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Verfahren zur Herstellung eines Milchzuckererzeugnisses Es ist bekannt,
Di- oder Polysaccharide durch Inversion in ein Monosaccharidgemisch überzuführen.
Geht man hierbei von reinem kristallisiertem Milchzucker aus, so führt die Spaltung
bei Anwendung richtiger Säuremengen und ausreichender Erhitzung zu einem Glucose-Galaktose-Gemisch
in Form eines leicht löslichen Sirups von reinem süßem Geschmack. Eine technische
Verwendung dieses Verfahrens scheitert aber an den allzu hohen Unkosten, die bei
der Herstellung des reinen Milchzuckers infolge der unbefriedigenden Ausbeute und
des langwierigen Arbeitsvorganges entstehen. Geht man von einem Rohmilchzuckergemisch
aus, so ergeben sich unerwartete Schwierigkeiten.
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Wendet man die Säurespaltung auf Rohmilchzucker an, wie er bei der
üblichen Aufarbeitung anfällt, zeigt sich überraschenderweise, daß selbst noch nach
mehrtägigem Stehen der größte Teil des Milchzuckers in unveränderter Form auskristallisiert.
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Es wurde nun gefunden, daß für dieses eigenartige, nicht vorauszusehende
Verhalten weder die im Rohmilchzucker anwesenden organischen Säuren, wie Milch-
und Zitronensäure, noch das vorhandene Eiweiß verantwortlich zu machen sind, sondern
daß für die Ausbildung dieses ungünstigen Gleichgewichts zwischen Milchzucker und
seinem Inversionsprodukt vielmehr die vorhandenen Mineralsalze die Ursache sind.
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Verwendet man nämlich zur Inversion ein Rohmilchzuckerpräparat, das
weitgehend entsalzt ist, so geht die Inversion optimal vonstatten. Das anfallende
Inversionsprodukt
hat gegenüber dem aus kristallisiertem reinem Milchzucker gewonnenen einen aromatischen
und ausgesprochen angenehmen Geschmack.
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Die Erfindung betrifft demnach ein Verfahren zur Herstellung wertvoller
Milchzuckererzeugnisse, das sich dadurch auszeichnet, daß man Milchzucker in wäßriger
Lösung auf chemischem Wege spaltet und die Lösung der Monosaccharide weitgehend
vom Wasser befreit. Die Spaltung kann so weit geführt werden, daß das Erzeugnis
noch unzersetztes Disaccharid enthält. Nach einer besonderen Ausführungsform wird
Molke nach weitgehender Entfernung von Fett und Eiweiß unter iNlinderdruck auf etwa
6o% Trockensubstanz eingeengt, darauf der Kristallisation überlassen, der Rohmilchzucker
auf mechanischem Wege von der Mutterlauge getrennt, durch Erhitzen in wäßriger saurer
Lösung invertiert und die Zuckerlösung, vorzugsweise unter Minderdruck, weitgehend
vom Wasser befreit. Die Molke kann auch, vorzugsweise nach Behandlung mit einem
adsorptiven Entfärbungsmittel, in Vakuumverdampfungsapparaten auf Korn gekocht werden.
Nach dem Invertieren wird die Säure zweckmäßig neutralisiert, vorzugsweise durch
Zusatz von kohlensauren Erdalkalien, wie Kreide, vom Rückstand abgetrennt und dann
eingedampft. Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird der Rohmilchzucker
von den Mineralbestandteilen bis auf einen Aschegehalt von weniger als etwa i %
befreit, beispielsweise durch Osmose oder basenaugtauschende Stoffe. Der Rohmilchzuckerlösung
können Eiweiß und Phosphate fällende Stoffe, wie Alaun oder andere Aluminium- oder
Magnesiumverbindungen, zugesetzt werden. Es hat sich als besonders zweckmäßig erwiesen,
den Rohmilchzucker durch Waschen mit kaltem Wasser, vorzugsweise durch Ausdecken
mittels einer Nebeldecke in einer Trommelzentrifuge, von den mineralischen Bestandteilen
weitgehend zu befreien. Dabei wird der Rohmilchzucker am besten in feinsandiger
Form verwendet. Für gewisse Zwecke ist es empfehlenswert, eine noch Eiweiß und/oder
Wirkstoffe enthaltende Molke oder einen solchen Rohmilchzucker der Inversion zu
unterwerfen. Das Erzeugnis kann mit Aromastoffen versetzt werden.
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Die Invertierung eines stickstoffhaltigen Rohmilchzuckers für die
Herstellung eines Diätetikums ist von besonderer Bedeutung, da im Endprodukt stickstoffhaltige
Stoffe enthalten sind, die starken Wuchsstoffcharakter tragen.
