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Verfahren zum Herstellen von Windfrischstahl mit Stickstoffgehalten
unter 0,0l Ein älterer Vorschlag (Patent 763 aas) hat ein Verfahren zur Herstellung
von Thomasstahl mit Stickstoffgehalten unter o,oio/ozumGegenstand, bei dem kurz
vor, während oder kurz nach dem Beginn der Entphosphorung unter Einhaltung bzw.
Herbeiführung einer niedrigen Badtemperatur dem Bad Sauerstoff in freier oder gebundener
Form zugeführt wird. Als Kühlmittel und Sauerstoffträger sind vorzugsweise oxydische
Erze vorgesehen. Es ist aber auch möglich, mit der Zugabe der Kühlmittel den Gehläsewind
mit Sauerstoff anzureichern. Schließlich ist es nach dem Patent 763 238 möglich,
der Stickstoffaufnahme zusätzlich durch Durchblasen von Kohlenoxyd oder anderen
reduzierenden Gasen durch die Schmelze entgegenzuwirken.
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Die vorliegende Erfindung bringt eine Verbesserung und weitere Ausgestaltung
des erwähnten Verfahrens. Es wurde nämlich festgestellt, daß die Einhaltung einer
niedrigen Badtemperatur in Vereinigung mit einer Beschleunigung der stärkeren Kohlenstoffverbrennung
besonders geeignet ist, mit Sicherheit einen Stahl mit einem Stickstoffgehalt von
etwa o,oi °/o und weniger herzustellen.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zum Herstellen eines
Stahles nach dem Windfrischverfahren in der Thomasbirne, der einen
Stickstoffgehalt
von unter o,oi % durch Zugabe von Kühlmitteln und Sauerstoff, insbesondere von oxydischen
Erzen, erhält, bei dem beim Verblasen von Thomasroheisen, Stahlroheisen und Bessemerroheisen
im basischen Konverter der Zusatz von Kühlmitteln und Sauerstoff zu einem solchen
Zeitpunkt erfolgt, daß diese Zusätze sich in einer Beschleunigurng der stärksten
Kohlenstoffverbrennung bei gleichzeitiger Kühlung des Bades auswirken, d. h. daß
beim Verblasen von Thomasroheisen die Kühlmittel zu einem Zeitpunkt zugesetzt werden,
der 7o bis 8o % der normalen (als rooo/o gerechneten) Vorblasezeit, d. h. der Zeit
vom Blasebeginn bis zum Übergang, entspricht.
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Es ist an sich bekannt, daß die Temperatur des Bades den wichtigsten
Faktor für die Stickstoffaufnahme darstellt. In Abb. i ist diese bekannte Abhängigkeit
nach dem Stand der heutigen Erkenntnis nochmals dargestellt. Weitere ausgedehnte
Untersuchungen zeigten, daß es durch Einhaltung sehr niedriger Temperaturen allein
im praktischen Betrieb im allgemeinen aber nicht möglich ist, den Stickstoffgehalt
unter das zur Verbesserung des Stahles notwendige kritische Maß zu senken. Die Zugabe
von Schrott oder Erz als Kühlmittel zu Thomasschmelzen ist an sich bekannt. Meistens
werden dabei diese Kühlmittel zusammen mit dem Kalk zu Beginn des Blasprozesses
und ohne Absichten in der Richtung der Senkung des Stickstoffgehaltes zugegeben.
Um die Stickstoffaufnahme gering zu halten, ist vorgeschlagen worden, im Zeitpunkt
der stärksten Wärmeentwicklung, also während der Entphosphorung, das Stahlbad durch
Zugabe von stickstoffarmem Schrott zu kühlen. Hierbei handelte es sich aber lediglich
um eine Senkung des Stickstoffgehaltes im Rahmen der für Thomasstahl bekannten Grenzen.
Es wurde nicht erkannt, daß es möglich ist, den Stickstoffgehalt auf etwa o,oi 1/o
und weniger zu senken und damit den Thomasstahl in seinen Eigenschaften dem Siemens-Martin-Stahl
ähnlich zu machen.
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Beim Verblasen von Thomasroheisen steigt der Stickstoffgehalt des
Roheisens von etwa 0,0041/o zunächst bis auf o,oo6 bis 0,0071/o kurze Zeit vor dem
Obergang, also kurz vor der Beendigung der Kohlenstoffverbrennung. Dann steigt er
sehr rasch an auf die üblichen Werte von o,oi2 bis o,o2o%, je nach Temperatur und
anderen Einflußgrößen (Abb.2). Betrachtet man das Verhalten des Kohlenstoffs während
dieser Zeit, so ergibt sich, daß die Verbrennungsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs
zunächst gering ist, zu einem Höchstwert ansteigt und dann kurz vor dem Übergang
sehr schnell auf den Nullwert sinkt. Genau entgegengesetzt ist das Verhalten des
Stickstoffs. Während der anfänglich geringen Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit
nimmt der Stickstoff mit der durch die Verbrennung des Kohlenstoffs, Siliziums und
Mangans bedingten Erhöhung der Badtemperatur langsam zu, bleibt dann trotz des fortlaufenden
Temperaturanstiegs mit steigender Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit konstant,
um dann bei dem schnellen Abfall der Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit stark
anzusteigen, entsprechend der Steigerung der Badtemperatur. Daraus ergibt sich folgende
neue Erkenntnis: Die in der Vorblaseperiode allmählich ansteigende Temperatur wirkt
im Sinne einer Stickstoffaufnahme. Dem entgegen wirkt offensichtlich die durch die
Steigerung der Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit hervorgerufene Bildung von
C O oder C02, also ein an sich ähnlicher Vorgang wie bei der Entfernung des Stickstoffs
im Siemens-Martin-Betrieb. Eine Bestätigung findet diese Erkenntnis in dem Verhalten
des Stickstoffs beim Verblasen von Stahlroheisen oder von Bessemerroheisen (Abb.2).
