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Verfahren zur Herstellung einer wasserfreien, oxyd- und oxychloridarmen,
zinnchlorürhaltigen Salzschmelze Es ist bekannt, daß Gegenstände aus Eisen, Stahl,
Kupfer oder Kupferlegierungen durch Eintauchen in zinnchlorürhaltige, wasserfreie
Salzschmelzen verzinnt werden können. Das Reaktionsschema lautet: Cu + SnC12 = CuC12
+ Sn (i) Fe -f- Sn Cl, = Fe C12 -E-. Sn (2) Es handelt sich also hierbei
um eine Platzwechselreaktion, bei der stets so viele Zinnatome auf dem getauchten
Gegenstand abgeschieden werden, als umgekehrt Kupfer- bzw. Eisenatome von dem betreffenden
Gegenstand in das Salzbad übergeführt werden. Es ist leicht einzusehen, daß durch
diesen Platzwechselvorgang eine Verzinnung durchgeführt werden kann, bei der weitgehende
Maßbeständigkeit der getauchten Gegenstände gewährleistet ist. Dieser Vorgang bietet
für die Technik außerordentliche Vorteile, da im Gegensatz zu den übrigen Verzinnungsverfahren
die Abmessungen der getauchten Gegenstände genau erhalten bleiben, wodurch jegliche
Nacharbeit wegfällt. Die Reaktion findet im geschmolzenen Salzbad, also bei höherer
Temperatur (3oo bis 5oo° C) statt. Infolgedessen diffundiert das abgeschiedene Zinn
in die getauchten Gegenstände unter Legierungsbildung ein und verbindet somit die
oberflächliche Zinnschicht äußerst fest mit dem Werkstoff des zu verzinnenden Gegenstandes.
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Trotz der geschilderten Vorteile hat dieser an und für sich einfache
Vorgang für die Verzinnung bisher keine Bedeutung erlangt. Der Grund hierfür liegt
rein
im Wirtschaftlichen: ,Zinnchlorür, als wohl einziges in Frage kommendes Zinnsalz,
hat die unangenehme Eigenschaft, sich leicht zu zersetzen, d. h. unter dem Einfluß
von Luftsauerstoff, Luftfeuchtigkeit oder Sauerstoffträgern Oxychloride zu bilden
oder in reine Sauerstoffverbindungen zu zerfallen. Die entsprechenden Umsetzungen
lauten: 2 Sn C12 T H,0 -(- 0 = 2 Sn O Cl -E- 2 H Cl (3) oder SnC12 + H20 = Sn0 +
2 HCl (4) Mit Oxychloriden oder Oxyden läuft der beschriebene Verzinnungsvorgang
durch Platzwechselreaktion nicht ab. Beide Sauerstoffverbindungen sind sowohl in
reinem Zinnchlorür als auch in zinnchlorürhaltigen Salzschmelzen unlöslich (Schlammbildung)
und entziehen sich der Verzinnungsreaktion, was auf diese Weise zu untragbaren Zinnverlusten
führt. Diese Sauerstoffverbindungen bilden sich insbesondere bei der Herstellung
des Salzbades, aber auch während des Verzinnungsvorganges selbst.
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i. Oxydation bei der Herstellut.g des Salzbades. Zinnchlorür hat handelsüblich
zwei Kristallwasser (SnC12 # 2 H20). Dieses Salz schmilzt bei 37,7° in seinem Kristallwasser.
Wird es weiter erhitzt, so verdampft das Kristallwasser unter lebhaftem Schäumen.
Dabei zersetzen sich erhebliche Mengen von Zinnchlorür gemäß den Gleichungen (3)
und (4). Äußerlich ist dieser Zersetzungsvorgang bereits an der Farbe des geschmolzenen
Salzes zu erkennen, das vom wasserhellen Zustand mit zunehmender Oxydbildung allmählich
schmutziggelb bis grün wird. Durch Zugabe von Salzsäure können nach dem Massenwirkungsgesetz
die Reaktionen (3) und (4) etwas nach links, also auf die Seite des Zinächlorürs
verschoben werden, doch bietet diese Maßnahme keinen praktisch fühlbaren Schutz
gegen die Zersetzung.
