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Verfahren zur Herstellung von Flädhenerzeugnissen aus Vinylpolymerisaten
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ist bekannt, Vinylpolymerisate, insbesondere Polyvinylchlorid (PVC.) und Vinylchlorid
enthaltende Mischpolymerisate in Mischung mit Weichmachern, Füll- und Farbstoffen
sowie gegebenenfalls organischen Nichtlösern in Form von Pasten nach dem Streich-,
Walzengieß- oder Walzenlackierverfahren auf Kunstleder und ähnlichen Flächengebilden
zu verarbeiten. Für die Herstellung von trägerlosen Folien hat sich das Pasten-Streichverfahren
lediglich in Sonderfällen einführen lassen, nämlich nur zur Erzeugung ziemlich weicher
Folien und Platten, nicht aber steiferer Folien, etwa solcher der Shorehärte 85
und darüber. Denn bekenntlich hängt die Verpastbarkeit von Vinylpolymerisaten weniger
vom Molekulargewicht, sondern vor allem von der Korngröße und der Konzentration
dieser Polymerisate in den Mischungen ab; so sind im allgemeinen Korngrößen von
über 5 u nicht mehr verpastbar. Die für die Herstellung steiferer Folien anzuwendenden
Massen mit mehr als 70°/o PVC. und entsprechend vermindertem Weichmacheranteil müssen
daher wegen der zwecks Erzielung von Blasenfreiheit notwendigen Entlüftung sowie
zur Konsistenzeinstellung bis zur Streichfähigkeit mit organischen Nichtlösern verdünnt
werden, die dann ihrerseits Nachteile im Gefolge haben, besonders wenn flüchtige
Verdünnungsmittel eingesetzt werden.
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Es ist deshalb üblich, mehr oder weniger weichgestellte PVC.-Folien
nach dem sogenannten Kalanderverfahren herzustellen, wozu die Mischungen der Rohstoffe
auf Mischwalzwerken, Schneckenpressen od. dgl. in der Hitze plastifiziert, d. h.
vorgeliert, und sodann auf Drei- oder Vier-Walzen-Kalandern zu Folien ausgezogen
werden. Die gelatinierten Massen sind trotz der hohen Verarbei-
tungstemperaturen
sehr zähplastisch, weshalb zur Vorplastifizierung wie zur schließlichen Verformung
starke Kräfte und dementsprechend stark gebaute, sehr kostspielige und empfindliche
Maschinenanlagen notwendig sind. Das als zusammengerolltes Walzfell, sogenannter
Wickel, auf den Kalander gegebene Plastifikat läßt sich unmittelbar nicht befriedigend
auf die Unterlagen aufwalzen, da diese den auftretenden starken Scherkräften nicht
gewachsen sind und daher verzogen oder zerquetscht würden; Beschichtungen von Geweben,
Faservliesen u. dgl. lassen sich daher erst nach Bildung der Folie zwischen den
ersten Kalanderwalzen durch anschließendes Aufkaschieren herstellen. Die nach dem
Kalanderverfahren hergestellten Schichtstoffe weisen im allgemeinen außerdem eine
geringere Haftfestigkeit als die nach dem Streichverfahren hergestellten Verbunde
auf. Es ist auch nicht möglich, nach dem Kalanderverfahren einen wiederholten Auftrag
der plastifizierten Massen vorzunehmen.
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Wie nun überraschenderweise gefunden wurde, lassen sich in an sich
bekannter Weise hergestellte homogene Mischungen von Vinylpolymerisaten mit Weichmachern
und sonstigen Zusatzstoffen nicht nur von streichfähiger Pastenkonsistenz, sondern
ebenfalls nicht mehr streichfähige, dickteigige und bis zum gewissen Grade auch
feuchtkrümelige bzw. kittartige Ansätze, bei denen die Korngröße viel höher als
gewöhnlich getrieben werden kann, ohne vorhergehende Plastifizierung oder Gelierung
win der Weise vorteilhaft sowohl zu frei tragenden Filmen und Folien als auch zum
überziehen und Beschichten von Unterlagen im fortlaufenden Arbeitsgang verarbeiten,
indem man die Mischungen durch Einführen in den Spalt zwischen sich drehenden beheizten
Walzen, Zylindern od dgl. gleichzeitig zur gewünschten Stärke verformt und gelatiniert.
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Die erfindungsgemäße Kombination einer Gelierung und Verformung durch
Heißwalzen ist besonders vorteilhaft anwendbar für schwer plastifizierbare Mischungen
aus solchen Polymerisaten von Vinylverbindungen, wie Vinylchlorid oder auch Acrylnitril,
ferner deren Mischpolymerisaten mit Styrol, Vinylestern, Vinyläthern u. dgl., die
gegenüber Weichmachern ein latentes Lösungsvermögen besitzen. Das Verfahren gemäß
Erfindung zeichnet sich durch den bedeutsamen Vorteil aus, daß auch nicht mehr streichbare
Massen, z. B. solche mit bis zu 85 bis goO/o PVC. (Rest Weichmacher), noch verarbeitbar
sind und hierdurch eine wesentliche Verbreiterung des Anwendungsbereiches des Verfahrens
erzielt wird.
