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Einrichtung zur Erzeugung von Röntgenstrahlen Es ist bekannt, daß
man ein Elektronenstrahlenbündel durch besonders ausgebildete elektrische oder magnetische
Felder in ähnlicher Weise beeinflussen kann, wie man einen Lichtstrahl durch optische
Mittel (Linsen) beeinflussen kann:. Diese und andere Analogien zur Lichtoptik, vorzugsweise
die Erzeugbarkeit von Brennpunkten für ein Elektronenstrahlenbündel, haben zum Begriff
der Elektronenoptik geführt. Eine Röntgenstrahlenoptik gibt es nicht, wenn man von
den Erscheinungen der Kristallinterferenz und der darauf beruhenden Röntgenstrahlenspektroskopie
absieht, die in ausgeprägtem Maße auf Interferenz beruht. Auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen
ist z. B. eine Einrichtung, wie sie der Scheinwerfer für normales Licht darstellt,
nicht bekannt. Das Analogon zur optischen Linse fehlt in der Röntgenstrahlentechnik
ebenfalls. Man kann ein Röntgenstrahlenbündel nicht in einem Punkt oder praktisch
in einem Punkt sammeln. Ein Röntgenstrahlenbündel, das von einer Antikathode ausgeht,
hat in der Antikathode selbst seinen Brennfleck und damit an dieser Stelle den kleinsten
Querschnitt für den ganzen Strahlenverlauf. Je weiter man sich von der Antikathode
entfernt, desto breiter wird das Strahlenbündel. Es ist bisher nicht möglich, den
Querschnitt des Röntgenstrahlenbündels mit zunehmender Entfernung von der Antikathode
zu verkleinern oder eine Art Linsenwirkung zu erhalten.
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Zur Erzeugung eines konvergenten Röntgenstrahlenbündels, vorzugsweise
für die Behandlung von tiefliegenden Krankheitsherden, ist lediglich die Anordnung
einer Bleiblende bekanntgeworden., die aus dem von einer Röntgenröhre mit großem
Brennfleck ausgehenden Strahlenbündel ein kon
vergentes, auf einen
Punkt gerichtetes Bündel ausblendet und zweckmäßig während der Bestrahlung in Umdrehung
versetzt wird. Die Röntgenröhre weist bei dieser bekanntenAnordnung einekonische
Außenanode auf, wobei zur Bildung eines gleichmäßig belegten großflächigen Brennfleckes
auf der Außenanode Magnetfelder oder Elektronenblenden verwendet werden; die Bleiblende
liegt unmittelbar an: der Außenanode. Es ist ohne weiteres klar, daß der Nutzeffekt
dieser Anordnung wegen der benötigten Bleiblende außerordentlich gering ist.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Röntgenstrahlenbündel
in ähnlicher Weise zu beeinflussen, wie man einen Lichtstrahl durch optische Mittel
beeinflussen kann. Die Einrichtung zur Erzeugung von Röntgenstrahlen gemäß der Erfindung
besteht darin, daß eine Elektronenstrahlung von so hoher Geschwindigkeit, daß das
Maximum der von ihr erzeugten Bremsstrahlung praktisch in der Richtung der Elektronenstrahlung
liegt, vor ihrem Auftreffen auf eine Bremsfläche (die Antikathode) durch elektrische
oder magnetische Felder in ihrer Richtung derart beeinflußt wird, daß die aus der
Bremsfläche (Antikathode) austretende Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) eine solche
Richtung erhält, daß ohne Anwendung eines Blendensystems ein außerhalb (vor oder
hinter) der Bremsfläche (Antikathode) liegender Brennpunkt der Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung)
entsteht.
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Die Einrichtung gemäß der Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß
die von einem Elektron ausgehende Bremsstrahlung bei zunehmender Geschwindigkeit
immer mehr nach vorn in Richtung des Elektronengeschwindigkeitsvektors ausgestrahlt
wird. In der Abb. i ist mit v der Vektor der Elektronengeschwindigkeit bezeichnet.
