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Anlage zur Herstellung nahtloser, insbesondere langer starkwandiger
Rohre Die Herstellung langer starkwandiger, nahtloser Rohre bereitet bei allen Anlagen
große Schwierigkeiten, an denen die Rohre in der Weise hergestellt werden, daß zunächst
in einem Lochapparat ein durchgelochter Hohlblock oder ein Hohlblock mit Boden erzeugt
wird, der dann in einer Fertigstraße unmittelbar anschließend zum Rohr fertig bearbeitet
wird. Zu diesen Anlagen gehören insbesondere die Pilgerstraße, die Stoßbankanlage,
die kontinuierliche und die Stopfenstraße. Die Schwierigkeiten, an diesen Anlagen
lange starkwandige Rohre herzustellen, beruhen darauf, daß der Außendurchmesser
des Hohlbldckes, der der Fertigstraße zugeleitet wird, zu dem Außendurchmesser der
herzustellenden Rohre in einem gewissen Verhältnis steht, das insbesondere von der
Kalibrierung der Walzen bzw. von der zulässigen Querschnittsabnahme an der Fertigstraße
abhängig ist. Für ein beispielsweise an einer Pilgerstraße fertig zu walzendes Rohr
ist der äußere Durchmesser des Hohlblockes gleich dem Durchmesser des Kalibermaules
in einer Entfernung von etwa l h, der Maullänge, vom Nullpunkt aus gerechnet.
Mit dem Außendurchmesser des herzustellenden Rohres ist somit auch der Außendurchmesser
des der Fertigstraße zuzuführenden Hohlblockes gegeben. Da der Innendurchmesser
des Hohlblockes und das Gewicht des Ausgangsblockes gleichfalls festliegen,
folgt
hieraus, daß sämtliche Abmessungen des der Fertigstraße zuzuführenden Hohlblockes,
von geringen zuläßigen Abweichungen abgesehen, festliegen.
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Für lange starkwandige Rohre .ergeben sich nun aus obengenannten Gründen
Hohlblöcke mit einem so ungünstigen Verhältnis von Außendurchmesser zur Länge, daß
eine unmittelbare Herstellung derartiger Hohlblöcke in einem Lochapparat aus einem
Vollblock äußerst schwierig ist. Die Schwierigkeiten beim Lochen ergeben sich daraus,
daß der herzustellende Hohlblock nicht nur sehr lang sein muß, also ein ungünstiges
Verhältnis von Außendurchmesser zur Länge bedingt, sondern zusätzlich noch dadurch,
daß der Lochdorn bzw. auch die Lochdornstange bei großer Länge verhältnismäßig dünn
sein muß. Die nachteilige Folge dieser äußerst ungünstigen Abmessungen der Lochwerkzeuge
ist die große Gefahr, daß die .Hohlblöcke infolge Verlaufens des Lochdornes stark
einseitig werden. Zu diesen Schwierigkeiten bei der Herstellung langer Hohlblöcke
mit kleinem Außen- und Innendurchmesser kommt noch hinzu, daß mit dem festliegenden
Außen- und Innendurchmesser des Hohlblockes und dem gegebenen Gewicht des Ausgangsblockes
auch die Querschnittsabmessungen des Ausgangsblockes gegeben sind, und zwar sowohl
für Quadratblöcke als auch für Rundblöcke. Soll nämlich ein Hohlblock mit einem
bestimmten Außendurchmesser aus einem Quadratblock hergestellt werden, so ist hierzu
ein Block erforderlich, dessen Diagonale gleich dem Außendurchmesser des herzustellenden
Hohlblockes ist. Bei Hohlblöcken, die in einem Lochapparat, insbesondere in einem
Schrägwalzwerk, aus Rundblöcken hergestellt werden, darf der Außendurchmesser des
Blockes nur unerheblich größer oder kleiner sein als der Außendurchmesser des herzustellenden
Hohlblockes. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den ungünstigen Verformungsbedingungen,
denen der Block beim Lochen, insbesondere in einem Schrägwalzwerk, unterworfen ist.
Mit festliegenden oder annähernd festliegenden Querschnittsabmessungen des Ausgangsblockes
und seinem gegebenen Gewicht ist aber auch seine Länge gegeben.
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Wie bereits für die Abmessungen des Hohlblockes ergibt sich nun aber
auch für die Abmessungen des Ausgangsblockes ein äußerst ungünstiges Verhältnis
von Blockdurchmesser bzw. Blockdiagonale zur Blocklänge. Ungünstig ist dieses Verhältnis
für jeden Lochvorgang dann, wenn das Verhältnis erheblich kleiner ist als r : 5,
z. B. wenn es z : 9 wird. Dies gilt insbesondere für gegossene Blöcke, bei denen
sich außer beim Lochen auch schon beim Gießen Schwierigkeiten ergeben. Durch'
erwendung längeren gewalzten Rundstahles können die Schwierigkeiten beim Gießen
zwar umgangen werden, nicht aber die Schwierigkeiten beim Lochen. Außerdem ist gewalztes
Rundmaterial wesentlich teurer als gegossenes.