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2. Oxydation während des Verzinnungsvorganges. Durch den Einfluß der
Luft schreitet die Zersetzung des Zinnchlorürs während der Verzinnung (goo bis 5oo°
C) in erheblichem Maß fort, so daß schon nach kurzer Betriebsdauer das Salzbad unbrauchbar
wird. Das oxydierte Zinnchlorür ist für die Verzinnung verloren und nicht regenerierbar.
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Um die Zersetzung des Zinnchlorürs einzudämmen, sind schon verschiedene
Vorschläge gemacht worden. Diese beziehen sich durchweg auf Zusätze zu Zinnchlorür
in Form von Alkalihalogenid, Erdalkalihalogenid und Zinkchlorid, sowohl einzeln
als auch kombiniert.
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a) Natriumchlorid: Mit Sn C12 bilden sich keine Verbindungen. Ein
Eutektikum liegt bei 69 Molprozent Sn C12 und i83° C. Vorgeschlagen wurden Zusätze
bis zu 9o Molprozent NaCl, bezogen auf Sn C12.
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b) Kaliumchlorid. Das Zustandsbild K Cl - Sn C12 wird in Fig. i gezeigt.
Darnach bilden sich die Verbindungen K C1 # Sn Cl. und K Cl . 3 Sn Cl, mit
den Schmelzpunkten bei 224 bzw. 2o8° C. Bei 62, Molprozent Sn Cl, und 18o° C liegt
ein Eutektikum. Dieses besteht zu 52 °/Q aus K Cl # Sn C12 und zu 48 °/o aus K Cl
. 3 Sn C12. Um die Zersetzung des Zinnchlorürs einzudämmen, wurden Zusätze von 17
bis 38 MOlprozent KCl vorgeschlagen. Als unterste Grenze wurde die eutektische Zusammensetzung
bei 62 Molprozent Sn C12 vorgeschlagen.
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c) Zinkchlorid. Mit Sn Cl, wird nur ein Eutektikum bei 44 Molprozent
ZnCl, und i7i° C gebildet. Keine Verbindungen. Vorgeschlagen wurden Zusätze von
5 bis 7o0/, Zn Cl, Besonders bevorzugt wurde das Gemisch 5o % Sn C12 --f- 5o % Zn
Cl,.
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Eingehende Versuche haben nun gezeigt, daß die Wirkung sämtlicher
bisher vorgeschlagener Zusätze ia bezug auf die Zersetzung des Zinnchlorürs nur
sehr gering ist. Einige diesbezügliche Versuchsergebnisse sind in Fig. 2 eingetragen,
die sich auf eine mittlere Verzinnungstemperatur von 35o° C bezieht. Als Vergleich
dient Kurve i, die die Verhältnisse bei reinem Sn C12 wiedergibt. Man sieht, daß
schon durch das Einschmelzen etwa 6,5 °/o Sn C12 zerfallen (in Figur bei o Stunden).
Mit wachsender Versuchsdauer nimmt die Zersetzung linear zu. Fügt man dem Zinnchlorür
38 Molprozent KCl (eutektische Konzentration) hinzu, so lehrt Kurve 2, daß die Zersetzung
des Zinnchlorürs nur wenig verringert wird. Ebenso vermag eine Zugabe von K Cl entsprechend
der Verbindung K Cl . 3 Sn C12 (Kurve 3) die Zersetzung von Sn C12 nur unwesentlich
einzudämmen. Als Beispiel für die Wirkung eines Zn C12-Zusatzes wurde eine Zusammensetzung
von 5o Molprozent SnC12 und 5o Molprozent ZnC12 herausgegriffen (Kurve 4). Die zerfallshemmende
Wirkung ist gleichfalls unbedeutend. In ebensolcher Weise verhalten sich auch Mischungen
von SnC12 mit NaC1, NH4C1, M9C12, CaC12 und BaC12.
