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Distanzrelaisschaltung für gleichzeitigen Schnellschutz von Sammelschienen
Zur Überwachung elektrischer Sammelschienenanlagen sind Schutzeinrichtungen bekannt,
«-elche Kurzschlüsse an Sammelschienen möglichst rasch und selektiv erfassen sollen,
um Zerstörungen an Schienen, Isolatoren, Schaltern und sonstigen Anlagenteilen weitgehend
vorzubeugen. Hierzu gehören die Vergleichsschutzverfahren, wie Stromdifferentialschutz,
Stromrichtungsschutz und Leistungsrichtungsschutz. Diese Schutzeinrichtungen bedingen
bereits für ein EinfachsammeIschienensystem schaltungstechnisch einen erheblichen
Aufwand nebst Umschaltelementen, Zwischenwandlern, Hilfsrelais usw. Bei Doppel-
und Mehrfachsammelschienensystemen, welche bedarfsweise noch unterteilt oder mit
mehreren asynchronen Spannungen betrieben werden müssen, ist die Anwendung von Vergleichsschutz
wegen des verwickelten Schaltungsaufbaues technisch und wirtschaftlich nicht mehr
durchführbar. Ferner ist der Vergleichsschutz gegen Drahtbruch oder Kontaktfehler
sehr empfindlich und kann dabei zu Fehlauslösungen führen.
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Ein anderer Weg zum Sammelschienenschutz umgeht diese schaltungstechnischen,
Schwierigkeiten des Vergleichsschutzes, indem der Distanzschutz des Netzes selbst
als Sammelschienenschutz mit herangezogen wird. Lediglich die einspeisenden Trafo-
und Generatorabzweige der zu überwachenden Sammelschiene benötigen hierbei zusätzliche
Schutzeinrichtungen, z. B. Distanzrelais besonderer Schaltung. Bei diesem Verfahren
lösen im Fall eines Sammelschienenkurzschlusses die
Distanzrelais
der angeschlossenen Leitungsabzweige jeweils in der Nachbarstation aus und machen
die betroffene Sammelschiene spannungslos. Die Trafo- und Generatorabzweige werden
an der Sammelschiene unmittelbar abgeschaltet. Je nach dem Netzaufbau kann dieses
Eingrenzungsverfahren für Sammelschienenfehler entsprechend dem Staffelplan des
Netzschutzes mehrere Sekunden dauern. Es ist auch möglich, daß die Abschaltungen
gemäß den eingestellten Relaislaufzeiten nacheinander erfolgen und die Gesamtabschaltzeit
für die gestörte Sammelschiene auf unzulässig große Werte erhöhen. Um kürzere Auslösezeiten
durch die unmittelbar an der betroffenen Sammelschiene eingebauten Distanzrelais
zu erhalten, hat man auch besondere Distanzrelais mit zusätzlicher Ansprechmöglichkeit
in der zweiten Energierichtung entwickelt. Doch gelingt es auch hierbei trotz erheblichem
Aufwand an Relais und Zubehör nicht, die Abschaltzeit für Sammelschienenkurzschlüsse
unter 2 Sekunden herabzudrücken.
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Die Erfindung geht von der Erfahrung aus, daß der weitaus größte Teil
aller Sammelschienenkurzschlüsse durch Fehlbedienung, insbesondere durch Ziehen
von Trennschaltern unter Last, eingeleitet wird; sonstige Fehlerursachen, wie Überbrückung
der Schienen durch Berühren mit der Hand, hereinfallende Fremdkörper, Tiere usw.,
fallen gegenüber der erstgenannten Ursache kaum ins Gewicht.