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Diesen Wuchsstoffen kommt, wie Wachstumsversuche mit Mikroorganismen
ergeben haben, große Bedeutung zu. Das Erzeugnis ist für die Herstellung von billigen
Nährböden zur Züchtung von Schimmelpilzen usw. von besonderem Wert.
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Das gewonnene Rohmilchzuckerinversionsprodukt ist auch noch in anderer
Hinsicht dem Inversionsprodukt aus reinem Milchzucker überlegen, da es einen großen
Teil der vitaminartigen Wirkstoffe der Molke enthält. Sie werden nämlich durch das
Waschen des Ausgangsmaterials nicht entfernt, da sie in stark adsorptiver Bindung
an dem Rohstoff haften. Es ist somit offensichtlich, daß die gelungene Inversion
dieses Rohstoffproduktes einen technischen Fortschritt und eine wesentliche Verbilligung
bedeutet.
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Beispiel io ooo 1 Lab- oder Satiermilchinolke werden in bekannter
Weise enteiweißt und im Vakuum auf etwa 6o bis 65% Trockensubstanz eingedampft.
Das Konzentrat läßt man unter Kühlung in Kristallisiertrommeln o. dgl. kristallisieren.
Auch kann die Molke nach dem Vorbild der Rübenzuckerfabrikation in Mehrkörperverdampfapparaten
auf Korn gekocht werden. Es ist zweckmäßig, die Kristallisation so zu leiten, daß
der Rolimilchzucker in feinsandiger Form anfällt und gröbere Kristallplatten oder
Trauben vermieden werden.
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Der Kristallbrei wird in der Filterpresse oder der Zentrifuge von
der Nfutterlauge befreit, die einer Nachkristallisation unter weiterem Einengen
unterworfen werden kann.
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Die feuchten Rohmilchzuckerkristalle werden nun erfindungsgemäß von
dein größten Teil des Mineralgehaltes befreit. Das kann durch Osmose, z. B. durch
Elektroosmose, geschehen. Auch kann man basenaustauschende Stoffe, wie Zeolithe,
Permutit oder Kunstharze, verwenden. Als einfachstes und wirtschaftlichstes Mittel
hat sich das Ausdecken des Rohmilchzuckers in der Trommelzentrifuge mit einer Nebeldecke,
also fein verstäubtem Wasser, erwiesen. Das Entsalzen ist so weit durchzuführen,
bis der Aschegehalt auf unter etwa i % gesunken ist. Das läßt sich geschmacklich
feststellen und kann analytisch überprüft werden. Nach dem Abschleudern werden 32o
bis 45o kg eines feuchten Rohmilchzuckers erhalten, der bis zu io% Wasser enthalten
kann.
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Der so gewonnene Rohmilchzucker wird nun mit Wasser in eine 50%ige
Lösung gebracht, auf ioo 1 dieser Lösung werden 2 kg Aktivkohle oder ein anderes
adsorptives Entfärbungsmittel, gegebenenfalls schweflige Säure, zugefügt, etwa i
Stunde unter Rühren bis nahe an den Siedepunkt erhitzt und heiß filtriert. Die klare
Lösung wird mit 750 g Schwefelsäure d = 1,84 oder einer anderen anorganischen
oder organischen Säure versetzt und nun etwa i bis 3 Stunden lang gekocht. Die Zuckerlösung
wird durch Abstumpfen der Säure, z. B. durch Zusatz von Kreide, neutralisiert und
filtriert. Schließlich wird der blanke Saft unter Minderdruck auf 8o% Trockensubstanz
eingedampft.
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Aus io ooo 1 Molke werden so je nach dem Milchzuckergehalt des Ausgangsgutes
etwa 40o kg eines klaren, praktisch farblosen Galaktose-Glucose-Sirups von großer
Süße, honigartiger Beschaffenheit und gutem Wohlgeschmack erhalten. Wenn es gewünscht
wird, kann das Erzeugnis mit Geruchs-oder Geschmacksstoffen wie Karamelstoffen,
Honig, Honigaroma usw. versetzt werden.
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Das Erzeugnis eignet sich infolge seines vorzüglichen Wohlgeschmacks
als Brotaufstrich. Es kann aber mit Vorteil auch zum Süßen von Speisen,
zur
Herstellung von Backwaren. Fruchtkonserven, Marmeladen, Konfitüren, Fruchtgelees,
für die Eiskrem-, Süßwaren- und Schokoladenherstellung, für die Herstellung von
alkoholfreien und alkoholischen Getränken, insbesondere aber als wertvolle Säuglings-
und Kindernahrung, für die Herstellung von Säuglingsmilch und Kindernährmitteln,
in der pharmazeutischen Industrie usw. verwendet werden.