Ist die Elektronengeschwindigkeit verhältnismäßig klein, z. B. in der Größenordnung
entsprechend foo kV, so ergibt sich das in Abb. i gezeichnete Polardiagramm des
Strahlungsvektors J der Bremsstrahlung: Bei einer größeren Elektronengeschwindigkeit,
z. B. entsprechend 5oo kV, ergibt sich das aus Abb. 2 ersichtliche Polardiagramm
für den Strahlungsvektor J der Bremsstrahlung. Man sieht aus dem Vergleich der beiden
Polardiagramme der Abb. i und 2, daß die Bremsstrahlung bei größerer Elektronengeschwindigkeit
mehr nach vorn in Richtung des Elektronen.geschwindigkeitsvektors v gerichtet ist.
Bei einer hohen Elektronengeschwindigkeit, z. B. entsprechend i MV, ergibt sich
das aus Abb.3 ersichtliche Polardiagramm. (Wenn im folgenden von dem Strahlungsvektor
J gesprochen wird, so ist der Maximalwert des Strahlungsvektors J gemeint.) Der
Maximalwert des Strahlungsvektors J der Bremsstrahlung liegt hier fast vollständig
in der Richtung des Vektors v. Von dieser an sich bekannten Erkenntnis macht die
Erfindung Gebrauch. Außerdem beruht die Erfindung auf der Anwendung der Elektronenoptik.
Es wird den Elektronen in der Bremsfläche (Antikathode) mittels elektronenoptischer
Mittel eine solche Verteilung der Geschwindigkeitsvektoren am Ort der Bremsfläche
erteilt, daß die Verlängerungen der Geschwindigkeitsvektoren die gewünschte, der
Lichtoptik analoge Eigenschaft haben. Theoretisch zeigt natürlich, wie die Abb.
3 erkennen läßt, der Strahlungsvektor J der Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) eine
gewisse Abweichung von. der Richtung des Vektors v. Je höher die Elektronengeschwindigkeit
jedoch wird, desto geringer wird diese Abweichung, wie der Vergleich der Abb. i
bis 3 untereinander erkennen läßt. Man kann also praktisch davon sprechen, daß die
Richtung des Strahlungsvektors J der Bremsstrahlung mit der Richtung des Vektors
v bei einigermaßen. hohen. Elektronengeschwindigkeiten übereinstimmt.
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Will man ein Röntgenstrahlenbündel in einem Punkt sammeln, so geht
man in der Weise vor, daß die Verlängerungen der Geschwindigkeitsvektorenv am Ort
der Bremsfläche sich in einem außerhalb der Bremsfläche liegenden Punkt, dem Brennpunkt,
schneiden. In der Abb. 4 ist dies schematisch dargestellt. Mit Eist ein Elektronenstrahlenbündel
bezeichnet, welches durch in der Abbildung nicht dargestellte elektrostatische oder
magnetische Felder so auf eine Bremsfläche B gerichtet ist, daß die Verlängerungen
der einzelnen Geschwindigkeitsvektoren am Ort der Bremsfläche B sich in dem Punkt
F, d. h. dem Brennpunkt der aus der Bremsfläche B austretenden Bremsstrahlung, treffen.
Die Strahlungsvektoren J der Bremsstrahlung bilden also, wie auch in der Abb.4 erkennbar
ist, annähernd die Verlängerungen der gestrichelt angedeuteten Tangenten an die
Elektronenwege am Ort der Bremsfläche B. Wenn man also von den öbenerwähnten geringfügigen
Richtungsabweichungen von J und v absieht, erhält man praktisch mit genügender Annäherung
bei F einen Brennpunkt der Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung).
