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Verfahren zum Heißverstrecken von thermoplastischen Fäden Beim Heißverstrecken
verhältnismäßig dicker Bündel von thermoplastischen Fäden, z. B. Fadenbändern oder
-kabeln mit Einzelfädenzahlen zwischen Zoo und 2ooo und Gesamtstärken von q.oo bis
z2ooo den oder noch mehr, stellen sich erhebliche Schwierigkeiten ein. Aus heißer
Luft oder erhitztem Dampf wird die Wärme nur schlecht und ungleichmäßig auf die
im Innern des Kabels liegenden Fäden übertragen, so daß der gewünschte Verstreckungsgrad
nicht ohne weiteres erreicht werden kann. Verwendet man zur Wärmeübertragung Glycerin
oder andere ausreichend hochsiedende Flüssigkeiten, so stört das Mitschleppen der
viskosen Flüssigkeiten ernstlich und man muß besondere Maßnahmen zur Entfernung
und Wiedergewinnung der Behandlungsflüssigkeiten treffen. Außerdem besteht die Gefahr,
daß die äußeren Fäden durch Reibung an den Fadenführern beschädigt werden. Auch
das bekannte Verfahren, Fäden durch verflüssigte Metallbäder, z. B. flüssiges Woodsches
Metall, zu führen, ist nicht befriedigend. An der Metalloberfläche entstehende Oxydschichten
werden von den Fadenbündeln angenommen und können nicht ohne weiteres wieder entfernt
werden.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Heißverstrecken von
gegebenenfalls vorgereckten Gebilden aus thermoplastischen Kunststoffen, z. B. Fäden,
Drähten, Bändern, Schnüren, insbesondere Fadenbündeln oder -kabeln mit höherer Zahl
von Einzelfäden, z. B. Zoo bis 2ooo und mehr. Es ist dadurch gekennzeichnet, daß
man die Fäden bzw. Fadenbündel beim Strecken einmal oder mehrmals durch beheizte
Wannen leitet, die mit einer gekörnten Masse
gefüllt sind. Geeignet'
sind z. B. Quarzsand, gekörnter Graphit, Aluminiumgrieß, feingekörntes Kieselgel,
Glasgrieß, körniges Eisenpulver. Die Korngröße dieser Materialien liegt zweckmäßig
oberhalb o,o5 bis o,i mm. Feinere Materialien sind weniger geeignet, da sie von
den Fadenbündeln zu sehr mitgenommen werden. Eine gröbere Korngröße, z. B. o,5 bis
i mm, ist am Platz, wenn das zu reckende Gut mit einer Präparation versehen ist,
an der feine Teilchen anhaften könnten. Zweckmäßig sollen die wärmeübertragenden
Stoffe eine Dauererhitzung auf 25o bis 35o° ohne merkliche chemische und physikalische
Veränderung aushalten.
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Das Verfahren hat den Vorzug, daß die Wärmeübertragung wirkungsvoll
und gleichmäßig vor sich geht und daß der Faden das Streckbett trocken und unbenetzt
wieder verläßt. Etwa mitgenommene Teilchen des Wärmeübertragers können leicht durch
Abstreifer, die z. B. die Form einer Fellbremse haben können, oder einfacher und
besonders vorteilhaft auf pneumatischem Wege durch eine Abblas- oder Absaügvorrichtung
entfernt werden.
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Ein weiterer Vorteil des Verfahrens nach der Erfindung besteht darin,
daß die Temperatur besonders leicht innerhalb ganz enger Grenzen konstant gehalten
werden kann, zumal das Streckbett infolge seiner Masse eine verhältnismäßig hohe
Wärmekapazität besitzt und zur Aufrechterhaltung der Temperatur, besonders bei guter
Isolierung nach außen nur eine mäßige Energiezufuhr notwendig ist. Die leichte Einhaltung
einer konstanten Temperatur gibt auch die Möglichkeit, Verklebungen der Kapillarfäden
völlig zu vermeiden.
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Schließlich hat das Verfahren noch den Vorzug, daß das Streckbett
mit dem körnigen Wärmeübertrager unschwer zonenweise auf verschiedener Temperatur
gehalten werden kann. Dadurch ist es auch möglich, sowohl an der Einführungsstelle
wie auch vor allem am Austritt die Temperatur niedriger zu halten, als sie zum Streckvorgang
selbst erforderlich ist. Gegebenenfalls kann man die Zone vor dem Austritt noch
besonders kühlen, z. B. durch Einsetzen eines kleinen, mit kaltem Wasser durchströmten
Plattenkühlers. Der Faden hat dann an der Umlenkstelle wieder genügend Widerstandsfähigkeit,
um völlig unbeschädigt abgezogen werden zu können. Es ist ohne weiteres möglich,
z. B. bei starken Kabeln, die Temperatur bis zur Mitte der Streckzone langsam und
gleichmäßig ansteigen zu lassen, damit eine einwandfreie Erwärmung aller Kapillarfäden
bis in die Mitte des Fadenbündels stattfinden kann. Der Verzug wird dadurch vergleichmäßigt.
