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-Verfahren zur Herstellung von stabilen wäßrigen Paraffin-Emulsionen
Die
Herstellung stabiler wäßriger Paraffin-Emulsionen mit Hilfe nicht ionogener Emulgatoren
gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Emulgiertechnik. Während es keine besonderen
Schwierigkeiten bereitet, mit normalen Emulgatorkonzentrationen Mineralöl-Emulsionen
herzustellen, die filtrierbar und so stabil sind, daß sie im Laufe von Wochen und
Monaten zwar auf rahmen, ihren hohen Dispersitätsgrad aber beibehalten, so daß durch
einfaches Umschütteln der ursprüngliche Zustand der Emulsion nahezu vollständig
wieder herzustellen ist, erhält man bei Paraffinen zwar filtrierbare, aber auch
unstabile Emulsionen erst mit Emulgatorkonzentrationen von mehr als IO°/o, bezogen
auf das Paraffin, wohingegen mit weniger als IO O/o unfiltrierbare, zur fortschreitenden
Koagulation neigende Emulsionen entstehen.
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Möglicherweise ist diese Schwierigkeit darauf zurückzuführen, daß
das Paraffin bei der Emulgierungstemperatur zwar flüssig ist, beim Abkühlen aber
irgendwann in den festen Zustand übergeht, also eine Umwandlung vom flüssig-amorphen
in den festkristallinen Zustand erleidet. Man kann sich vorstellen, daß durch diesen
Vorgang die Verankerung der Emulgatormoleküle an bzw. in der Oberfläche der Paraffinteilchen
entscheidend verändert wird.
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Es wurde nun gefunden, daß die stabile Emulgierung von Paraffinen
mit Hilfe nicht ionogener Emulgatoren auch mit einem Emulgatorengehalt
unter
I0°/o durchführbar ist, wenn folgende Bedingungen beobachtet werden: I. Die bei
Temperaturen zwischen 80 und I00° hergestellte Emulsion darf beim Abkühlen unterhalb
einer im Einzelfall zu ermittelnden, nicht unter 650 liegenden Temperatur nur noch
schwach bewegt, nicht mehr aber einer ausgesprochenen Rührwirkung ausgesetzt werden;
2. die unter Rühren bis auf eine derartige Temperatur abgekühlte Emulsion muß möglichst
schnell abgekühlt werden.
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Diese Feststellungen sind überraschend, da bisher angenommen wurde,
daß mit Hilfe nicht ionogener Emulgatoren hergestellte Paraffin-Emulsionen mindestens
so lange gerührt werden müssen, bis der Emulgator sich hydratisiert hat, also bis
mindestens unterhalb etwa 600. Nicht ionogene Emulgatoren haben einen sogenannten
Trübungspunkt, werden also erst unterhalb dieses Trübungspunktes dadurch, daß ihr
hydrophiler Molekülanteil sich mit Wiassermolekülen belädt, zu eigentlichen Emulgatoren.
Bei nicht ionogenen Paraffin-Emulgatoren liegt dieser Trübungspunkt etwa zwischen
30 und 600. Ob und inwieweit die Lage dieses Trübungspunktes sich ändert, wenn es
sich nicht nur um das System Emulgator-Wasser sondern um das System Paraffin. Emulgator~
Wasser handelt, ist nicht bekannt.
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Das Verfahren beruht auf der Erkenntnis, daß es für diese Paraffin-Emulsionen
einen kritischen Temperaturbereich gibt, innerhalb dessen sie durch Einwirkung äußerer
mechanischer Kräfte in ihrem Mizellargefüge unstabil werden. Die obere Grenze dieses
kritischen Bereichs liegt zwischen 65 und 950, die untere Grenze ist etwa 300, d.
h., sie liegt wenig oberhalb der Raumtemperatur. Dieser als kritisch erkannte Bereich
muß möglichst rasch durchschritten werden, d. h., man muß hier äußerliche zusätzliche
Kühlmittel anwenden, und es muß jede gewaltsame Bewegung der Emulsion vermieden
werden.
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Die obere Grenze des kritischen Bereichs, d. h., der Temperaturpunkt,
bei dessen Erreichung der Rührer abgestellt werden muß - deshalb kurz Abstelltemperatur
genannt -, weil unterhalb dieses Punktes die Emulsion durch Einwirkung äußerer mechanischer
Kräfte eine dauernde Schädigung ihrer Stabilität erleidet, ist innerhalb des angegebenen
Bereichs von 65 bis 950 in Abhängigkeit von Typ und Konzentration des Emulgators
und der sonstigen Bestandteile für jeden Ansatz verschieden und muß fallweise durch
einen einfachen Vorversuch ermittelt werden. Hierzu verfährt man wie folgt: Man
vermischt Paraffin, Emulgator und Wasser in den beabsichtigten Mengen unter kräftigem
Rühren bei 100 bis 1050 und läßt die Emulsion ohne äußere Kühlung sich am Rührer
abkühlen, wobei laufend ihre Temperatur gemessen wird. Sie ist zunächst sehr dünnflüssig
und bildet daher an der Oberfläche einen tiefen Trichter, wird dann bei Temperaturen
zwischen go und 60° plötzlich für kurze Zeit hochviskos, so daß die Trichterbildung
völlig oder nahezu völlig verschwindet, die Oberfläche also fast eben wird, und
wird anschließend plötzlich wieder ganz dünnflüssig. Das Temperaturintervall, innerhalb
dessen die geschilderte Phase hoher Viskosität durchschritten wird, beträgt im allgemeinen
3 bis 60. Rund 5" über der Temperatur, bei der das Höchstmaß der Viskosität durchlaufen
wird, liegt erfahrungsgemäß die günstigste Abstelltemperatur für die nachfolgende
Verarbeitung des entsprechenden technischen Ansatzes.