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Durch die nachstehendbeschriebene,Schaltung für Distanzrelais jeder
Bauart mit Richtungsauswahl ist es möglich, den allgemeinen Distanzschutz eines
Netzes als zusätzlichen, schnell schaltenden Sammelschienenschutz anzuwenden, wobei
die Distanzrelais a) in ihrer Hauptfunktion als übergeordneter Staffelschutz des
Netzes belassen werden, b) zusätzlich als schnell schaltender Sammelschienenschutz
auch in Anlagen mit gleichzeitig betriebenen Doppel- öder Mehrfachsammelschienen
herangezogen werden und eine selektive Überwachung selbst bei Belegung mit asynchronen
Netzen gewährleisten; c) in ihrer Installation lediglich durch einen Hilfsrelaisstromkreis
in sehr einfacher und übersichtlicher Montage ohne Betriebsunterbrechung ergänzt
werden müssen, d) bei Drahtbruch oder Kontaktfehlern in der Installation gegen Fehlauslösung
des Sammelschienenschutzes gesichert sind.
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Um den Distanzschutz eines Netzes für diese weitgehenden Zwecke als
Sammelschienenschutz mit zu verwenden, wird die Eigenschaft dieser Relaistype benutzt,
bei starkem Spannungseinbruch bzw. völligem Fehlen der Meßspannung am Quotientenmeßglied
und Richtungsglied sofort beim Ansprechen seines Anregegliedes, z. B. Überstrom-,
Unterspannungs- oder Unterimpedanzanregung, mit seiner kürzesten Zeit (Eilzeit)
zu schalten. Damit sind Abschaltzeiten von etwa a,i bis 0,3 Sekunden -f-
Schaltereigenzeit bei Sammelschienenkurzschlüssen erzielbar.
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Zu diesem Zweck ist es erforderlich, den Distanzrelais in den Abzweigen
der zu überwachenden Sammelschienenanlage für den Moment der Schalthandlung an den
Trennschaltern jeweils für eine kurze Abfragezeit (etwa o,5 bis i Sekunden) die
Wechselspannung für das Meß- und Richtungsglied mittels eines Hilfsrelaiskreises
wegzunehmen. Hierauf reagieren die Distanzrelais noch nicht, weil das Anregeglied
in Ruhe :bleibt und nur im Fall einer fehlerhaften Trennschalterbetätigung mit anschließendem
Sammelschienenkurzschluß arbeitet und sodann den Auslöseimpuls über das spannungslose
Meß- und Richtungsglied mit Eilzeit freigibt. Durch diese Abfragung aller Distanzrelais
an der Schaltanlage während einer mittels Hilfsrelais genau festgelegten Zeit von
0,5 bis i Sekunden lassen sich auch Mehrfachsamme:lschienensysteme selbst
bei Belegung mit asynchronen Spannungen selektiv überwachen, weil nur diejenigen
Relais einen Ausschaltimpuls auf ihren zugeordneten Abzweigschalter geben, für welche
Kurzschlußbelastung vorliegt und eine Relaisanregung zustande kommt: Die Relais
der übrigen Abzweige, welche zu asynchronen Netzen hzw. abgetrennten Teilnetzen
gehören, reagieren während der Abfragezeit nicht und sind mit der Wiederanlegung
der Meßspannung erneut für den Staffelschutz einsatzbereit. Sollte jedoch der Sammelschienenkurzschluß
auf ein unbeteiligtes oder asynchrones Sammelschienensystem übergreifen, so erhalten
auch die zugeordneten Distanzrelais ihre Anregung und geben ebenfalls die Abschaltung
ihrer Sammelschiene frei. Bei ordnungsmäßiger Trennschalterbetätigung jedoch wird
der gesamte Distanzschutz der betreffenden Schaltanlage wieder in seine normale
Betriebsstellung selbsttätig umgeschaltet. Da alle einspeisenden Abzweige der zu
schützenden Anlage in der beschriebenen Weise überwacht werden müssen, ist es erforderlich,
die etwa vorhandenen Generator- und Trafoabzweige ebenfalls mit Distanzrelais auszurüsten.
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Zur Steuerung der Abfragezeit der Distanzrelais i durch die Stellung
des Trennschalters 2 kann man z. B. nach der einpolig ausgeführten Abb. i einen
Wischkontakt 3 benutzen, welcher auf einen gemeinsamen Hilfsrelaiskreis 4 arbeitet.
