen getrocknet und nach dem Erkalten
im Exsikkator gewogen.