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Verfahren zur Trennung und Gewinnung von Ammoniak und Kohlensäure
aus ammoniakreichen Gasmischungen
Die Trennung von Ammoniak und Kohlensäure aus Gasmischungen
stellt ein bekanntes technisches Problem dar, dessen Schwierigkeit darin begründet
liegt, daß diese beiden Gase zur Bildung chemischer Verbindungen, wie Ammoncarbonat,
Ammonbicarbonat und anderer organischer NH3-CO2-Verbindungen, außerordentlich stark
neigen. So hat man z. B. durch Anwendung von Lösungen von Salzen mehrbasischer Säuren
versucht, eine solche Trennung durchzuführen. Hierbei ist indessen die Trennung
eine nur unbefriedigende, so daß diesem Verfahren kein Eingang in die chemische
Großtechnik beschieden war. Auch wurde bereits vorgeschlagen, zwecks Reindarstellung
von Kaliumbicarbonat Kohlensäure bei Raumtemperatur oder bei erhöhter Anfangs temperatur
über festes Kaliumcarbonat-Monohytdrat zu leiten, wobei an Stelle reiner Kohlensäure
auch solche enthaltende Gasgemische, wie z. B. auch Generatorgas, verwendet werden
können. Weiterhin wurde empfohlen, Kaliumcarbonat gleichzeitig der Einwirkung von
Kohlensäure und Wasserdampf zu unterwerfen, um Kaliumbicarbonat zu gewinnen. Dabei
sollen sich jedoch undurchlässige Oberflächenschichten bilden, die eine weitere
Kohlensäureabsorption bald unmöglich machen und damit den Vorschlag von vornherein
zu Fehlschlägen verurteilen. Es ist auch bekannt, Kohlensäure aus ammoniakfreien
Gasmischungen durch Alkalicarbonatlösungen herauszuwaschen oder Kohlensäure ;durch
organische
Flüssigkeiten, z. B. Äthanolamine, zu binden. Diese Verfahren
sind indessen teils kostspielig und unwirtschaftlich, zum Teil sogar mehr oder weniger
unbrauchbar, da z. B. mit Alkalicarbonatlösungen eine Trennung von Ammoniak und
Kohlensäure auch bei höheren Temperaturen nicht stattfindet.
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Es wurde nun gefunden, daß eine Trennung von Ammoniak und Kohlensäure
aus ammoniakhaltigen Gasen unter Bindung der Kohlensäure an Kaliumcarbonat enthaltende,
trockene Massen sich in überraschend vorteilhafter Weise durchführen läßt, wenn
man die Abtrennung aus ammoniakreichen Gasgemischen in Gegenwart von Wasserdampf
im Frischgas und vorzugsweise gleichzeitig Hydratwasser in der festen Phase durchführt.
Hierbei ist es wesentlich, daß, unter Vermeidung von Flüssigkeitsabscheidung, Temperaturen
zwischen 60° und nicht über 140° eingehalten werden.
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Es wurde weiterhin gefunden, daß es zur Erreichung einer möglichst
weitgehenden Absorption von Bedeutung ist, daß die Reaktion bei Temperaturen unterhalb
110° zu Ende geführt wind, wobei freilich auch hier Temperaturen unter 6nP nicht
unterschritten werden dürfen. Besondere Vorteile erhält man weiterhin, wenn man
an Stelle von K C O3 Kaliumcarbonathydrat anwendet, insbesondere K2 C O3 . 1,5 H2
0. Da Idie Reaktion nach unter Gleichung K2 C O3 + H2 O + C O2 = 2 K H C O3 verläuft,
sollte hierbei Wasserdampf im Frischgas entbehrlich sein. Es wurde indessen gefunden,
daß, obwohl das K2 C O3 . 1,5 H2 O mehr Wasser enthält, als nach obiger Gleichung
erforderlich ist, und bei der Kohlensäureabsorption sogar Wasser abgibt, weitere
Vorteile erzielt werden, wenn außer dem Hydratwasser noch Wasserdampf im Frischgas
vorhanden ist. Hierdurch wind nicht nur die Temperatursteigerung bei der Reaktion
in niedrigeren, beherrschbaren Grenzen gehalten, sondern die Umsetzung zu Bicarbonat
verläuft auch bis zu einem stärkeren Grad.
