-
Verfahren zur Wiedergewinnung von Lactamen aus verdünnten wäßrigen
Lösungen Die Polymerisation der siebengliedrigen Lactame nach dem Verfahren des
Patents 748253 führt zu einem Gleichgewicht zwischen monomerem Lactam und
linearem Polyamid, dessen Lage von der jeweiligen Temperatur und von der Menge etwa
vorhandener Lösungsmittel abhängig ist. Dasselbe Gleichgewicht stellt sich ein,
wenn man die entsprechenden Aminocarbonsäuren kondensiert. Polymerisiert man z.
B. e-Caprolactam bei 200°, so enthält das Endprodukt im Gleichgewicht noch etwa
2,3 °/o Monomeres, bei 24o° noch etwa 6 bis 7 °;o. Man kann das Monomere aus der
Schmelze zum größten Teil durch Abdestillieren unter vermindertem Druck wiedergewinnen
oder aus dem erstarrten, grob zerkleinerten oder auch auf großoberflächige Gebilde,
wie Fasern oder Folien, verformten Polyamid durch Auswaschen oder Extrahieren mit
Wasser oder Alkoholen, wie Methanol oder Äthanol, entfernen. Zum Beispiel erhält
man Lösungen des Monomeren in Wasser, wenn man die monomeres Lactam enthaltenden
Schmelzen durch Loch- oder Schlitzdüsen unmittelbar in wäßrige Kühlbäder (Wasser
oder wäßrige Salzlösungen) einspinnt. Verwendet man hierbei die wäßrige Flüssigkeit
im Kreislauf, so lassen sich leicht Anreicherungen auf 5 bis io°/o an Lactam erzielen.
-
Es wurde nun gefunden, daß man aus verdünnten wäßrigen Lösungen die
monomeren Lactame mit ausgezeichneter, unter Umständen fast quantitativer Ausbeute
zurückgewinnen kann, wenn man sie mit einem Phenol, z.B. mit Phenol selbst, o-Chlorphenol,
m-Kresol, techn. Xylenolgemisch, oder mit Mischungen eines Phenols mit einem organischen
Lösungsmittel,
z. B. Methylenchlorid, Chloroform, Methylchloroform,
Trichloräthylen, Tetrachloräthylen, ßß-Dichlordiäthyläther, Äthylacetat, Propylacetat,
Isopropylacetat, n-Butanol, Anisol, Nitromethan, 2-Nitropropan, Nitrocyclohexan,
z. B. in einer Waschanlage behandelt. Auch mehrwertige Phenole, z. B. Lösungen von
tert.-Butylresorcin, tert.-Butylbrenzcatechin, Di-tert.-butylbrenzcatechin, Di-tert.-butylpyrogallol,
4, 4-Dioxydiphenyldimethylmethan, 2, 7-Dioxynaphthalin, 4, 4 Dioxydiphenylsulfon,
lösliche Kondensationsprodukte aus Phenolen mit Formaldehyd, z. B. Novolake aus
o-Kresol, p-Isobutylphenol, p-tert.-Butylphenol, in Lösungsmitteln wie Isopropylacetat,
sind gut brauchbar und sehr wirksam. Als Lösungsmittel für die Phenole sind die
mit Wasser nicht mischbaren Ester der niederen Fettsäuren mit niederen Alkoholen
ganz besonders geeignet, namentlich wenn wasserlösliche Phenole, wie Phenol selbst,
oder Kresole oder Mischungen aus solchen verwendet werden. Das Verteilungsverhältnis
der Phenole zwischen Wasser und '\L'aschöl verschiebt sich durch die Ester besonders
weitgehend zugunsten der Ölschicht. An Stelle flüssiger oder gelöster Phenole kann
man auch Phenole oder Phenolverbindungen in festem Zustand verwenden, z. B. 4, 4'-Dioxydiphenylsulfon,
Kondensationsprodukte aus Phenolen, wie Brenzcatechin, Resorcin, Pyrogallol, Gallussäure,
Gallussäureamid mit Formaldehyd, fernerTannin und tanninähnliche phenolische Gerbstoffe,
unlösliche Tanninumwandlungsprodukte, z. B. aus Tannin, Formaldehyd und Harnstoffen,
Urethanen, Cyanamid oder Phenolen. Hierbei kann sich, selbst bei hochschmelzenden
Phenolen, wie 4, 4'-Dioxydiphenylsulfon, eine flüssige Phase bilden, während in
anderen Fällen die Lactame an die unlöslichen Phenolverbindungen (Phenolharze) ohne
äußerlich sichtbare Veränderungen adsorbiert werden. Besonders wirksam sind Stoffe,
die eine gewisse Wasserlöslichkeit besitzen, z. B. Isopropylbrenzcatechin, 141ethylen-bis-oxyhydrochinon,
das bereits genannte 4, 4'-Dioxydiphenylsulfon sowie Sulfone mit mehr als zwei Hydroxylgruppen
in einem Kern, wie man sie erhält, wenn man zweiwertige Sulfinsäuren, wie Benzol-i,
3-disulfinsäure, in Gegenwart von Oxydationsmitteln mit mehrwertigen Phenolen, z.
