-
Vorrichtung zur Rektifikation von Flüssigkeitsgemischen Zur Rektifikation
von Flüssigkeiten wird nach dem derzeitigen Stande der Technik vorzugsweise das
Kolonnenverfahren angewendet, bei dem die Flüssigkeit über einzelne, in Säuldnform
übereinanderangeordne;eBöden herabfließt und hierbei mit den von unten aufsteigenden
Dämpfen in Berührungkommt. Bei dieser Arbeitsweise wird der Austausch zwischen Flüssigkeits-
und Gasphase in einzelne Stufen zerlegt. Auf jedem Boden findet eine Niederschlagung
von schwer flüchtigen Bestandteilen der Gasphase und, unter Ausnutzung der von diesen
abgegebenen ' Verdampfungswärme, eine Verdampfung von leichter siedenden Bestandteilen
der flüssigen Phase statt. Die Zahl. der Böden ist durch die Forderung nach einer
mehr .oder .weniger weitgehenden Entfernung der leichter siedoenden Bestandteile
aus der zu verarbeitenden Flüssigkeit bestimmt. Das Kolonnenverfahren ergibt grundsätzlich
die Möglichkeit, den Dampf im Kreuzstrom zur Flüssigkeit zu führen und hierdurch
bei entsprechender Verteilung des Dampfes durch eine größere Anzahl von Glocken
o. dgl. in jeder Bodenkammer eine weitgehende Oberflächenberührung, also einen raschen
Phasenausgleich, zu fördern.
-
In früheren Ausführungsformen des Kolonnenverfahrens wurde angestrebt,
innerhalb der einzelnen Bodenkammern eine möglichst vollständige Vermischung, also
einen möglichst weitgehenden Konzentrationsausgleich innerhalb der Flüssigkeitsphase
einerseits und der Gasphase anderseits, herbeizuführen. Durch eine solche Arbeitsweise
wurde aber ein wesentlicher Vorteil des Krenzstroinprinzips, nämlich die Möglichkeit,
die Kor. zentrationsunterschiede innerhalb der den einzelnen Boden bedeckenden Flüssigkeit
einerseits
und der Dampfphase über dem Boden anderseits zur Erhöhung
des Wirkungsgrades auszunutzen, wieder preisgegeben.
-
In Erkenntnis dieses Mangels hat man daher auch schon die Flüssigkeit
auf sämtlichen Böden gleichsinnig und in gleicher Richtung fließen lassen und gleichzeitig
verhindert, daß die aufsteigenden Dämpfe auf ihrem Wege von einem Boden zum anderen
sich durchmischen. Insbesondere wurden.die einzelnen Böden kreisringförmig ausgebildet
und der Flüssigkeitszulauf vom nächsthöheren Boden sowie der Flüssigkeitsablauf
zum nächsttieferen Boden nahe beieinander, aber durch eine Scheidewand voneinander
getrennt angeordnet, so 'daß die Flüssigkeit die einzelnen Böden kreisförmig umläuft.
Auf diese Weise wird eine weitere Annäherung an das Prinzip der idealen Kreuzstromführung
erzielt, da die Flüssigkeit auf jedem Boden nacheinander von Dae;pf durchsetzt wird,
der in Richtung der Flüssigkeitsströmung einen zunehmenden Gehalt an Schwersiedendem
besitzt.
-
Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, daß auch eine solche Anordnung,
die auf den ersten Blick das Prinzip der Kreuzstromführung in vollkommener Weise
zu verwirklichen scheint, noch - nicht dieser Farderung völlig entspricht. Dies
beruht darauf, daß die Wege, die die einzelnen Flüssigkeitsteilchen von der Ein-
bis zur Austrittsstelle eines jeden Bodens zurückzulegen haben, nicht gleich lang
sind. Bei Gegenüberliegen von Ein- und Austrittsstelle bewegen sich die einzelnen
Flüssigkeitsteilchen längs des Bodendurchmessers, während andere wiederum an der
Peripherie verlaufen; bei kreisförmiger Flüssigkeitsführung haben die sich außen
bewegenden Flüssigkeitsteilchen einen Weg zurückzulegen, der meist mehr als das
Doppelte desjenigen ist, den die an der Innenseite des Ringes verlaufenden Flüssigkeitsteilchen
zurückzulegen haben. Da der Niveauunterschied aber für alle Teilchen der gleiche
ist, die Beschleunigung aber der Weglänge auf der schiefen Ebene umgekehrt proportional
ist, besitzen die einzelnen Flüssigkeitsteilchen auf ihrem Wege über den Boden sehr
ungleiche Geschwindigkeiten: Die über die inneren Teile des Bodens sich bewegenden
Flüssigkeitsteile bleiben mit dem aufsteigenden Dampf weniger lange in Berührung
als die äußeren, ganz abgesehen davon, daß die durchtretende Dampfmenge ohnehin
schon auf den inneren Teilen des Bodens im allgemeinen geringer ist. Der unbefriedigende-Erfolg
dieser Arbeitsweise ist also darauf zurückzuführen, daß bei unbeeinflußter Strömung
über den Boden hinweg die Flüssigkeitsverteilung örtlich nicht den durchgehenden
Dampfmengen entspricht. Man hat zwar die Flüssigkeit auf ihrem Weg von der Eintritts-
zu der Austrittsstelle des Bodens über die gesamte Bodenfläche sa geleitet, daß
gleichzeitig zufließende Flüssigkeitsteilchen den Boden annähernd gleichseitig verlassen.