Sämtliche Trennschalter arbeiten in dieser Weise mit ihrem Wischkontakt parallel
auf den Hilfsrelaiskreis. Sobald bei einer Trennschalterausschaltung in irgendeinem
Sammelschienenabzweig der Steuerimpuls über den Wischkontakt erfolgt, wird die Hilfsrelaisspule
5 eingeschaltet und verbleibt in Selbsthaltung über den Kontakt 6. Gleichzeitig
öffnet der Kontakt 7 und nimmt dem Distanzrelais die Meßspannung weg. Ferner wird
das Zeitrelais 8 über den Kontakt 9 angeworfen und öffnet nach einer einstellbaren
Zeit mittels Kontakt io wieder den Selbsthaltekreis des Hilfsrelais. Damit fällt
das Hilfsrelais ab und legt die Wechselspannung wieder an hie Distanzrelais.
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In Abb. 2 ist einpolig ein anderes Anwendungsbeispiel zur Steuerung
der Abfragezeit dargestellt, wobei die meistens schon vorhandenen Meldekontakte
für die Stellungsanzeige des Trennschalters 13 mitbenutzt werden können. Der »Ein«-
Meldekontakt
1q., welcher entsprechend REHVDE o670/1937, § 35, derart eingestellt sein muß, daß
die Anzeige erst dann erfolgt, wenn der Kontaktweg der Trennmesser in den Hauptschaltstücken
zur Hälfte zurückgelegt ist, öffnet also bereits bei noch halb geschlossenem Trennschalter.
Hierdurch wird bei der Trennschalteröffnung der Sp@ulenkreis des Hilfsrelais 15,
welcher bei »Ein«-Stellung des Trennschalters erregt war, spannungslos. Das Hilfsrelais
öffnet daher sofort den Kontakt 16 und unterbricht damit den gemeinsamen Steuerkreis
17 für die Hilfsrelais 18. Letztere fallen daher ebenfalls ab und unterbrechen mittels
Kontakt 19 jeweils die Wechselspannungszuführung zu den Distanzrelais 2o. Das zuerst
betätigte Hilfsrelais 15 schließt nach Ablauf der einstellbaren Verzögerungszeit
mit seinem Kontakt 21 wieder den gemeinsamen Steuerkreis 17, wodurch die vorübergehend
entregten Hilfsrelais 18 erneut anziehen und ihre Kontakte 19 für die Wechselspannungszuführung
zum Distanzschutz schließen. Sämtliche übrigen Trennschalter-»Ein«-Meldekontakte
arbeiten in gleicher Weise parallel auf den Steuerkreis 17.
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Während dieser kurzzeitigen Schaltvorgänge kann also der Distanzschutz
im Bedarfsfall als schnell schaltender selektiver Sammelschienenschutz arbeiten,
um anschließend an die Abfragezeit sofort wieder selbsttätig in die normale Betriebsschaltung
als Distanzschutz zurückgeführt zu werden.
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Die grundlegende Erfindungsidee, den allgemeinen Distanzschutz eines
Netzes bedarfsweise als Sammelschienenschutz heranzuziehen, indem man dem Distanzschutz
vorübergehend die Meßspannung wegnimmt, ist unabhängig von dem Gesamtaufbau der
Schaltanlage und der eigentlichen Schutzinstallation. Die Anwendung ist bei jeder
Art von Trennschalterantrieb oder -steuerung möglich und macht in, einfach aufgebauten
Anlagen notfalls den Einbau von normalen Trennschalterkontakten erforderlich.
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Ferner können außer den Sammelschienentrennschaltern auch Abzweigtrenner
hinter dem Leistungsschalter, Sammelschienenlängstrennschalter und sonstige Trennschalter
einer Sammelschienenanlage mit in die Schutzschaltung einbezogen werden. Irgendwelche
Beschränkungen auf bestimmte Schaltzustände der Anlage sind nicht erforderlich;
laufende Veränderungen und sogar Auftrennung der Sammelschiene oder gleichzeitiger
Betrieb auf mehreren Schienen mit asynchronen Spannungen sind ohne weiteres möglich.