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Für verschiedene Anlagen zur Herstellung nahtloser Rohre hat man daher
bereits vorgeschlagen, zwischen dem Lochapparat und der Fertigstraße ein Schrägwalzwerk
oder ein Schulterwalzwerk bekannter Bauart aufzustellen. Diese bekannten Schräg-
und Schulterwalzwerke arbeiten in der Weise, daß der vom Lochapparat kommende Hohlblock
das Schrägwalzwerk bzw. das Schulterwalzwerk in einem Stich durchläuft und hierbei
im Durchmesser und in der Wandstärke reduziert wird. Der Zweck -dieses dazwischengeschalteten
Schrägwalzwerkes bzw. Schulterwalzwerkes ist in erster Linie die Beseitigung der
Wandstärkeneinseitigkeit des Hohlblockes. Hierbei wird zwar auch eine gewisse Streckung
erzielt, doch reicht diese nicht aus, um Hohlblöcke mit solchen Abmessungen zu erzeugen,
wie sie für die nachgeschaltete Fertigstraße bei der Herstellung langer starkwandiger
Rohre notwendig sind.
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Die Erfindung schlägt nun vor, zwischen dem Lochapparat und der Fertigstraße
statt des .bekannten normalen Schulterwalzwerkes ein reversierbares Schulterwalzwerk,
beispielsweise nach der deutschen Patentschrift 926 541, einzuschalten. Dieses
reversierbare Schulterwalzwerk ist in der Hauptsache dadurch gekennzeichnet, daß
jede Walze zwei einander entgegengesetzt gerichtete, gleich oder verschieden kalibrierte
Schultern besitzt, von denen jede für sich allein in einer Walzrichtung benutzt
wird. Die Walzen sind nach jedem Stich in an sich bekannter Weise nachstellbar.
Durch Ausrüstung mit einem reyersierbaren Antrieb oder durch Schwenken der Walzen
bei gleichsinnigem Lauf kann die Walzrichtung umgekehrt werden. Ferner kann an diesem
reversierbaren Schulterwalzwerk sowohl dornlos als auch mit Dorn gearbeitet werden.
Das Arbeiten ohne Dorn erfolgt vorzugsweise im ersten Stich und hat den Vorteil,
daß der Zunder des Hohlblockinnern nicht festgewalzt wird, sondern abfällt und durch
Ausblasen leicht entfernt werden kann. Der Hauptvorteil des. reversierbaren Schulterwalzwerkes
gegenüber den Schulterwalzwerken bekannter Bauart besteht aber darin, daß beliebig
viele unmittelbar aufeinanderfolgende und einander entgegengesetzt gerichtete Stiche
und damit auch weit größere Querschnittsabnahmen möglich sind als mit einem Schrägwalzwerk
oder Schulterwalzwerk bekannter Bauart, so daß auf der dem reversierbaren Schulterwalzwerk
nachgeschalteten Fertigstraße auch die Eierstellung langer starkwandiger Rohre möglich
ist. Es ist einleuchtend, daß durch die größere Stichzahl auch die Einseitigkeit
des Hohlblockes besser beseitigt wird als durch einen Stich.
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Die konstruktiven Vorteile des reversierbaren Schülteiwalzwerkes,
insbesondere der starke Antrieb, die leichte Anstellbarkeit der Walzen, der beiderseitige
Einlaufkonus der Walzen usw., gestatten hinsichtlich der vorzunehmenden Verformung
ein weites Spiel. Es können daher für den im 'Lochapparat zu bearbeitenden Vollblock
das dem gegebenen Gewicht entsprechende günstigste Verhältnis von Blockdurchmesser
bzw. Blockdiagonale zur Blocklänge und eine für das Lochen vorteilhafte Lochdornabmessung
gewählt werden. Im reversierbaren Schulterwalzwerk wird dann der im Lochapparat
unter günstigen Bedingungen hergestellte Hohlblock in mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden,
einander entgegengesetzt gerichteten Stichen zu einem Hohlblock mit den für - das
Fertigwalzwerk erforderlichen Abmessungen ausgestreckt. Dabei ist es zweckmäßig,
im reversierbaren Schulterwalzwerk so zu arbeiten, daß das Verhältnis des äußeren
Hohlblockdurchmessers
nach dem letzten Stich zum Außendurchmesser
des fertigen Rohres für sämtliche Rohre gleicher Außendurchmesser, unabhängig von.