Im Gegensatz zumThomasbetrieb liegt die höchsteVerbrennungsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs
wesentlich früher, um dann allmählich nach dem Chargenende hin abzufallen. Genau
entsprechend ist das Verhalten des Stickstoffs. Bei dem höheren Silizium- und Mangangehalt
des Stahlroheisens findet zunächst eine kräftige Aufheizung des Stahlbades statt,
so daß der Stickstoffgehalt trotz stark steigender Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit
zunimmt. Nach 5 bis 6 Minuten beginnt dann die Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit
ganz allmählich abzufallen, und entsprechend ist auch das Verhalten des Stickstoffs,
wie vorher schon beim Thomasprozeß ausgeführt. Die Folge davon ist, daß der Stickstoffgehalt
beim Verblasen von Stahl und Bessemerroheisen im basischen Konverter im Gegensatz
zum Arbeiten mit Thomasroheisen praktisch linear zunimmt.
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Aus dieser durch zahlreiche Versuche belegten Erkenntnis ergibt sich
die vorliegende Erfindung, deren technischer Fortschritt darin besteht, daß man,
gestützt auf diese Erkenntnis, den Stickstoffgehalt mit Sicherheit unter die kritischen
Beträge senken kann, beispielsweise auf o,oiol/o, und noch zu wesentlich niedrigeren
Beträgen.
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Die Arbeitsweise besteht demgemäß in der Ausnutzung des an sich bekannten
Einflusses der Temperatur auf die Stickstoffabnahme, indem man möglichst kalt arbeitet,
eine Maßnahme, die sowohl einen niedrigen Stickstoffgehalt als auch eine schnellere
Entphosphorung bedingt, ferner in einer möglichst hohen Entkohlungsgeschwindigkeit,
d. h. kurzen V orblasezeit bis zum Übergang.
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Hieraus folgt, daß die normal physikalisch kalten Schmelzen trotz
ihres an sich niedrigenTemperaturverlaufes nicht die gewünschten niedrigen Stickstoffmengen
ergeben, weil die Entkohlungsgeschwindigkeit im kritischen Zeitpunkt zu gering und
damit die Blasezeit zu lang und zwangsläufig die Stickstoffaufnahme zu hoch ist.
Erforderlich ist insbesondere ferner die Zugabe geeigneter Kühlmittel zu geeignetem
Zeitpunkt.
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Als geeignete Kühlmittel wurden in dem älteren Vorschlag schon oxydische
Eisenträger genannt, die ebenfalls im Sinne einer erhöhten Kohlenstoffv erbrennungsgeschwindigkeit
wirken und außerdem noch durch die Art ihrer Kühlwirkung einer Erhöhung des Stickstoffgehaltes
entgegenarbeiten. Aus der Abb. 2 geht außerdem der kritische Zeitpunkt für die Kühlmittelzugabe
hervor. Er liegt
also bei gleichbleibender,) -w. abnehmender Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit
etwa 2 bis 3 Minuten vor dem Übergang. Durch Versuche wurde nun eindeutig unter
Beweis gestellt, daß es entsprechend den in dieser Zeichnung festgelegten Versuchsergebnissen
möglich ist, den Stickstoffgehalt unter o,oio% zu drücken. Abb.3 läßt eindeutig
den Einfluß dieser Maßnahme erkennen. Nimmt man die Zeit vom Blasebeginn bis zum
Übergang als iao% an, wie es in der Abbildung geschehen ist, so liegt der günstigste
Zeitpunkt in Abhängigkeit von der Chargentemperatur z. B. zwischen 70 und 8o%. Er
hängt ab von der Roheisenbeschaffenheit, dementsprechend vom Temperaturanstieg und
von der Kohlenstoffverbrennungsgeschwindigkeit. Dieser Zeitpunkt ist vom Fachmann
entweder durch einfache Versuche oder durch Erfahrung schnell festzulegen.
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In Abb. 4. sind die Versuchschargen der Abb. 3 nach der Menge der
Kühlmittel unterteilt. Man sieht zunächst den Erfolg der größeren Kühlmittelzugabe.