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Das technisch bedeutsame Problem der Trennung von Ammoniak und Kohlensäure
aus ammoniakreichen Gasmischungen unter Wiedergewinnung der Kohlensäure hat erfindungsgemäß
eine überraschend einfache Lösung gefunden, indem die Trennung bei Temperaturen
vorgenommen wird, bei denen die zu trennenden Bestandteile sich noch nicht unter
Bildung von Ammoncarbonat, -carbamat u. dgl. verbinden. Hierzu war ferner die Erkenntnis
notwendig, daß man in trockenem Zustand arbeiten muß, da bei Anwendung von Lösungen
Ammoniak mitabgeschieden wird. Wie weitherin gefunden wurde, ist das Verfahren in
einem verhältnismäßig engen, aber technisch einwandfrei zu beherrschenden Temperaturbereich
durchführbar, wobei insbesondere Temperaturen nicht unter 60° und zur Erzielung
eines guten Umsatzes nicht über 110° Anwendung finden dürfen. Gelegentliche Überschreitungen
dieser Temperatur haben während der Hauptzeit Ider Reaktion, wie ebenfalls erkannt
wurde, keine ausschlaggebende Bedeutung, sofern eine Temperatur von etwa 140° nicht
überschritten wird und die Umsetzung insbesondere bei Temperaturen bis zu 110° zu
Ende geführt wird. Die Erfindung besteht daher nicht nur in der Erkenntnis, mittels
der genannten, Kaliumcarbonat enthaltenden trockenen Massen eine technische Trennung
von Kohlensäure aus ammoniakreichen Gasmischungen, unter Vermeidung von Flüssigkeitsabscheidung,
durchführen zu können, sondern auch in der Auffindung der besonderen Temperatur-
und Wasseranwendungsbedingungen.
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Bezüglich letzterer wurde weiterhin ermittelt, daß bei Absorptionsmassen,
deren wirksame Bestandteile aus K2 C O3 . 1,5 H2 O bestehen, je nach dem Volumprozentgehalt
an Kohlensäure (b) höchstens eine Wasserdampfmenge x (in Gramm auf je 100 l Frischgas3
zuzulassen ist, die sich nach der Formel x = 0,8 . a (100 - b) - 0,4 . b errechnet,
wobei a nach a = - 2,2 . 10-3 . t + 5,8 . 10-5 . t² in Abhängigkeit von ,der Temperatur
t eingestellt wird. Bei Absorptionsmassen, .dtie von der Zusammensetzung K2 C O3
. 1,5 H2 O abweichen, kann so viel mehr oder weniger Wasser als Wasserdampf im Frischgas
Anwendung finden, als der Differenz entspricht. Dabei ergeben sich, wie aus der
Tabelle ersichtlich, für CO2-Gehalte von beispielsweise 2, 5 und 10% und für K2
C O3 wasserfrei, K2 C O3 .
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1,5 H2 O bzw. 2 H2 O bei Temperaturen von 70, 90 und 110° die folgenden
Wasserdampfmengen (als g H2 O/100 l Frischgas):
2% C O2 5% C O2 10 % C O2 |
Temperatur |
K2 C O3 . K2 C O3 . K2 C O3 . K2 C O3 . K2 C O3 . K2 C O3 . |
K2 C O3 K2 C O3 K2 C O3 |
1,5 aq 2 aq 1,5 aq 2 aq 1,5 aq 2 aq |
70° 11,8 9,4 8,6 13,9 7,9 5,9 17,4 5,4 1,4 |
90° 22,9 20,5 19,7 24,7 18,7 16,7 27,6 15,6 11,6 |
110° - 37,7 35,3 34,5 39,0 33,0 3I,O 4I,I 29,I 25,1 |
Es hat sich weiterhin als vorteilhaft herausgestellt, daß bei der Absorption der
Wasserdampfpartialdruck Ider Gasmischung derart eingestellt wird, daß er nur gerade
über dem zu der Arbeitstemperatur gehörigen Wasserdampfzersetzungsdruck des oder
der Carbonathydrate liegt. So wird man z. B. bei dem Partialdruck des K2 C O3 .