deren Wandstärke, nicht geändert wird, d. h. also, daß das Reduzierungsmaß an der
Fertigstraße für sämtliche Rohre gleichen Außendurchmessers konstant ist. Diese
Arbeitsweise hat folgende Vorteile: Das Walzprogramm der Rohrstraßen ist bekanntlich
hinsichtlich der Rohrabmessungen stets sehr gemischt, und es müssen neben den meist
überwiegenden Mengen normalwandiger Rohre häufig dickwandige Rollre verschiedener
Stärken mit gewalzt werden. Grade diese aber bereiten bei der Herstellung Schwierigkeiten,
da die für sie erforderlichen großen Blockgewichte aus den genannten Gründen zur
Verwendung größerer Blockabmessungen zwingen, die beim Arbeiten ohne reversierbares
Schulterwalzwerk zur Folge haben, daß der Außendurchmesser des Hohlblockes häufig
weit größer ist als bei der Herstellung normalwandiger Rohre. Ein wesentlich größerer
Außendurchmesser des Hohlblockes erfordert jedoch eine andere Kalibrierung der Fertigstraße,
also einen Umbau. Ein solcher ist aber in den meisten Fällen unwirtschaftlich, da
die Mengen der herzustellenden starkwandigen Rohre größerer Längen meist gering
sind. Um also dünnwandige und starkwandige lange Rohre ohne Umbau an der Fertigstraße
herstellen zu können, ist es notwendig, das Verhältnis des Hohlblockdurchmessers
nach dem letzten Stich im reversierbaren Schulterwalzwerk zum Außendurchmesser des
fertigen Rohres für sämtliche Rohre gleicher Außendurchmesser, unabhängig von deren
Wandstärke, konstant zu halten, so daß also das Reduzierungsmaß an der Fertigstraße
nicht geändert wird.
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An nachstehendem Beispiel soll diese Arbeitsweise näher erläutert
werden: An einer Pilgerstraße sollen mit den gleichen Pilgerwalzen sowohl normalwandige
Rohre 216 X 6 mm als auch Hochdruckrohre 216 X 40 mm hergestellt werden, und zwar
beide Rohrabmessungen in größtmöglichen Längen.
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Die Anlage besteht aus einem Schrägwalzwerk, einem reversierbaren
Schulterwalzwerk und einem Pilgerwalzwerk. Sie läßt folgende Größtläng2n zu: für
den Block 1,4 m, für den Hohlblock 4 m, für das Rohr 21 m.
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Außer obigen Längen, die an dieser Anlage nicht überschritten werden
können, ist durch die Kalibrierung der Pilgerwalzen für Röhre von 216 mm Außendurchmesser
der Außendurch-rnesser des Hohlblockes gegeben, der 29o mm betragen muß. Dieser
Durchmesser entspricht dem Mauldurchmesser in einer Entfernung von 1/l0 der Maullänge,
vom Nullpunkt aus gerechnet.
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Die Walzung der Rohre 2z6 X 6 mm und 2z6 X 40 mm in größtmöglichen
Längen und im gleichen Pilgerwalzwerkkaliber müßte somit wie folgt durchgeführt
werden (s. nachstehende Zahlentafel).
Zahlentafel |
Walzung, Fall Beis I piel |
1 I 2 3 I 4 |
x. Einsatzmaterial |
Block-Durchmesser ........................... mm 300 300 300
48o |
Gewicht ............................... kg 711 777 1580 158o |
Länge ................................. m 1,28 1,4 2,84 1,11 |
2. Schrägwalzwerk |
Hohlblock-Durchmesser ....................... mm 290/21o 290/x42-
29o/142 47o/16o |
Länge .............................. m 2,88 1,95 4 ?,3I |
3. Reversierbares Schulterwalzwerk |
Hochblock-Durchmesser ....................... mm - -- - 29o/142 |
Länge ............................. m 4 |
4. Pilgerstraße |
Rohr-Abmessungen (Durchmesser X Wandstärke). mm 216 X 6 216
X 40 216 X 40 216 X 40 |
Gewicht ................................. kg 654 661 1420 1420 |
Länge ................................... m 21 3,8 8,17 8,17 |
Ausbringen ................ . ............. °/0 92 85
90 9o |
Verhältnis Hohlblock-Außendurchmesser |
hältnis Rohr-Außendurchmesser ' ' ' ' 1#34 134 1,34 1,34 |
Fall i Die Rohre 216 X 6 mm lassen sich in den für die Anlage zulässigen Größtlängen
von 21 m ohne Benutzung des reversierbaren Schulterwalzwerkes herstellen: Ausgehend
von einem Block
300 mm Durchmesser X 1,28 m Länge wird im Schrägwalzwerk
ein Hohlblock 29o/2xo mm Durchmesser hergestellt, der im Pilgerwalzwerk bei 92 °/o
Ausbringen ein 21 m langes Rohr 216 X 6 mm ergibt.