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Die Beheizung der Streckwannen kann in grundsätzlich beliebiger Weise
erfolgen, am einfachsten durch elektrische Widerstandsbeheizung, besser durch Dampf
von Flüssigkeiten geeigneter .Siedepunkte, die in einem geschlossenen System kreisen,
in dem der Siedepunkt durch Einstellung des Druckes nach Bedarf in gewissen Grenzen
variiert und konstant gehalten werden kann. Bei Wärmeübertragern mit ausreichender
Leitfähigkeit kann auch die Induktionsheizung vorteilhaft sein, bei schlechten Leitern
kann die Erhitzung durch Anlegen eines Hochfrequenzfeldes bewirkt werden. In beiden
Fällen kann man sehr scharf begrenzte Zonen bestimmter Temperatur herstellen, was
mitunter von Wichtigkeit ist, z. B. bei Polyamidfäden.
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Die Länge der Heizstrecke kann je nach der Dicke des Fadens bzw. Fadenbündels,
der Höhe der Strecktemperatur und je nach dem thermoplastischen Verhalten des Materials
in weiten Grenzen, z. B. zwischen io und Zoo cm, schwanken. In besonderen Fällen
können auch noch wesentlich längere Streckzonen, z. B. bis zu 5 m, in Anwendung
kommen. Die Höhe der Temperatur muß natürlich dem thermoplastischen Verhalten des
Fadenmaterials angepaßt sein. Sie kann also beispielsweise zwischen etwa 6o und
28o° liegen. Besonders vorteilhaft ist die Vorrichtung für Strecktemperaturen zwischen
etwa 125 und 25o°. Die Verstreckung kann auch in zwei oder mehreren Stufen in zwei
oder mehreren durch mit verschiedener Umfangsgeschwindigkeit laufende Abzugswalzenpaare
getrennten Heizorganen vorgenommen werden. Man kann auch das in einem oder mehreren
Streckbädern gereckte Kabel in einer anschließenden Behandlungsvorrichtung gleicher
Art unter Verminderung der Abzugsgeschwindigkeit zum Schrumpfen bringen, um den
Faden zu vergüten bzw. die durch das Recken zu weit herabgedrückte Bruchdehnung
wieder heraufzusetzen. Dieses Schrumpfen kann aber auch mit anderen Mitteln, z.
B. durch Durchleiten der Fäden bzw. Fadenkabel durch eine Warmluftzone, bewirkt
werden, da der Schrumpfprozeß leichter zu beherrschen ist als der Hochverzug, der
bei manchen synthetischen Fäden iöoq °/a und mehr betragen kann. Die Einlauf-bzw.
Abzugsgeschwindigkeit der Fäden kann j e nach der Beschaffenheit des Textilmaterials,
insbesondere seinem thermoplastischen Verhalten, in sehr weiten Grenzen schwanken.
Zum Beispiel kann die Einlaufgeschwindigkeit zwischen 2 und 15 m und die Auslaufgeschwindigkeit
zwischen 15 und 300 m liegen.
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Die aus der Streck- bzw. Schrumpfzone kommenden, gegebenenfalls schon
vorgezwirnten Fäden können anschließend in üblicher Weise eine Zwirnung bzw. Nachzwirnung
vorzugsweise auf Ringspindeln oder Kappenspindeln erfahren: Selbstverständlich kann
man in einer Heizzone nicht nur einen Einzelfaden oder ein Einzelfadenbündel behandeln,
sondern man kann auch eine Vielzahl von Fäden bzw. Fadenbündeln zweckmäßig parallel
nebeneinander etwa in Form eines Scherbandes durch die Streckvorrichtung ziehen,
z. B. Bänder von 5o Fäden von je 6ooo den mit je 3oo Einzelfäden. Derartige Bänder
können dann nach Verlassen des letzten Kammes wieder aufgeteilt und die Teilfäden
Einzelbehandlungsstellen, z. B: Zwirnstellen, zugeführt werden. Sie können aber
auch zu einem dicken Kabel zusammengefaßt und gemeinsam weiterverarbeitet, z. B.
nach mechanischer Kräuselung auf Stapelfaser geschnitten werden.