B. Resorcin oder Brenzcatechin, umsetzt. Man kann z. B. in heißem Wasser reichlich,
in kaltem wenig lösliche Phenole, gegebenenfalls in heißem Wasser vorgelöst, zur
wäßrigen warmen Lactamlösung zusetzen und erkalten lassen. In dieser Weise kann
auch kontinuierlich gearbeitet werden.
-
Die Teilungskoeffizienten zwischen den beiden Phasen liegen für die
Lactame trotz der außergewöhnlichen Wasserlöslichkeit der meisten Vertreter dieser
Klasse, z. B. des s-Caprolactams und seiner Methylhomologen oder des a-Pyrrolidons,
überraschend günstig für die Phenole. Zum Beispiel ist die Affinität zwischen Phenol
und a-Caprolactam so groß, daß man sogar aus den -verdünnten schwefelsauren Lösungen
der Umlagerung des Cyclohexanonoxims noch Lactam extrahieren kann. Dieser Umstand
ist auf die Bildung verhältnismäßig stabiler, zum Teil isolierbarer Molekülverbindungen
zwischen Phenolen und Lactamen zurückzuführen. Zusatz von Salzen, wie Natriumchlorid
oder Natriumsulfat, zu den wäßrigen Lactamlösungen kann die Extraktion noch erleichtern.
Man kann hierzu die konzentrierten Natriumsulfatlaugen benutzen, die bei der Neutralisation
der schwefelsauren Rohlactamlösungen von der Beckmannschen Umlagerung mit Ätznatron
erhalten werden.
-
Die Aufarbeitung der beladenen Waschöle, die z. B. bis zu 2 Mol Lactam
auf i Mol Phenol enthalten können, muß den jeweiligen Verhältnissen, z. B. der relativen
Flüchtigkeit der Phenole und Lactame, der Spalttemperatur und der Beladungshöhe,
angepaßt sein. Gewöhnlich sind mehrere Wege möglich. Man kann erst das angewandte
Hilfslösungsmittel, z. B. Isopropylacetat, abdestillieren und dann den Rückstand
unter vermindertem Druck, z. B. io mm Hg, fraktionieren. In diesem Fall geht bei
den Lösungen von --Caprolactam in Phenol nach einem im wesentlichen aus Phenol bestehenden
Vorlauf eine ziemlich konstant siedende Fraktion über (Kp 3n. 139°), die in der
Vorlage zu einer farblosen Kristallmasse erstarrt und im wesentlichen eine Molekülverbindung
aus Phenol und Caprolactam darzustellen scheint. Sie ist hygroskopisch, riecht nur
ganz schwach phenolisch und schmilzt bei 36 bis 38°. Beim Ansäuern tritt sofort
starker Phenolgeruch auf. Die Kristallmasse kann durch starkes, z. B. 2o°1oiges
Alkali in Phenoiat und Lactam gespalten werden. Die Phenolate werden dann durch
Säuren, z. B. Schwefelsäure, zerlegt. Besonders wirtschaftlich ist die Verwertung
der Phenolatlösungen zum teilweisen Neutralisieren von Rohlactamlösung, wie sie
bei der Beckmannschen Umlagerung des Cyclohexanonoxims nach Verdünnung mit Wasser
ausfällt. In ähnlicher Weise kann mit m-Kresol verfahren werden. Auch dann erhält
man eine ziemlich konstant siedende Fraktion, die bei niedriger Temperatur teilweise
kristallisiert.