-
Mit dieser Bedingung ist aber das Problem des - gleichmäßigen Austausches
zwischen Flüssigkeit und Dampf auf den einzelnen Böden noch nicht gelöst, da die
bekannten Vorrichtungen die Strömung der 'Flüssigkeit auf den Böden nicht so leiten,
daß alle Flüssigkeitsteilchen auf ihrem Weg vom Zulauf zum Ablauf mit den der Gleichgewichtslage
entsprechenden Dampfteilchen ohne Mischungserscheinungen in der Flüssigkeits-und
Dampfphase und ohne wesentlichen Anstau in der Flüssigkeit zum Austausch kommen.
-
Gemäß Erfindung werden diese Nachteile dadurch behoben, daß zur Regelung
der Flüssigkeitsströmung auf den Böden verstellbare Leitflächen angeordnet sind,
die sowohl in der Flüssigkeit stehen als auch in die Schaumschicht hineinragen und
auf Grund eines Vorversuchs unter vorwiegend spitzen Winkeln zur Strömungsrichtung
so eingestellt sind, daß mit Hilfe der entstehenden verschiedenen Strömungsquerschnitte
gleiche Flüssigkeitsmengen auf ihrem Weg vom Zulauf zum Ablauf mit gleichen Dampfmengen,
die jeweils in ihrer Zusammensetzung der Gleichgewichtslage . entsprechen, ohne
wesentliche Vermischung mit Flüssigkeitsteilchen anderer Konzentration bei geringstmöglichem
Anstäu zum Austausch kommen.
-
Abb. i stellt in schematischer Weise die Wirkung einer Vorrichtung
gemäß Erfindung dar. Auch hier ist angenommen, daß es sich um die Anwendung von
Ringböden handelt, bei denen in an sich bekannter Weise Ein-und Austrittsstelle
der Flüssigkeit benachbart und durch eine Scheidewand voneinander ge-
trennt
sind. Die Flüssigkeit strömt bei a au und trifft auf die der Stromrichtung entgegengesetzt
gerichteten Leitflächen d, die derart eingestellt sind, daß die Flüssigkeitsteile
in
ihrer Bewegung um so mehr nach außen gedrängt werden, je näher sie am inneren
Rande des Ringes verlaufen. c sind die Glocken, durch die Dampf von der unteren
Bodenkammer zutritt. Wie aus der Zeichnung ersichtlich, werden die Leitflächen zweckmäßig
unmittelbar an den Glocken angebracht, wobei man sich beispielsweise der Bauweise
gemäß Abb.2 bedient. Bei dieser ist die Glocke c vermittels dreier Tragstutzen e
auf dem Glockenhals f drehbar gelagert und trägt die Leitfläched, die durch Drehung
der
Glocke je nach Bedarf eingestellt und durch eine Stellschraube g in dieser
Stellung . ge-
sichert werden kann. Die Leitflächen d werden
derart eingestellt, daß sie den Strömungsverlauf zwischen den Glocken regeln und
ihngegebenenfalls auch vollständig sperren können. Zu diesem Zweck sitzen sie dicht
auf dem Boden und ragen noch in die Schaumschicht über der Flüssigkeit hinein. Bei
Siebböden bedient man sich dagegen zweckmäßig der Bauweise nach Abb.3, bei der die
Leitflächend durch zwei Stifteh in der gewünschten Stellung in konzentrisch angeordneten
Bohrungen i, h befestigt werden. Abb. q. . zeigt beispielsweise eine Anordnung
gemäß Erfindung für einen Boden, bei dem der Flüssigkeitsstrom von der Eintrittsstelle
a zur Austrittsstelle b quer über den Boden hinweggeführt ist.
-
Zwecks "Darlegung des durch -die Erfindung - erreichten technischen
Fortschritts ist in Abb. 5- für die Rektifikation eines Athylalkohol-Wasser-Gemisches
der theoretische Grenzverlauf der Verstärkung (Alkoholgehalt in Molprozenten in.
Abhängigkeit von der Zahl der durchlaufenen Böden der Rektifizierkolonne) in Kurve
I gegeben, während die Kurven II .und III die Ergebnisse vcn Versuchen darstellen.
Dabei bezieht sich die Kurve Il auf Versuche, die mit einer Rektifizierkolonne gemäß
-Erfindung durchgeführt wurden, während die Kurve III auf Versuchen beruht, die
mit der gleichen- Kolonne, jedoch ohne Anwendung des durch Leitflächen erreichten
Strömungsausgleichs auf den einzelnen Böden erhalten wurde. Aus den Kurven ist ohne
weiteres ersichtlich, daß es möglich ist, bei Anwendung des Verfahrens gemäß Erfindung
sich . dem theoretischen Grenzverlauf der Verstärkung weitgehend zu nähern, indem
z. B. eine Konzentration von 85 Molprozenten Alkohol nach der Theorie mit Hilfe
von sechs Böden, nach der vorliegenden Erfindung dagegen mit Hilfe von neun, und
ohne Verwendung von Leitflächen erst mit- Hilfe von zwanzig Böden erreicht werden
kann.
-
Im Einzelfalle ist die Einstellung der Leitflächen abhängig von der
Viscosität des zu rektifizierenden Gemisches und kann durch einen einfachen Versuch,
beispielsweise mittels Farblösung, ermittelt bzw. berichtigt werden.