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Thermoplastische Fäden, die für das Verfahren nach der Erfindung in
Betracht kommen, sind vor allem Kunstfäden aus Polyvinylverbindungen, z. B. aus
Polyvinylchlorid, nachchloriertem Polyvinylchlorid, Polyvinylfluorid, Mischpolymerisaten
aus Vinylchlorid oder Vinylidenchlorid und Vinylacetat, acetonlöshchen Mischpölymeren
aus Vinylchlorid und Acrylnitril, Mischpolymeren aus einer überwiegenden Menge_
Acrylnitril
und einem Unterschuß einer anderen Vinylkomponente, z. B. den Mischpolymeren aus
75 bis 98 °/o Acrylnitril und 25 bis 2 % Vinylacetat, Vinylthiolacetat, Vinylmethylketon,
Acrylsäuremethylester, Acrylsäureamid, Mnthacrylsäuremethylester.
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Zur Behandlung kommende Fäden aus Stoffen dieser Art können auf beliebige
Art und Weise erhalten sein, also z. B. durch Schmelzspinnen, Trockenspinnen, Naßspinnen,
durch elektrostatisches Spinnen und durch thermoplastisches Auspressen.
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Außer den typischen Thermoplasten kommen für das Verfahren nach der
Erfindung auch linearpolymere Kunststoffe in Frage, die ein weniger ausgesprochen
thermoplastisches Verhalten zeigen, nichtsdestoweniger aber in sehr vorteilhafter
Weise durch Heißstrecken verbessert werden können, z. B. Fäden aus linearen Polyestern,
Polyamiden und Polyurethanen sowie Mischungen aus derartigen Stoffen. Genannt seien
beispielsweise Polyesterfäden aus Terephthalsäure und Glykolen, wie Äthylenglykol
und Butandiol, z. B. das Produkt der Umesterung von Terephthalsäuredimethylester
und Butandiol-1, 4, das durch Nachbehandlung mit Hexamethylendiisocyanat hochpolymer
gemacht wurde, das Polyurethan aus Tetramethylendiisocyanat und Hexamethylenglykol,
das Polyamid aus s-Caprolactam und das hochschmelzende Polyamid aus 92 Teilen p-phenylendipropionsaurem
Hexamethylendiamin und 8 °/a s-Caprolactam. Vorteilhaft enthalten die Polyamidverbindungen
noch geringe Mengen, z. B. 5 bis 15 °/o eines wasserlöslichen Weichmachers, insbesondere
eines Lactams, z. B. e-Caprolactam oder Butyrolactam.
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Die linearen Kondensationspolymeren, zu denen in diesem Zusammenhang
auch die durch Additionspolymerisation erhaltenen Polyamide gehören, erfordern keine
so genaue Einhaltung der Temperatur wie die meisten Polyvinylverbindungen. Trotzdem
ist natürlich auch in diesen Fällen zweckmäßig, die Toleranzen niedrig zu wählen.
Sehr gut brauchbar ist das Verfahren z. B. für das Nachrecken bereits vorgestreckter
Cordgarne oder Cdrdgewebe aus Polyamiden, z. B. aus polymerem s-Caprolactam. Beispiel
1 Ein Fadenbündel vom Gesamttiter 6ooo mit 300 Einzelfäden aus dem acetonlöslichen
Mischpolymerisat aus Vinylchlorid, Acrylnitril, das durch Naßspinnen erhalten und
in Verbindung mit dem Naßspinnen bereits um 7o °/o naß nachverstreckt wurde, wird
in einem Sandbad von 1,5o m Länge bei 1900 um 780 °/o auf insgesamt 1330
°/o der Ausgangslänge verstreckt. Die Umfangsgeschwindigkeit der Abwickelspule beträgt
2,1 m/Min., die der Aufwickelspule 18,4 m/Min. Man erhält einen Faden vom Gesamttiter
714. Die auf diese Weise erzielte Reißfestigkeit betrug 350 g pro ioo den,
die Bruchdehnung 11,2 °/o. Beispiel 2 Ein Draht aus polymerem e-Caprolactam, der
um 38o °/o kalt verstreckt war und eine Reißfestigkeit von 370 g pro ioo
den bei einer Bruchdehnung von 25 % aufweist, wurde mit einer Abzugsgeschwindigkeit
von 6o m pro Min. unter Verstreckung von 43 °/o durch ein auf 1850 geheiztes Sandbad
gezogen. Die Reißfestigkeit war nach dieser Verstreckung auf 540 g pro ioo den gestiegen,
während die Bruchdehnung auf 8 °/o zurückgegangen war.