-
Man kann ferner den Extrakt, mit oder ohne vorausgehendem Abdestillieren
der leichtflüchtigen Lösemittel, mit Wasserdampf behandeln, wobei die Phenole und
gewöhnlich nur geringe Mengen Lactam übergehen, und dann das Lactam für sich unter
vermindertem Druck destillieren. Mitunter ist es vorteilhafter, nach Entfernung
der Hauptmenge des Phenols den Rückstand mit starker Lauge zu behandeln und ihn
so in Lactam und Phenolatlösung zu trennen. Bei der Entfernung der Phenole mit Wasserdampf
kann je nach den Dampfdruckverhältnissen von Phenol und Lactam vorteilhaft auch
unter vermindertem oder mäßig erhöhtem Druck gearbeitet werden. Temperaturen oberhalb
x5o bis 16o° sind bei leicht polymerisierenden Lactamen nicht zweckmäßig, wenn nicht
unmittelbar an die Entfernung des Phenols ohne Destillation eine Polymerisation
bzw. Polykondensation angeschlossen werden soll. Praktisch kommt dies nur in Frage,
wenn die Ausgangslösung ziemlich reines Lactam enthält. Die beim Abdestiilieren
mit Wasser übergegangene Phenolschicht wird direkt in die `Naschanlage zurückgeleitet,
kann aber auch dazu dienen, die wäßrigen Anteile des Destillats, gegebenenfalls
auch in Verbindung, in Mischung und loder hintereinander, mit Hilfslösungsmitteln,
wie Isopropylacetat, noch weiter zu erschöpfen. Die Wasserschicht
kann
so gut wie phenolfrei in den Betrieb zurückgehen, wenn sie noch mit den abdestillierten
Hilfslösungsmitteln, z. B. Isopropylacetat, im Gegenstrom gewaschen worden ist.
Verwendet man praktisch unflüchtige Phenole, z. B. Di-tert.-butylbrenzcatechin,
4, 4'-Dioxydiphenyldimethylmethan, 4, 4'-Dioxydiphenylsulfon, erforderlichenfalls
zusammen mit einem Lösungsmittel zum Binden der Lactame, so erhitzt man nach Entfernung
des Lösungsmittels zweckmäßig im Vakuum auf Spalttemperatur, z. B. 13o bis i8o°,
bis das Lactam völlig abdestilliert ist. Eine weitere Abtrennmöglichkeit für die
Lactame besteht in vielen Fällen darin, dsß man in die Lösungen der Lactame in Mischungen
aus Phenolen und organischen Lösungsmitteln, wie Äthylacetat oder Isopropylacetat,
zweckmäßig nach Entfernung des gelösten Wassers durch azeotropische Destillation
Chlorwasserstoff einleitet, wobei die Lactame als schwerlösliche salzsaure Salze
auskristallisieren. Auch Sulfonsäuren können zum Abscheiden der Lactame unter diesen
Bedingungen benutzt werden.
-
Aus Adsorbaten der Lactame an unlöslichen Phenolverbindungen, z. B.
Phenolformaldehydharze, die auch Sulfogruppen enthalten können, verdrängt man die
Lactame zweckmäßig mit verdünnten Alkalilaugen, worauf die Harze durch Behandlung
mit einer Säure, z. B. Schwefelsäure, wieder adsorptionsfähig gemacht werden. Die
konzentrierten alkalischen Lactamlösungen können auf reine Lactame oder durch Verseifung
auf Aminocarbonsäuren oder Derivate von solchen weiterverarbeitet werden.
-
Die zurückgewonnenen Lactame kann man, falls noch erforderlich, durch
fraktionierte Destillation, zweckmäßig unter Zusatz von etwas Alkali und unter vermindertem
Druck, reinigen oder gegebenenfalls den bei der Beckmannschen Umlagerung erhaltenen
Rohlactamen vor der weiteren Aufarbeitung beimischen.
-
Das Verfahren ist in erster Linie für die Wiedergewinnung von sieben-
und achtgliedrigen Lactamen wertvoll, läßt sich aber auch ohne weiteres auf andere
Lactame anwenden, z. B. auf a-Pyrrolidon, a-Piperidon und N-Alkyl-a-pyrrolidone.