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Diese Art der Röntbgenstrahlenerzeugung, bei der also der Brennfleck
außerhalb der Bremsfläche B, d. h. also der Antikathode, liegt, hat verschiedene
Vorteile. Beispielsweise kann man bei der Röntgenstrahlentherapie den Brennfleck
F in jeden beliebigen Punkt innerhalb des zu behandelnden Körpers verlegen und auf
diese Weise eine bisher nicht erreichbare Konzentrierung der Röntgenstrahlung auf
die zu behandelnde Stelle herbeiführen, ohne daß durch Anordnung einer Bleiblende,
wie sie die eingangs erwähnte bekannte Anordnung zur Konzentrierung der Röntgenstrahlung
benötigt, ein wesentlicher Anteil der erzeugten Röntgenstrahlen absorbiert wird.
Bei der Diagnostik ergibt sich als wesentlicher Vorteil, daß man sehr scharfe Bilder
erhält, da der Brennfleck F kleiner als bisher gemacht werden kann. Ganz allgemein
ist noch hervorzuheben, daß die Antikathode, d. h. also die Bremsfläche B, sehr
stark belastet werden kann:, weil sie großflächig ist und nicht, wie bei den bekannten
Röntgenröhren, punktförmig, nämlich im Brennfleck, sondern großflächig belastet
wird.' Auch ist die Kühlung der Antikathode die der bekannten Röntgenröhren, zumal
allein schon durch Strahlung von der großflächigen Antikathode viel Wärme abgeführt
wird.
Die Erzeugung eines Röntgenstrahlenbündels mit parallel verlaufenden
Strahlen analog den Lichtstrahlen eines Scheinwerfers, bei der also der Brennpunkt
der Bremsstrahlung unendlich weit entfernt von der Bremsfläche liegt, kann in der
aus Abb. 5 ersichtlichen Art und Weise erfolgem In dieser Abbildung ist wieder mit
E ein Elektronenstrahlenbündel bezeichnet, das, beeinflußt durch nicht dargestellte
elektronenoptische Mittel, so auf die Bremsfläche B auftrifft, daß die Strahlungsvektoren
J der aus der Bremsfläche austretenden Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) sämtlich
parallel zueinander verlaufen. Ein solches aus parallelen Strahlenbestehendes Röntgenstrahlenbündel
bringt bei der Durchleuchtung den Vorteil, daß keine Verzerrungen auftreten wie
bei der Durchleuchtung mit einem stark divergierenden Röntgenstrahlenbündel, wie
es bei den bisher bekannten Röntgenröhren erzeugt wird. Dieser Vorteil tritt auch
dann auf, wenn die einzelnen Strahlen des Röntgenstrahlenbündels nicht mathematisch
genau einander parallel verlaufen, sondern eine geringe Divergenz aufweisen. Dadurch
ist auch eine wesentlich bessere Ausnutzung des Röntgenstrahlenbündels gewährleistet.
Weiterhin kann man die Entfernung des zu durchleuchtenden oder aufzunehmenden Objektces
von der Bremsfläche (Antikathode) sehr groß wählen, desgleichen die Entfernung zwischen
dem Objekt und dem Leuchtschirm bzw. der photographischen Schicht. Dies ist ein
besonders im Hinblick auf die Verringerung der Streustrahlung wesentlicher Vorteil,
der sich insbesondere bezüglich der Bildqualität bemerkbar macht.
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Man kann, wie die Abb. 6 zeigt, den Brennpunkt auch auf die andere
Seite der Bremsfläche verlegen. Das durch elektronenoptische Mittel entsprechend
beeinflußte Elektronenstrahlenbündel ist auch hier wieder mit E, die Bremsfläche
mit B, der hier links von der Bremsfläche B liegende Brennfleck mit F bezeichnet.
Mit J sind wieder die Strahlungsvektoren der Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) bezeichnet.