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Während beim Kalanderverfahren der aufgetragene zähplastische Wickel
oder die sonstwie geformten, z. B. aus einer Schneckenpresse kommenden Vorplastifikate
eine starke und wechselnde Keilwirkung besonders im Spalt des ersten Walzenpaares
eines Kalanders ausüben, deshalb Stärkeschwankungen und u. a. daher Anwendung einer
Mehrwalzenkombination, üben ungelierte Massemischungen eine vernachläss igbare Keilwirkung
aus und lassen sich im übrigen leicht und gleichmäßig dosiert aufgeben, so daß vorzeitige
Gelierung vermieden werden kann.
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Der für die gleichzeitige Gelierung und Verformung erforderliche
und im Spalt zwischen den beheizten Walzen ausgeübte Druck beträgt daher nur einen
Bruchteil von demjenigen nach dem. Kalanderverfahren und ist so gering, daß sehr
viel leichtere Maschinenaggregate als beim Kalanderverfahren, gegebenenfalls überhaupt
keine Walzen, sondern nur verhältnismäßig leichte Zylinder erforderlich sind; jedoch
sind auch übliche Mischwalzwerke der Mehrwalzenkalander anwendbar. Der wichtigste
technische und wirtschaftliche Effekt besteht aber darin, daß nicht nur die sehr
teueren Vorwalzwerke, sondern in vielen Fällen Kalander überhaupt völlig entbehrlich
werden.
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Dank der praktisch unbedeutenden Formfestigkeit der pastösen, kittartigen
oder nur angeweichten Massen können diese in einmaligem Walzendurchgang sofort bis
herab zu etwa 0,05 mm dünnen Folien oder unmittelbar auf Trägerbahnen, wie Textilgewebe,
Papier, Metallbänder usw., aufgeliert werden. Die leichte Verformbarkeit der ungelierten
Massen erlaubt diese auch auf vor- oder ausgelierte Folien gleicher oder anderer
Zusammensetzung oder auf mit solchen Schichten bereits versehenen Unterlagen aufzuwalzen,
ohne daß die Gewebe oder die bereits gelierten Schichten weggedrückt werden. Es
sind also im laufenden Arbeitsgang durch Änderung der Weichheitsgrade, Einfärbungen
und Schichtdicken Variationen möglich, wie sie zwar das Streichverfahren im enger
begrenzten Rahmen, dagegen das Kalanderverfahren nicht befriedigend erlaubt.
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Die erfindungsgemäß anzuwendenden Geliertemperaturen der Zylinder
oder Walzen richten sich nach der Zusammensetzung der Mischungen, den gewünschten
Schichtstärken und den Arbeitsgeschwindigkeiten. Im allgemeinen sind Temperaturen
von mindestens etwa 1000 C, zweckmäßig zwischen etwa 120 und 2000 C anzuwenden;
hierbei werden die zu verfilmenden Massen durch die unmittelbare Hitzeeinwirkung
unter geringem Druck sehr viel schneller durchwärmt und dadurch geliert, als beim
üblichen Streichverfahren. Im Spalt muß eine so schnelle Gelierung stattfinden,
daß sich die Folie oder der Überzug sofort nach Durchgang als zusammenhängende Schicht
abziehen läßt. Dies ermöglicht eine beträchtliche Raumersparnis, da Folien und Schichtstoffe
bereits nach Durchgang durch ein einziges Walzenpaar aufgerollt werden können, um
bei Bedarf anschließend weiterbeschickt zu werden. Eine völlige Ausgelierung bis
zur Erzielung der optimalen Festigkeiten ist bei dünnen Schichten und Geliertemperaturen
von etwa 1800 C bei einmaligem Walzendurchgang zu erreichen. Im allgemeinen ist
es notwendig, die erhaltenen Folien oder Schichtstoffe durch Leiten über erhitzte
Zylinder oder durch heiße Kanäle, ohne daß Druckanwendung notwendig ist, in bekannter
Weise auszugelieren; diese Ausgelierung kann unmittelbar anschließend oder später
durchgeführt werden. Die
ausgelierten Folien oder Schichtstoffe
können in an sich bekannter Weise sofort anschließend an die Ausheizung oder erst
bei Bedarf geprägt, bedruckt oder einer sonstigen Oberflächenbehandlung unterzogen
werden. Jedoch kann eine oberflächliche Verformung vorteilhaft auch gleichzeitig
mit der Gelierung durch Anwendung von beheizten Hochglanz- oder Präge-, Narb- und
Mattierwalzen in wärmestabiler Form erreicht werden.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist der Zusatz
von hochsiedenden Verdünnungsmitteln zu den Ansätzen nicht nötig, für bestimmte
Einstellungen jedoch möglich. Auf flüchtige Verdünnungsmittel kann völlig verzichtet
werden.
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Die nach dem Verfahren gemäß Erfindung gewonnenen Erzeugnisse zeigen
keinen Kalander effekt und unterscheiden sich dadurch vorteilhaft von den nach dem
Kalanderverfahren hergestellten Folien.
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PATENTANSPRtlCHE: 1. Verfahren zur Herstellung von Flächenerzeugnissen
aus Mischungen auf der Grundlage von Vinylpolymerisaten, insbesondere Polyvinylchlorid,
dadurch gekennzeichnet, daß die homogenen Mischungen ohne Vorplastifizierung bzw.
Vorgelierung unmittelbar dem Spalt zwischen sich drehenden beheizten Walzen zugeführt
und durch einmaligen Walzendurchgang verformt und vor-, gegebenenfalls auch ausgeliert
werden.