-
Um eine Verharzung der Waschmittel auszuschalten, ist es zweckmäßig,
die zu extrahierenden wäßrigen Flüssigkeiten vorher zu entlüften und bzw. oder ihnen
Reduktionsmittel, z. B. Sulfite, Thiosulfate, Hyposulfite, zuzusetzen. Auch bei
der Destillation soll der Zutritt von Luftsauerstoff möglichst ausgeschlossen werden.
-
Beispiel i Zu einer wäßrigen io°/oigen Lösung von e-Caprolactam gibt
man in der Hitze die gleiche Gewichtsmenge 4, 4'-Dioxydiphenylsulfon. Es scheidet
sich der größte Teil des Lactams mit dem Sulfon als schweres, nach dem Erkalten
auch beim Stehen trotz des hohen Schmelzpunktes des Sulfons nicht erstarrendes Öl
ab. Durch Destillation im Vakuum von etwa io mm bei bis auf 2oo° ansteigender Temperatur
wird das aufgenommene Caprolactam fast quantitativ zurückerhalten. Das noch etwa
5 °/o Lactam enthaltende Sulfon ist sofort zu neuer Verwendung bereit. Beispiel
2 Eine bei der Herstellung von Borsten durch Einspinnen der Schmelze von hochpolymerem
e-Caprolactam in zirkulierendes Wasser erhaltene 5- bis 7°/oige Lösung von monomerem
e-Caprolactam wird in einem Waschturm mit einem Gemisch aus einem Teil Essigsäureäthylester,
einem Teil Essigsäureisopropylester und einem Teil Phenol extrahiert. Der Extrakt,
der etwa 94 0,,,%, des in der Lösung vorhandenen Lactams enthält, wird zur Trocknung
über Kieselgel filtriert und dann mit Chlorwasserstoff gesättigt. Hierbei scheidet
sich der größte Teil des Lactams in Form des Hydrochlorids (farblose Blättchen,
die bei 13o bis r35° schmelzen) ab. Nach Abtrennung der Kristalle durch Schleudern
destilliert man einen Teil des Essigesters ab, um noch vorhandenen Chlorwasserstoff
zu entfernen. Dann wird die Phenollösung nach Ergänzung durch frisches Estergemisch
zu neuer Extraktion verwendet. Das Entfernen des Chlorwasserstoffs durch Abdestillieren
erübrigt sich, wenn die auszuwaschende wäßrige Flüssigkeit säurebindende Stoffe,
z. B. Alkaliacetat, enthält. Beispiel 3 Eine 6°/oige wäßrige Lösung von a-Caprolactam,
erhalten durch Auskochen von kleinstückigem Lactampolymerisat mit Wasser, wurde
in einer zweistufigen Waschkolonne im Gegenstrom mit einer 4o°/oigen Lösung von
Phenol in Essigsäureisopropylester gewaschen.
-
Das Waschöl, das auf i Mol Phenol 1,5 Mol Lactam enthält, wird nach
dem Abdestillieren der Hilfslösungsmittel unter Atmosphärendruck in einer Vakuumkolonne
bei 9 mm Druck fraktioniert. Die nach Wegnahme eines im wesentlichen aus Phenol
bestehenden Vorlaufs erhaltene Hauptfraktion verrührt man mit 25°/oiger wäßriger
Natronlauge, wobei sich das Lactam als flüssige Schicht abscheidet. Sie kann ohne
weitere Reinigung allein oder zusammen mit Frischlactam zur Polymerisation nach
dem Verfahren des Patents 748 253 eingesetzt werden. Die Ausbeute au Lactam beträgt
etwa 85 °/o, bezogen auf die im Waschöl enthaltene Menge. Der Rest kann mit dem
wiedergewonnenen Phenol bzw. zum geringeren Teil mit der Phenolatlösung in den Betrieb
zurückkehren. Die Phenolatlösung verwendet man zweckmäßig zum Neutralisieren einer
entsprechenden Menge schwefelsaurer Rohlactamlösung. Das anfallende Gemisch aus
Lactam und Phenol wird zur Aufarbeitung mit den Extrakten aus der wäßrigen Lösung
vereinigt.