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1,5 H20 von 0,1576 bei 800 einen Wasserdampfpartialdruck der Gasmischung
von 0,1600 bis 0,1700 einstellen. Bei Hydraten bzw. Hydratgemischen, deren Partialdruck
nicht bekannt ist, genügt ein kleiner Versuch im Laboratorium zur Feststellung
desselben.
In diesem Fall wird nicht nur die Gefahr von Flüssigkeitsabscheidung und die Notwendigkeit
von hilfsweise zu erzeugendem Wasserdampf auf ein Mindestmaß beschränkt, sondern
die Umsetzung zu Kaliumbicarbonat erfolgt dann auch unter besonders günstigen -
Bedingungen.
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Gegenüber den bekannten, als technische Verfahren im übrigen ungeeigneten
Vorschlägen zur Darstellung von Kaliumbicarbonat, bei denen entweder ausschließlich
das wahrscheinlich gar nicht existierende Monohydrat oder Kal iumcarbonat und Wasserdampf
verwendet werden sollen. unterscheidet sich demnach das neue, technisch in überraschend
einfacher Weise durchführbare Verfahren grundlegend. Hiernach wird zur Trennung
von Ammoniak und Kohlensäure nicht nur mit höheren Hydraten, d. h. wesentlich größeren
Wassermengen in der Phase, sondern außerdem mit zusätzlichem Wasserdampf im Frischgas
gearbeitet und gleichzeitig Kondensation, d. h. Bildung einer flüssigen Phase, vermieden.
Aber auch die weiteren Arbeitsbedingungen, wie z. E. die Einhaltung eines ganz bestimmten
Temperaturbereiches, insbeson-4ere auch im Endstadium der C O2-Absorption, -die
Anwendung und Berechung der maximal zulässigen Wasserdampfmengen, je nach dem verwendeten
Hydrat, sind den bekannten Verfahren in keiner Weise zu entnehmen.
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Das Verfahren wird so durchgeführt, daß die Kohlensäureabsorption
an fertig gebildeten, porösen Trägersubstanzen erfolgt, die mit Kaliumcarbonat bzw.
Kaliumcarbonathydrat imprägniert sind und große, reaktionsfähige Oberflächen bieten.
Als Trägersubstanz eignen sich beispielsweise Silikagel u. dgl. Besondere Vorzüge
bietet die Abtrennung von Kohlensäure an Formlingen, die durch Vermischen von festen
Carbonaten, Carbonatlösungen, Carbonatbildungsgemischen od. dgl., gegebenenfalls
unter Zusatz von Bindemitteln, mit solchen organischien Stoffen gewonnen werden,
die sich beim Erhitzen unter Hinterlasslen eines Kohlenstoffgerüstes zersetzen,
unter Luftabschluß bzw. bei beschränkter Luftzufuhr verkohlen. So erhält man beispielsweise
aus mit konzentrierter Kaliumcarbonatlösung getränktem Holzmehl nach Eindampfen
zur Trockene und Verkohlen der organischen Substanz poröse, großoberflächige Massen,
die sich zur Abtrennung der Kohlensäure vorzüglich eignen. Vor der Trennung und
Verkohlung können diese Massen auch geformt werden. Will man die Kaliumcarbonat
enthaltenden, voll ständig oder teil weise erschöpften Massen nach der Kohlensäureabsorption
regenerieren, so hat es sich weiterhin als vorteilhaft herausgestellt, die Austreibung
der Kohlensäure so vorzunehmen, daß bei Entfernung der Kohlensäure Kaliumcarbonathydrat,
insbesondere K2 C O3 .