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Systematische-Untersuchungen haben nun ergeben, daß ein Zusatz von
K Cl entsprechend der Zusammensetzung der Verbindung Sn Cl, . K Cl die Zersetzung
des Zinnchlorürs in überraschend starkem Maß hemmt. Wie Kurve 5 in Fig. 2 zeigt,
waren z. B. nach 4stündiger Versuchsdauer nur etwa 3,5 °/a Sn C12 zerfallen, gegenüber
mehr als 400/0 bei reinem Sn C12, 30 °/o bei 50 Molprozent Zn Cl2, 22,5 °/o
beim Eutektikum K Cl - Sn C12 - K Cl . 3 Sn C12 (62 Molprozent Sn C12) und
20,5 °/o bei K Cl . 3 Sn C12. Ein K C1-Zusatz entsprechend der Zusammensetzung
K Cl . Sn C12 vermindert also die Zersetzung des Zinnchlorürs um mehr als 9o °/o.
Bei noch größerer Versuchsdauer ist die Überlegenheit der Zusammensetzung K Cl .
Sn C12 noch offensichtlicher. Bereits beim Einschmelzen erweist sich diese Zusammensetzung
als sehr beständig. Während alle übrigen Gemische bereits durch die Entwässerung
einen Sn Cl2 Verlust von 4,5 bis 6,5 °/o erleiden, beträgt derselbe bei der Zusammensetzung
K Cl # Sn C12 nur etwa i % (Fig. z, o Stunden). Damit sind die Voraussetzungen
für eine wirtschaftliche Durchführung des geschilderten Verzinnungsverfahrens gegeben.
Die noch auftretende, geringe Zersetzung des Zinnchlorürs ist praktisch ohne weiteres
tragbar. - Der technische Fortschritt gegenüber den bisherigen Vorschlägen ist offensichtlich.
Selbst eine Zusammensetzung, die noch mindestens zu 6o °/o der Verbindung K Cl .
Sn Cl, entspricht, zeigt einen in wirtschaftlicher Hinsicht noch tragbaren Zinnchlorürverlust
(Fig. 2, Kurve 6): Diese KCl # SnC12 Schmelzen mit mindestens 6o °/o KCl - SnCl,
besitzen überraschenderweise noch einen weiteren Vorteil, den bisher kein anderes
Verzinnungssalz
aufzuweisen hatte. Sie sind vollständig unhygroskopisch.
Während die bisherigen Verzinnungssalze schon nach kurzer Lagerung in freier Luft
begierig Wasser aus der Atmosphäre anzogen und sich in eine breiige, wasserhaltige
Masse umwandelten, sind die Salzgemische nach der gegebenen Definition unbeschränkt
lagerfähig und bleiben absolut trocken. Herstellungsbeispiel Etwa 5g,2 kg Feinzinn
werden in 87,7 1 Salzsäure (spez. Gewicht i,ig) gelöst. Man erhält dabei etwa 112,8
kg wasserhaltiges Zinnchlorür (SnClz . 2 H20). Man kann auch von etwa 1i2,8 kg handelsüblichem
Zinnchlorür (SnC12 # 2 H20) 'ausgehen. Dieses wird. in einem Grauguß- oder Graphittiegel
erhitzt. Bereits bei 37,7° C wird dieses Salz im eigenen Kristallwasser flüssig.
In dieser Schmelze wird nun etwa 37,3 kg Kaliumchlorid, z. B. in Form von Silvin,
eingetragen. Bei weiterer Temperatursteigerung und ständigem Umrühren dampft das
Kristallwasser unter Aufschäumen ab. Allmählich trocknet das Salzgemisch ein, wird
aber bei 22q.° C, dem Schmelzpunkt der reinen Verbindung, wieder flüssig. Sonach
kann es au Massen vergossen und gelagert werden oder sogleich zür Verzinnung verwendet
werden. Auswaage etwa 132 kg K Cl . Sn C12.
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Gelegentlich mag es zweckmäßig sein, das nach oben beschriebener Weise
hergestellte Salz der Zusammensetzung K Cl . Sn C12 nachträglich noch zu verdünnen,
z. B. wenn der Verzinnungsvorgarg besonders langsam verlaufen soll. Hierfür kommen
neutrale und billige Salze in Frage, z. B. Halogenide der Alkalimetalle, der Erdalkalimetalle
und des Zinks. Es handelt sich vor allem um Salze, welche zusammen mit K Cl . Sn
C12 ein Gemisch ergeben mit einem Schmelzpunkt unterhalb von 6oo° C.