Fall 2 Wollte
man versuchen, auf die gleiche Weise, also ohne reversierbares Schulterwalzwerk,
die Rohre 216 X 4o mm herzustellen, so ergäben sich bei dieser Walzung, selbst bei
Verwendung der maximalen Blocklänge von 1,4 m, Rohrlängen von nur 3,8 m. Fall 3
Dieser Fall zeigt, daß analer Pilgerstraße eine Herstellung der Rohre
216 X 40 mm in maximalen Längen von 8,z7 m möglich wäre, wenn am Schrägwalzwerk
ein Hohlblock von 29o/i42 mm Durchmesser in der an der Pilgerstraße zulässigen Größtlänge
von 4 m hergestellt werden könnte. Dies ist jedoch urmöglich, da der erforderliche
Block hierzu vori 30o mm Durchmesser eine Länge von 2,84m haben müßte. Ein Block
dieser Abmessungen läßt sich aber weder gießen, noch könnte ein solcher Block, falls
man vorgewalztes Material verwenden wollte, mit den vorhandenen Einrichtungen, die
eine maximale Blocklänge von 1,4 m zulassen, gewärmt und gelocht werden.
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Fall 4 Dieser Fall beweist, daß die Rohre 216 X 40 mm in Längen von
8,17 m an der vorhandenen Anlage auf folgende Weise. hergestellt werden können:
Ein Vollblock von 48o mm Durchmesser und i,ii m Länge wird zunächst im Schrägwalzwerk
auf-47o/16o mm .Durchmesser X 1,31 m Länge gelocht. Dieser Hohlblock wird dann in
dem der Pilgerstraße vorgeschalteten. reversierbareri Schulterwalzwerk in mehreren
unmittelbar aufeinanderfolgenden, abwechselnd entgegengesetzt gerichteten Stichen
auf die Abmessungen 290/142 nun Durchmesser X 4 m Länge streckreduziert, also auf
die für die Pilgerstraße zulässige maximale Länge von 4 m und gleichzeitig auf den
gleichen Außendurchmesser von 29o mm, den der im Schrägwalzwerk hergestellte Hohlblock
für die Rohre 216 X 6 mm besitzt. Für beide Rohrabmessungen ist also das Verhältnis
des äußeren Hohlblockdurchmessers zum äußeren Rohrdurchmesser konstant, nämlich
= 1,34.
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Es ist natürlich von Vorteil, wenn sämtliche Vörgänge in einer Hitze
erfolgen. - Sehr wichtig ist auch, daß die einzelnen Arbeitsvorgänge schnell und
unmittelbar hintereinander vor sich gehen. Zeitverluste würden unter Umständen zur
Folge haben; daß der Werkstoff zu kalt wird. Es wäre dann eine Zwischenerwärmung
des Hohlblockes erforderlich, die die Wirtschaftlichkeit der Gesamtanlage beeinträchtigen
könnte. Zu solchen Zeitverlusten könnte insbesondere ein Dornwechsel zwischen dem
letzten Stich im reversierbaren Schulterwalzwerk und dem Fertigwalzwerk führen.
Zur Vermeidung dieses Dornwechsels wird daher erfindungsgemäß weiterhin vorgeschlagen,
daß der letzte Stich im reversierbaren Schulterwalzwerk bereits mit dem Dorn erfolgt,
auf dem dann anschließend das Rohr an der Fertigstraße fertig gewalzt wird. Es müßte
also ein mitlaufender Dorn verwendet werden. Diese Arbeitsweise, die bereits bei
anderen Einrichtungen, insbesondere bei mit Dornstangen arbeitenden Rohrreduzierwalzwerken
bekannt ist, wäre beispielsweise auch bei einem reversierbaren Schulterwalzwerk
möglich, das'einer Pilgerstraße, einer Stoßbankanlage oder einem kontinuierlichen
Walzwerk vorgeschaltet ist.
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Die. Herstellung l#Lnger starkwandiger, nahtloser Rohre ist auf einer
Anlage gemäß vorliegender. Erfindung aber auch möglich, wenn ein Lochapparat nicht
vorhanden bzw. nicht benutzt wird und wenn dem reversierbaren Schulterwalzwerk ein
auf andere Weise, z. B. durch Gießen, Walzen, Stoßen, Pressen, Ziehen oder Bohreri,
erzeugter Hohlblock mit oder ohne Boden unmittelbar zugeführt wird. Der Walzvorgang
im Teversierbaren Schulterwalzwerk und an der Fertigstiaße wäre dann aber der. gleiche,
als ob der Hohlblock von einem dem reversierbaren Schulterwalzwerk vorgeschalteten
Lochapparat käme.