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1,5 H20 entsteht. So nimmt man beispielsweise die Decarbonisierung
mit wassendampfhaltigen Gasmischungen bei Temperaturen oberhalb 150° vor, filter
Einhaltung von Wasserdampfkonzentrationen, die über dem Zerstzungsdruck des Kaliumcarbonathydrates
liegen. Man erhält auf diese Weise unter vorteilhafter Ausnutzung der Hydratationswärme
zur Kohlensäureabtreibung in einem Arbeitsgang aus Kaliumbicarbonat wieder zu erneuter
Kohlensäureabsorption geeignetes Carbonathydrat. Nimmt man die Kohlensäureabtreibung
mit reinem Wasserdampf oder mit entsprechenden Wasserdampf-Kohlensäure-Gemischen
vor, so hat diese Arbeitsweise gleichzeitig den weiterhin beachtenswerten Vorzug,
daß die Kohlensäure nach Kondensation des in ihr enthaltenden Wasserdampfes in hochprozentiger
Form anfällt. Man kann aber auch die Regeneration allein mit Kohlensäure durchführen,
z. B. durch Erhitzen der Bicarbonat enthaltenden Massen im Kohlensäurestrom auf
Temperaturen oberhalb 160°, z. B. 200 bis 300°. In Ider gleicllzeitigen Möglichkeit
der Gewinnung hochprozentiger Kohlensäure liegt ein weiterer Vorzug des neuen Verfahrens.
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P,ispiel In ein aus Ammoniak, Kohlensäure und Stickstoff bestehendes
heißes Gasgemisch, das 78,22 m3 N H3 und 9,602 m³ C O2 enthielt, wurden auf 100
1 Frischgasmischung 22 g Wasser hineinverdampft.
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Diese Gasmischung wurde durch eine Reihe hintereinandergeschalteter
Türme geleitet, die mit Kaliumcarbonat enthaltenden Formlingen gefüllt waren.
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Die zur Absorption verwendeten Granülen wurden so hergestellt, daß
eine dünne Paste aus Holzmehl und wäßriger Kaliumcarbonatlösung unter Rühren bzw.
Kneten bis zu einem für die Granulation günstigen Wassergehalt eingedampft wurde,
woran sich die Formung zu Granülen anschloß, die dann in einer Drehtrommel erst
langsam bei Temperaturen bis zu 100 bis 150° getrocknet und anschließend unter Luftabschluß
bzw. beschränkter Luftzufuhr bis zum Verkohlen der Holzsubstanz stärker bis auf
etwa 4000 erhitzt wurden. Auf diese Weise hinterbielebn feste, haltbare Kaliumcarbonatgranülen,
die durch die Verkohlung des Holzes ein Kohlenstoffgerüst von 15 bis 20 % enthielten
und sich zur Absorption von Kohelsäure unter Bicarbonatbilldung hervorragend eigneten.
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Die Trennapparatur bestand aus fünf gelichen, mit Kaliumcarbonatgranülen
gefüllten Türmen, die abwechselnd hintereinander geschaltet werden konnten. Bevor
jeder Turm zur Absorption verwendet wurde, wurde er durch Überleiten wasserdampfhaltigen
Gasgemisches zu K2 C O 1,5 H2 O hydratisiert.
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Die Arbeitstemperatur eines Turmes lag während der Hauptreaktion
bei etwa 100°, gegen Ende der Absorption, d. h. gegeb Sättigung der Masse, wurde
die Reaktion bei etwa 80° durchgeführt.
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Erfindungsgemäß beträgt die zur Vermeidung von Kondensationen höchst
zulässige Wasserdampfmenge im Frischgas nach der angegebenen Formel bei 100° = 24,4g
Wasser/100 l Gas, wh'hrend der Versuch mit 22 g Wasser/Ioo 1 Gas gefahren wurde.
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Aus der verwendeten Wassermenge und der bei der Absorptionsreaktion
aus dem Hydrat stammenden Wassermenge ergibt sich ein Partialdruck des Wasserdampfes
von 244 mm Hg.
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Unter den abgegebenen Arbeitsbedingungen war die Trennung eine so
vollkommene, Idaß der Kohlensäuregehalt des abziehenden Endgases im Durch schnitt
bei o,o3 % lag. Die übergeleitete Kohlensäure wird also praktisch vollständig her-ausgenommen,
während von dem eingebrachten Ammoniak 98 bis 99 % hinter den Absorptionstürmen
wiedergefunden wurden. Der N H3-Verlust betrug etwa 1 %.
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Die in den Granülen als Bicanbonat absorbierte Kohlensäure konnte
durch Erhitzen der Türme im Kohlensäurestrom auf etwa 3000 als hoohprozentige Kohlensäure
gewonnen werden.