Ferner liegt bei den mittleren und höheren Kühlsätzen der kritische Zeitpunkt wieder
bei 700/0 der Vorblasezeit. Bei den geringen Kühlmittelzugaben liegt der kritische
Zeitpunkt anscheinend wesentlich früher. Es ist aber zu berücksichtigen, daß bei
den geringen Kühlmittelzugaben die Wirkung hinsichtlich der Verminderung der Stickstoffaufnahme
sehr gering ist und daß diese Verschiebung zu einem früheren Zeitpunkt unter Umständen
durch die üblichen Analysenfehlergrenzen bestimmt sein kann. In Zahlentafel i sind
Beispiele einer weiteren Versuchsreihe gegeben, durch die ebenfalls die vorher erwähnten
Vorgänge ihre Bestätigung finden.
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Es wurde weiterhin festgestellt, daß sich auch feingemahlener Kalksteinsplitt
neben oder an Stelle der im Patent 763 238 genannten Mittel zur Senkung des Stickstoffgehaltes
eignet. An sich wirkt schlecht gebrannter Kalk ungünstig, da die Austreibung der
Kohlensäure zu langsam vor sich geht und der Kalk sich nicht löst und in Form ungelöster
Brocken (Möpse) unwirksam in der Schlacke schwimmt. Nach dem Feinmahlen des Kalksteins
geht die Kohlensäureaustreibung sehr schnell vor sich, wobei der Kalkstein im gleichen
Sinne wie Erz wirkt und sich nach Austreibung der Kohlensäure restlos auflöst. Es
ist früher schon einmal vorgeschlagen worden, zur Verminderung des Stickstoffgehaltes
Kohlensäure bzw. kohlensäureangereieherte Gase oder auch neutrale Gase zu verwenden.
Bei allen diesen Versuchen ist aber kein Weg angegeben, wie man mit Sicherheit unter
ein kritisches Maß des Stickstoffgehaltes kommt. Diesen Vorschlägen liegen ähnliche
Erkenntnisse zugrunde wie bei dem Einfluß der Temperatur. Man kann durch diese Maßnahmen
genau wie durch Senkung der Temperatur die Stickstoffaufnahme vermindern, aber nicht
mit Sicherheit unter das bisher übliche Maß von etwa o,oi 0/0. Der technische Fortschritt
der vorbeschriebenen Maßnahmen besteht darin, daß man in Erkenntnis des wirklichen
Ablaufes der chemisch-physikalischen Vorgänge im günstigsten Zeitpunkt die günstigsten
Mengen zugibt, um mit Sicherheit den kritischen Stickstoffgehalt von beispielsweise
o,oio% zu unterschreiten.
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Es ist bekannt, daß im allgemeinen mit zunehmendem Konverterverschleiß
die Blasedauer abnimmt und die Entkohlungsgeschwindigkeit zunimmt. Es hat sich hinsichtlich
der Verringerung des Stickstoffgehaltes als günstig herausgestellt, zum Erblasen
von stickstoffarmem Stahl Konverter mit einer solchen Form zu verwenden, wie sie
sich aus größerem Verschleiß des Konverterfutters ergibt.
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Solche Konverter haben eine Vergrößerung ihres lichten Querschnittes
bis ungefähr 5o% und dementsprechend eine Entniedrigung der Badhöhe bis ebenfalls
etwa 5o% erfahren. Liegen bei üblichem unverschlissenem Konverter die rechnerischen
Badhöhen für neuen Bodenkörper bei 6oo bis 8oo mm, so würden die Innenmaße zweckmäßig
so verändert werden, daß die Badhöhe bei unverschlissenem Konverter für neuen Bodenkörper
475 bis 65o mm nicht überschreitet. Bei unverschlissenem Konverter werden für neuen
Bodenkörper Badhöhen von qoo bis 6oo mm üblicherweise erreicht; ein vorteilhaft
zu verwendender Konverter mit veränderten Innenmaßen sollte für gleichen Verschleißzustand
mit seinen rechnerischen Badhöhen 325 bis 475 mm nicht überschreiten.
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Wie weiterhin festgestellt wurde, findet eine Stickstoffaufnahme vom
Zeitpunkt des Konverterausleerens bis zum Gießen praktisch nicht statt.
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Es ist aber möglich, durch die Art des Vergießens den Stickstoffgehalt
nicht unwesentlich zu senken. Man muß dafür sorgen, daß man einen dünnflüssigen
Stahl hat, der beim Vergießen lebhaft kocht, und durch die Gießart bewirken, daß
dieses Kochen bis zur Schließung des Blockes möglichst lange anhält. Die Maßnahmen
zur Erreichung dieser Zwecke sind an sich dem Fachmann geläufig und im Schrifttum
ausführlich beschrieben. Für schwierige Verwendungszwecke, insbesondere für solche,
bei denen starke Kaltverformung, beispielsweise Tiefziehen, vorgenommen wird, ist
es zweckmäßig, nur den unteren Blockteil des nach der vorliegenden Erfindung hergestellten
stickstoffarmen Stahles zu verwenden.