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Die verfahrensgemäß verwendbaren nicht ionogenen Emulgatoren sind
Umsetzungsprodukte von gesättigten oder ungesättigten Fettsäuren, Fettalkoholen
und Fettaminen, ferner von alkylierten Phenolen oder Thiophenolen mit so viel Äthylenoxyd,
daß die entstehenden Produkte noch nicht molekular, sondern kolloidal in Wasser
löslich sind.
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Um dies zu erreichen, sind zur Oxäthylierung der genannten Fettkörper
im allgemeinen 4 bis 6 Mol Äthylenoxyd erforderlich.
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Beispiel I Herstellung einer 200/obigen Paraffin-Emulsion mit ro0/o
Emulgator 20 g eines nicht ionogenen Paraffin-Emuigators, erhältlich z. B. aus Oleylalkohol
mit 4 bis 5 Mol Äthylenoxyd oder aus Stearylalkohol mit 5 bis 6 Mol Äthylenoxyd,
werden in 200g Paraffin Merck 52/53 bei 1000 gelöst. Mlan läßt am Rührer bis auf
980 erkalten und gibt dann 780 ccm kochendes Wasser hinzu, wobei aber nach den ersten
200 ccm einige Sekunden unterbrochen wird, bis vollständige Homogenisierung eingetreten
ist. Die Temperatur der Emulsion nach beendigterWasserzugabe liegt zwischen 96 und
970. Man läßt dann unter Rühren auf 850 erkalten und stellt danach das Gefäß (I
ooo-ccm-Becherglias) in ein Wasserbad mit kaltem Leitungswasser, dessen Temperatur
durch laufendes Wasser aufrechterhalten wird.
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Nach der Abkühlung auf 300 ist eine von ausgeflocktem Paraffin praktisch
freie Emulsion entstanden, deren hochdisperser Charakter sich schon durch die Transparenz
ihres Ablaufes an der Glaswand zu erkennen gibt und diese Eigenschaft auch bei längerem
Stehen nicht verliert. Rührt man dagegen bis zu tieferen Temperaturen, so werden
dicht unter 80" die Emulsionen plötzlich grobdispers und rahmen später auf. Bei
der Filtrationsanalyse laufen 500 bis I000 ccm einer solchen nur bis zur Abkühlung
auf 85" gerührten Emulsion schnell durch ein normales Papierfilter (Rundfilter Schleicher
& Schüll Nr. 520a, Durchmesser I2,5 cm). Dabei werden z. B. in 60 Sekunden I6c
bis I80 ccm, in 300 Sekunden 600 bis 800 ccm und in 420 Sekunden 750 bis I000 ccm
Filtrat erhalten.
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Die erhaltenen Emulsionen sind überaus stabil und behalten ihren
hochdispersen Charakter auch bei wochenlanger Lagerung bei. Wichtig zur Erzielung
des Effektes ist, daß bis zur Erreichung der Abstelltemperatur so kräftig gerührt
wird, daß die gesamte Emulsion lebhaft bewegt wird. Ist die Rührwirkung so schwach,
daß z. B. die Oberfläche
der Emulsion nur eine geringe Bewegung
zeigt, so entstehen gröber disperse, mehr oder weniger unstabile Emulsionen.
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Beispiel 2 200/obige Paraffin-Emulsion mit 8 °/o Emulgator Wird nach
Beispiel I unter Anwendung folgender Einsätze 200 g Paraffin Merck 52/53, 16 g Emulgator
und 784 ccm Wasser verfahren, so wird die Abkühlung unter Rühren am günstigsten
bei 93" beendet. Auch noch mit dieser Emulgatorkonzentration entstehen filtrierbare
Emulsionen.
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Der nicht mehr ganz so hohe Dispersitätsgrad macht sich dadurch geltend,
daß die Filtration im ganzen langsamer verläuft und zwei Filter der im Beispiel
I genannten Art benötigt.
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Beispiel 3 200/obige Paraffin-Emulsion mit 15 I5°/o Emulgator Wird
nach BeispielI mit folgenden Einsätzen verfahren: 200 g Paraffin Merck 52/53, 30
g Emulgator und 770 ccm Wasser, so wird die Abkühlung unter Rühren am günstigsten
bei 75" beendet. Die nach dieser Vorschrift entstehenden Emulsionen haben schon
ausgesprochenen Lösungscharakter und sind praktisch unbeschränkt beständig.
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Beispiel 4 Herstellung einer 300/obigen Paraffin-Emulsion mit IoO/o
Emulgator Wird nach Beispiel I verfahren, aber unter Einsatz von 300 g Paraffin,
30 g Emulgator und 670 ccm Wasser, so entstehen unter im übrigen gleichen Bedingungen
hochdisperse, glatt filtrierbare Emulsionen. Wegen der höheren Viskosität verläuft
die Filtration naturgemäß langsamer.
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Beispiel 5 Wird nach Beispiel I verfahren mit der Abänderung, daß
die Emulsion, nachdem sie in das Wasserbad mit kaltem Wasser gestellt worden ist,
von Hand, z. B. mittels eines Holzspatels, schwach bewegt oder auch einer nur ganz
milden Rührwirkung ausgesetzt wird, so tritt keine Verminderung des Dispersitätsgrades
und der Stabilität ein. Wird andererseits so verfahren, daß man die auf 880 abgekühlte
Emulsion durch einen senkrecht aufgestellten Schlangenkühler, bei lebhaft laufendem
Kühlwasser, laufen läßt, so ist auch die hierbei eintretende Bewegung nicht schädlich,
und es werden einwandfreie, filtrierbare Emulsionen, frei von ausgeflocktem Paraffin,
erhalten.