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Es empfiehlt sich, wegen der Streuung der Elektronen, in der Antikathode
als Antikathode oder Bremsfläche eine dünne Platte oder Folie aus einem Stoff hoher
Ordnungszahl, z. B. Wolfram oder Uran, zu verwenden. Die dünne, als Bremsfläche
dienende Platte oder Folie wird zweckmäßig auf einer dicken Platte eines Stoffes
niedriger Ordnungszahl, z. B. Beryllium, Kohle oder Aluminium, aufgebracht und von
dieser dicken Platte getragen. Diese dicke Platte aus dem Stoff niedriger Ordnungszahl
befindet sich auf der der Elektronenstrahlenquelle abgewandten. Seite der dünnen
Platte oder Folie aus Wolfram oder Uran. Diejenigen Elektronen, die die dünne Bremsfläche
aus Wolfram oder Uran durchsetzen, werden in der dicken Platt,: endgültig abgebremst,
ohne eine wesentliche Bremsstrahlung zu liefern, da die dicke Platte aus einem Stoff
niedriger Ordnungszahl besteht. Der Beitrag der gestreuten Elektronen zu der Bremsstrahlung
ist also vernachlässigbar klein, so daß also praktisch nur die gerichtete Bremsstrahlung
wirksam wird, die die dicke Platte aus dem Stoff niedriger Ordnungszahl ohne weiteres
und praktisch verlustlos durchdringt. Die dicke Platte aus dem Stoff niedriger Ordnungszahl
kann gleichzeitig zur besseren Kühlung der eigentlichen Bremsfläche herangezogen
werden. Das Aufbringen der dünnen Schicht aus dem Stoff hoher Ordnungszahl kann
beispielsweise durch Aufdampfen im Vakuum oder elektrolytisch erfolgen. Besonders
vorteilhaft ist die Verwendung von Uran, weil dieser Stoff die höchste Ordnungszahl
von allen Elementen hat und die beste Röntgenstrahlenausbeute ergibt. Bisher konnte
Uran zur Röntgenstrahlenerzeugung praktisch nicht verwendet werden, weil sein Schmelzpunkt
zu niedrig liegt. Bei der Röntgenstrahlenerzeugung gemäß der Erfindung besteht diese
Schwierigkeit nicht, weil nur mit geringer Flächenbelastung gearbeitet wird.
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Man kann eine Einrichtung gemäß der Erfindung auch so ausbilden, daß
in dem Gang der Elektronenstrahlung hintereinander mehrere Bremsflächen in gewissem
Abstand voneinander angeordnet werden; zwischen den einzelnen Bremsflächen werden
dann elektrische oder magnetische Felder vorgesehen, welche diejenigen Elektronen,
welche die' vorhergehenden Bremsflächen durchsetzt haben, derart beeinflussen, daß
die aus sämtlichen Bremsflächen austretende Bremsstrahlung einen gemeinsamen Brennpunkt
hat. Man erhält auf diese Weise eine wesentlich größere Röntgenstrahlenausbeube
in einer bestimmten Richtung als mit nur einer Bremsfläche, weil die in jeder Bremsfläche
noch gestreuten Elektronen durch die folgende Bremsfläche für die Röntgenstrahlenerzeugung
nutzbar gemacht werden. Bei einer solchen Anordnung ist die Röntgenstrahlenausbeute
im Nutzstrahlenkegel, d. h. also in der bestimmten gewünschten Richtung, wesentlich
größer als bei den bekannten Röntgenröhren mit massiver Antikathode. Die bereits
aus der ersten Bremsfläche austretende Röntgenstrahlung geht praktisch verlustlos
und unbeeinflußt durch die folgenden Bremsflächen hindurch. Entsprechendes gilt
für die aus den folgenden Bremsflächen austretenden Röntgenstrahlungen.
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Es ist oft nicht leicht, die gewünschte obenerwähnte Tangentenbedingung
für die Elektronenbahnen gerade im einer ebenem Fläche experimentell zu verwirklichen.
Diese Schwierigkeit kann dadurch h; seitigt werden, daß man der Bremsfläche eine
solche Krümmung erteilt, daß für die Gesamtheit der Elektronenbahnen in den, Auftreffpunkten
die gewünschte Tangentenbeziehung erfüllt wird. Die Abb.7 zeigt ein schematisches
Beispiel für eine solche Bremsfläche B, die so gekrümmt ist, daß ein Röntgenstrahlenbündel
mit parallelem Strahlungsvektoren J austritt.